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Liebe Sophie – Liebe Valborg: Eine Dreiecksgeschichte in Briefen
Liebe Sophie – Liebe Valborg: Eine Dreiecksgeschichte in Briefen
Liebe Sophie – Liebe Valborg: Eine Dreiecksgeschichte in Briefen
eBook396 Seiten5 Stunden

Liebe Sophie – Liebe Valborg: Eine Dreiecksgeschichte in Briefen

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Über dieses E-Book

So nahe kamen wir dem Menschen Selma Lagerlöf noch nie! Erstmals liegen Teile ihrer Korrespondenz in deutscher Übersetzung vor. Über 100 Briefe der Schriftstellerin an ihre beiden engsten Vertrauten gewähren dem Leser Einblick in ein reiches und intensives Leben. Ein ausführliches Vorwort und eingestreute Kommentare erläutern Hintergründe und schaffen Zusammenhänge.
SpracheDeutsch
HerausgeberVerlag Urachhaus
Erscheinungsdatum9. Dez. 2016
ISBN9783825161316
Liebe Sophie – Liebe Valborg: Eine Dreiecksgeschichte in Briefen
Autor

Selma Lagerlöf

Selma Ottilia Lovisa Lagerlöf; 20 November 1858 – 16 March 1940) was a Swedish writer. She published her first novel, Gösta Berling's Saga, at the age of 33. She was the first woman to win the Nobel Prize in Literature, which she was awarded in 1909. Additionally, she was the first woman to be granted a membership in the Swedish Academy in 1914.

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    Buchvorschau

    Liebe Sophie – Liebe Valborg - Selma Lagerlöf

    Selma Lagerlöf

    Liebe Sophie

    Liebe Valborg

    Eine Dreiecks-Geschichte

    in Briefen

    Herausgegeben und kommentiert von Holger Wolandt

    Aus dem Schwedischen von Lotta Rüegger und Holger Wolandt

    URACHHAUS

    Inhalt

    Einleitung

    1894 – 1895

    1896 – 1901

    1902 – 1907

    1908 – 1914

    1915 – 1921

    1922 – 1940

    Literatur

    Dank

    Impressum

    Weitere Bücher

    Einleitung

    Selma Lagerlöf und ihre Freundinnen

    »Ich kann nicht ohne Dich leben«, schrieb sie der einen, »Du bist meine Stütze und mein Alles« der anderen, in vielen Variationen, über Jahrzehnte hinweg. Fast zwanzig Jahre lang stand Selma Lagerlöf zwischen zwei eifersüchtigen Frauen, denen sie in tiefer Freundschaft und Liebe verbunden war und die gegensätzlicher kaum hätten sein können: Sophie Elkan und Valborg Olander.

    Als Selma Lagerlöf Sophie Elkan zu Neujahr 1894 kennenlernte, war sie 35 Jahre alt und Sophie 41. Beide waren Schriftstellerinnen am Anfang ihrer Laufbahn, aber sie stammten aus unterschiedlichen Welten.

    Selma Lagerlöf war als Tochter eines Leutnants und Gutsbesitzers aus der värmländischen Provinz gemeinsam mit ihren Schwestern von einer Gouvernante unterrichtet worden. Ihre Ausbildung am Lehrerinnenseminar in Stockholm hatte sie sich mit 23 Jahren gegen den Willen ihres Vaters erkämpfen müssen. Als sie Sophie Elkan begegnete, unterrichtete sie bereits seit acht Jahren in der südschwedischen Kleinstadt Landskrona, kam selbst für ihren Unterhalt auf und hatte nach dem Konkurs des elterlichen Guts die mittellose Mutter und Tante zu sich genommen. Zu ihrer Berufung, dem Schreiben, kam sie nur nachts. 1890 hatte sie jedoch mit einigen Kapiteln aus Gösta Berlings Saga den Wettbewerb der Zeitschrift Idun gewonnen und ein Jahr später mit diesem Roman debütiert. Finanziell war der Erfolg nicht so groß, dass Selma Lagerlöf ihren Lehrerberuf hätte aufgeben können, aber sie hatte Aufsehen erregt – und die Schriftstellerkollegin Sophie Elkan war auf sie aufmerksam geworden.

    Die fünf Jahre ältere, verwitwete Sophie Elkan (1853 – 1921) hatte zu diesem Zeitpunkt bereits zwei Erzählungsbände und einen Roman veröffentlicht, war weltgewandt, weitgereist und finanziell unabhängig. Sie stammte aus einer vermögenden jüdischen Kaufmannsfamilie in Göteborg. Die Familie hatte in einer Wohnung mit sieben Zimmern über dem väterlichen Porzellan- und Hausratsgeschäft Salomon & Williamson gewohnt, und sie konnte Frau Bruenechs Privatschule in der Västra Hamngatan besuchen.

    An Pfingsten 1872 hatte Sophie Salomon ihren neunzehn Jahre älteren Cousin Nathan Elkan, den Mitbesitzer der Musikalienhandlung Elkan & Schildknecht in Stockholm geheiratet. Beide interessierten sich für Sprachen, beherrschten bereits Französisch, Deutsch und Englisch und lernten anlässlich ihrer Hochzeitsreise auch Italienisch. Anschließend lebten sie in Stockholm in einer schönen Wohnung mit Blick auf den Berzelii Park und nicht weit von der 1870 eröffneten Synagoge entfernt. Fünf Jahre später kam die Tochter Kerstin zur Welt und Nathan Elkan erkrankte an Tuberkulose. In der Hoffnung auf Heilung reiste die Familie nach Süden, aber Nathan starb am zweiten Weihnachtstag 1879 in Nizza, die zweijährige Kerstin am Tag darauf.

    Sophie Elkan zog wieder nach Göteborg und unternahm in den folgenden Jahren, häufig mit Frauen, die etliche Jahre jünger und noch ungebunden waren, ausgedehnte Reisen nach Belgien, Holland, Deutschland und England. Sie lebte ein ganzes Jahr in Südfrankreich und einen Winter in Italien. Nach dem Tod ihres Mannes und ihrer Tochter trug sie dauerhaft schwarz und meist einen Schleier. Ein großes Ölgemälde von Mann und Kind hing über ihrem Schreibtisch. Auch ihre schriftstellerische Tätigkeit entsprang dem Wunsch und der Notwendigkeit, mit ihrer Trauer umzugehen. Erst zwölf Jahre nach dem Tod ihrer Familie, im Jahr 1890, reiste sie zum ersten Mal wieder nach Stockholm. Knapp vier Jahre später kam es dort zur ersten Begegnung mit Selma Lagerlöf. Elin Wägner, die erste Biografin Selma Lagerlöfs, beschrieb die Szene folgendermaßen: »Frau Elkan bewunderte den Roman, den Selma Lagerlöf vor etwas mehr als zwei Jahren veröffentlicht hatte, allerdings nicht, denn sie gehörte zur realistischen Strömung, die Gösta Berling mit Entsetzen betrachtete. Das teilte sie der Autorin mit, indem sie ihr sagte, sie würde Selma lieber mögen als ihr Buch. Eine Weile lang kam sie dann noch auf eigene Bücher und die anderer Autoren zu sprechen, dann erhob sie sich, um zu gehen. Da kam es dem originellen Fräulein Lagerlöf in den Sinn, ihren Schleier anzuheben, um zu sehen, wie sie aussah. Sophie Elkan versuchte, das abzuwehren, ach, sie sei doch durch Schlaflosigkeit hässlich und nichts zum Anschauen! Aber Selma sagte: Sie sind sehr schön, und ich weiß, dass wir Freundinnen werden.« So nahm eine intensive, schwärmerische Freundschaft ihren Anfang. Selma Lagerlöf und Sophie Elkan schrieben sich mehrmals wöchentlich und trafen sich im Sommer und sooft die Schulferien es erlaubten. Das faszinierte Kennenlernen, Einander-Erforschen und Sich-selbst-Darstellen machen die langen Briefe der ersten Freundschaftsjahre besonders interessant. Später, als Selma Lagerlöf ihren Lehrerberuf aufgegeben hatte, gingen sie gemeinsam auf ausgedehnte Reisen. Selma Lagerlöf lernte durch die Freundin eine neue Welt kennen.

    Im Jahr 1897, nach dreijähriger Freundschaft mit Sophie Elkan, zog Selma Lagerlöf aus Landskrona nach Falun in Dalarna, wo bereits ihre Schwester Gerda lebte. Dort kam es zu einer schicksalhaften Begegnung mit der drei Jahre jüngeren Valborg Olander. Zum ersten Mal trafen sich die beiden 1899, das gegenseitige Interesse entflammte jedoch erst drei Jahre später. In einem Brief vom 4. November 1902 an ihre ehemalige Kollegin Anna Oom schreibt Selma Lagerlöf: »Sie heißt Valborg Olander und ist Lehrerin am Seminar. Ich denke oft an Dich, wenn sie hierherkommt und wir vorlesen und uns unterhalten, und zwar nicht, weil sie Dir im Geringsten ähnlich wäre, sondern weil ich finde, dass ich wieder zu einer gebildeten Lebensweise zurückfinde, die hier sonst nicht möglich war, da ich mit meinen Interessen vollkommen allein war. […] Es kann gut sein, hier eine vertraute Freundin zu haben, zu der ich, wann immer ich will, kommen kann. Sie hat die für eine Lehrerin höchst seltsame Eigenschaft, vermögend zu sein. Sie besitzt eine große Wohnung in der Stadt und ein Gut auf dem Land, war aber trotzdem einsam und ist also vermutlich froh, dass sie mich entdeckt hat.«

    Mit Valborg Olander verband Selma Lagerlöf nicht nur der Beruf (Lehrerin), sondern auch eine Kindheit in der Provinz sowie ein Schicksal, das sie zu selbstständigen, modern denkenden Frauen gemacht hatte. Valborg Olander war die Älteste von fünf Geschwistern. Als sie zwölf Jahre alt war, starb ihr Vater, ein Landarzt, und ihre Mutter eröffnete in Ulricehamn ein Modegeschäft. Valborg Olander besuchte nach der Elementarschule für Mädchen in Jönköping das Höhere Lehrerinnenseminar (also dasselbe wie Selma Lagerlöf) und wurde bereits im Alter von 18 Jahren Lehrerin in Göteborg. Dort lebte sie fast ein Jahrzehnt, bis 1888, und wurde anschließend Dozentin am Lehrerinnenseminar in Falun, eine Stelle, die sie bis 1916 bekleidete. Dass sie sowohl über ein relativ großes Vermögen und Geschäftssinn – sie kümmerte sich auch um Selma Lagerlöfs Aktien und Steuererklärungen – wie auch über Kunstverständnis verfügte, kam nicht von ungefähr: In ihrer Familie gab es viele Geschäftsmänner und Künstler. Valborg Olanders Großvater Henrik Munktell war Besitzer der Papierfabrik Grycksbo bei Falun und zudem Amateurmusiker, der immerhin in die Königlich Musikalische Akademie in Stockholm gewählt wurde. Valborgs Mutter Eva Charlotta Munktell hatte acht Geschwister: Ihre Schwester Helena Munktell wurde Komponistin; die Schwester Emma, Malerin, hatte einen Freiherrn Sparre geheiratet und besaß ein Atelier in Paris.

    Dass Selma Lagerlöfs Freundschaft zu Valborg Olander ab 1902 ebenso schwärmerisch und intensiv war wie die zu Sophie Elkan, verraten heimliche Liebesbriefe aus den Wochen oder Monaten, in denen sie mit Letzterer unterwegs war. Und bis 1921, dem Jahr, als Sophie Elkan starb, entspann sich zwischen Selma Lagerlöf und ihren beiden Freundinnen ein Dreiecksverhältnis, das seine Spuren in der Korrespondenz hinterlassen hat. Sophie Elkan und Valborg Olander verehrten die gefeierte Autorin und konkurrierten um ihre Gunst – und Selma Lagerlöf gelang es nicht immer, die Interessen beider auszutarieren.

    In späteren Jahren, als Selma Lagerlöf und Valborg Olander nicht mehr im selben Ort wohnten und einander öfter schrieben, enthielten die Briefe auch viel Organisatorisches und Geschäftliches. Denn Valborg Olander nahm im Laufe der Jahre mehr und mehr die Rolle einer Sekretärin oder vielmehr einer »richtigen Schriftstellergattin« ein, die in allem Wichtigen zu raten und in allem Lästigen zu helfen wusste. Zuneigungsbeteuerungen gibt es jedoch bis zuletzt, auch in den vielen Jahren nach Sophie Elkans Tod.

    Selma Lagerlöfs private Korrespondenz unterlag bis 1990, also 50 Jahre nach ihrem Tod, einer Sperre, die auch die 2051 erhaltenen Briefe an Sophie Elkan und die 1364 erhaltenen Briefe an Valborg Olander umfasste. Mit einer Veröffentlichung rechnete die Schriftstellerin selbstverständlich: Sie hatte ihre Briefe geordnet und sie hin und wieder von den Empfängern zurückgefordert. Für sie lag es auf der Hand, dass auch 50 Jahre nach ihrem Tod das Interesse an ihrer Korrespondenz ungebrochen sein würde. Die Sperrfrist sollte aber allen erwähnten Personen erst Gelegenheit geben, zu sterben.

    Nachdem die Forschung die Briefe ab 1990 sichten konnte, edierte Ying Toijer-Nilsson Auswahlbände mit Briefen an Sophie Elkan (Du lär mig att bli fri, 1992) und Valborg Olander (En riktig författarhustru, 2006), die diesem Band größtenteils zugrunde liegen. Ein Band Briefe an Selma Lagerlöfs Mutter Louise Lagerlöf erschien, ebenfalls herausgegeben von Ying Toijer-Nilsson, 1998. Im Jahr 2009 edierte Lena Carlsson den kompletten Briefwechsel von Selma Lagerlöf, Anna Oom und Elise Malmros von 1886 bis 1937. Die Briefe Selma Lagerlöfs an Sophie Elkan sind in der Königlichen Bibliothek (Kungliga Biblioteket) in Stockholm auf Mikrofilm einsehbar und dank moderner digitaler Lesegeräte relativ gut lesbar.

    Die 121 in dieser Sammlung wiedergegebenen und erstmals ins Deutsche übertragenen Briefe sind ungekürzt. Auch Eigenarten der Zeichensetzung – beispielsweise fehlende Fragezeichen nach Fragen oder der Punkt nach dem abschließenden »Deine Selma.« – wurden beibehalten. Die Briefe an Sophie Elkan haben eine Nummerierung, die in dieser Sammlung vor der Angabe von Ort und Datum in runden Klammern wiedergegeben ist. Das Kürzel KB weist darauf hin, dass ein Brief im Original nicht ediert, sondern nur in der Königlichen Bibliothek einsehbar ist. Da Selma Lagerlöf ihre Briefe selten datierte, wurde das Datum oft aus Antwortbriefen oder Poststempeln erschlossen und in eckigen Klammern ergänzt. Abgekürzte oder unvollständige Namen von Personen sind im Fließtext ebenfalls in eckigen Klammern hinzugefügt.

    Was Selma Lagerlöf durch Unterstreichung hervorhob, erscheint in dieser Ausgabe kursiv gesetzt. Abweichend von der Schreibweise in den Briefen sind hier lediglich die Titel der Romane, Zeitschriften und Erzählungen konsequent kursiv bzw. in Anführungszeichen gesetzt, damit auch die weniger geläufigen eindeutig als Titel erkennbar sind.

    In den farblich abgesetzten Texten zwischen den Briefen werden Erklärungen zu erwähnten relevanten Personen und Ereignissen gegeben, Fakten aus den Biografien der drei Frauen nachgetragen und zeitliche Lücken zwischen den Briefen geschlossen, damit Zusammenhänge sichtbar werden können. Aufgrund des ausgedehnten zeitlichen Rahmens der Korrespondenz von fast einem halben Jahrhundert konnten im Schnitt nur vier, fünf Briefe jährlich wiedergegeben werden, manchmal sind es sieben, oft sind es auch nur ein bis zwei. Bei den vielen Briefen, die wöchentlich zwischen den Freundinnen gewechselt wurden, ist das natürlich ein verschwindend kleiner Teil.

    Dieses Buch erhebt also nicht den Anspruch, umfassend und erschöpfend zu sein. Es erlaubt dem deutschsprachigen Publikum jedoch zum ersten Mal einen Blick auf einen sehr privaten Teil von Selma Lagerlöfs Leben, der nur in der Korrespondenz mit ihren intimen Freundinnen so deutlich zutage tritt. Außerdem gibt es Einblick in einen noch unbekannten Teil ihres Werks, den die Schriftstellerin selbst der Veröffentlichung wert hielt. Denn die virtuose Sprachbeherrschung der Nobelpreisträgerin wird auch in ihren Briefen deutlich. Während sie ihre Romane und Erzählungen in der Regel etliche Male umschrieb, ehe sie sie, ab 1903 meist in der Reinschrift Valborg Olanders, in den Druck gab, haben ihre Briefe einen ganz anderen Charakter als ihre literarischen Texte: Sie ersetzen das Gespräch und geben das Gefühl des Augenblicks ungefiltert wieder.

    Ich wünsche diesem Buch, dass es auch 76 Jahre nach dem Tod der Autorin und 122 Jahre nach Verfassen des ersten Briefes an Sophie Elkan viele Leserinnen und Leser finden wird.

    1894 – 1895

    Die ersten erhaltenen Briefe Selma Lagerlöfs an Sophie Elkan aus dem Jahr 1893 sind recht förmlich gehalten. Es geht um die Schwierigkeiten, die eigenen Arbeiten im Ausland zu veröffentlichen, Kontakte zu Übersetzern und Ähnliches.

    Als Selma Lagerlöf aber die Weihnachtsferien 1903/04 nutzte, um nach Stockholm zu fahren und mit dem Verleger Albert Bonnier über die Herausgabe ihres zweiten Buches, eines Erzählungsbandes, zu sprechen, kam es zu einem ersten Zusammentreffen mit Sophie Elkan. Danach ist der Ton in den Briefen der beiden mit einem Schlag vertraulich, scherzhaft und übermütig. Selma Lagerlöf ist fasziniert von ihrer neuen Freundin, sie spricht von Küssen, von Schwärmerei und Verliebtheit. Meist umschreibt sie ihre Liebe zu Sophie aber mit »es« oder spricht von »Elektrizität«. Es begann ein intensives gegenseitiges Erforschen und Kennenlernen in Briefen, denn die Möglichkeit, sich persönlich zu treffen, war begrenzt. Einerseits konnte Selma Lagerlöf wegen ihrer Tätigkeit als Lehrerin nur in den Schulferien verreisen, andererseits konnte sie Sophie Elkan, die ja frei über ihre Zeit verfügte, in Landskrona nicht beherbergen. Sie wohnte sehr beengt mit Mutter und Tante zusammen, die sie infolge des Konkurses von Mårbacka zu sich genommen hatte.

    Zu der wachsenden innigen Freundschaft gehört auch von Anfang an das gegenseitige Kommentieren der schriftstellerischen Arbeiten, was nicht unproblematisch war. Selma Lagerlöf hatte das Gefühl, Rücksicht auf ihre Freundin nehmen zu müssen, die seit dem Verlust von Mann und Kind zerrüttete Nerven hatte und regelmäßig zur Kur reiste.

    Oh, das ist reine Elektrizität!

    An Sophie (7), Landskrona, 6. 2. 1894

    Liebe, liebe Freundin!

    Tagelang wagte ich es nicht, Dein Porträt zu betrachten. Ich befürchtete, Dich mit meinem Brief möglicherweise verletzt zu haben. Es hätte ja der Eindruck entstehen können, dass mir Deine Texte nicht gefielen und dass ich Dich besseres Schreiben lehren wollte. Aber Du weißt ja, dass mir Deine Worte gefallen. Mein Gedanke war nicht, dass Du etwa besser schreiben solltest, sondern zu meinem ausschließlichen Genuss mehr aus der Tiefe Deines Inneren heraus. Der Gedanke, Deiner Last, mit der Du Dich plagst, einen noch so kleinen Stein hinzugefügt zu haben, macht mir sehr zu schaffen. Also beschloss ich, mich nie wieder so unbedacht zu äußern.

    Dein Brief hat mich jetzt sehr erleichtert. Du bist lieb.

    Es freut mich, dass Du gefeiert wirst. Warum genießt Du es nicht? Ich sehe es jeweils als eine Bestätigung, dass es rechtens ist, meine Zeit mit dem Verfassen von Romanen zu vergeuden. Mich konnte und wird nie eine andere Leidenschaft beseelen als das Schreiben. Noch bin ich nicht selbstständig genug, um schreiben zu können, ohne dass es jemandem gefällt. Da müsste ich in alle Ewigkeit Lehrerin bleiben und würde mich niemals voll und ganz meiner Berufung widmen können. Daher werde ich gerne gefeiert und wäre verunsichert, wenn es nicht geschähe. Nicht auszudenken, wenn ich in jene Zeiten zurückkehren müsste, als alle fanden, dass meine Tätigkeit am Schreibtisch Zeitverschwendung sei, und niemand darauf Rücksicht nahm, dass ich Stille und Arbeitsruhe benötigte.

    Es lag auf der Hand, dass das Stockholmer Dasein an Dir zehren würde. Mir ist es ebenso ergangen. Man schläft ja dort so schlecht und ist zu unternehmungslustig. Da lobe ich mir Landskrona. Meine Bemerkung, dass ich Dich wegen dieser Äußerung, Du weißt schon, immer mögen werde, lässt sich nicht ohne Weiteres eingehender erläutern, denn ich habe sie ja keinesfalls für bare Münze genommen. Es war eher so, als hättest Du es gerne so gehabt, als hättest Du Dir selbst dieses hehre Ziel gesetzt und mit Trauer eingesehen, dass es unerreichbar war. Das legt mir gewissermaßen Steine in den Weg, aber es gefällt mir, wenn Menschen meiner Aufdringlichkeit den Riegel vorschieben. Jedem sei ein Allerheiligstes gegönnt, das allem Profanen verschlossen bleibt.

    Ja, ich wüsste gerne, was Du von mir denkst. Erst dachte ich, Du könntest Dir Dein Urteil aufheben, bis Du mich etwas besser kennst, aber es wäre doch lustig, zu erfahren, was Du entdeckt hast, und im Übrigen kann es ja wohl kaum unwahr sein, denn es ist fast unmöglich, etwas zu sagen, was ich nicht bin. Verschiedene Eigenschaften wie die Angst vor Gespenstern und die Spielleidenschaft habe ich in mir abgetötet, aber ich vermute, dass alle erdenklichen Veranlagungen in mir schlummerten. Bei unserem nächsten Treffen sollst Du alles über mich erfahren, nicht aber in einem Brief. Ich kann darüber nicht schreiben. Vielleicht gibt es Dir ja einen Anhaltspunkt, dass seit nun schon 250 Jahren fast alle Familienmitglieder Verse gedichtet haben, die natürlich unbedeutend waren. Nach so viel Anstrengung musste die Familie dann doch noch einmal eine echte Begabung hervorbringen. Dafür möchte ich mich gerne halten, denn schließlich muss man an sich selbst glauben. Und bedenke, dass ich das seit dem Alter von acht Jahren tue. Dieser Glaube war in meinem Leben so zentral wie bei anderen Frauen die Liebe und das Zuhause.

    Aber am besten gefällt es mir, wenn Du von Dir selbst erzählst. Wenn mir jemand die große Freude bereitet, mich an seinem inneren Leben teilhaben zu lassen, dann würde ich am liebsten auf die Knie fallen und dieser Person danken. Ich weiß nicht, ob es sich dabei, wie Du es nennst, um Hypnose handelt, aber da ich selber nie lebe, besitze ich die ausgeprägte Fähigkeit und auch das große Bedürfnis, durch andere zu leben. Außerdem fiel mir bereits, als ich Dich zum ersten Mal sah, auf, dass Du gefährlich und von einem fürchterlich anziehenden Magnetismus umgeben bist. Du sagst, dass Du für gewöhnlich nicht über Dich selbst sprichst, und ich pflege nicht anschmiegsam zu sein. Oh, das ist reine Elektrizität!

    Ich bin recht überzeugt davon, dass [Oscar] Levertin jede noch so junge, lichte Blondine Deinetwegen im Stich gelassen hätte, wenn Du nicht Schriftstellerin gewesen wärst. Eine Arbeitsbiene wie ich, grau und alltäglich, darf gerne Schriftstellerin sein. Niemand stört sich daran. Aber für die Königinnen im menschlichen Bienenstock ziemt es sich nicht. Kein Hauch von Männlichkeit oder ernster Gesinnung darf sie zerstören. Noch erinnere ich mich an Einzelheiten Deines Briefes. Ich war nicht unaufmerksam. Ich erinnere mich an jedes Deiner Worte. Ich war durchaus in Stimmung, aber nicht, um zu dichten. Ich muss jedoch gestehen, dass Deine heutigen Worte: »Ich bin eine Frau, die liebt« mir heilige Schauder durch die Nerven jagen. Ah! Wenn ich doch einmal einen empfindsamen und edel-leidenschaftlichen Menschen der Gegenwart zeichnen könnte!

    Vergiss nicht, Deiner Mutter zu sagen, dass Du einen richtig lieben Menschen in Stockholm kennengelernt hast, der Dir über alle Maßen zugetan ist. Meiner Mutter gefällt Dein Aussehen sehr. Ich schicke einstweilen dieses Foto zur Probe. Es gefällt mir nicht. Du kannst es zurückschicken, wenn Du lieber ein anderes hättest.

    Deine Selma

    Ich schreibe nichts auf das Foto, denn ich möchte es zurück, falls ich ein Besseres finde.

    Der erwähnte Oscar Levertin war einer der führenden schwedischen Literaturkritiker des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Die Münchner Skandinavistin Annika Krummacher bezeichnet Levertin als gefühlsintensiven Menschen, aber keineswegs als »kvinnojägare« (Frauenjäger, Schürzenjäger). Vermutlich hing ihm aber ein gewisser Ruf an, da er zweimal verheiratet war und mehrere Verhältnisse hatte.

    Sophies Äußerung, wegen der Selma Lagerlöf meinte, sie immer lieben zu müssen, war folgende: »Kannst du dir nicht denken, dass ich meinen Mann so sehr liebte, dass ich nicht wieder heiraten wollte.«

    Bereits während der Osterferien 1894 kam es zu einer zweiten Begegnung der beiden Freundinnen, als Selma Lagerlöf Sophie Elkan in Göteborg besuchte. Sie lernte dort u. a. Sophies Mutter Henriette Salomon kennen.

    Es wird sehr viel Sonnenschein nötig sein

    An Sophie (13), Landskrona, 9. 4. 1894

    Liebste Freundin!

    Danke für den Brief, der ordnungsgemäß am Mittwochmorgen eintraf. Es ist nett, dass Du gehorsam bist, ich kann Deine Worte tatsächlich entziffern, manchmal allerdings nur mithilfe meiner Intuition. Du bist nie so furchtbar gemein, dass Briefkarten voller Reue nötig wären. Ich bekam so entsetzliche Angst, dass ich den Brief beinahe nicht gelesen hätte, denn die Karte traf ja gleichzeitig ein, aber als ich den Brief öffnete, fand ich ihn gar nicht so schlimm.

    Sei versichert, dass Du aus unserem Verhältnis machen darfst, was Du willst. Du darfst die Führung übernehmen, Du, die Du so alt und weise bist. Ich will zufrieden sein, solange ich Dich nicht verliere.

    Deine Schwägerin hat recht, wenn sie den Satz dahingehend umkehrt, dass mich nur Frauen mögen. Außerdem gilt das nur für den Anfang meiner Schriftstellertätigkeit. Inzwischen spreche ich nicht mit Frauen, beispielsweise bei den Abendgesellschaften, an denen ich in Kopenhagen teilnehme, sondern nur mit Herren, was schließlich der Anfang eines Umschwungs ist.

    Wenn man absolut keine Herrschaft über sich verträgt, dann ist es doch wohl am besten, unverheiratet zu sein, findest Du nicht auch? Sofern Du mir nicht einen Ostindien-Seefahrer oder Afrika-Reisenden empfehlen kannst. Jedenfalls beabsichtige ich, in meinem Bekanntenkreis die Geschichte von einer großen Liebe zu verbreiten, die ich für einen Jugendfreund empfand, der mit 19 oder 20 starb, damit man mich nicht für ein Ungeheuer hält.

    Natürlich schweige ich. Sollte ich Dich überleben, werde ich Deinen Roman schreiben, so wie die alte Frau Thoresen, so etwa im Alter von 80 Jahren, und ihn »Eros« betiteln, aber natürlich so, dass niemand wiederzuerkennen ist. Ich frage mich, ob ich Dir viele Geheimnisse meiner Freunde verraten habe, ich meine Vertraulichkeiten, denn was ich selbst in Erfahrung gebracht habe, werde ich ja wohl noch diskutieren dürfen. Aber wenn Du Frau Gybergs Arztgeschichte verschweigst und meine Verwandten nicht auf ebenso freundliche Weise beschreibst wie ich, dann plagen mich Gewissensbisse.

    Falls wir einander nochmals begegnen, musst Du mich dazu anhalten, meine wirkliche Geschichte zu erzählen, denn die kennst Du nicht einmal annäherungsweise. Sie ist eine einzige lange Variation des Wortes Wille. Es ist wirklich so, als sei mir nichts angeboren, sondern als hätte ich meine Begabung selber geschaffen, indem ich sie mir herbeiwünschte. Doch, der Ehrgeiz ist mir vermutlich angeboren und die Gabe zu reimen, aber kaum mehr. Aber wenn Du wüsstest, wie dumm ich war und noch bin, dann hättest Du es für ziemlich unwahrscheinlich gehalten, dass eine Person, wie ich sie mit 20 war, mit 30 Schriftstellerin sein könnte. Es ist eine Geschichte der Demütigungen, und es wird sehr, sehr viel Sonnenschein nötig sein, um die Last, die sie mir auferlegt hat, loszuwerden.

    Diese jüdische Geschichte erfreut mich sehr, vergiss sie nur nicht. Deponiere sie im Kopf, dann erledigt er den Rest. Wenn alles durchdacht ist, wirst Du Dein Meisterwerk schreiben. Die Ehre dafür kann ich jedoch nicht für mich beanspruchen, sondern wir werden ein Pseudonym finden müssen. Wäre sie nicht gut, würde es keine Rolle spielen. Mir fiel erst nach einer Weile ein, dass man keinen Ruhm einheimsen darf, der einem nicht zusteht.

    Jetzt habe ich »Der Neubeginn« gelesen. Dein Urteil ist durchaus zutreffend, die Erzählung ist sehr gut. Mir fällt keine Verbesserung ein. Doch, Helenas Charakter gefällt mir nicht, weil er erst beschrieben wird, und dann tritt sie auf und zeigt, dass sie dieser Beschreibung entspricht. Im Übrigen ist es eine muntere Erzählung. Ich habe auch nicht gesagt, dass mir »Hilda kommt« gefällt, sondern dass sie mir gefallen würde, wenn ich Dein Hauslehrer wäre. Ich habe den ganzen Tag geschrieben, und deswegen ist mein Kopf schwach. Meinem Brief ist sicherlich anzumerken, dass es auf die Nacht zugeht. Manchmal denke ich an den letzten Abend, als Du erklären wolltest, warum Du befürchtest, dass Doktor Lind sterben muss. »Ist da noch mehr?«, fragte ich. »O ja, es gibt noch anderes«, hast Du da geantwortet, aber damals hatte ich das Gefühl, nicht mehr zu verkraften. Was ist dieses andere? Ich bin nicht neugierig, ich will es nur wissen, denn manchmal glaube ich, dass es etwas sehr Schweres ist, da Du es nicht gesagt hast. Vielleicht ist es aber auch einfach nur eine Einbildung, die Dich quält.

    In »Der Neubeginn« lieferst Du ein gutes Bild Deiner selbst. Manchmal frage ich mich, wie Du in diesen ersten Trauerjahren gewesen sein musst, und überlege mir, ob ich Dir damals wohl nahegekommen wäre.

    Grüße Frau Warburg, es ist gut, dass Du sie wiederhast. Sie hätte uns zwei Verrückte an Ostern nicht alleine lassen dürfen. Das war nicht sehr nett von ihr.

    Ich weiß, worüber ich heute schreiben wollte. Über den Sund. Wenn Du nur ahnen könntest, wie schön es hier im Augenblick ist. Man könnte Leute hierher einladen und ihnen Geld dafür abnehmen, dass sie an unserem Ufer sitzen und auf den Sund schauen dürfen. Aber jetzt bin ich zu müde.

    Deine Selma.

    Für Selma Lagerlöf war Sophie Elkan »warm« und »strahlend«. Von solchen Menschen wäre sie abhängig wie ein Reptil von der Sonne, erklärte sie in einem Brief. Deshalb erhoffte sie sich natürlich von ihr die nötige »Sonne«, um ihre »Geschichte der Demütigungen« hinter sich zu lassen.

    Die gebürtige Dänin Betty Warburg aus Göteborg war die beste Freundin Sophie Elkans und mit dem Literaturhistoriker und -kritiker Karl Warburg verheiratet, den Sophie Elkan schon als Kind kannte. Die beiden hatten dieselbe Amme, Tante Hanne. Betty Warburg wurde von Sophie Elkan schon früh in den Entstehungsprozess ihrer Werke einbezogen und um Kritik gebeten.

    Eine ähnliche Rolle spielte für Selma Lagerlöf in diesen Jahren Gundla Gumælius, eine Kommilitonin vom Lehrerinnenseminar. Selma Lagerlöf stellt sie in dem nun folgenden Brief als »kluge Person« dar, der sie treuer sei als sonst jemandem. 1891 hatte Gundla sie auf ihrem Anwesen im sörmländischen Rocklunda beherbergt, als sie sich von ihrer Lehrerinnenstelle beurlauben ließ, um ihren ersten Roman Gösta Berlings Saga zu verfassen. Die Schriftstellerin bezeichnete diese Zeit später als die glücklichste ihres Lebens.

    Die Küsse, die Du mir in Deinen Briefen schickst, bereiten mir großes Kopfzerbrechen

    An Sophie (18), [Landskrona, nach Ostern 1894]

    Geliebte!

    Danke, das war ein sehr netter Brief. Und infolge des Stundenplans und ähnlicher Dinge, die meinen Tagesablauf bestimmen, pflege ich meine Briefe an Montagen persönlich in Empfang zu nehmen oder aus dem Briefkasten hervorzusuchen, also ging alles gut. Ich hatte die ganze Woche über keine Zeit zu schreiben, und wenn ich an den Stapel unbeantworteter Episteln denke, der auf meinem Schreibtisch liegt, dann beschleichen mich unbehagliche Gewissensbisse, aber das ist dumm. Was kümmern sich die meisten anderen darum, ob sie Briefe bekommen oder nicht, mich hingegen kümmert es ungemein, ob ich Briefe von Dir erhalte und ob ich Dir schreiben kann.

    Ich habe Augusts Porträt bekommen und freue mich sehr darüber. Hast Du Deiner Schwester eigentlich jemals das Porträt gezeigt, auf dem ich kurzes Haar habe? Gefällt es ihr, oder soll ich mit dem Gegengeschenk warten, bis ich ein anderes gefunden habe. Diese Frage beantworte mir bitte.

    Wenn Du nur wüsstest, wie sehr ich mich manchmal nach einem Menschen sehne, der von Städten mit Bergen und gotischen Kirchen erzählen kann, nach Menschen, die elektrisieren können.

    Vielleicht gereicht es mir ja zum Vorteil, aber hier gibt es niemanden, den ich auch nur küssen könnte.

    Es ist schon schade, wenn Du hier wärst, könnte ich Dir viele schöne Geschichten erzählen. Hier ist jetzt eine.

    Es waren zwei neugeborene Königssöhne, Zwillinge, die durch allerlei Böses in der Wildnis ausgesetzt wurden. Der eine, den eine Königstochter fand und erzog, wurde ein edler Ritter namens Valentin, der andere, den eine Wölfin großzog, wurde zum wilden Urwaldtier.

    Da geschah es, dass sich die beiden begegneten. Valentin hatte von dem fürchterlichen wilden Tier gehört und zog aus, um es zu bekämpfen. Er erschien in seiner herrlichen Rüstung und kämpfte mit dem wilden Tier, wurde aber besiegt, denn der wilde Mann war unglaublich stark. Jetzt geschah es jedoch, dass das wilde Tier den jungen Ritter nicht in Stücke riss, im Gegenteil, es verliebte sich in ihn und legte sich vor seine Füße, folgte ihm aus dem Wald, kämpfte für ihn und war mit einem Wort Hund und Leibeigener zugleich. Aber auch der Ritter mochte das wilde Tier und tat ihm Gutes. Er kleidete es und zivilisierte es mit aller Kraft und lehrte es, die Sprache und die Sitten der Menschen verstehen. Natürlich lagen eigentlich alle Vorteile dieses Bundes aufseiten des Urwaldmenschen. Er besaß nur das eine große Verdienst, dass er die Kunst der Zuneigung so gut beherrschte. – – – – –

    Im Übrigen siehe Schücks Märchen des Mittelalters. »Namenlos und Valentin.«

    Kennst Du es? In meiner Kindheit war es eines meiner Lieblingsmärchen. Vor einigen Tagen haben wir es in der Schule vorgelesen. Da begriff ich mit einem Mal die Symbolik. Willst Du Dich nicht Valentin nennen?

    Weißt Du, wie viele Frauen mit dem Namen Sofie ich kenne. Sophie Adlersparre, Sofie Rönne, Sofie Horten, Sofi Anderson, Sofi Alberti, zwei Sophie Lagerlöf, um nur jene zu nennen, die ich duze oder mit Tante anspreche. Dich in diese Reihe einzuordnen wäre abscheulich.

    Heute ist das schönste Wetter, das Schonen überhaupt hervorbringen kann. Grauer Himmel, windstill und samtweiche Luft. Der Sund liegt silbern da. Leider war ich heute Morgen dort unten und habe mich von ihm betäuben lassen. Ich bewege mich wie in einem Traum. Meine Gedanken sind träge. Ich könnte mich beinahe der Lektüre des Catulle Mendès hingeben.

    Ich glaube nicht, dass Dir meine Erzählungen sonderlich viel sagen werden. Sie sind trockene Ware. Jetzt würde ich

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