Windhunde: Schnell, sanft, liebenswert
Von Dorothee Dahl
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Buchvorschau
Windhunde - Dorothee Dahl
Rasche)
AUS ALLER WELT
Als es in Russland noch Zaren gab, zählte die Wolfsjagd mit Barsois zu den Freizeitaktivitäten der Großgrundbesitzer. (Foto: Widmann)
Von Jagdgesellen, Adel und falschen Hasen
Windhunde gehören zu den wohl ältesten Hunderassen der Welt und haben auch zur Entwicklung vieler anderer Hunderassen beigetragen. Im Laufe der Jahrtausende, es mögen wohl 10.000 gewesen sein, haben die Hunde mit den typischen langen Fängen ihre Grundform nur wenig verändert. Auf etwa 4000 Jahre alten Abbildungen aus dem alten Ägypten findet man Windhunde, die zur Jagd eingesetzt wurden.
Ob die Windhunde nun aus dem vorderen Orient oder aus den osteuropäischen Steppengebieten stammen, blieb bisher ungeklärt. Fest steht, dass die Windhunde als Hetzjäger schon früh den Menschen bei der Jagd halfen, auf die diese zu damaligen Zeiten noch existenziell angewiesen waren.
Im Zuge ihrer westlichen Verbreitung gelangten die Windhunde nach Europa, wo nun 13 Rassen heimisch sind, die durch die bei uns ebenfalls vorkommenden fünf mediterranen Rassen ergänzt werden.
Auch wenn die Nutzung zur Jagd eine wichtige Rolle spielte, waren die Windhunde schon immer etwas Besonderes. Noch immer gibt es Nomadenstämme, deren Windhunde mit ihnen über die Steppe ziehen, sie beim Jagen ihrer Nahrung unterstützen und nachts im Zelt nah bei ihren Besitzern schlafen. Als es in Russland noch Zaren gab, zählte die Wolfsjagd mit Barsois zu den Freizeitaktivitäten der Großgrundbesitzer. Und in Europa war die Jagd mit Greyhounds vor allem dem Adel vorbehalten. Erst mit der Zucht der Whippets, die etwa in der Mitte des 19. Jahrhunderts begann, wurden diese Privilegien durchbrochen: Den Whippet nannte man damals auch „das Rennpferd des kleinen Mannes", der auch den Arbeitern in ihren kleinen Behausungen ermöglichte, einen Hund zu halten, mit dem sie in ihrer knapp bemessenen Freizeit an Windhundrennen teilnehmen konnten. Aber auch Kaninchen wurden gejagt, bis die Hetzjagd auf lebendes Wild verboten wurde. Die Jagd auf den künstlichen Hasen wurde schnell zu einem Sport, in dem zwar die Eigenschaft des Windhundes genutzt wird, seine ursprüngliche Aufgabe, bei der Nahrungsbeschaffung behilflich zu sein, jedoch verloren gegangen ist. Leider hat sich dieser Sport in Ländern, vor allem in England, Irland und Spanien, in denen kommerzielle Rennen mit hohen Wetteinsätzen erlaubt sind, zu einer Industrie entwickelt, die mit artgerechter Hundehaltung und fairem Sport nichts mehr zu tun hat. Eingepfercht in dunkle Schuppen oder winzige Käfige haben nur die schnellsten Hunde im Rennen eine Chance, etwas länger zu leben als ihre gequälten Artgenossen, die oft auf abscheulichste Weise entsorgt werden. Ein düsteres Kapitel, das mit den in Deutschland durchgeführten Trainings- und Amateurrennen nicht verglichen werden darf. Hier steht der Gedanke im Vordergrund, Windhunden eine ihrer Veranlagung entsprechende Bewegung zu bieten und ihnen die Befriedigung ihres Hetztriebes zu ermöglichen. Für die Besitzer ergibt sich der schöne Nebeneffekt, ihre Hunde im Rennen vergleichen und den ein oder anderen Pokal stolz mit nach Hause nehmen zu können. Auch wenn die Hunde sich im Rennen nicht bewähren oder zu alt sind, werden sie in Deutschland und in anderen Ländern, in denen der Windhundsport nicht kommerziell betrieben wird, als Familienmitglieder bis ans Ende ihres Lebens liebevoll umsorgt und betreut.
(Foto: Rasche)
Was Ohren und Rücken mit der Herkunft zu tun haben
Salukis haben hängende Ohren und sind damit typische Vertreter der Gruppe der orientalischen Windhunde. (Foto: Brodmann)
Tatsächlich! An den Ohren unserer Windhunde können wir ihre Herkunft erkennen. So haben die europäischen Windhunde, zu denen zum Beispiel der Greyhound, der Whippet, das Windspiel, aber auch der Irish Wolfhound gehören, sogenannte Rosenohren. Sie sind klein, nach hinten gefaltet und eng anliegend. Im Gegensatz zu einer echten Rose laufen sie etwas spitz zu. Die Windhunde, die aus dem Nahen und Mittleren Osten oder aus Nordafrika stammen und als orientalische Windhunde bezeichnet werden, haben hängende Ohren. Vor allem der Saluki und der Sloughi sind typische Vertreter dieser Gruppe. Stehende Ohren findet man bei den mediterranen Windhunden, beispielsweise beim Pharaoh Hound oder dem Podenco Ibicenco.
Auch bei Betrachtung der Rückenlinie kann ein Windhund einer der drei großen Windhundgruppen zugeordnet werden. In der europäischen oder westlichen Gruppe fällt die gewölbte Rückenlinie auf, die vor allem beim Barsoi deutlich ausgeprägt ist. Azawakhs oder Afghanen, die der orientalischen oder östlichen Gruppe der Windhunde angehören, haben eine horizontalere Rückenlinie, ebenso wie die mediterranen Windhunde, die eher durch ihre meist hochgetragene Sichelrute auffallen. Weitere typische Merkmale für die Hunde der verschiedenen Gruppen werden in den Beschreibungen der einzelnen Windhundrassen erwähnt.
Der Barsoi hat eine deutlich gewölbte Rückenlinie, die typisch für die westlichen Windhunde ist. (Foto: Slawik)
Nur ein Name? Windhund, Sighthound, Hasenhund
Schnell wie der Wind! Das ist sicherlich die erste Assoziation, die wir haben, wenn wir das Wort Windhund hören. Aber hat der Name wirklich etwas mit Wind zu tun? Vermutlich nicht, denn im Althochdeutschen heißt „Wint so etwas wie „Hund für die Jagd
, was beim Windspiel sogar zu einer doppelten Bezeichnung führt, denn auch mit dem Wort „Spiel ist im Mittelhochdeutschen die Jagd gemeint. Außerdem gibt es noch die Erklärung, „Wind
sei auf die Bezeichnung „wendischer (slawischer) Hunde zurückzuführen. Windhunde haben aber sowieso in jedem Land einen anderen Namen: In Frankreich nennt man sie „Hasenhunde
(„Lévrier von lièvre, der Hase), in Spanien „Galgo
, was noch heute an die Gallier erinnert, die den „Vertragus besaßen, der als der Vorfahre des modernen Windhundes gesehen wird. In England spricht man vom „Sighthound
, was die Eigenschaft des Windhundes als Sichtjäger beschreibt. Im Arabischen heißt ein Windhund „Tazi, übersetzt bedeutet dies „einer, der rennt
. Auch in den einzelnen Rassebezeichnungen findet man in den Namen Hinweise auf die Fähigkeiten der Hunde, wobei man sich nicht immer ganz sicher ist, welche Bezeichnung die ursprünglichste ist. So vermutet man in erster Linie, der Name Greyhound sei auf „Greek Hound zurückzuführen. Aber auch ein keltischer Ursprung des Namens ist möglich: Die Kelten bezeichneten einfach einen Hund als „Grey
.
Schnell wie der Wind sind sie alle, aber ob der Name damit etwas zu tun hat? (Foto: Rasche)
Sanfte Seelen: Über das besondere Wesen von Windhunden
Natürlich sind sie nicht alle gleich, und wie bei uns Menschen gibt es auch sehr unterschiedliche Windhunde. Trotzdem entsteht bei der Gesamtbetrachtung aller Windhundrassen ein typisches Bild ihres außergewöhnlichen Wesens. Grundsätzlich bringt jeder Hund Eigenschaften mit, die ihm angeboren sind, er ist aber auch in der Lage, aus Erfahrungen zu lernen. Dies macht es möglich, einen Hund so zu erziehen, dass die Lebensgemeinschaft Mensch und Hund gelingt.
Innerhalb einer Hunderasse kann man erkennen, dass die Reaktionen des Hundes auf Eindrücke, die er aus seiner Umwelt erfährt, sehr ähnlich sind. Im Laufe der Zuchtauswahl sind viele unterschiedliche Hunderassen entstanden, die sich in ihrem Wesen sehr deutlich unterscheiden.
Da Windhunde ursprünglich nahezu ausschließlich für die Verwendung bei der Jagd gezüchtet wurden, haben Eigenschaften, die zum Beispiel bei Vorstehhunden, Wachhunden oder Blindenhunden wichtig sind, bei der Zuchtauswahl der Windhunde keine Rolle gespielt. Unterordnungsfähigkeit und Abrichtungseignung werden bei der Zucht von Windhunden, im Gegensatz zu beispielsweise Schäferhunden, nicht berücksichtigt. Wer aber einmal einen Windhund gehabt hat, weiß, dass gerade dies einen Windhund ausmacht. Windhunde brauchen weder scharfe Kommandos noch strenge Befehle – im Gegenteil, wer seinen Windhund anbrüllt, erreicht eher, dass er verängstigt wird oder sich beleidigt