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Die 50 bekanntesten archäologischen Stätten in Österreich
Die 50 bekanntesten archäologischen Stätten in Österreich
Die 50 bekanntesten archäologischen Stätten in Österreich
eBook366 Seiten2 Stunden

Die 50 bekanntesten archäologischen Stätten in Österreich

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Über dieses E-Book

Österreich verbindet man mit der Wiener Klassik des 18. und 19. Jahrhunderts, mit großen Komponisten und prachtvollen Opernhäusern, stolzen Theatern und berühmten Orchestern, der Wiener Kaffeehauskultur und dem Heurigen. Doch auch die Archäologie ist in Österreich fast allgegenwärtig – ein römisches Legionslager im Herzen Wiens, Pfahlbauten am Grunde des Mondsees oder Salzbergwerke in den Ostalpen. Von der Altsteinzeit mit der Venus von Willendorf bis zum Mittelalter mit dem Kärntner Herzogstuhl – Österreich lockt mit vielen bekannten und sehenswerten Fundstätten aus allen Epochen. Römische Städte und Armeelager wie Carnuntum, Vindobona und Iuvavum künden von der Zeit, als Österreich ein Teil des Imperium Romanum war. Der keltisch-römische Siedlungsplatz auf dem Magdalensberg in Kärnten, heute in einen archäologischen Park verwandelt, oder urzeitliche Grabhügel in der Steiermark führen den Leser an die Wurzeln der Geschichte dieses facettenreichen Landes. Der Autor stellt zahlreiche moderne Museen vor, die mit experimentellen Stationen den Besuchern Einblicke in die Alltagskultur der Frühzeit österreichischer Geschichte geben. Vom Brotbacken im Urgeschichtemuseum „MAMUZ“ in Asparn an der Zaya bis hin zum Brennen von Keramik und einem Besuch in den wiedererrichteten Häusern in Carnuntum stehen den Reiselustigen und Erlebnishungrigen unterschiedliche Geschichtserfahrungen offen. Geschichtsbegeisterte Menschen kommen hier auf ihre Kosten und sind mit diesem kulturellen „Reiseführer“ immer einen Schritt voraus.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum10. März 2016
ISBN9783945751619
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    Buchvorschau

    Die 50 bekanntesten archäologischen Stätten in Österreich - Peter Scherrer

    Peter Scherrer

    Die 50 bekanntesten

    archäologischen Stätten in

    Österreich

    168 Seiten mit 105 Abbildungen, einer Tabelle und einer Karte

    Titelabbildung: © oben und Mitte: Peter Scherrer; Kultwagen: Universalmuseum

    Joanneum, Graz, unten: © Wolfram Letzner.

    Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

    Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

    © 2016 by Nünnerich-Asmus Verlag & Media, Mainz am Rhein

    ISBN 978-3-945751-61-9

    Lektorat: Natalia Thoben, Danilo Blaeser

    Gestaltung des Titelbildes: Sebastian Ristow

    Gestaltung: Bild1Druck GmbH, Berlin

    1. digitale Auflage: Zeilenwert GmbH 2016

    Alle Rechte, insbesondere das der Übersetzung in fremde Sprachen, vorbehalten. Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlages ist es auch nicht gestattet, dieses Buch oder Teile daraus auf fotomechanischem Wege (Fotokopie, Mikrokopie) zu vervielfältigen oder unter Verwendung elektronischer Systeme zu verarbeiten und zu verbreiten.

    Weitere Titel aus unserem Verlagsprogramm finden Sie unter: www.na-verlag.de

    Inhalt

    Cover

    Titel

    Impressum

    Vorwort

    Vorarlberg

    01 Bregenz – Brigantium: Roms erste und letzte Bastion in der Provinz Raetia

    02 Rankweil-Brederis, römische Villa – zwei Bäder für ein Bauernhaus?

    03 Göfis, die Heidenburg – ein fester Ort von der Bronzezeit bis in das Mittelalter

    Tirol

    04 Fliess und der Piller Sattel – Heiliger Rauch und verborgene Opfergaben

    05 Birgitz – Die Raetersiedlung auf der hohen Birga

    06 Volders–Wattens – Das Himmelreich

    07 Dölsach – Aguntum: Ein Hauch Italien in den Alpen

    08 Lavant, der Kirchbichl – Kupferbergbau vom Neolithikum bis in die Spätantike

    Kärnten

    09 St. Peter in Holz – Teurnia: Die Stiftung eines gotischen Statthalters

    10 Spittal an der Drau-Molzbichl – Das Kloster und der heilige Nonnosus

    11 Dellach – Gurina: Etrusker, Veneter, Kelten und Römer auf der Alm

    12 Keutschacher See: Die Pfahlbauinsel

    13 Maria Saal – Virunum: Die Römerstadt auf dem Zollfeld

    14 Maria Saal – Die Karnburg und der Herzogstuhl im Fokus der Geschichte Kärntens

    15 Magdalensberg – Republikanischer Handelsplatz und kaiserliche Goldschmelze

    16 Globasnitz-Hemmaberg – Wallfahrtsort für Katholiken und Arrianer?

    Salzburg

    17 Der Dürrnberg bei Hallein – Der Reichtum der Salzherren

    18 Salzburg – Erzabtei auf römischen Häusern

    19 Obertauern – Vom Radstädter Tauern zum Leissnitzgraben: Entschleunigen auf römischen Alpenstrassen

    20 Uttendorf – Alpine Handwerkstradition im Keltendorf

    Oberösterreich

    21 See – Steinzeitbauten im Mondsee

    22 Weyregg am Attersee – Römische Villa mit Fischzucht

    23 Altheim-Weirading – Das römische Badegebäude

    24 Wels – Vom Municipium Ovilavis zur Burg Oueles

    25 Linz: Die Martinskirche – Graf Gerolds Vermächtnis

    26 Enns-Lorch – Legionen und Heilige

    27 Wurzeralm (Spital am Pyhrn) – (prä)historische Zeichen im Fels

    28 Hallstatt – Der Salzberg und seine Herren

    Steiermark

    29 Sölkpass – Reisende opfern den Göttern

    30 Strettweg-Judenburg – Ein Kultwagen der Hallstattzeit auf großer Fahrt

    31 Mixnitz-Röthelstein – Die Drachenhöhle: immer ein sicherer Ort

    32 Grossklein – Die Maske des toten Fürsten: die Hallstattsiedlung und ihre Nekropole

    33 Frauenberg-Seggauberg bei Leibnitz – Götterberg und Bischofssitz

    34 Semriach – Das römische Hügelgrab

    35 Hartberg-Ringkogel – Keltischer Wall und römisches Heiligtum?

    36 Hartberg-Löffelbach – Die spätantike Villa

    Burgenland

    37 Bruckneudorf – Vom keltischen Fürstensitz zur spätantiken Kaiserresidenz?

    38 Unterrrabnitz – Das Frühmittelalterdorf: leben in einer Umbruchzeit

    39 St. Martin an der Raab – Keltische Tradition oder römischer Einfluss? Spuren einer Gräberstrasse

    Niederösterreich

    40 Asparn an der Zaya – Das Mamuz: Urgeschichte im Experiment

    41 Oberleis – Ein germanischer Fürst baut ein römisches Haus

    42 Wachau – Die ältesten Österreicherinnen

    43 Heldenberg – Die neolithische Kreisgrabenanlage: Ein Kalenderbau?

    44 Petronell-Carnuntum – Pompeji vor den Toren Wiens

    45 Zeiselmauer – Spaziergang durch das Römerlager

    46 Tulln – Das Kastell syrischer Reiter

    47 Traismauer – Ein karolingischer Graf befehligt ein ehemaliges Römerlager

    48 Mautern – Die Stadt des heiligen Severin

    49 Schwarzenbach – Vom Keltenwall zum Keltendorf

    Wien

    50 Wien, Innere Stadt – Vom Legionslager Vindobona zur Babenbergerresidenz

    Zeittafel

    Abbildungsnachweis

    VORWORT

    Archäologische Stätten, seien es Ausgrabungen und daraus resultierende Freilichtmuseen bzw. Archäologische Parks, seien es die wenigen ober Tag erhalten gebliebenen und in späteren Zeiten weiter verwendeten Baudenkmäler der Römerzeit, seien es als Geländemerkmale bis heute sichtbare Grabhügel oder Befestigungswerke, spielen im sog. sanften Tourismus eine zunehmende Rolle. Aber auch für Schulausflüge und Gruppenreisen gehören Bodendenkmäler zum festen Zielrepertoire. Dabei stimmt die gefühlte Bedeutung, resultierend aus der Bekanntheit aus Schulunterricht, Heimatliteratur und Kulturführern sowie der Zugänglichkeit, häufig nicht mit dem tatsächlichen Erhaltungszustand überein.

    Das Buch bietet natürlich eine letztlich subjektive Auswahl des Autors. Mir schien es wichtig die gesamte Bandbreite der Epochen von der Altsteinzeit bis in das frühe Mittelalter, von den Anfängen des mitteleuropäischen Menschen bis zum Ende des 1. Jts. n. Chr., einzuarbeiten. Andererseits sollte die Reichhaltigkeit der österreichischen Landschaft mit ihren Klimazonen mit dem relativ offenen Alpenvorland samt dem Donautal und der böhmischen Masse, mit den von Seen und Flusstälern durchzogenen Hoch- und Mittelgebirgen der Ostalpen, mit der fruchtbaren pannonischen Ebene, auch in ihrer archäologischen Vielfalt zur Geltung gebracht werden. Nicht zuletzt galt es, einigermaßen Ausgewogenheit zwischen den Bundesländern herzustellen. Vor allem aber mussten die unterschiedlichen Typen der Siedlungen, Fluchtpunkte in Steinzeithöhlen, in Seen versunkene Pfahlbauten, metallzeitliche Höhensiedlungen, römische Städte, spätantike Wallfahrtsorte und mittelalterliche Pfalzen und Klöster sowie die damit verbundenen Kult- und Wehranlagen, Gräber, Villen, Wirtschafts- und Technikbauten, Bergwerke, Straßen und Herrschaftsplätze dargestellt werden.

    Darum möge man verzeihen, wenn irgendjemandes Lieblingsplatz fehlt, dafür mag so manch Neues zu entdecken sein. Und ebenso möge man mir nachsehen, wenn ich mir in manchen Fällen aus dem Erfahrungsschatz meiner Berufslaufbahn als Archäologe erlaubte, die in der Fachliteratur gegebenen Interpretationen und im Lokalbewusstsein verankerten Deutungen zu hinterfragen und Alternativen anzubieten.

    Abb. 1 Nachbau eines neolithischen Langhauses im Urgeschichtepark MAMUZ in Asparn/​Zaya.

    Westösterreich

    Vorarlberg

    01 Bregenz

    02 Rankweil-Brederis

    03 Göfis

    Tirol

    04 Fliess und Piller Sattel

    05 Birgitz

    06 Volders – Wattens

    07 Dölsach – Aguntum

    08 Lavant

    Kärnten

    09 St. Peter in Holz – Teurnia

    10 Spittal an der Drau

    11 Dellach – Gurina

    12 Keutschacher See

    13 Maria Saal – Virunum

    14 Maria Saal

    15 Magdalensberg

    16 Globasnitz-Hemmaberg

    Salzburg

    17 Dürrnberg bei Hallein

    18 Salzburg

    19 Obertauern

    20 Uttendorf

    Ostösterreich

    Oberösterreich

    21 See

    22 Weyregg am Attersee

    23 Altheim-Weirading

    24 Wels

    25 Linz

    26 Enns-Lorch

    27 Wurzeralm

    28 Hallstatt

    Steiermark

    29 Sölkpass

    30 Strettweg-Judenburg

    31 Mixnitz-Röthelstein

    32 Grossklein

    33 Frauenberg-Seggauberg

    34 Semriach

    35 Hartberg-Ringkogel

    36 Hartberg-Löffelbach

    Burgenland

    37 Bruckneudorf

    38 Unterrabnitz

    39 St. Martin an der Raab

    Niederösterreich

    40 Asparn an der Zaya

    41 Oberleis

    42 Wachau

    43 Heldenberg

    44 Petronell-Carnuntum

    45 Zeiselmauer

    46 Tulln

    47 Traismauer

    48 Mautern

    49 Schwarzenbach

    Wien

    50 Wien, Innere Stadt

    Schon von Drusus, dem Stiefsohn des Augustus, beim Alpenfeldzug 15 v. Chr. als Etappenort gegründet, erlangte der Ort in der Spätantike erneut als Militärplatz Bedeutung. Jetzt mussten die Römer schrittweise vor den Alamannen zurückweichen.

    01BREGENZ – BRIGANTIUM: ROMS ERSTE UND LETZTE BASTION IN DER PROVINZ RAETIA

    Vorarlberg

    Erste Ausgrabungen in der Bregenzer Innenstadt fanden schon seit der Mitte des 19. Jhs. durch den reichen Stofffabrikanten Samuel Jenny statt. Die Siedlungsschwerpunkte des römischen Brigantium lagen am sog. Ölrainplateau und in der sog. Oberstadt sowie am Bodenseehafen. Die Ergebnisse der intensiven Grabungstätigkeit sind teilweise in ihrer Interpretation sehr umstritten, die Befunde sind großteils durch moderne Bautätigkeit verschwunden oder mussten wieder zugeschüttet werden.

    Um 15 v. Chr. wurde das Gebiet infolge des Alpenfeldzugs unter Drusus, dem jüngeren Stiefsohn des Kaisers Augustus, von den Römern erobert. Zunächst entstand ein Militärlager auf dem Ölrain, etwa im Bereich der ehemaligen Krankenhausgründe südwestlich der Josef-Huter-Straße. Es diente einer 500 Mann starken Truppe (Ausmaße ca. 196 ×

    140

     

    m

    ) und war in Holz-Erde-Technik mit zwei umgebenden Spitzgräben errichtet. Hier fanden bis 2012 erneut großflächige, noch nicht umfangreich publizierte Ausgrabungen statt. Eventuell gab es bereits auch ein frühes Hafenkastell. Mit dem Vorschieben der rätischen Provinzgrenze an die Donau entstand im 2. Jh. n. Chr. eine reine Zivilsiedlung, die sich aus dem Lagerdorf am Ölrain entlang einer Durchzugsstraße entwickelte. Ungefähr beim heutigen Grundstück Ölrain 13 lag ein ausgedehntes, heute wieder verschüttetes Forum (96,5 ×

    54,6

     

    m

    ). Die öffentlichen Thermen befanden sich südwestlich des Forums, direkt an der Hauptstraße, auf dem Areal des heutigen evangelischen Friedhofs. Die evangelische Kirche wurde nach den Ausgrabungen Samuel Jennys über einem besonders großen Saal der Thermen (Raum mit dem Kaltwasserbecken oder Eingangshalle?) errichtet. Abgesehen vom Grundriss ist nur wenig von dieser Anlage bekannt. Auch die Datierung des Bauwerks ist unklar. Das Hauptgebäude (20 ×

    20

     

    m

    ) bestand aus neun teilweise beheizbaren Räumen.

    Der einzige sichtbare und zugängliche Befund der römischen Zeit in Bregenz ist die sog. Villa am Steinbühel, die in ihrem erhaltenen Grundriss um 80 n. Chr. errichtet worden sein dürfte und bis in das 2. Jh. n. Chr. genutzt wurde. Die Mauerreste wurden erstmals 1884 von Samuel Jenny untersucht und zwischen 1980 und 1990 beim Bau des City-Tunnels erneut freigelegt und konserviert. Die älteren Deutungen reichen von einer Funktion als Hafenkaserne oder einem Lagerhospital bis zu einem Zentrallager für importiertes Olivenöl und andere Waren. Der äußerst luxuriös ausgestattete

    , 2.600

     

    m

    ² große Komplex ist typologisch als Villa suburbana zu bezeichnen und bestand aus 24 Zimmern, die sich um einen 10 ×

    20,8

     

    m

    großen Hof gruppierten. Vermutlich war das Hauptgebäude einstöckig und mit einem Satteldach abgedeckt. In einem der Räume fanden sich Reste einer Toilettenanlage. Der Innenhof selbst war zusätzlich an allen Seiten von pfeilergestützten Wandelhallen (porticus) umgeben, die von einem Pultdach abgedeckt waren. Zum Seeufer hin erstreckte sich noch eine Gartenanlage, die ebenfalls von einer porticus mit

    2,8

     

    m

    hohen Säulen umgeben war. Die Eingangshalle im Osten zur Stadt hin wies hingegen 18 Säulen mit wahrscheinlich

    5,6

     

    m

    Höhe auf. Die Wirtschaftsräume befanden sich im Nordflügel des Gebäudes. Knapp nordwestlich stand eine Thermenanlage, die mit ziemlicher Sicherheit ebenfalls zum Gebäudekomplex der Stadtvilla gehörte. Die Größe und Lage deuten darauf hin, dass der Baukomplex als regionaler Sitz der Provinzialverwaltung diente und hier die zentralen Warentransporte für das Militär ebenso wie die Steuerleistungen der Provinzialbevölkerung gelagert worden sein dürften.

    Abb. 2 Bregenz, Steinbühel (Cityknoten), konservierte Grundmauern eines ausgedehnten römischen Baukomplexes mit zentralem Säulenhof.

    Vom Hafenkastell am Leutbühel, im Bereich der Fußgängerzone im Zentrum von Bregenz, wurden zwar mehrere, bis zu

    31

     

    m

    lange Mauerstücke ausgegraben, doch heute ist davon im Stadtbild nichts direkt sichtbar. Im Straßenpflaster markieren aber farbige Bereiche die bekannten Mauerabschnitte. Dieses Hafenkastell, Brecantia, das zur Kastellkette des Donau-Iller-Rhein-Limes gehörte und den Abschnitt der Reichsgrenze an Oberrhein und Bodensee sichern sollte, wurde unter Valentinian I. (364–375 n. Chr.) errichtet. Das Fälldatum der Bäume, die für den Fundamentrost als Piloten in den Boden geschlagen wurden, liegt nach Jahresringuntersuchungen im Bereich um die Jahre 362–382 n. Chr. Die Ausmaße des Kastells dürften etwa 70 ×

    50

     

    m

    betragen haben, die Stärke der Wehrmauern betrug nach Ausgrabungsergebnissen bis zu

    4

     

    m

    . Vermutlich wurde die Anlage an den Ecken noch durch vier große, vorkragende Türme verstärkt. Die Tore lagen im Nordwesten und Südosten der Mauer. Die meisten Kasernen und Zweckbauten im Inneren dürften mit ihrer Rückwand an die Kastellmauer angebaut gewesen sein. Die hier stationierte Truppe wird in der notitia dignitatum (occ 35. 32) als numerus barcariorum bezeichnet; der zu dem damals Brecantia genannten Kastell gehörende primitive Hafen bot etwa 10 Schnellbooten (naves lusoriae) Platz.

    Die zugehörige spätantike Zivilsiedlung lag in der Oberstadt von Bregenz, wo von vielen Archäologen auch ein Kastell vermutet wurde. Da im 3. Jh. n. Chr. die Einfälle der Alamannen zu unruhigen Zeiten für Raetien führten, wurde die Siedlung am Ölrainplateau aufgegeben. Die Bevölkerung zog sich in die Oberstadt zurück, die aufgrund ihrer Lage viel besser zu verteidigen war. Aufgrund der späteren mittelalterlichen Überbauung sind archäologische Befunde jedoch rar. Immerhin wurde an drei Stellen eine

    1,5

     

    m

    dicke Mauer (eines Kastells?) angeschnitten. In der Nähe des späteren Martinsturms wurde eine kleine Badeanlage festgestellt.

    Ein Modell des antiken Ortsbildes, die Funde aus der Siedlung und dem gut erforschten Gräberfeld am Ölrain, einige wichtige Inschriften wie eine Ehrung des jüngeren Drusus, Sohns des Tiberius, oder der Nachweis eines Vereins der italischen Händler, sind im Vorarlberg Museum ausgestellt.

    Adresse

    voralberg museum -

    Kornmarktplatz 1

    6900 Bregenz

    http://www.vorarlbergmuseum.at/

    Literatur

    S. Deschler-Erb – Ch. Ertel – V. Hasenbach, Kaiserkultbezirk und Hafenkastell in Brigantium. Ein Gebäudekomplex der frühen und mittleren Kaiserzeit, Konstanz 2011; J. Kopf, Indizien für Militärpräsenz im frühkaiserzeitlichen Fundmaterial Brigantiums, in: U. Lohner-Urban – P. Scherrer (Hg.), Der obere Donauraum 50 v. bis 50 n. Chr, Berlin 2015, S. 199–216.

    Ein römisches landwirtschaftliches Anwesen mit zahlreichen Gebäuden, die in der Spätantike und im Mittelalter phasenweise als Schmiede fungierten. Wozu aber dienten die einzelnen Gebäude ursprünglich? – Antworten auf eine archäologische Spurensuche.

    02RANKWEIL-BREDERIS, RÖMISCHE VILLA – ZWEI BÄDER FÜR EIN BAUERNHAUS?

    Vorarlberg

    Inmitten einer immer noch vor allem der Landwirtschaft dienenden Ebene im Westen von Rankweil, im Ortsteil Brederis, wurde bereits 1954 ein römisches Gebäude ausgegraben und seine Grundmauern konserviert. Es handelt sich im erhaltenen spätantiken Bauzustand um ein für die römische Kaiserzeit typisches Mittelflurhaus mit zwei Zweiraumgruppen, von denen die südliche beheizt werden konnte und mit einer nach Süden vorspringenden Apsis ausgestattet war. Mitsamt einer heute im konservierten Befund nicht nachvollziehbaren Vorhalle an der Ostseite wies das Gebäude eine Grundfläche von etwa 18 ×

    20

     

    m

    auf. Lange Zeit dachte man, das Wohngebäude eines antiken Bauernhofs gefunden zu haben. Im 8./​9. Jh. wurde in den Ruinen ein einzelner erwachsener Mann bestattet, im ausgehenden Spätmittelalter diente das immer noch nutzbare Gemäuer einem Grobschmied; das Haus stand also etwa 1.400 Jahre irgendwie und mit Unterbrechungen in Verwendung.

    Erst von 1997 an wurde über zehn Jahre lang ein direkt nördlich benachbartes Gebäude erforscht, das sich bald als der eigentliche Bauernhof vom weit verbreiteten Typ der Porticus-Eckrisalit-Villa herausstellte. Im Vollausbau des 2./​3. Jhs. n. Chr. lag

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