Das wilde Mäh und die Irgendwo-Insel (Band 3): Humorvolle Kinderbuchreihe ab 8 Jahre
Von Vanessa Walder und Zapf
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Rezensionen für Das wilde Mäh und die Irgendwo-Insel (Band 3)
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Buchvorschau
Das wilde Mäh und die Irgendwo-Insel (Band 3) - Vanessa Walder
In liebendem Gedenken an
Gerhard F. Walder,
meinen Papa
1943 – 2014
WER ist WER?
Ham, der Wolf, gebürtiger Widder
Flöckchen, der … äh … Rehbock, Hams bester Freund
Tupfer, das Reh, Flöckchens Freundin
Grazia, die Gämse, früher Berg-Banditin
Rhea, die Wölfin, Mama von Ham, Feder, Brise und Wolke, Gefährtin von Papa Kip, früher Rudelführerin
Feder, die Wölfin, Rudelführerin des Rudels am Hohen Felsen im Wilden Wald, Hams Schwester
Onkel Bär, Hams Freund
Das Eichhörnchen, so wie es ist
Sir Lancelot, die Ratte, ehemaliges Mitglied der Abortigen
Josefine „Joey", das Känguru, einziger Bewohner des Verfluchten Waldes
Larry, der … äh … Otter, Vorsitzender der Otter
Eden, die Wildkatze auf der Insel im Weiten Wasser
Papa Kip, der Wolf, Rheas Gefährte, Vater von Feder, Brise und Wolke
NIRGENDWO
Auf Beeren ausruhen
„Und was machst du jetzt, kleiner Wolf?", fragte Grazia und sah Ham dabei aus großen braunen Augen unentwegt an. Ham bemühte sich, deshalb nicht nervös zu werden.
„Ich würde sehr gerne schlafen, verehrte Gämse, sagte er und war stolz, dass er immer noch höflich klang. „Es ist nämlich Nacht. Das habe ich dir schon gesagt.
Darauf hatte Ham sogar mehrfach hingewiesen. Seit einer ganzen Weile, um genau zu sein. „Ich bin nicht nachtaktiv. Deshalb wäre es schön, wenn du dich jetzt in deine eigene Höhle zurückziehen könntest. Danke."
„Pah!, machte Grazia. „So leicht wirst du mich nicht los, Wölfchen.
Grazia hatte es sich vor Hams Höhle gemütlich gemacht, obwohl sie selbst eine sehr viel bessere gefunden hatte, in die es noch nicht mal hineinregnete. Sie hatte Ham sogar angeboten, bei ihr einzuziehen. Das war ihm aber doch komisch vorgekommen. Sein bester Freund Flöckchen ging so weit zu behaupten, Grazia wolle Ham einfangen.
Das wiederum hielt Ham für übertrieben. Grazia konnte Zäune nicht ausstehen und hätte einem anderen Tier niemals die Freiheit geraubt. Trotzdem lehnte er ihr Angebot höflich ab, indem er behauptete, die frische Luft seiner eigenen Erdhöhle wäre ihm viel lieber als ein Felsdach über dem Kopf.
Außerdem war er gar nicht sicher, ob seine Mama es erlaubt hätte. Er war aus der Wolfshöhle nur deshalb ausgezogen, weil sie für einen ausgewachsenen Wolf und vier halb ausgewachsene Welpen zu eng geworden war. Wie sollte er seiner Schwester beibringen, dass er stattdessen mit einem Gämsenmädchen in einer Höhle wohnte? Feder war immerhin Rudelführerin des Wolfsrudels am Hohen Felsen im Wilden Wald. Hätte Ham ihr von Grazias Einladung erzählt, hätte Feder es ihm garantiert verboten. Und dann hätte Ham es selbstverständlich tun müssen. Zu Grazia ziehen. Schließlich war er ein Männchen. So aber hielt er Feder aus der Sache raus und traf seine eigene Entscheidung.
Inzwischen war Ham heilfroh über diese Entscheidung. Grazia war anders als die Tiere im Wald, die Ham kannte, seit er klein war. Vielleicht lag es daran, dass sie aus den Bergen kam? Oder daran, dass sie zu den Berg-Banditen gehört und mit ihnen gekämpft hatte? Vielleicht hatte sie noch nicht ganz verstanden, dass sie im Wald gegen niemanden kämpfen musste? Offenbar hatte ihr keiner beigebracht, dass man andere Tiere nicht ständig verfolgte und triezte. Das waren nicht die guten Manieren, die Ham von seiner Wolfsmama gelernt hatte.
Ständig war Grazia auf der Jagd nach neuen Abenteuern. Dabei vermutete sie wohl, dass sich die Abenteuer wie Zecken oder Flöhe in Hams Fell festgesetzt hatten. Sie suchte nämlich immer dort nach ihnen, wo Ham sich gerade aufhielt.
„Nichts?, rief Grazia. „Dir fällt wirklich nichts ein, was wir als Nächstes tun könnten? Den Rand der Welt finden, schwimmen oder fliegen lernen, ein eigenes Revier erobern, irgendetwas?
Ham antwortete nicht. Grazias Vorschläge waren natürlich allesamt lächerlich. Und über seine letzten zwanzig Antworten hatte Grazia entweder gelacht oder geschnaubt. Dabei hatte Ham sich wirklich Mühe gegeben, sich etwas einfallen zu lassen. Das Gämsenmädchen war neu im Wald und kannte kaum andere Tiere. Deshalb hatte Ham vorgeschlagen, sie könnten mit seinen besten Freunden Flöckchen und Tupfer Verstecken spielen. Er wusste, dass Grazia die beiden Rehe gernhatte. Trotzdem brachte ihm die Idee gerade mal ein Schnauben ein.
Er hatte vorgeschlagen, Onkel Bär zu besuchen. Oder dem Eichhörnchen zu helfen, seine Nüsse so zu verstecken, dass es sie auch wiederfand. Ham hatte sogar angeboten, Grazia beizubringen, wie man zur Weisen Wölfin sang. Obwohl das doch eindeutig eine Wolfsangelegenheit war und Grazia ein Beutetier. Nicht dass Ham sie daran erinnert hätte. Er wollte schließlich nicht unhöflich sein. Grazia hatte damit umgekehrt nicht die geringsten Probleme.
„Du kannst doch unmöglich so langweilig sein!", stöhnte sie.
„Ruhuuuhe, rief der Uhu in einem Baumwipfel über ihren Köpfen. „Nicht so lahuuut, wenn ich bitten darf! Huuuh, meine Beute macht einen Bogen uuuhuum euch.
Jetzt wurden sie sogar schon vom Uhu zur Ordnung gerufen! Ham kniff die Augen fest zu und drehte sich weg. Er wollte nicht mehr mit Grazia reden. Es war dunkel und am Himmel leuchtete silbern das Auge der Weisen Wölfin. Mittlerweile war Hams Geduld – im Gegensatz zum Rest von ihm – tief und fest eingeschlafen. Wäre Ham kein Vegetarier gewesen, er hätte ernsthaft darüber nachgedacht, Grazia zu fressen. Seine Schwester Feder hatte ihm bereits ein paarmal angeboten, dabei zu helfen.
„Du musst doch irgendeinen Plan haben, sagte Grazia wieder. „Irgendeine Vorstellung, wie deine Zukunft aussehen soll.
Ham versuchte, seine Pfoten auf die Ohren zu legen, aber das gelang ihm nicht. Er war dem Gämsenmädchen hilflos ausgeliefert. Und das bloß, weil er falsch gewachsen war. In seinem Rudel konnten alle Wölfe die Pfoten über die Ohren legen. Früher hatte Ham seine Geschwister beneidet, weil sie besser jaulen und jagen konnten als er. Seit Grazia in den Wald gezogen war, wünschte sich Ham nichts weiter, als hin und wieder ein bisschen Ruhe.
Die Sache war die: Ham war ein Held. Daran gab’s gar nichts zu rütteln. Er war vielleicht klein und wollig, aber er hatte den Kampf gegen eine ganze Horde von Monstern aufgenommen und sie in die Flucht geschlagen. Nur waren da die Blätter noch grün und die Blumen bunt gewesen. Inzwischen hatte der Wald längst herbstliche Farben angelegt. Es regnete oft, die Luft war kühler, der Kuckuck bereitete seine Reise in sonnige Länder vor und der Bär behauptete, er könne bereits den Schnee riechen. Deshalb fand Grazia, es wäre höchste Zeit, die nächste große Heldentat zu vollbringen.
„Guck mal, die Geschichte hat doch so schön angefangen, sagte Grazia. „Tiefste Nacht, ein Mensch schleicht durch den Wald
– Grazias Stimme verursachte bei Ham eine Gänsehaut – „und setzt ein kleines schwarzwolliges Wesen in einem hohlen Baumstamm aus. Keiner weiß, was es ist, aber es macht laut Määäh und der Fuchs will es fressen. Er beißt zu, als –"
„Er hat mich nicht gebissen", unterbrach Ham.
„Was?"
„Der Fuchs, sagte Ham. „Er hat mich nicht gebissen. Meine Mama ist vorher –
„Du verstehst überhaupt nichts davon, wie man Geschichten erzählt, sagte Grazia. „Also: Der Fuchs beißt zu, da springt die Rudelführerin der Wölfe dazwischen und rettet das Kleine. Ein erbitterter Kampf entbrennt –
„Sie hat ihn nur mal kurz am Hals gepackt."
„Ein erbitterter Kampf, wiederholte Grazia ungerührt. „Die Wölfin gewinnt und nimmt das kleine Määäh in ihr Rudel und in ihre Familie auf. Sie nennt es Ham – wahrscheinlich von Hammel –
„Nicht deshalb!", schrie Ham.
Grazia zuckte mit keiner Wimper. „Gleich im ersten Winter bricht der ungeschickte Kerl durchs Eis und sinkt auf den Grund des –"
„Ich bin nicht ungeschickt!, protestierte Ham. „Und ich bin auch nicht untergegangen. Ich bin bloß –
„… sinkt auf den Grund des Flusses, weil er nicht schwimmen kann. Todesmutig springt sein bester Freund Flöckchen hinterher und zieht ihn mit Zähnen und Klauen aus dem Wasser."
„Rehe haben gar keine Klauen", maulte Ham leise.
„Vor lauter Freude singt der Kuckuck ein Lied und verrät dem kleinen Ham, dass er kein Wolf ist, sondern ein Lamm."
„Das hat er überhaupt nicht verraten!, rief Ham. „Er hat nur gesagt, dass ich kein Wolf bin, den Rest musste ich selbst rausfinden. Und deshalb hab ich nach meiner anderen Mama gesucht!
„Und hast sie gefunden!, sagte Grazia selbstzufrieden. Sie schmiegte den schwarz-weißen Kopf mit den kleinen Hörnern an einen Ast und blinzelte Ham an. „Mithilfe von Feder und Flöckchen. Und unterwegs habt ihr einen Stier befreit und seid von Bluthunden gehetzt worden und in Seen gesprungen und habt es mit einer Katze aufgenommen.
„Madame Nobia ist eine Freundin. Man sollte keine Vorurteile haben. Besonders nicht Katzen gegenüber. Die können nämlich sehr schnell gemein werden, wenn sie’s rausfinden."
Grazia hörte ihn gar nicht. Sie war so aufgeregt, dass sie aufsprang und hin und her lief. „Ein tragischer Held, wahre Freundschaft, tödliche Gefahren! Und dann kommt das nächste große Abenteuer: Monster am Waldrand, die alle Bäume fressen! Und du machst dich auf den Weg in die Berge zum legendären Wilden Widder und seinen Banditen und lernst auf dem Weg, was es heißt, ein echter Anführer zu sein. Und stellst auch noch fest, dass der Wilde Widder dein Vater ist. Klassisch! Alle Voraussetzungen für ewigen Ruhm und Unsterblichkeit! Sie fuhr herum und sah Ham mit zusammengekniffenen Augen an. „Und was machst du? Ruhst dich auf deinen Lorbeeren aus und willst den Rest deines Lebens mit Nichtstun im Nirgendwo verbringen!
Ham sprang auf. Als er noch ganz klein war, hatte er gesehen, wie ein Blitz in einen Baum einschlug und der zu brennen anfing. Grazias Worte schlugen bei Ham genauso ein wie dieser Blitz und lösten in seinem Inneren ein Feuer aus.
„Der Wald ist mein Zuhause, kein Nirgendwo!", rief er.
Grazia blieb gelassen. „Er scheint aber ganz in der Nähe zu liegen. Und du willst den