Jagdhund ohne Revier: Besser verstehen - richtig erziehen
Von Ina Hildenbrand
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Buchvorschau
Jagdhund ohne Revier - Ina Hildenbrand
Vorwort
VORwort
Die Jagd ist neben der Sozialstruktur wohl die größte Gemeinsamkeit, die die Menschen vor etwa 15 000 Jahren mit den Wölfen hatten, und sie dürfte auch einer der wichtigsten Gründe dafür gewesen sein, dass die Wölfe begannen, sich dem Menschen anzunähern. Das war der Beginn ihrer Domestikation. Auf über 10 000 Jahre alten Felszeichnungen in neolithischen Wohnhöhlen haben Menschen bereits Jagdszenen mit Hunden dargestellt. Abhängig von der jeweiligen Eignung und Verwendung der Tiere bildeten sich nach und nach durch immer gezieltere Zucht verschiedene Schläge und später auch Rassen. Noch heute stellen die Jagdhunderassen einen großen Teil unserer Haushunde dar, allerdings werden nur noch wenige Hunde auch tatsächlich für die Jagd ausgebildet und verwendet. Die meisten Hunde haben keine ihrer Zuchtgeschichte entsprechenden Aufgaben mehr. Viele Jagdhunde leben als reine Familienhunde und müssen auch als solche erzogen und ausgelastet werden, was nicht selten Probleme bereitet. Genau hier setzt dieses Buch an und gibt fundierte Hilfestellung bei allen kleinen und großen Schwierigkeiten, die im alltäglichen Zusammenleben mit Jagdhunden auftreten können.
Einleitung
Zur Einstimmung auf das, was folgt, möchte
ich hier die Geschichte meines Adoptivbeagles
Camillo erzählen:
Mein Adoptivbeagle Camillo beim nach viel Training möglich gewordenen Freilauf.
Vor einigen Jahren stand eine verzweifelte junge Frau vor meiner Tür, ein junger Beaglerüde hatte sie an der Leine. Eine andere Formulierung würde die Tatsachen sträflich verdrehen. Camillo führte sein Frauchen zielstrebig auf das Tor zu, dann quer durch meinen Vorgarten, um erst einmal einige meiner frisch gepflanzten Blumen zu „ertränken". Weiter ging es durchs Gemüse und auch nur deshalb knapp an dem mannshohen Johannisbeerstrauch vorbei und nicht hindurch, weil Camillo kurz davor Nachbars Hühner entdeckt hatte und dann doch lieber schnell über die Straße zum Misthaufen wollte. Camillos Frauchen hatte zu dem Zeitpunkt aber endlich wieder festen Stand und war sauer genug, um den kleinen Tunichtgut bis zur Türglocke zerren zu können. Ich bat die beiden herein, und nachdem mich Camillo freundlich angesprungen und komplett verdreckt hatte, befreite er sich in Sekundenschnelle aus seinem Halsband und ließ sich fast eine Dreiviertelstunde lang nicht mehr einfangen. Erst als er meine Pferde gejagt und meine Schafe ausreichend lang verbellt hatte und schließlich ins Haus geflitzt war, um dort ohne Zögern mein Mittagessen vom Tisch zu holen und zu inhalieren, schaffte sein Frauchen es, ihn wieder anzuleinen. Ich habe Camillo nach einem langen Gespräch und vielen Tränen seiner Besitzerin schließlich adoptiert, und es sollte sich eine wunderbare, wenn auch anstrengende Freundschaft entwickeln.
Anfangs zerlegte Camillo alles, was er zwischen die Zähne bekam. Er kannte Spaziergänge ausschließlich an der Leine, ansonsten sah man ihn nach kürzester Zeit nur noch als kleinen, weiß gefleckten, hopsenden Punkt am Horizont. Es war also erst einmal Schleppleinen- und Abruftraining angesagt, worauf der Kleine mit deutlicher Empörung reagierte. Weil er, wie alle Beagle, das Fressverhalten eines Industriestaubsaugers hatte und noch dazu meine Küchenschränke öffnen konnte, musste ich die Organisation meiner Wohnräume überdenken und auch dem Mülleimer einen neuen Platz auf dem Schrank zuweisen. Mein Ordnungssinn hat sich dank Camillo sehr zum Besseren entwickelt, denn ich lernte recht schnell, Dinge wie Kissen, Schuhe oder Kleidungsstücke sofort aufzuräumen, bevor sie dem kleinen Monster zum Opfer fielen.
Camillo war vorläufig eine Ganztagsaufgabe. Er konnte nicht allein bleiben, denn er zerstörte die Einrichtung, Türen, Bücher und eigentlich auch alles andere, wenn man das Haus ohne ihn verließ. Er heulte und machte seinen Frust auch durch diverse Pfützchen deutlich. Die Gewöhnung an die Transportbox stellte uns beide auf eine harte Nervenprobe. Trotz geduldigen Übens und vieler Schweineöhrchen hüpfte er anfangs oft mitsamt der Box durch das ganze Wohnzimmer, um mir mitzuteilen, dass er dieses Ding nicht mochte. Die ersten Monate vergingen, und mit viel Geduld wurde aus dem kleinen unausgelasteten und anscheinend tauben Moppelchen ein gehorsamer und lieber Hund, der durch das viele Training sogar wieder etwas Taille gewonnen hatte. Seine Box war ihm nach erfolgreichem Üben das liebste Versteck, und er konnte brav allein bleiben. Der Grundgehorsam saß, und auch das Freilaufen klappte endlich. Camillo war mit seinem anhänglichen Charakter, seiner Sturheit und dem kleinen rosa Nasenfleck sicher der putzigste und liebenswerteste Hund, den ich je in Ausbildung hatte, aber auch der, der mich mit Abstand die meisten Nerven gekostet hat. Jagdhunde sind eben anders, und ganz besonders Beagle sind anscheinend vom Mars …
Die verschiedenen Jagdhunderassen
Es gibt die unterschiedlichsten Jagdhunderassen und unendlich viele Mischlinge daraus. Um den eigenen Hund besser einschätzen und bei der Ausbildung und Erziehung individuell auf ihn eingehen zu können, ist es wichtig, die Eigenheiten und die jeweilige Arbeitsweise der verschiedenen Jagdhunderassen zu kennen. Bei der Erziehung eines Jagdterriers müssen ganz andere Schwerpunkte gesetzt werden als bei der eines Retrievers. Die nun folgenden Rassebeschreibungen geben einen Überblick über die Merkmale und jagdlichen Eigenschaften sowie die charakterlichen Besonderheiten der Hunde. Als Leitfaden dient die Rasseneinteilung der Fédération Cynologique Internationale (FCI), sie ist die Weltorganisation der Kynologie.
GRUPPE 3: TERRIER
Die Gruppe der Terrier ist äußerst vielfältig und wird von insgesamt 35 Rassen gebildet. Die FCI unterteilt die Terrier in hochläufige, niederläufige, bullartige und Zwergterrier. Wir konzentrieren uns im Wesentlichen auf die hoch- und niederläufigen Terrier, die auch jagdlichen Hintergrund haben.
Kurzhaarig oder rauhaarig: der Foxterrier.
Allen Terriern ist eines gemeinsam: Sie wurden von jeher zur Jagd auf Ratten und Mäuse sowie auf Fuchs, Dachs und anderes Raubzeug gezüchtet. Das Wort Terrier leitet sich vom lateinischen „terra" (Erde) ab. Bei der Jagd werden Terrier insbesondere unter der Erde eingesetzt, bei der sogenannten Bauarbeit. Heute werden nur noch wenige Terrierrassen tatsächlich jagdlich geführt, was aber nicht bedeutet, dass die übrigen Vertreter dieser Gruppe ihre Jagdpassion verloren haben.
Sie gehören dazu
Der Airedale Terrier ist mit 56 bis 61 Zentimetern der größte unter den Terriern. Ursprünglich aus Terriern und Otterhounds zur Wasserjagd und Kaninchenjagd gezüchtet, ist er heute ein leichtführiger und angenehmer Familienhund mit vielen Talenten. Vom Rettungshund bis zum Diensthund leistet er hervorragende Arbeit.
Der Bedlington Terrier war einst einer der härtesten Arbeitshunde, wird aber heute nicht einmal mehr in seinem Ursprungsland jagdlich verwendet. Leider ist der einstige Spezialist zum reinen Ausstellungshund verkommen. Sein äußerst auffälligstes körperliches Merkmal, die „Ramsnase", ist allerdings nur aus dem Fell herausgearbeitet, der Bedlington hat eigentlich eine schöne gerade Nase.
Ganz anders verlief die Entwicklung des Border Terriers. Er durfte sein ursprüngliches Haar- und Rassebild glücklicherweise weitgehend behalten und auch seine jagdlichen Eigenschaften werden heute durchaus noch geschätzt.
Der Deutsche Jagdterrier ist ein jagdliches Allroundtalent, weswegen diese Hunde nach wie vor zahlreich in der Jagd Verwendung finden. Er fordert eine klare Führung und eine saubere Ausbildung und eignet sich nicht als reiner Familienhund.
Den Foxterrier gibt es als glatt- und rauhaarige Variante, er hat sich seine jagdliche Passion erhalten, aber auch als Familienhund Verbreitung gefunden.
Der Irish Glen of Imaal ist bei uns kaum verbreitet und auch der Irish Soft Coated Wheaten Terrier ist wenig bekannt. Er ist, ebenso wie der Kerry Blue Terrier, ein vielseitiger Hund, dessen Aufgabe es war, den Hof zu bewachen, Mäuse und Ratten kurzzuhalten, das Vieh zu treiben und bei der Jagd zu helfen.
Ein seltener Anblick: der Irish Soft Coated Wheaten Terrier.
Eine sehr auffallende Erscheinung ist der Irish Terrier, dessen leuchtend rotes Fell zwar dem des Fuchses ähnelt, der aber durch seine Größe nicht mehr für die Arbeit am Fuchsbau geeignet ist.
Lakeland und Welsh Terrier ähneln sich sehr stark, Letzterer ist allerdings etwas größer und schwerer. Beide sind liebenswerte Familienhunde und bei ausreichender Bewegung auch gut in der Stadt zu halten.
Der Manchester Terrier ist ein temperamentvoller und sehr angenehmer Begleithund, der seine elegante Erscheinung der Einkreuzung von Whippets verdankt.
Der typische Reiterhund ist der Parson Russell Terrier. Er war bei Fuchsjagden zu Pferd sehr beliebt und wurde durch sein Aussehen und sein fröhliches Wesen schnell zum Modehund. Auch heute wird er noch jagdlich verwendet.
Der Terrier Brazileiro ist nur eine vorläufig anerkannte Rasse. Er ist anpassungsfähig und menschenfreundlich, ein sehr angenehmer und leichtführiger Begleiter.
Der kleine Australian Terrier misst nur etwa 25 Zentimeter, steht den anderen Terriern aber was Intelligenz und Selbstbewusstsein betrifft in nichts nach.
Herz und Hirn passen auch in den kleinsten Hund, was die Norfolk und Norwich Terrier bestätigen. Der einzige Unterschied zwischen diesen beiden Rassen sind die Ohren; der Norfolk hat Kippohren, der Norwich Stehohren.
Auch der aus Schottland stammende Dandie Dinmont Terrier gehört zu den Terrierzwergen. Er gilt als direkter Vorfahre des Rauhaardackels, was bereits viel über sein Wesen und Aussehen verrät, allerdings ist er nicht so kinderfreundlich.
Besonders hübsch ist sein Landsmann, der Skye Terrier, mit seinem grauen bis falbfarbenen langen Haarkleid, der seinen Namen der Isle of Skye verdankt. Seine auffallende Erscheinung lässt nicht annähernd seinen Schneid erahnen, obwohl er mittlerweile