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Frühstück bei mir - Besondere Begegnungen: Was heißt Liebe? Wie gelingt das Leben? Wo will ich hin?
Frühstück bei mir - Besondere Begegnungen: Was heißt Liebe? Wie gelingt das Leben? Wo will ich hin?
Frühstück bei mir - Besondere Begegnungen: Was heißt Liebe? Wie gelingt das Leben? Wo will ich hin?
eBook345 Seiten3 Stunden

Frühstück bei mir - Besondere Begegnungen: Was heißt Liebe? Wie gelingt das Leben? Wo will ich hin?

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Über dieses E-Book

Am 19.1.1997 erlebte die Ö3-Sendung "Frühstück bei mir" einen Raketenstart mit dem frisch gekürten Bundeskanzler Viktor Klima als erstemGast. Seither wurde die Radio-Interviewreihe, bei der rund eine Million Hörer Sonntag für Sonntag dabei ist, zur Institution: 750 Gäste – von Arno Geiger bis Richard David Precht, von Falco bis Herbert Grönemeyer, von Christoph Waltz bis Veronica Ferres – haben bereits an Claudia Stöckls Frühstückstisch Platz genommen. Kurz vor dem fünfzehnjährigen Jubiläum der beliebten Ö3-Sendung präsentiert die Moderatorin die überraschendsten Erkenntnisse und spannendsten Gedanken ihrer Gäste in Buchform. Gegliedert in die großen Themenbereiche des Lebens – wie Schönheit, Erfolg, Treue, Liebe, Glück, Krise, Alter, Trost und Tod – berichtet Stöckl von den ganz besonderen Interview-Begegnungen und schildert Geschehnisse, die nie auf Sendung erwähnt wurden. Und sie hat die schönsten Zitate der Stars zu den wesentlichen Fragen unseres Seins ausgewählt.
SpracheDeutsch
HerausgeberecoWing
Erscheinungsdatum1. Nov. 2011
ISBN9783711050182
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    Buchvorschau

    Frühstück bei mir - Besondere Begegnungen - Claudia Stöckl

    Claudia Stöckl

    FRÜHSTÜCK BEI MIR

    Claudia Stöckl

    FRÜHSTÜCK BEI MIR

    Besondere Begegnungen

    Claudia Stöckl

    Frühstück bei mir

    Besondere Begegnungen

    Umschlagidee und -gestaltung: kratkys.net

    1. Auflage

    © 2011 Ecowin Verlag, Salzburg

    Lektorat: Dr. Arnold Klaffenböck

    Gesamtherstellung: www.theiss.at

    Gesetzt aus der Sabon

    Printed in Austria

    ISBN 978-3-7110-5018-2

    www.ecowin.at

    Für dich,

    der du mir zuhörst.

    Inhakt

    Vorwort

    WAS HEISST LIEBE?

    Widerspruch

    Richard David Precht: „Das Wort Liebe ist ein unglücklicher Begriff."

    Veränderung

    Herbert Grönemeyer: „Ich will jemanden mit meinen Gefühlen beschmeißen."

    Treue

    Udo Jürgens: „Wir sollten uns nicht an den Harten orientieren, die alles richtig machen."

    Sex

    Paulus Manker: „Ich benehme mich ganz gut im Bett."

    Reifen und Wachsen

    Doris Schretzmayer: „Liebe ist wie eine Lotosblüte. Die Wurzeln wachsen durch den Schlamm."

    Überraschung

    Hannes Androsch: „Natürlich war da am Anfang ein Wall der Verletzung, als meine Frau von dem unehelichen Kind erfahren hat."

    Väter

    Thomas Klein: „Ich habe einen Brief geschrieben und auf sein Grab gelegt. Seitdem kann die Liebe wieder fließen."

    Mütter

    Sophie Hellinger: „Der Weg zur Mutter ist eine Lebensaufgabe."

    Kinder

    Johanna Maier: „Ich habe meinen Sohn als neuen Menschen zurückbekommen."

    Abschied

    Ursula Karven: „Im Jetzt gibt es keinen Schmerz."

    WIE GELINGT DAS LEBEN?

    Brisanz

    Stefan Petzner: „Ich glaube, dass es, was Jörg und mich betrifft, in gewisser Art und Weise mehr war."

    Ausdauer

    Arno Geiger: „Schreiben ist mein Lieblingsleben."

    Selbstwert

    Barbara Becker: „Mein Fokus war, mit mir zu sein, mich zu ertragen, mich bewusst anzuschauen. Nur so ist Entwicklung möglich."

    Brüche

    Rolando Villazón: „Traurige Momente sind willkommen. Denn im Leben geht es um Intensität."

    Schönheit

    Iris Strubegger: „Wir sind alle nicht so perfekt."

    Dankbarkeit

    David Steindl-Rast: „Dankbare Menschen sind glückliche Menschen."

    Wo will ich hin?

    Gelassenheit

    Ben Becker: „Das war ein ganz falscher Satz, den Sie da gesagt haben."

    Berühmtheit

    Veronika Ferres: „Mit dem Ruhm kamen die menschlichen Enttäuschungen."

    Die anderen

    Jean Ziegler: „Ich weiß, es geschieht. Ich tue nichts. Dann geht meine Seele kaputt."

    Gottesnähe

    Markus Hengstschläger: „Wer glaubt, braucht keinen Beweis und sollte ihn auch nicht verlangen."

    Glück

    Christoph Waltz: „Die Bilanz des Glücks ist mir nicht geläufig."

    Intensität

    Georg Danzer: „Die Welt ist kostbarer geworden."

    Was meine Gäste kochen: Die besten Frühstücks-Rezepte

    Was meine Gäste lesen: Die besten Buch-Tipps aus „Frühstück bei mir"

    Danksagung

    Register

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    B

    C

    D

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    Z

    Vorwort

    Vorwort

    11

    Josef Hickersberger und seine überraschende Rücktrittserklärung als Teamchef. Andrea Kdolsky exklusiv über ihre Scheidung. Stefan Petzner und die Ausführungen zu „Lebensmensch Jörg Haider bei gefühlten hundert Zigaretten. Hans Gruggers Comeback-Ansage nach dem schweren Unfall. Werner Faymann im Englisch-Test. Wolfgang Ambros und die „Knopferlaugen seines Freundes Rainhard Fendrich, der nach dem „Ö3-Frühstück" kein Freund mehr war.

    So lauteten nur einige Aufreger meiner Sendung „Frühstück bei mir (mehr dazu lesen Sie in dem Kapitel „Brisanz, S. 117 ff.). Natürlich ist es wichtig, mit Interviews Gesprächsstoff zu liefern und journalistische Relevanz zu zeigen. Aber es soll nicht das Einzige sein, das zählt.

    „Warum willst du dieses Buch schreiben?, hat mich Ö3-Chef Georg Spatt gefragt, in seinem gläsernen Büro mit dem blitzblanken Schreibtisch. Eine Arbeitsfläche, die mich immer nachdenklich stimmt, denn bei mir sieht es nie so aus. Wie kann man eine Zeitung einfach lesen und sie nachher s-o-f-o-r-t zum Altpapier geben? Ohne einen einzigen Artikel auszureißen, weil sich darin sicher die entscheidende Information findet, für den nächsten Gast, die nächste Frage? Warum wachsen auf meinem Schreibtisch immer die Bücher- und Zeitschriften-Berge und wölben sich, nach gelegentlichen Abtragungen, sofort wieder auf? Sicher, mein Chef hat eindeutig die Anlage zur Ordnung, ein anderes Job-Profil – und eine Sekretärin. Aber meine Arbeits-Gebirge geben wahrscheinlich auch Antwort auf seine Frage und auf das, was mir außerdem neben den viel zitierten „Sagern bei meiner Arbeit wichtig ist.

    12

    Es ist der Tiefgang. Der Wunsch, zu erfahren. Zu hinterfragen. Zu lernen. Mit kritischem Geist zu betrachten. Oder einfach versuchen, zu verstehen. Im Leben der anderen möchte ich etwas für unser aller Leben finden: Gedanken, Erkenntnisse, Erfahrungen, die inspirieren, klüger machen, aufregen, oft unterhalten oder einfach berühren. Die Wegweiser für diese Frage-Märsche stecken in dem vorab angeeigneten Wissen über den Gast (und das steckt wiederum in den Schreibtisch-Bergen). Und vieles war so wertvoll, dass sich das Festhalten lohnt. So habe ich mich im Frühjahr 2011 entschlossen, über Monate hunderte Sendungen nachzuhören, Passagen auszusuchen, Begegnungen zu beschreiben. Es war an der Zeit.

    Diese Seiten sollen ein Handbuch für das Leben sein, gegliedert in unser aller großer Themen, denn in 15 Jahren und 750 Begegnungen für meine Sendung habe ich eines erkannt: Es sind immer dieselben Fragen, die das Wesentliche beschreiben. Prägungen und die Beziehung zu den Eltern, zu den Kindern. Der Widerspruch in der Liebe. Treue, Sex, Abschied. Selbstwert und Krisen. Gottesnähe und Glück. Was haben herausragende Persönlichkeiten bei mir dazu gesagt, was erlebt, was erfahren?

    13

    Hannes Androsch und Hans Peter Haselsteiner zum Beispiel sprachen im Ö3-Frühstück zum ersten Mal über ihre unehelichen Kinder – ihre Antworten und mein Weg zu diesem brisanten Punkt finden Sie in dem Kapitel „Überraschung (S. 67 ff.). Unvergesslich die Begegnung mit Starköchin Johanna Maier und der Aufruhr, als ich das Drogenproblem ihres Sohnes berührte (im Kapitel „Kinder, S. 99 ff.). Alfred Dorfer oder Thomas Brezina gestanden unerwartet schwere Lebenskrisen (in „Brüche, S. 145 ff.). Und Almdudler-Boss Thomas Klein beschreibt in überwältigender Offenheit, wie es für ihn möglich war, sich posthum mit seinem Vater, der den Freitod gewählt hatte, zu versöhnen (Kapitel „Väter, S. 79 ff.). Das waren nur einige der magischen Momente von „Frühstück bei mir. In denen für manche Gäste, so wie es Thomas Klein nach der Sendung in seinem Brief an mich geschrieben hat, „die Welt still gestanden ist. Oder Sie als Ö3-Hörer am Sonntagvormittag vielleicht einmal die Kaffeemaschine stoppten, die Dusche abdrehten, die Kinder ermahnten, leiser zu sein. Um besser zu hören, um besser zu verstehen. Jetzt ist das Besondere nachzulesen.

    Auch viele praktische Tipps habe ich von meinen Gästen mitgenommen und mit der Frühstücks-Gemeinde geteilt, natürlich wollen wir von Ö3 immer auch Service liefern. Rezepte, Schönheits-Tipps, Buch-Empfehlungen (die die Buchhändler am nächsten Tag meist sehr beschäftigt haben) sind ebenfalls hier zu finden, auch das eine oder andere Gedicht, das ich vorgelesen habe, weil ich hoffte, es würde andere genauso inspirieren wie mich. „Frühstück bei mir" soll lebendig und nützlich sein. Wie hoffentlich auch dieses Buch.

    Ich hebe den Blick. Ganz oben auf meinem Schreibtisch-Gebirge liegen meine Gästebücher, fünf an der Zahl, wie quadratische Gipfelkreuze. Der Aufstieg war oft steil und immer wieder drohte die Gefahr, bei manchen Fragen abzurutschen. Im Gespräch mit Ben Becker, Wilfried Seipel, Matthias Hartmann zum Beispiel. „Sie kam und ging nicht mehr weg, warf der Burgtheaterchef in mein Gästebuch nach unserem Interview, das gleich zu Beginn zu scheitern gedroht hatte. Darüber lesen Sie in „Gelassenheit (S. 181 ff.), aber auch in vielen anderen Kapiteln beschreibe ich nie gesendete Hintergründe meiner Ö3-Sendung. Ich erzähle von der Herangehensweise an die Gespräche, über manches Vor- und Nachspiel genauso wie von Erlebnissen aus meinem ganz persönlichen Leben, die fernab der Sendung wesentliche Erfahrungen waren. Denn schließlich transportiert die Interviewerin ja immer auch sich selbst.

    14

    Ich blättere in meinen Gästebüchern. Zitate, bewegende oder amüsante Feedbacks, auch viele Zeichnungen sind da zu sehen. Zwei Deix-Figuren am Frühstückstisch beispielsweise, die sich unterhalten, „wie super der Manfred bei der Stöckl war. Wirre Schläuche, mit Kuli über die Seite skizziert, es sollen „die unterirdischen Gänge von Prinzendorf sein, das ist ein echter Nitsch. Ach ja, hier der Ottifant, der in der Sprechblase nach „Claudia" schmachtet. Ein sorgfältig gemalter Zirkuswagen, für den Bernhard Paul das Gästebuch sogar über Nacht behalten hat, damals in seiner Villa auf Mallorca. Gestrichelte Erinnerungen, hingeworfene Talentproben, Unikate. Bin ich jetzt reich?

    Natürlich! Ja. 15 Lebensjahre, 750 Gäste, hunderte E-Mails, tausende wichtige Gedanken – das ist meine Bilanz. Ein Sendungs-Experiment wurde zum Radioklassiker, zur Institution, mit einer Million Hörerinnen und Hörer, Sonntag für Sonntag. 15 Jahre lang habe ich Gäste gesucht und gefunden, habe gefragt und zugehört, bin tausende Kilometer quer durch Europa gereist, manchmal sogar auf andere Kontinente. Ich und mit mir meine Sendung lieferten den Blick auf die Gegensätzlichkeit dieser Welt: einmal das Interview mit Klaus Heidegger in seiner Millionärsvilla in Malibu, dann das Treffen mit Almaz Böhm im Hochland von Äthiopien, mit Blick auf dürre Felder und geschundene Frauen, die täglich ihre Wasserkanister kilometerweit tragen müssen.

    Viele Nächte habe ich nicht geschlafen, sondern geschnitten oder mich für einen Gast eingelesen. Es war immer eine große Herausforderung, oft für mich wie ein Wunder, dass jeden Sonntag um 9 Uhr dann trotz Last-Minute-Entscheidungen und häufiger Belastungstests die Sendung stand, durch die ich dann zwei Stunden führen durfte. Ich staune selber, die Aufgabe nützt sich nicht ab. Wahrscheinlich ist es die Begeisterung für diese Begegnungen, die mich trägt, das Privileg, diejenige sein zu dürfen, die an vorderster Front die Fragen stellt, vielleicht auch ein anderes Bild der Dauer-Abgebildeten zeichnet. Manchmal ist es auch die Diskussion mit der großen Ö3-Gemeinde, die beflügelt. Und die Liebe zu den Menschen. Die sicher zuallererst.

    „Was wird von dem bleiben, was Sie der Welt erzählt haben? Was bleibt von journalistischer Arbeit?, fragte ich Hugo Portisch, den großen Kommentator des Weltgeschehens und einstigen „Kurier-Chefredakteur, in „Frühstück bei mir. Er antwortete: „Irgendwann wird all das, was wir gesagt, geschrieben, gesendet haben, wirken. Wie ein Stein, den man ins Wasser wirft. Und er zieht konzentrische Kreise.

    Vielleicht ist dieses „Irgendwann" gerade jetzt. Lesen Sie, lassen Sie die Geschichten wirken. Für die besonderen Gedanken, die besonderen Kreise in Ihrem Leben. Vom Frühstück bis zum Abendbrot.

    Oktober 2011     Claudia Stöckl

    WAS HEISST LIEBE?

    WAS HEISST LIEBE?

    Widerspruch

    Richard David Precht:

    „Das Wort Liebe ist ein unglücklicher Begriff."

    Widerspruch

    „Das Wort Liebe ist ein unglücklicher Begriff."

    Richard David Precht

    19

    Beginnen wir gleich mit dem schwierigsten Thema. Man soll sich den Herausforderungen des Lebens ja stellen. Dass die Liebe zwischen Mann und Frau voller Geheimnisse und ewiger Widersprüche steckt, weiß jeder, der zu lieben gewagt hat. Es ist auch das Thema, bei dem viele meiner Gäste plötzlich wortkarg werden oder um treffende Beschreibungen ringen. (So skizzierte Bestseller-Autor und Longtime-Single Andreas Salcher eine Entflammung mit: „Ich trage eine Frau in meinem Herzen, Stefanie Kloß von „Silbermond dichtete: „Mein Herz ist beschäftigt.") Oder mein Gast verbietet sich gleich – und oft vorab durch sein Management – private Fragen, und ich kann es gut verstehen, denn Liebe ist eben sehr oft, wie Richard David Precht schreibt, ein wirklich unordentliches Gefühl.

    20

    Wortreich war jedenfalls Udo Jürgens über seine ewige Zerrissenheit angesichts der Verpflichtungen, die Partnerschaften eben mit sich bringen: „Natürlich überlege ich oft, ob es nicht klüger wäre, wieder eine Partnerin zu haben. Dann aber denke ich an all die Besitz-Rituale und mir graut. Ein Freund von mir sagte: Heirate oder heirate nicht – und du wirst es bereuen." Und Falco zeichnete in seinem letzten großen Interview vor seinem Tod, dem Gespräch mit mir in seiner Villa in der Dominikanischen Republik, die Vision seiner Traumfrau: „Auf der einen Seite muss sie eine Schlampe sein, dann muss sie gut kochen können, muss sie natürlich auch ertragen, dass ich ein Grenzgänger bin, der immer zwischen Sein und Schein und zwischen Tod und Leben agiert – wie bei einem Hochseilakt, mit einer Balancestange. Da muss eine Frau zuerst einmal mitkönnen." Dann zitierte er aus dem Song „Emotional" das Leit-Thema seines Liebeslebens: „Ich glaub’, dass die Frau, die mich erträgt, noch nicht geboren ist … und das Herz geht so lange zum Messer, bis es sticht."

    Wir begeben uns nach Köln, an einem kalten Novembertag 2010. Nein, ich beklage mich nicht, dass ich oft zu meinen Gästen reisen muss, natürlich ist es spannend, sie in ihrem persönlichen Lebensraum zu erfahren. Und einfacher, eine Zusage zu bekommen, denn sie müssen sich ja dann nicht deplatzieren. Meist geht es mit dem ersten Flieger hin, am Abend zurück. „Der frühe Vogel fängt den Wurm, hat meine Mutter immer gesagt, aber ich will diese Würmer nicht finden. Seit mir Genforscher Markus Hengstschläger in „Frühstück bei mir bestätigt hat, dass die Disposition zum Früh- oder Spätaufsteher unverrückbar in unseren Erbanlagen steckt, stehe ich noch aufrechter dazu, ein klarer Nachtmensch zu sein. Aufstehen um 4.30 Uhr bedeutet bei mir Tagwache kurz nach dem Schlafengehen. Aber in meinem Beruf schläft man ja sehr oft auf Raten.

    In diesem Fall wartete eine wirklich große Begegnung, dessen war ich mir sicher. Interview mit Philosoph Richard David Precht in seiner Wohnung in Köln, der die Liebe als „unordentliches Gefühl philosophisch-wissenschaftlich aufbereitet hat. Seinen Durchbruch hatte der Autor mit dem Model-Look schon davor, im Jahr 2007, mit dem philosophischen Einführungsbuch „Wer bin ich – und wenn ja, wie viele, Literatur-Päpstin Elke Heidenreich hatte den Titel in ihrer Sendung „Lesen!" empfohlen, dadurch war er zur Verkaufsrakete geworden, und Richard David Precht zum Dauergast in Talkshows. 1,1 Millionen verkaufte Exemplare und das Buch in 23 Sprachen übersetzt: Ein Star war geboren, Udo Jürgens schlug ihn bei mir auf Ö3 sogar schon für den Literaturnobelpreis vor.

    21

    Ein Jahr hatte ich auf unsere Frühstücksbegegnung gewartet, immer wieder sagte seine Managerin ab, und der Philosoph erklärte mir dann gleich fast entschuldigend, wie Medien funktionieren (er hatte es glasklar erkannt) und welche Strategie er sich zugelegt hätte, um sein Leben zu retten: „Nach Heidenreichs Empfehlung stand das Buch auf den Bestsellerlisten und war nicht lieferbar, weil der Verlag so viele Exemplare nicht drucken konnte. Erst dreieinhalb Monate später meldete sich das Fernsehen. Und nachdem ich in einer Fernsehsendung gewesen war, kam eine nach der anderen. Fernsehleute kennen nicht Leute, die irgendwo abseits des Fernsehens bekannt sind. Sondern Fernsehleute suchen sich ihre Gäste nach dem aus, wer im Fernsehen ist. Es ist ein selbstreferenzielles System. Auf diese Art und Weise wurde ich dann ein sehr regelmäßiger Talkshowgast. So regelmäßig sogar, dass ich sehr häufig Einladungen zu Talkshows und Interviews lieber nicht folge, damit es nicht zu viel wird."

    Er war anfänglich übrigens sehr kühl, dieser Richard David Precht, in dieser Wohnung nahe der Kölner Universität, dritter Stock ohne Lift. Anfänglich war ich einfach nur „schon wieder so eine Journalistin", das Gefühl war dick da, in der kleinen Küche mit aufgeräumter Spüle, weißen Tassen im Regal, einer Schale voller Trauben auf dem Esstisch, doch daran blieb mein Blick nicht hängen. Ein 800-Liter-Aquarium – 2 Meter lang, 65 Zentimeter hoch, 60 Zentimeter breit, der Autor wusste es natürlich ganz genau – mit Schwärmen von Elefantenrüsselfischen dominierte den Raum. Für Denker Precht waren diese Tiere besonders faszinierend, „weil sie so ein großes Gehirn haben und so intelligent sind." Ich konnte den Blick kaum von den silbrig-grauen Fischschwärmen lassen. Ein faszinierendes Stück Leben, in das Precht einen Teil der Einkünfte aus seinem Bestseller investiert hatte. 8000 Euro seiner Tantiemen wären in die Einrichtung der Fischwelt geflossen, erzählte mir der Autor, und dass zunächst geprüft werden musste, ob der Boden der Wohnung dem Gewicht des Aquariums überhaupt standhalten konnte.

    22

    Der Philosoph bot mir Nescafé an. Meine scherzhafte Bemerkung, dass ich eigentlich selten löslichen Kaffee serviert bekomme, konterte der Gastgeber schnoddrig: „Dann werde ich wohl als das mieseste Frühstück, das Sie bisher hatten, in Ihre Erinnerung eingehen." Nein, wird er nicht, dachte ich mir, und mir fielen die von mir ungeliebten, gehetzten Zwischendurch-Frühstücks-Termine ein, wie zum Beispiel meine erste Begegnung mit Hermann Maier in einem Kitzbüheler Hotel während des Hahnenkammrennes – da war nicht mal ein Glas Wasser auf dem Tisch. „Es gibt unten einen Shop mit Take-Away-Kaffee, da können Sie sich gerne einen richtigen Cappuccino holen", schlug Precht recht nüchtern vor, er versuchte also erst gar nicht, als Gentleman durchzugehen. Für eine Tasse Kaffee wieder die drei Stöcke auf die Straße und dann wieder hinauf? Muss nicht sein. Wir wendeten uns dem Wesentlichen zu.

    Was also ist der große Widerspruch bei unserem Ideal der romantischen Liebe? Der Autor, der so gekonnt Philosophie mit Neurowissenschaften verknüpft, weiß darüber viel. Seine Position bezieht sich auf die neuesten Erkenntnisse der Gehirnwissenschaften und diese sind in einem deprimierenden Satz zusammenzufassen: Leidenschaft und Geborgenheit mit einer Person auf Dauer zu empfinden ist so gut wie unmöglich. Halleluja! Das sagt die Wissenschaft. Und so erklärte es Richard David Precht in „Frühstück bei mir":

    Worin besteht die Unordnung in der Liebe?

    23

    Precht: Die Unordnung in der Liebe besteht darin, dass wir von einem Partner erwarten, dass er uns ein Maximum an Erregung und Aufregung beschert und auf der anderen Seite der Mensch ist, dem wir vertrauen können, bei dem wir Sicherheit, Zufriedenheit, Geborgenheit finden. Diese beiden Zustände sind biochemisch das Gegenteil voneinander. Das heißt, die Aufregung ist an Botenstoffe wie Dopamin gekoppelt, Gefühle wie Zufriedenheit und Gelassenheit an Stoffe wie Serotonin. Normalerweise, wenn in Ihrem Gehirn der Dopaminspiegel hoch ist, ist der Serotoninspiegel im Keller und umgekehrt. Das heißt, wir erwarten von der romantischen Liebe das Zusammenbringen von zwei Zuständen, die im Gehirn eigentlich gleichzeitig nicht auftreten können, außer aufgrund der stärksten körpereigenen Droge, über die wir verfügen. Das ist unter anderem der Stoff Phenylethylamin. Unter Phenylethylamin können Sie es schaffen, Dopamin und Serotonin parallel hochzuhalten. Diesen biochemischen Ausnahmezustand nennen wir Verliebtheit. Der kann wochenlang andauern, maximal aber drei Jahre. Dann ist das Phenylethylamin abgebaut. Dann ist also Schluss.

    Er sprach es und machte eine bedeutungsvolle Pause. Ich ließ meinen Blick durch die offene Tür ins Wohnzimmer fallen, deckenhohe Regale, vollgestopft mit Büchern, kaum zu glauben, dass der Mittvierziger mit schulterlangen Haaren und aufgeknöpftem Hemd während seines Studiums nur auf die Philosophie fokussiert war, keine Partys, keine Brüche. Studienabschluss in Mindestzeit, 1,1 Notendurchschnitt, seine Dissertation über die „gleitende Logik der Seele in Robert Musils ‚Mann ohne Eigenschaften‘ wurde mit „Opus Eximium, also „herausragende Arbeit", beurteilt. Precht beschrieb dazu im Ö3-Frühstück: „Ich habe ausschließlich mit Heißhunger auf meine Studienfächer gelebt. Das ganze Leben drehte sich darum. Mit 29, nach der Promotion und nach dem Ende der Assistentenstelle, hatte ich also nie etwas anderes gemacht außer Uni. Ich hatte keine Praktika, keine Berufserfahrung, keine Kontakte, keine Beziehungen. Nichts. Und stand ein Jahr lang vor dem absoluten Abgrund. Da habe ich von 500 Euro im Monat gelebt, ein Jahr lang."

    Dann fasste der introvertierte Philosoph Fuß als Wissenschaftsjournalist und schließlich Buchautor, und über den Durchbruch durch seine Mentorin Elke Heidenreich haben Sie ja schon erfahren. Nun aber zurück zu einer Schlüsselfrage unseres Lebens, die uns wachhält und motiviert, zu leben:

    24

    Wie kann die Liebe also funktionieren?

    Precht: Das Wort Liebe ist ein sehr unglücklicher Begriff. Denn wir bringen unter dem Begriff Liebe drei Zustände miteinander in Berührung, die die alten Griechen aus guten Gründen noch getrennt hatten. Im Griechischen gibt es das Wort Liebe nicht. Es gibt Eros, also für die romantische, die leidenschaftliche Liebe, Agape für die Hingabe an jemand anderen und Caritas für die Nächstenliebe und die Fürsorge. Wenn ich sage, ich liebe meine Frau, meine ich nicht das Gleiche wie ich liebe meinen Nächsten oder ich liebe Schokolade. Also mit dem Wort Liebe gehen wir sehr schludrig um. Das führt dazu, dass wir die Liebe gar nicht definieren können. Sie können theoretisch mit einem Menschen verbunden sein, bei dem Sie sich völlig verstanden, geborgen und aufgehoben fühlen, und trotzdem zieht Sie nichts mehr mit diesem Menschen ins Bett.

    Es gibt einen Menschen unter Umständen in Ihrem Leben, den können Sie gar nicht leiden, aber sexuell fasziniert er Sie. Beides zusammen in einer Person kriegen Sie nur unter ganz bestimmten Umständen und selten auf allzu lange Dauer. Da brauchen Sie sehr, sehr viel Glück und eine verdammt gute Dramaturgie in Ihrem Leben, damit das funktioniert.

    Können wir uns die Dramaturgie selber schaffen?

    25

    Precht: Nur zum Teil. Paare passen dann zusammen, wenn sie in ihren grundsätzlichen Lebensvorstellungen, ihren Werten, ihren Urlaubszielen sich sehr, sehr ähnlich sind und gleichzeitig vom Temperament möglichst verschieden, denn sonst wird’s langweilig. Aber das reicht auch noch nicht. Es gibt einen klugen amerikanischen Psychologen, Robert Sternberg. Der hat ein kluges Buch geschrieben, „Love is a Story". Er hat darin analysiert, dass es darauf ankommt, dass die Dramaturgie der Liebe stimmt. Denn wir lauschen nicht dem Leben ab, was wir uns

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