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Frotwoots Feengeschichten Buch 1: Der Dunkle Hof
Frotwoots Feengeschichten Buch 1: Der Dunkle Hof
Frotwoots Feengeschichten Buch 1: Der Dunkle Hof
eBook477 Seiten6 Stunden

Frotwoots Feengeschichten Buch 1: Der Dunkle Hof

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Über dieses E-Book

Seelie befindet sich im Krieg.

Auf der einen Seite: Ein zwangsneurotischer Ritter, ein sprechender Baum, und ein wirklich süßes Goblinmädchen namens Golly. Auf der anderen: Ein „Drachenkönig“, Pooka-Attentäter, und ein Mob wütender, Brücken blockierender Trolle.

Irgendwo dazwischen: Ein sehr verwirrter, sehr verlorener Teenager aus Indiana.

Sein Name ist Frotwoot Crossley. Und er ist drauf und dran, herauszufinden, dass das noch nicht einmal das Seltsamste an ihm ist.

SpracheDeutsch
HerausgeberCharlie Ward
Erscheinungsdatum30. Juli 2017
ISBN9781507184660
Frotwoots Feengeschichten Buch 1: Der Dunkle Hof

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    Buchvorschau

    Frotwoots Feengeschichten Buch 1 - Charlie Ward

    (Alle Rechte vorbehalten. Mit Ausnahme der Nutzung in Rezensionen darf der vorliegende Text ohne die ausdrückliche Zustimmung des Autors weder im Ganzen noch in Auszügen kopiert oder anderweitig verwertet werden, weder in elektronischer, Papier-, noch sonstiger Form. Bei diesem Buch handelt es sich um eine fiktive Erzählung. Sämtliche Namen, handelnden Personen und Örtlichkeiten sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit tatsächlichen Begebenheiten, Namen, Örtlichkeiten, Institutionen, sowie lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig. Oder auch nicht.)

    Inhaltsverzeichnis

    Teil Eins (Kapitel 1-8)

    Teil Zwei (Kapitel 9-12)

    Teil Drei (Kapitel 13-17)

    Teil Vier (Kapitel 18-21)

    Teil Fünf (Kapitel 22-24)

    Teil Sechs (Kapitel 25-28)

    Im Gedenken an Sir Terry Pratchett, weil das alles seine Schuld ist

    1

    Es war einmal ein kleiner Junge, der fiel vom Himmel.

    Und es tat wirklich, wirklich weh.

    „Au", jammerte er leise. Mehr schaffte er nicht, dafür war er von dem Aufprall zu benommen. Schlussendlich allerdings wurden der eisige Regen auf seinem Rücken und der Haufen Maisstängel, der zerquetscht unter ihm lag, unbequem genug, und er kam wieder zu sich. Kaum dass sein Verstand sich klärte, überzog ihn jedoch sofort neuerlicher Nebel, bedingt durch plötzliche Verwirrung. Er hatte nicht die geringste Ahnung, was gerade passiert war. Er erinnerte sich an den Fall, natürlich, und daran, dass er hilflos mit den Armen gerudert hatte, während das Maisfeld auf ihn zugerast kam, aber... wie? Wovon war er heruntergefallen?

    Zögernd rollte sich der Junge auf den Rücken, um es herauszufinden. Ein ausgiebiges Stöhnen entfuhr ihm dabei. Über sich, im Himmel, konnte er außer dem Sturm, der dort tobte, nichts sehen. Konnte es sein, dass er von den Wolken gefallen war? Wolken waren im Allgemeinen nicht besonders solide, aber vielleicht gab es ja etwas dahinter. Der Junge dachte sich, er konnte ebenso gut nachsehen gehen, also zog er sich selbst aus dem Schlamm. Das führte zu einer hingebungsvollen Serie von Schmerzenslauten, als sich jede einzelne seiner Prellungen persönlich vorstellte. Dann, nachdem er sichergestellt hatte, dass nichts gebrochen war, nahm er einen tiefen Atemzug, breitete seine Flügel aus... und flog nicht.

    „Hä?, machte der Junge, legte verwirrt die Stirn in Falten und hüpfte ein bisschen. Das sollte helfen, ihn vom Boden hoch zu bekommen. Es half nicht, also versuchte er es stattdessen mit springen. Als das auch nicht funktionierte, versuchte er es mit Anlauf nehmen, was auch nichts nützte. Etwas anderes fiel ihm aber nicht ein, also blieb er dabei. So sprang und hüpfte er bald selbstvergessen auf dem Maisfeld herum, und seine Verzweiflung wuchs mit jeder Sekunde, in der er es nicht schaffte, den festen Boden zu verlassen. „Ich kann nicht fliegen, flüsterte er, völlig außer sich, und rappelte sich zu einem neuerlichen Start auf, obwohl ihn der letzte gerade erst Kopf voran in den Schlamm befördert hatte. „Warum kann ich nicht fliegen?"

    Schließlich katapultierten ihn seine blinden, panischen Hüpfer vom Maisfeld herunter und direkt vor ein fahrendes Auto. An diesem Punkt hob er tatsächlich ab, aber da es sich dabei um das Ergebnis eines heftigen Zusammenpralls mit eben jenem Auto handelte und abrupt damit endete, dass er gewaltsam über den Asphalt geschleudert wurde, wertete der Junge es nicht wirklich als Erfolg. „Ach du Schreck, erklang eine Stimme ganz in der Nähe, dicht gefolgt von den Geräuschen einer zuschlagenden Tür und Schuhen, die über Schottersteine hasteten. Der Besitzer der Schuhe fiel neben dem Jungen auf die Knie. Das Gesicht, das in seinem Blickfeld auftauchte, war das eines nervös aussehenden, jungen Mannes mit einer großen Brille mit runden Gläsern und einem Ziegenbärtchen. „Ach du Schreck, sagte der Mann erneut. Seine Hände schwebten halb erhoben in der Luft, so als wollte er sie benutzen, um Hilfe zu leisten, wusste aber nicht, wie. „Bist du okay?"

    „Nein, antwortete der Junge benommen und starrte an ihm vorbei ins Leere. „Ich... ich kann nicht fliegen.

    „... Was? Pass auf, versuch, dich nicht zu bewegen. Ich werde einen Krankenwagen oder so was rufen." Der Mann zog ein sonderbares Gerät, das der Junge noch nie zuvor gesehen hatte, aus der Tasche, und hielt das Ding mal hierhin, mal dorthin. Dann schmiss er es mit einem frustrierten Knurren neben sich in das Maisfeld. „Mist, ich habe keinen Empfang! Was soll ich jetzt...?" Er biss sich auf die Lippen und sah sich ärgerlich um, während der Junge schweigend dalag und Tränen aus seinen Augen rinnen ließ. Dann, offensichtlich zu einem Entschluss gekommen, sah der Mann auf den Jungen herab und sagte: „Okay, also, ich... mach dir keine Sorgen. Es wird alles gut. Ich kann dich selbst ins Krankenhaus fahren. Es ist nicht besonders weit... na ja, nein, es ist schon irgendwie weit, schätze ich, aber ich rase einfach, dann wird es dir gar nicht so vorkommen. Nur, mein Rücksitz ist ziemlich zugemüllt, also, äh... warte einfach hier, und ich räume schnell auf, okay?"

    „Okay", seufzte der Junge kläglich. Der Mann warf ihm einen raschen Blick von der mitleidigen Sorte zu und rannte los. Der Junge versuchte, sich aufzusetzen, wobei er nicht umhinkam festzustellen, dass sein rechter Arm und einige Rippen gebrochen waren. Er kam auch nicht umhin vor Schmerz aufzuschreien, woraufhin der Mann wie der Blitz zurückgerannt kam.

    „Was? Was ist los?"

    „Mein Arm..."

    „Was denn, ist er gebrochen? Allem Anschein nach musste der Mann nur einmal kurz hinschielen, um das herauszufinden. Jedenfalls zuckte er sehr vernehmlich zusammen. „Oh. Okay, ja, der ist eindeutig gebrochen. Also, äh... nicht bewegen, okay? Der Arzt bringt das schon wieder in Ordnung, wenn wir erst einmal da sind.

    „Wird er meine Flügel auch wieder in Ordnung bringen?"

    Der Mann warf ihm einen sehr seltsamen Blick zu. „Deine was?"

    „Meine Flügel. Sie funktionieren nicht."

    „... Sicher. Einfach liegenbleiben, ja? Ich bin gleich wieder da."

    Nachdem er ohnehin nicht aufstehen konnte, dachte sich der Junge, dass ihm außer „liegenbleiben wohl nichts übrig blieb, und so tat er das eine gefühlte Ewigkeit lang, bis der Mann schließlich zurück kam. Er hob ihn hoch, so sanft er konnte, und trug den Jungen vorsichtig zu seinem Auto. Wenig später befanden sie sich auf dem Weg ins Krankenhaus. Eine Weile sagte keiner von ihnen ein Wort, aber der Mann schien zu der Sorte zu gehören, die Stille nicht lange ertragen konnten, also brach er das Schweigen schließlich mit: „Ich heiße übrigens Jack. Tut mir leid, dass ich dich angefahren habe, aber du bist irgendwie aus dem Nichts gekommen, weißt du?

    „Ja, ich weiß."

    „Also, wie heißt du?"

    „Frotwoot."

    „Was?"

    „Frotwoot."

    Frotwoot?"

    „Genau."

    „... Bist du sicher?"

    Tatsächlich war der Junge sich nicht sicher. Er hatte automatisch geantwortet, nicht einmal nachgedacht, bevor er gesprochen hatte. Er konnte sich nicht erinnern, dass ihn wirklich einmal jemand „Frotwoot" genannt hatte. Dennoch fühlte es sich richtig an. Da Fühlen und Wissen jedoch zwei verschiedene Dinge sind, antwortete er im Interesse der Wahrheit: „Nein."

    Jack lachte ungläubig. „Was? Wie kann man sich nicht sicher sein, wie man heißt?"

    „Ich weiß es nicht."

    „Okay, seufzte Jack und schüttelte den Kopf. „Also, äh... wo sind deine Eltern?

    „Ich weiß es nicht", sagte Frotwoot, wobei er sich vor plötzlicher Sorge verkrampfte.

    „Wie heißen sie?"

    „Ich... ich weiß es nicht."

    „Oh, natürlich. Du nennst sie vermutlich einfach nur Mama und Papa, nicht wahr?"

    „Ich weiß es nicht!" Frotwoots Stimme hob sich in Panik, als er verzweifelt versuchte, sich an etwas, irgendetwas, über seine Eltern zu erinnern. Sie hatten ihren Platz, ganz hinten in seinen Erinnerungen, aber dieser Platz war leer. Er versuchte, zurückzudenken, sich zu erinnern, was er getan hatte, oder wo er gewesen war, oder wen er gekannt hatte, bevor er gefallen war, aber... da war nichts. Er war sich nicht einmal sicher, dass er sich an seinen eigenen Namen erinnerte. Und warum konnte er nicht fliegen?

    „He, bist du okay?"

    „Nein!", fauchte Frotwoot. Sein Herz pochte, während er wieder und wieder versuchte, sich an sein bisheriges Leben zu erinnern. Er wusste, er hatte eines gehabt. Er musste eines gehabt haben, aber... es gab keine Erinnerung, keine Beweise, dass dem tatsächlich so war. Jack sagte noch etwas, vermutlich, um ihn zu beruhigen, aber er konnte es nicht hören. Er konnte nicht einmal denken. Er konnte nur fühlen, und er fühlte sich nicht gut. Es war alles zu viel. Was auch immer von ihm noch übrig war, zerbrach... und alles wurde schwarz.

    * * *

    Das Nächste, was Frotwoot wahrnahm, war grelles Tageslicht, das durch seine Lider drang, dazu das unverwechselbare Gefühl eines Bettes unter ihm, und eine neue, unbekannte Stimme ganz in der Nähe. Eine Weile lang konnte er sich nicht auf die eigentlichen Worte konzentrieren, aber als er es schließlich schaffte, kam ihm zu Ohren: „... Für mich klingt das stark nach posttraumatischer Belastung."

    „Wirklich?, fragte eine Stimme, die er als die von Jack erkannte. „Ich dachte, es wäre Gedächtnisschwund.

    „Gedächtnisschwund ist oft ein begleitendes Symptom, Mr. Crossley. Diese Stimme war eindeutig weiblich, und hatte einen schweren Akzent. „So, wie Sie es mir erzählt haben, scheint er sich eine Art Fantasiewelt geschaffen zu haben. Diese Art von Verhalten, verknüpft mit Gedächtnisschwund, ist ein gängiger Mechanismus zur Bewältigung von Belastungen.

    „... Also, äh, denken Sie, dass das meine Schuld ist?"

    „Nein, das bezweifle ich. Er trug kurze Hosen aus Blättern und hat versucht zu fliegen, entsprechend würde ich sagen, dass er sich schon lange bevor Sie mit ihm zusammengestoßen sind in diesem Zustand befunden hat."

    „... Was? Warum lächeln Sie? War das ein Witz?"

    „Ja. Sehen Sie, das Wort zusammenstoßen kann hier zwei verschiedene Bedeutungen haben und..."

    „Ich verstehe schon. Es ist bloß nicht lustig."

    „Vielleicht nicht im Moment, aber ich bin mir sicher, später werden Sie anders denken."

    Während Jack vehement versicherte, dass dem nicht so sein würde, entschied sich Frotwoot endlich, sich nicht länger schlafend zu stellen, und öffnete die Augen. Die neue Person, die vor seinem Bett stand und Jack verwirrt anlächelte, hatte dunkelbraune Haut und ein Durcheinander krauser, schwarzer, eng zusammengebundener Haare auf dem Kopf. Sie trug außerdem einen weißen Mantel und war, Frotwoots Meinung nach, sehr schön. Diese seine Meinung verstärkte sich ruckartig, als sie sich ihm zuwandte und lächelte. „Oh, sehen Sie nur, wer aufgewacht ist!"

    „Hallo, sagte Frotwoot leise. Er warf Jack einen raschen Blick zu. Das beruhigende Lächeln, das er sich auf seinem Gesicht erhofft hatte, blieb aus, stattdessen sah er ihn auf eine nervöse Art an, die eher deprimierend war. „Wer bist du?

    „Mein Name ist Doktor Azikiwe, aber das ist nicht so leicht auszusprechen, also nenn mich einfach Bunmi."

    „Okay."

    „Wie soll ich dich nennen?"

    „Frotwoot, denke ich."

    „Du denkst?"

    „Ja, ich bin nicht... ich erinnere mich nicht an Dinge. Du weißt schon... Dinge über mich."

    „Das habe ich schon gehört, sagte Bunmi. Ihr Lächeln wurde ein wenig traurig. Sie setzte sich vorsichtig auf die Bettkante und nahm seine Hand. „Erzähl mal, woran kannst du dich erinnern?

    „Ich bin gefallen."

    „Gefallen. Von wo herunter?"

    „Vom Himmel."

    „Ich verstehe. Und wie bist du in den Himmel gekommen?"

    „Ich weiß es nicht, sagte Frotwoot. Er senkte den Blick und schüttelte frustriert den Kopf. Dabei bemerkte er endlich den Gipsverband an seinem Arm, und in diesem Zusammenhang fiel ihm plötzlich etwas sehr Wichtiges ein. „He, hast du meine Flügel in Ordnung gebracht?

    „Ach ja. Bunmi warf einen raschen Blick auf Jack. „Also, weißt du, es ist so... warum reden wir nicht später darüber? Kannst du mir zuerst sagen, wie du aussiehst?

    „Wie ich aussehe?"

    „Ja."

    „Kannst du das nicht sehen?"

    „Natürlich. Bunmi lachte, ebenso wie Jack. „Ich will nur wissen, ob du dich erinnerst.

    „Ach so, okay, sagte Frotwoot. Seine Stirn runzelte sich, als er sich konzentrierte. „Also, äh... ich sehe aus wie ein Junge.

    „Ja, und weiter? Welche Haarfarbe hast du?"

    Frotwoot öffnete den Mund, um zu antworten, aber zu seiner Verzweiflung kam nichts heraus. Er versuchte, einen Blick auf seine Haare zu erhaschen, aber sie waren zu kurz. „Bäh!", knurr-stöhnte er frustriert und verbarg sein Gesicht in seiner Hand. Jack kam näher und tätschelte ihm beruhigend die Schulter.

    „Es ist dunkelblond, sagte Bunmi sanft. „Weißt du, welche Farbe deine Augen haben?

    „Nein", sagte Frotwoot. Dieses Mal versuchte er es erst gar nicht.

    „Sie sind braun. Hier, sieh selbst", sagte Bunmi, zog einen Taschenspiegel hervor und bot ihn ihm an. Er zögerte einen Moment lang, dann nahm er ihn, dann zögerte er noch einen Moment lang, ehe er ihn aufklappte. Das Gesicht, das ihm aus dem Spiegel entgegensah, war ihm gänzlich unbekannt.

    „Erkennst du dich jetzt?", fragte Bunmi.

    Frotwoot schüttelte den Kopf und wollte ihr schon den Spiegel zurückgeben, doch dann entdeckte er etwas, das ihn zurückzucken ließ – oder, besser gesagt, er entdeckte etwas nicht. „Moment mal, wo sind meine Flügel?", rief er. Hektisch neigte er den Spiegel in alle möglichen Richtungen und verdrehte sich den Hals, um bessere Sicht auf seinen Rücken zu haben.

    „Ähm", machte Bunmi und trat verlegen von einem Bein auf das andere. Sie sah aus, als würde sie ihren Mut zusammennehmen. „Also, die Sache ist die... ich fürchte, du hast gar keine Flügel."

    „Was?"

    „Ich sagte..."

    „Was hast du mit ihnen gemacht?!?!"

    „Ich habe gar nichts mit ihnen gemacht, Frotwoot. Du hattest nie welche."

    „Hatte ich wohl!"

    Erinnerst du dich, welche gehabt zu haben?"

    „Ich..." Frotwoot erstarrte, und eine Fallgrube öffnete sich in seinem Magen. Nicht schon wieder... „Nein."

    „Warum denkst du dann, dass du welche haben solltest?"

    „Weil... weil ich sollte!", würgte Frotwoot hervor. Er schaffte es gerade so, die Worte herauszuzwängen, bevor er in Tränen ausbrach. Ohne zu zögern schloss ihn Bunmi in ihre Arme, und während der nächsten Minuten hielt sie ihn fest, bemüht, ihn so gut es ging zu trösten, während er sich an ihrer Schulter ausheulte. Das dauerte eine Weile, und als es schließlich vorbei war, war es Frotwoot außerordentlich peinlich.

    „Das muss dir nicht peinlich sein, sagte Bunmi, bemerkenswert einfühlsam. „Weinen ist okay, wenn man einen guten Grund hat.

    „Genau", stimmte Jack zögerlich mit ein und tätschelte ihm noch einmal beruhigend die Schulter. „Und, also... wenn dir das hilft, wir haben auch keine Flügel."

    Frotwoot hob ruckartig den Kopf und sah erst ihn, dann Bunmi an. Ihre Flügellosigkeit war ihm bis zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht aufgefallen. „Habt ihr eure auch verloren?"

    „Nein", kicherte Bunmi. „Es ist so, wie ich gesagt habe, du hattest nie welche, und wir auch nicht. Niemand hat Flügel."

    „Aber... warum kommt es mir dann so vor, als hätte ich mal welche gehabt?"

    „Ich weiß es nicht, sagte Bunmi achselzuckend. „Aber wir können versuchen, es herauszufinden, und wenn du möchtest, können wir auch versuchen, dir zu helfen dich an die Dinge zu erinnern, die du vergessen hast.

    „Das kannst du?"

    „Vielleicht. Ich kann nicht versprechen, dass es möglich ist, aber wenn es möglich ist, dann, und das verspreche ich dir, werde ich es tun."

    „Okay", sagte Frotwoot, und zum ersten Mal, nicht zum ersten Mal seit langem, sondern zum ersten Mal in seiner gesamten Erinnerung, verspürte er Hoffnung. In den folgenden Wochen bemühten sich Jack und Bunmi nach besten Kräften, diese Hoffnung lebendig zu erhalten. Sie besuchten ihn fast jeden Tag und arbeiteten mit ihm (Bunmi hörte nicht auf, Jack zu sagen, dass er nicht kommen musste; er erwiderte darauf immer, dass er sehr wohl musste), doch so sehr sie es auch versuchten, es schien niemals Fortschritte zu geben. Dann, an einem besonders düsteren Tag, kam die Erleuchtung. Bunmi erklärte, dass die Richtung, in die sie Frotwoots Verstand hatten heilen wollen, schlichtweg die falsche gewesen wäre. „Was wir brauchen, sind neue Erinnerungen", sagte sie. Von da an veränderten sich die Dinge nicht nur, sie veränderten sich auf wundervolle, glückliche Weise.

    Statt sich auf das Leben zu konzentrieren, das er verloren hatte, begann Frotwoot – mit Bunmis und Jacks Hilfe – ein neues zu leben. Er musste natürlich immer noch im Krankenhaus bleiben, aber er verbrachte kaum noch Zeit dort. Unter Bunmis „strenger Beobachtung" brachte Jack Frotwoot an alle Orte, von denen er meinte, dass man als Kind dort gewesen sein musste. Sie begannen mit allen Vergnügungsparks, die der Bundesstaat Indiana zu bieten hatte, und arbeiteten sich durch die Liste, bis sie überall zweimal gewesen waren. Bald waren sie alle zu erschöpft um weiterhin so oft so viel Spaß zu haben, also entschieden sie sich, nur noch an Wochenenden Ausflüge zu machen und die Wochentage in Jacks Wohnung zu verbringen.

    Das erschien vorerst wie ein ziemlich schlechter Tausch, vor allem, wenn man bedenkt, dass Jacks „Wohnung" nur aus einem Sofa und einem Fernseher bestand, die auf dem Dachboden seines Gitarrenladens herumstanden, aber Frotwoot gefiel es dort bald sehr gut. Die drei saßen meistens nur herum, spielten Brettspiele und sahen fern, wobei Bunmi gelegentlich ein wenig Psychologie mit hineinschummelte, wenn sie es am wenigsten erwarteten, aber Frotwoot fühlte sich dabei so glücklich wie niemals zuvor. Kein Abenteuerspielplatz oder Zoo oder was auch immer konnte besser sein.

    So ging es einige Monate, mit gelegentlichen Unterbrechungen wenn Frotwoot auf eine andere Station verlegt wurde (und die Ärzte dort versuchten, Frotwoots Behandlung zu übernehmen und komplett versagten), doch dann, wenige Wochen vor Weihnachten, änderte sich alles.

    Anfangs bemerkte Frotwoot es kaum. Er hatte ein paarmal gesehen, dass Jack und Bunmi sich an den Händen hielten, oder einander Blicke zuwarfen, die völlig anders waren als die Blicke, die sie ihm zuwarfen, aber er dachte sich nicht wirklich etwas dabei. Dann, am Weihnachtsabend, als sie Pizza aßen und sich Stirb Langsam ansahen (Jack hatte darauf bestanden, dass das eine „essentielle Weihnachtstradition" war, und Bunmi, warum auch immer, hatte nicht protestiert), ertappte Frotwoot sie bei einem verstohlenen Kuss, und dabei dachte er sich sehr wohl etwas.

    Am nächsten Tag kam Jack alleine ins Krankenhaus. Mit nervösem Gesichtsausdruck setzte er sich auf die Bettkante.

    „Hallo Jack!, rief Frotwoot und sprang bereits vollständig bekleidet aus dem Bett, um sich die Schuhe anzuziehen. „War der Weihnachtsmann schon da?

    „Was? Oh, sicher, ja, war er, lachte Jack kopfschüttelnd. „Bunmi ist auch schon da. Nur, äh... bevor wir gehen... da gibt es etwas, worüber ich mit dir reden wollte...

    „Können wir das nicht nach den Geschenken machen?"

    „Nein, ich möchte ganz gerne jetzt darüber reden."

    „Aber Jack..."

    „Ich habe Bunmi gefragt, ob sie mich heiraten will."

    Frotwoot verstummte für einen Moment oder zwei, dann schüttelte er den Kopf und sagte: „Was?"

    Jack lachte und legte einen Arm um ihn. „Ich sagte, ich habe Bunmi gefragt, ob sie mich heiraten will."

    „Hat sie ja gesagt?"

    „Das hat sie."

    „... Wow."

    „Ja, nicht wahr? Die Sache ist aber die... Bunmi und ich, wir lieben einander. Aber dich lieben wir auch. Also haben wir uns gefragt... also, äh, jetzt wo wir eine Familie gründen wollen und all das, ob du vielleicht... ich weiß nicht... ob du vielleicht ein Teil davon sein möchtest."

    Frotwoot sah ihn verblüfft an. „Du willst, dass ich dich auch heirate?"

    „Was?!?! Nein, nein, das ist nicht... nein. Nein." Jack lachte und schüttelte den Kopf, dann begann er nochmal von vorne. „Wir wollen dich adoptieren."

    „Was bedeutet das?"

    „... Meinst du das ernst? Oh, natürlich, du bist wie alt, fünf? Das bedeutet, dass wir so etwas wie deine Eltern werden."

    Frotwoot riss die Augen weit auf. „Das dürft ihr?"

    „Ja, warum nicht? Es haben sich nie Verwandte von dir gemeldet, also gibt es dahingehend kein Problem. Bunmi denkt, sie wird vielleicht kündigen müssen, du weißt schon, Berufsethik und so, aber wir sind ziemlich sicher, dass die Behörden dich uns überlassen, sobald die Kündigung durch ist. Ich meine, wenn du willst, natürlich. Ich will dir hier keine Tatsachen verkünden, ich... ich will dich fragen, ob es dir recht ist."

    „Dann... dann bist du mein Papa?"

    „Ja, ich bin dann dein Papa."

    „Und Bunmi meine Mama?"

    „Ja, so funktioniert das normalerweise."

    „... Bist du sicher, dass ihr das dürft?"

    Jack lachte. „Ziemlich sicher, ja. Aber, wie gesagt, wir tun das nicht, wenn du es nicht willst."

    „Aber natürlich will ich!"

    „Wirklich?, fragte Jack grinsend und sprang auf, plötzlich völlig aus dem Häuschen. „Mein Junge, du hast mir gerade das schönste Weihnachtsgeschenk gemacht, das ich mir vorstellen kann!

    Frotwoot starrte ihn eine Sekunde lang ungläubig an, dann verdrehte er die Augen und ließ ein theatralisches Stöhnen hören.

    „Ich weiß, ich weiß, lachte Jack, und seine Stimme überschlug sich ein wenig, als er sich hinkniete, um ihn fester zu umarmen als jemals zuvor. „Ich weiß nicht, was über mich gekommen ist... Ich schätze, ich werde kitschig, wenn alle meine wildesten Träume wahr werden.

    Diesmal stöhnte Frotwoot noch lauter, aber er umarmte ihn auch noch fester.

    Und sie lebten glücklich bis an ihr Ende.

    ... Oder zumindest für die nächsten zehn Jahre.

    2

    Frotwoot Crossley – ein Jahrzehnt älter, um eine kleine Schwester reicher, und nicht ein Stückchen näher daran, seine Erinnerungen zurückzubekommen – wachte mit einem Ruck auf, als sein Handy irgendwo neben seinem Kopf zu läuten begann. Automatisch tastete er danach, ließ es dann aber bleiben, als ihm bewusst wurde, wie spät es war. Es gab nur eine einzige Person, die ihn so dermaßen mitten in der Nacht anrufen würde, und nachdem die am wenigsten absurde Begründung dafür bisher gewesen war, Frotwoots Meinung zum Thema „Schokoladenomelett" zu hören (es hatte sich um ein moralisches Dilemma gehandelt... irgendwie), dachte er sich, was auch immer der Grund diesmal war, er konnte vermutlich bis zum Morgen warten, wenn nicht gar bis in alle Ewigkeit.

    Unglücklicherweise schien die Person am anderen Ende der Leitung mit diesem Urteil ganz und gar nicht einverstanden und rief, nachdem der erste Anruf ignoriert worden war, gleich noch einmal an, und noch einmal, und noch einmal. Schließlich sah Frotwoot ein, dass der Anrufer nicht daran dachte, aufzugeben, also riss er mit einem frustrierten Knurren den Akku aus seinem Handy und schleuderte ihn quer durchs Zimmer. Doch noch ehe er auch nur einen Seufzer der Erleichterung ausstoßen konnte... begann das Festnetztelefon zu läuten.

    „Oh, bitte", stöhnte Frotwoot und kletterte aus dem Bett, um ranzugehen, bevor seine Eltern aufwachten. Bevor er jedoch auch nur die Tür erreichen konnte, stolperte er über den Akku, den er zuvor durchs Zimmer geschleudert hatte. Entsprechend war es, bis er sich endlich wieder aufgerappelt hatte und ins Vorzimmer gehastet war, bereits zu spät.

    „Hallo?, gähnte Bunmi ins Telefon und wandte den Kopf Frotwoot zu, der gerade in ihrem Sichtfeld auftauchte. „... Was? Wes, habt ihr keine Uhren bei euch zu Hause? Weißt du, wie spät es ist? Kopfschüttelnd lauschte sie der Antwort, schloss die Augen und seufzte. Das war die übliche Weise, wie Erwachsene auf Frotwoots Freund Wes reagierten. „Wenn es ein Notfall ist, Wes, warum rufst du dann meinen Sohn an? Gibt es niemand anderen, den du anrufen könntest, oder vielleicht solltest? Ist Frotwoot jetzt so eine Art Superheld, und ich weiß nichts darüber, oder...? Ah. Ich verstehe. Es ist also nicht wirklich ein Notfall, ja? Ich glaube, du weißt nicht, was das Wort bedeutet. Sie sah Frotwoot an, der so entschuldigend lächelte und die Achseln zuckte, wie er nur konnte. „Willst du mit ihm reden, oder soll ich ihm geben, was er verdient, und auflegen?

    „Tut mir leid, Mama", flüsterte Frotwoot, nahm ihr das Telefon ab und hielt es sich ans Ohr. Er wartete, bis sie zurück in ihr Schlafzimmer gegangen war, dann fauchte er, so wütend er vermochte, und ebenso leise: „Mann, was stimmt nicht mit dir?"

    „He! Crossley! Alles okay, Kumpel? Stimmt was nicht mit deiner anderen Nummer?"

    „Nein, ich wollte nur einfach nicht mit dir reden."

    „Oh. Nun, das ist ziemlich unhöflich, sagte Wes. Frotwoot konnte sich zu diesem Zeitpunkt gerade noch davon abhalten, das Telefon in kleine Stücke zu zertrümmern. „Wie auch immer, ich weiß, es ist spät...

    „Das weißt du?"

    „Ach, komm schon, Mann... das wirst du sehen wollen, vertrau mir."

    „Was sehen?"

    „Okay, hast du einen Computer in der Nähe?"

    „Eine Sekunde, seufzte Frotwoot. Er legte das Telefon hin und ging seinen Laptop holen. „Okay, sagte er und setzte sich auf den Fußboden, seinen Computer vor sich und das Telefon irgendwie zwischen Wange und Schulter geklemmt. „Was jetzt?"

    „Also, du kennst die Website, die ich für unsere Band gemacht habe?"

    „Meinst du den Blog, den wir gelöscht haben? Vor zwei Jahren oder so?"

    „Genau! Nur, nachdem ihr ihn gelöscht hattet, habe ich ihn wiederhergestellt."

    „... Was?"

    „Es ist eine Supermethode, unseren Namen bekannt zu machen! Wie auch immer, wir kommen hier ein bisschen vom Thema ab..."

    „Wes, Astrid wird dich umbringen."

    „Wieso? Ich habe nach der Wiederherstellung die meisten von den Bikinifotos entfernt..."

    „Die meisten?" Frotwoot stöhnte und hielt sich mit einer Hand die Augen zu. „Darum geht es noch nicht einmal, Mann. Ihre Familie ist im Zeugenschutzprogramm."

    „Ich weiß. Ich hab auch alle unsere Adressen entfernt. Wie auch immer, zurück zu dem, was ich sagen wollte..."

    „Stehen da immer noch die Orte und Daten unserer Auftritte, Wes?"

    „KANNST DU DICH EINFACH MAL EINE MINUTE KONZENTRIEREN, CROSSLEY? HIMMEL!!!"

    „Ich sage ja nur, dass sie dich umbringen wird, und ich werde sie nicht aufhalten."

    „Okay! Toll! Können wir jetzt zum Thema zurückkehren?"

    „Sicher, was auch immer", sagte Frotwoot mit einem Kopfschütteln und einem ungläubigen Lachen.

    „Okay. Also, geh auf den Blog – weißt du die Adresse noch?"

    „Nein, aber Google hat ihn schon gefunden. Wieso eigentlich gibt es so viele Suchergebnisse für Starfishy Sky?"

    „Ich weiß es nicht. Als wir damals den Namen für die Band ausgesucht haben, habe ich ihn eigentlich für recht originell gehalten. Wie auch immer, logg dich ein, als... Autor, oder was auch immer."

    „Ich weiß weder das Passwort noch den Benutzernamen, Mann."

    „Oh. Okay. Naja, es ist WesIstDerBeste..."

    „Im Ernst?"

    „Halt die Klappe, ich war 12. Also, es ist WesIstDerBeste12 – halt die Klappe! – und das Passwort ist, äh..." Wes zögerte, dann sagte er etwas, von dem Frotwoot der Meinung war, dass es definitiv nicht gedruckt werden sollte.

    „Alter, das ist widerlich."

    „Total, lachte Wes. „Ich weiß. Wie auch immer, bist du drin?

    „Ja."

    „Okay, jetzt geh zum Posteingang."

    „Okay, sagte Frotwoot und klickte auf das kleine Briefkuvert. Im Posteingang befand sich nur eine einzige Nachricht, und sobald er die Betreffzeile sah, begriff Frotwoot, warum Wes ihn darauf aufmerksam hatte machen wollen. „FÜR FROTWOOT – DRINGEND!!!, las er, und öffnete die Nachricht höchstens ein ganz kleines bisschen weniger dringlich, als gefordert war. „Hast du das schon gelesen, Mann?"

    „Ja. Tut mir leid."

    „Warte, dafür entschuldigst du dich, aber nicht dafür, dass – oh, wow. Frotwoot unterbrach sich, als am Bildschirmrand das Profilbild eines absolut umwerfenden Mädchens auftauchte. Sie hatte ungewöhnlich blasse Haut, kräftige, schulterlange, schwarze Haare, die sich an den Spitzen lockten, und die traurigsten, hübschesten, blauen Augen, die er jemals gesehen hatte. „Wer ist das?

    „Was, das weißt du nicht? Ich hab nur ein paar Zeilen gelesen, aber es klang so, als würde sie dich kennen, Alter."

    Frotwoot löste unwillig seinen Blick von dem Foto und begann, die Nachricht zu lesen.

    He, Frotwoot, ich bin es, Maeve!!! Ich kann nicht glauben, dass ich dich nach ALL der Zeit endlich gefunden habe! Ich weiß nicht, warum wir getrennt wurden, aber es sieht so aus, als wärst du ganz in der Nähe von mir gelandet, wenn du in Indiana bist, ich bin nämlich in CHICAGO! Kannst du mich anrufen, wenn du das hier liest? Also, SOFORT? Meine Nummer ist...

    „... Gelandet?, murmelte Frotwoot ungläubig. „He, Wes? Kann ich dich zurückrufen?

    „Wieso? Rufst du sie etwa jetzt gleich an?"

    „Nein, ich... ich muss ein bisschen darüber nachdenken."

    „Sie ist ziemlich scharf, oder? Bist du jetzt nicht froh, dass ich dich aufgeweckt habe?"

    „Irgendwie, ja. Danke."

    „Kein Problem. Ich hoffe nur, sie ist kein Kerl oder so."

    „Tschüss, Wes, lachte Frotwoot und legte auf, dann widmete er all seine Aufmerksamkeit erneut dem Bildschirm. Das Wort „gelandet sprang ihn immer wieder an und lag ihm schwer im Magen, wenngleich es durchaus möglich war, dass sie es nicht wortwörtlich gemeint hatte. Dann war da noch das Foto... es war seltsam, aber obwohl ihm das Mädchen nicht im geringsten bekannt vorkam, hatte er den deutlichen Eindruck, dass sie das sollte. Es war wie das Gefühl, wenn einem etwas auf der Zunge lag, nur wesentlich schlimmer.

    Schließlich ging er zurück ins Bett. Er dachte sich, er sollte versuchen, vor dem Morgen noch ein wenig Schlaf zu bekommen, aber „versuchen war so ungefähr alles, was er schaffte. Als es Zeit wurde, aufzustehen und zu frühstücken, war er komplett erschöpft, und solange ihm diese „Maeve durch den Kopf ging, würde er das auch bleiben, davon war er überzeugt.

    „Guten Morgen, sagte Jack, als Frotwoot in die Küche stolperte. „Was wollte Wes?

    „Oh, das Übliche... irgendetwas Dummes."

    „Na, das ist keine Überraschung", seufzte Jack, verdrehte die Augen und wandte sich wieder den Eiern zu, die er briet. Es war gut, dass er abgelenkt war, dachte sich Frotwoot, denn sonst wäre ihm vermutlich aufgefallen, dass sein Sohn etwas zu verbergen hatte. Und dann würde er es Bunmi erzählen, und ihr wäre es ein Leichtes, es ihm zu entlocken. Und dann, sobald sie es wussten, da war sich Frotwoot sicher, würden sie ihn dazu bringen, dass er Maeve sofort anrief, und nachdem er sich zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal sicher war, dass er sie überhaupt anrufen wollte, nun ja... es war einfach gut, dass Jack abgelenkt war.

    „Jack, schalt ihn Bunmi im Hereinkommen, womit sie Frotwoots neurotische kleine Episode unterbrach. „Habe ich dir nicht gesagt, dass du Frotwoots Freunde nicht beleidigen sollst?

    „Ich weiß nicht, das muss ich überhört haben, sagte Jack mit einem Achselzucken und einem schiefen Grinsen. „Abgesehen davon war es keine Beleidigung, nur eine Beobachtung.

    „Eine beleidigende Beobachtung!", sagte Bunmi, die selbst grinsen musste, und versetzte ihm einen spielerischen Schlag auf den Arm.

    „He, ich kann nur beobachten, was der Junge tatsächlich tut, oder? Es ist nicht meine Schuld, wenn alles, was er tut, dumm ist."

    „Es ist okay, Mama, besänftigte sie Frotwoot, als sie keuchte und den Mund zu einer Entgegnung öffnete. „Ich werde Papa mit der Zeit einfach verabscheuen und schlussendlich gegen ihn rebellieren.

    Jack und Bunmi lachten beide, was ihre Tochter Molly, die gerade in die Küche gewankt kam, zusammenzucken ließ. „Hallo Molly, sagte Frotwoot, hob sie hoch und nahm sie auf den Schoß. „Möchtest du heute meine Band spielen sehen?

    Molly schüttelte erst den Kopf, dann ließ sie ihn in einem wenig realistischen Versuch, weiterzuschlafen, etwas zu hart auf die Tischplatte sinken. „Sie ist unser größter Fan", spottete Frotwoot und setzte sie auf ihren eigenen Stuhl, damit er den Teller nehmen konnte, den Jack ihm hinhielt.

    „Wo spielt ihr denn heute?", fragte Jack, als er alle mit Essen versorgt und sich selbst hingesetzt hatte.

    „Irgendwo in Chicago. Wir machen es quasi umsonst, aber du weißt ja..."

    „Es geht nicht ums Geld, es geht um die Musik?"

    „Ja, vermutlich."

    „Wenn es doch nur um beides gehen könnte, nicht wahr?"

    „Das tut es, wenn man nicht kompletter Mist ist."

    Bunmi gab ihm einen Klaps. „Sag so etwas nicht! Deine Band ist sehr gut, Frotwoot."

    „Weiß ich. Ich wollte dich bloß dazu bringen, es auszusprechen."

    Alle lachten wieder, bis auf Molly, die wie immer nur den Kopf hob und sie alle wütend anfunkelte.

    Nach dem Frühstück meldete sich Frotwoot freiwillig für den Abwasch, plötzlich begierig nach einer Ausrede, Maeve jetzt nicht anrufen zu können, wo es nicht mehr mitten in der Nacht war. Als er den Punkt erreicht hatte, an dem er es nicht mehr länger vor sich herschieben konnte (trockener als trocken konnten Teller nicht werden), suchte er Molly und fragte sie, ob sie mit ihm „mit Puppen spielen oder so" wollte. Sie wollte, zu diesem Zeitpunkt schon deutlich wacher/fröhlicher, aber es dauerte nicht lange, da wurden ihr die Abenteuer von Barbie und ihren Freunden zu langweilig, und sie wollte sich Zeichentrickfilme ansehen. Frotwoot leistete ihr Gesellschaft, bis eine Sendung kam, die er einfach nicht ertrug, woraufhin er sich davonschlich, um sich eine andere Beschäftigung zu suchen; das war sinnlos und irgendwie dumm, er wusste es, aber er konnte nicht anders. So neugierig er auf diese „Maeve" und den möglichen Ausblick in seine Vergangenheit, den sie darstellte, auch war, er hatte Angst, dass sie etwas über ihn wusste, das... Dinge verändern würde, irgendwie. Und, offen gesagt (ohne jetzt das Konzept „Veränderung" als solches beleidigen zu wollen, das konnte ja oft recht positiv sein, und ein Konzept an sich konnte eigentlich auch gar nicht beleidigt sein, und ganz eindeutig wurde er gerade wieder ein bisschen verrückt) mochte er die Dinge so, wie sie waren.

    Nachdem es im Haus nichts mehr zu tun gab, ging Frotwoot um den Block, um Jack in seinem Gitarrenladen auszuhelfen. „Oh, gut, sagte Jack, als er bei der Tür hereinkam. „Jetzt muss ich den ganzen Kram, den ich nicht leiden kann, nicht selber machen.

    „Das tust du sowieso nie", lachte Frotwoot.

    „Ich weiß! Ich lasse alles für dich übrig!"

    Frotwoot wurde mit

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