Die Tochter des Chefarztes: Die Klinik am See 2 – Arztroman
Von Britta Winckler
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Über dieses E-Book
Britta Winckler ist eine erfahrene Romanschriftstellerin, die in verschiedenen Genres aktiv ist und über hundert Romane veröffentlichte. Die Serie "Die Klinik am See" ist ihr Meisterwerk. Es gelingt der Autorin, mit dieser großen Arztserie die Idee umzusetzen, die ihr gesamtes Schriftstellerleben begleitete.
Unbeweglich stand der Chefarzt der Klinik am See, Dr. Hendrik Lindau, an einem der beiden hohen Fenster seines Büros. Sinnend blickte er über den bis zum See hinreichenden Park in die Ferne. Die Nachmittagssonne zauberte glitzernde und funkelnde Reflexe auf das spiegelglatte Wasser. Nur im Unterbewußtsein registrierte Dr. Lindau dieses Bild. Auch einige Patientinnen seiner Klinik, die nicht bettlägerig waren und den lauen Spätnachmittag zu einem kleinen Spaziergang im Schloßpark oder Klinikpark, wie er ja jetzt hieß, nutzten, sah er nur aus den Augenwinkeln heraus. Seine Gedanken waren mit etwas anderem beschäftigt. Weit weg waren sie – in Indien, irgendwo in der Gegend von Kalkutta, bei seiner Tochter. Fast drei Monate war Astrid nun schon dort, zusammen mit ihrem Freund Peter.
»Du fehlst mir, Astrid«, kam es kaum hörbar über die Lippen des Leiters und Chefarztes der Frauenklinik am See, wie das frühere Schloß derer von Angern nun hieß.
In diesem Augenblick klopfte es an der Tür.
Dr. Lindau riß sich aus seinen Gedanken und drehte sich um. »Ja, bitte…«, rief er.
Marga Stäuber, seine bewährte Sekretärin, erschien im Türrahmen. »Es wird langsam Zeit, Herr Chefarzt«, sagte sie.
Dr. Lindau trat vom Fenster weg. Um seine Mundwinkel huschte ein kurzes Lächeln. »Frau Stäuber, wie oft habe ich Ihnen nicht schon gesagt, daß sie den Chefarzt beiseite lassen sollen und…«
»Aber Sie sind es doch nun einmal«, fiel die Sekretärin ihrem Chef ins Wort.
»Ja, natürlich«, gab Dr. Lindau zurück. »Wir beide aber kennen uns doch schon aus der Zeit, als ich noch unten im Ort als Landarzt
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Rezensionen für Die Tochter des Chefarztes
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Buchvorschau
Die Tochter des Chefarztes - Britta Winckler
Die Klinik am See
– 2–
Die Tochter des Chefarztes
Aus bitterer Enttäuschung fasste sie einen Entschluss
Britta Winckler
Unbeweglich stand der Chefarzt der Klinik am See, Dr. Hendrik Lindau, an einem der beiden hohen Fenster seines Büros. Sinnend blickte er über den bis zum See hinreichenden Park in die Ferne. Die Nachmittagssonne zauberte glitzernde und funkelnde Reflexe auf das spiegelglatte Wasser. Nur im Unterbewußtsein registrierte Dr. Lindau dieses Bild. Auch einige Patientinnen seiner Klinik, die nicht bettlägerig waren und den lauen Spätnachmittag zu einem kleinen Spaziergang im Schloßpark oder Klinikpark, wie er ja jetzt hieß, nutzten, sah er nur aus den Augenwinkeln heraus. Seine Gedanken waren mit etwas anderem beschäftigt. Weit weg waren sie – in Indien, irgendwo in der Gegend von Kalkutta, bei seiner Tochter. Fast drei Monate war Astrid nun schon dort, zusammen mit ihrem Freund Peter.
»Du fehlst mir, Astrid«, kam es kaum hörbar über die Lippen des Leiters und Chefarztes der Frauenklinik am See, wie das frühere Schloß derer von Angern nun hieß.
In diesem Augenblick klopfte es an der Tür.
Dr. Lindau riß sich aus seinen Gedanken und drehte sich um. »Ja, bitte…«, rief er.
Marga Stäuber, seine bewährte Sekretärin, erschien im Türrahmen. »Es wird langsam Zeit, Herr Chefarzt«, sagte sie.
Dr. Lindau trat vom Fenster weg. Um seine Mundwinkel huschte ein kurzes Lächeln. »Frau Stäuber, wie oft habe ich Ihnen nicht schon gesagt, daß sie den Chefarzt beiseite lassen sollen und…«
»Aber Sie sind es doch nun einmal«, fiel die Sekretärin ihrem Chef ins Wort.
»Ja, natürlich«, gab Dr. Lindau zurück. »Wir beide aber kennen uns doch schon aus der Zeit, als ich noch unten im Ort als Landarzt meine Sprechstunden abhielt. Also bleiben wir beide doch weiterhin…« Er unterbrach sich und winkte lässig ab. »Na, Sie verstehen schon, was ich meine«, fügte er hinzu.
In den Augen von Marga Stäuber leuchtete es auf. Ihre ohnehin nicht gerade als klein zu bezeichnende Brust schien plötzlich vor Stolz noch um einiges anzuschwellen. »Wenn Sie meinen, Herr… Herr Doktor…«, stieß sie erfreut hervor.
»Ja, das meine ich«, bestätigte Dr. Lindau lächelnd. »Aber was wollten Sie mir eigentlich sagen?« fragte er, das Thema wechselnd.
»Nun, es wird Zeit, daß Sie ins Ärztezimmer gehen«, erinnerte Marga Stäuber ihren Chef.
Der stutzte kurz, war dann aber sofort im Bilde. »Richtig«, murmelte er, »ich habe die Kollegen ja zu einem kleinen Umtrunk nach Dienstschluß eingeladen.«
»Eben«, bestätigte die Sekretärin, »und ich glaube, daß alle schon auf Sie warten.«
»Alle?« fragte Dr. Lindau.
»Nun ja«, erwiderte Marga Stäuber und setzte hinzu: »Bis auf die diensthabenden Assistenzärzte. Die anderen habe ich alle verständigt – Frau Dr. Westphal, Dr. Reichel, Dr. Bernau, Dr. Hoff und Frau Sieber.«
»Fein haben Sie das gemacht.« Dr. Lindau knöpfte seinen weißen Mantel zu. »Der Sekt…«
»Steht schon bereit«, fiel Marga Stäuber dem Chefarzt lächelnd ins Wort. »Wir können also gehen.«
»Tja, dann wollen wir die Herrschaften nicht länger warten lassen«, meinte Dr. Lindau und setzte sich in Bewegung.
Marga Stäuber folgte der vorangehenden hohen Gestalt ihres Chefs. Wenig später betraten sie das große Ärztezimmer, in dem die von Marga Stäuber genannten ärztlichen Mitarbeiter der Klinik am See tatsächlich schon alle versammelt waren.
»Darf ich einschenken, Herr Chefarzt?« fragte Bettina Sieber.
»Tun Sie sich keinen Zwang an, Bettina«, gab Dr. Lindau seiner Sprechstunden-Assistentin lächelnd zu verstehen. Er wartete, bis Bettina die Gläser gefüllt und jedem einzeln überreicht hatte. Dann erst ergriff er das Wort.
»Meine Damen, meine Herren, ich habe nicht die Absicht, eine lange Rede zu halten«, sagte er. »Der Grund, weshalb ich Sie hergebeten habe… einige von Ihnen werden ihn wissen…« Er nickte Marga Stäuber und Bettina Sieber lächelnd zu und fuhr dann fort: »Also heute, auf den Tag genau vor zwei Jahren, habe ich diese Klinik in Betrieb genommen, die früher einmal ein Schloß gewesen ist. Das heißt – ein Schloß ist der Gesamtkomplex äußerlich ja immer noch. Es dient jetzt allerdings der Heilung kranker Frauen. Es ist mir gelungen, in diesen zwei Jahren diese Klinik als alleiniger Besitzer zu übernehmen und damit unabhängig von Ämtern und Behörden zu bleiben. Unsere Klinik hat inzwischen einen Ruf, der nicht nur in unserer nächsten Umgebung bekannt ist. Das beweisen nicht zuletzt die Belegzahlen, die sich natürlich…«, er lächelte, »… wiederum in klingender Münze widerspiegeln. Da? das aber alles so ist, habe ich selbstverständlich auch Ihnen, meine Damen und meine Herren, und Ihren Fähigkeiten und Ihrer Arbeit zu verdanken. Darauf möchte ich nun mit Ihnen allen anstoßen und Ihnen sagen, daß ich mich freue, Sie in meinem Team zu haben.«
Sieben Gläser klangen mit leisem Klirren aneinander und sechs Menschen versicherten dem Chefarzt, daß sie nur zu gern unter seiner Leitung ihren Dienst an den kranken Menschen in dieser Klinik versahen.
Es war selbstverständlich, daß man sich nicht sofort wieder trennte, sondern noch für ein Weilchen plaudernd zusammenblieb. Alle waren ja dienstfrei, und es war nicht zu erwarten, daß es zu dieser Stunde noch zu irgendwelchen ärztlichen Einsätzen kommen würde, denen die beiden diensthabenden Assistenzärzte nicht gewachsen gewesen wären.
Keiner von den anwesenden Ärzten, weiblichen wie männlichen einschließlich des Chefarztes, ahnte in diesen Minuten der leichten Plauderei, daß sich schon ein neuer Fall für die Mediziner anbahnte.
*
Der warme Nachmittag hatte nicht wenige Menschen aus den in der näheren und weiteren Umgebung von Auefelden liegenden Städten in die freie Natur hinausgelockt. Vor allem konnten die verschiedenen Ausfluglokale nicht über mangelnden Besuch klagen.
Die »Waldklause«, eine knappe halbe Stunde von Auefelden entfernt, war eines dieser Lokale. Gisela Hohmann und ihr Mann Thomas betrieben es schon seit zehn Jahren. Die gutbürgerliche Küche der »Waldklause« zog viele an. Besonders in den frühen Abendstunden war es oft schwer, in der »Waldklause« einen Platz zu finden.
So war es auch an diesem Tag. Die Wirtin hatte alle Hände voll zu tun – in der Küche ebenso wie beim Ausschank, weil ihr Mann es nicht allein schaffte. Es gab da zwar noch eine weibliche Bedienung, aber die hatte ihren freien Tag.
Gisela Hohmann biß die Zähne zusammen und versuchte, ein freundliches Gesicht zu zeigen. Doch gerade das wollte ihr nur schwer gelingen. Nicht etwa wegen der vielen Arbeit, sondern wegen ihrer wiedergekehrten Unterleibschmerzen. Vor einer halben Stunde waren sie wieder aufgetreten. Von Minute zu Minute wurde Gisela Hohmann übler.
Ihrem Mann entging das natürlich nicht. »Was ist los, Gisela?« fragte er, als er wieder einmal in der Küche ein Essen bestellte. »Hast du Schmerzen? Fühlst du dich nicht wohl?«
»Sie sind wieder da«, flüsterte die gerade erst fünfunddreißig Jahre alt gewordene Wirtin. »Schli…, schlimmer… als früher…«
Thomas Hohmann winkte einer der drei Küchenhilfen. »Herta, geh’n Sie raus und bedienen Sie!« befahl er und wandte sich wieder seiner Frau zu. »Ist’s wieder da unten?« fragte er besorgt.
Mit schmerzverzerrtem Gesicht nickte Gisela Hohmann. »Als ob in meinem Bauch etwas herumkullern würde«, stieß sie hervor.
»Da hast du es«, brummte ihr Mann unmutig. »Vor Monaten schon hat dir der Arzt zu einer Operation geraten. Mit einem… einem…«
»Myom…«, half Gisela ihrem Mann weiter, als der nicht auf die Krankheitsbezeichnung kam.
»Ist ja egal«, brummte Thomas Hohmann. »Jedenfalls hättest du auf den Arzt hören sollen.«
»Ich hab doch solche Angst vor einer Operation«, gab Gisela leise zurück. »Bitte schimpf nicht mit mir!« bat sie und wieder verzog sie das Gesicht und faßte mit beiden Händen an ihren Unterleib.
»Ich schimpfe nicht, mach mir nur Sorgen«, beruhigte Thomas Hohmann seine Frau. »Setz dich hin und ruh dich aus! Ich sehe mal hinaus in den Gastraum, komme aber gleich wieder.« Hastig verschwand er in die Gaststube.
Gisela Hohmann stöhnte leise. Kälteschauer begannen sie zu schütteln. Ihr Unterbauch fühlte sich so sonderbar hart an. Ihr Herz begann hektisch, dabei aber irgendwie kraftlos zu jagen. Eine unbestimmte Angst kam über die Frau. Sie wollte sich erheben, schaffte es auch. Zwei Schritte konnte sie noch machen und dann plötzlich – wie vom Blitz getroffen, sackte sie mit einem Wehlaut auf den Lippen in sich zusammen und blieb zusammengekrümmt auf dem Küchenboden liegen.
Gerade in diesem Augenblick kam Thomas Hohmann wieder in die Küche zurück. Als er seine Frau am Rande einer Bewußtlosigkeit am Boden liegen sah, erblaßte