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Kleopatra
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eBook442 Seiten6 Stunden

Kleopatra

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Über dieses E-Book

Diese Biographie der berühmtesten Frau in der Geschichte Ägyptens ist spannend wie ein Roman. "Die ägyptische Königin Kleopatra hat seit jeher die Phantasie der Menschen aufs stärkste erregt. Sie erscheint als großartige Verkörperung des Rätsels, daß die Natur die Frau ebensosehr dazu bestimmte, dem Leben bezaubernden Glanz zu verleihen wie es zu zerstören. Auch heute, (mehr als) 2000 Jahre nach ihrem Tod, erliegen auserlesene Geister ihrer verführerischen Kraft. Das ist eine Wirkung, um die sie jedes weibliche Wesen beneiden muß. Kleopatra wurde in ihrer Zeit von Julius Cäsar und Marcus Antonius geliebt, und die Bewunderung dieser beiden Römer sichert ihr auch die Bewunderung der Nachwelt. Man ist begierig zu erfahren, wie die Frau beschaffen gewesen sein mag, die so viel Macht über den alternden Cäsar besaß, daß er, einer der größten Feldherren aller Zeiten, ihretwegen eine strategische Sinnlosigkeit beging, ihr mitten im römischen Bürgerkrieg beinahe ein ganzes Jahr opferte und sie als Geliebte mit nach Rom nahm. Noch bestechender ist ihre Rolle im Leben des Antonius, dieses zügellosen römischen Feldherrn, der sie zur "Königin der Könige" in Asien erhob, mit dem vereint sie gegen Rom zu Felde zog, und den sie sich gefügig machte, fast wie die Königin Omphale seinen Ahnen Herakles, von dem abzustammen er sich rühmte. Das tragische Ende beider Persönlichkeiten nach so viel Größe und Ruhm wirkt um so erschütternder. (...)" (Aus dem Vorwort von Oskar von Wertheimer)
SpracheDeutsch
HerausgeberReese Verlag
Erscheinungsdatum12. Nov. 2015
ISBN9783959800426
Kleopatra

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    Buchvorschau

    Kleopatra - Oskar von Wertheimer

    Oskar von Wertheimer

    Kleopatra

    Die genialste Frau der Weltgeschichte

    Reese Verlag

    Herausgegeben von Lothar Reese

    Inhaltsverzeichnis

    Kleopatra – Die genialste Frau der Weltgeschichte

    Vorwort

    ERSTER TEIL

    1. Kapitel

    2. Kapitel

    3. Kapitel

    4. Kapitel

    5. Kapitel

    ZWEITER TEIL

    6. Kapitel

    7. Kapitel

    8. Kapitel

    9. Kapitel

    Über den Autor

    Impressum

    Hinweise und Rechtliches

    E-Books im Reese Verlag (Auswahl):

    Kleopatra – Die genialste Frau der Weltgeschichte

    Vorwort

    Die ägyptische Königin Kleopatra hat seit jeher die Phantasie der Menschen aufs stärkste erregt. Sie erscheint als großartige Verkörperung des Rätsels, daß die Natur die Frau ebensosehr dazu bestimmte, dem Leben bezaubernden Glanz zu verleihen wie es zu zerstören. Auch heute, 2000 Jahre nach ihrem Tod, erliegen auserlesene Geister ihrer verführerischen Kraft. Das ist eine Wirkung, um die sie jedes weibliche Wesen beneiden muß. Kleopatra wurde in ihrer Zeit von Julius Cäsar und Marcus Antonius geliebt, und die Bewunderung dieser beiden Römer sichert ihr auch die Bewunderung der Nachwelt. Man ist begierig zu erfahren, wie die Frau beschaffen gewesen sein mag, die so viel Macht über den alternden Cäsar besaß, daß er, einer der größten Feldherren aller Zeiten, ihretwegen eine strategische Sinnlosigkeit beging, ihr mitten im römischen Bürgerkrieg beinahe ein ganzes Jahr opferte und sie als Geliebte mit nach Rom nahm. Noch bestechender ist ihre Rolle im Leben des Antonius, dieses zügellosen römischen Feldherrn, der sie zur »Königin der Könige« in Asien erhob, mit dem vereint sie gegen Rom zu Felde zog, und den sie sich gefügig machte, fast wie die Königin Omphale seinen Ahnen Herakles, von dem abzustammen er sich rühmte. Das tragische Ende beider Persönlichkeiten nach so viel Größe und Ruhm wirkt um so erschütternder. Kleopatra gebar Cäsar auch dessen einzigen Sohn, Cäsarion, der zeigte, daß das Los, von großen und berühmten Eltern abzustammen, nicht immer Glück bringt, da er im Alter von siebzehn Jahren von Gajus Octavius, dem späteren Kaiser Augustus, ermordet wurde. Octavius, der Adoptivsohn Cäsars, vermeinte offenbar, seinem Vater gegenüber pietätvoll zu handeln, wenn er den echten Nachkommen, dessen Mutter allerdings keine Römerin gewesen, tötete. Auch von Antonius hatte Kleopatra drei Kinder. Höchstwahrscheinlich war sie auch dessen legitime, und zwar die fünfte Gemahlin. All das machte sie für ihre Zeit ebenso wie für die späteren Jahrhunderte noch interessanter.

    Nur einer ungewöhnlichen Frau konnte ein so glanzvolles Dasein beschieden sein. Jedes Leben wird ja Ausdruck der Persönlichkeit, die es erlebt. Deshalb ist auch das Urteil der Welt, die aus solchen Erscheinungen auf das Wesen Kleopatras schließt, instinktiv unbedingt richtig. Man sah - darin hat sich die Gesellschaft Roms, Athens oder Alexandriens gegenüber der der heutigen Hauptstädte nicht geändert - in jedem Mann, der sich ihr näherte, ihren Geliebten. Da man ihre Genialität nicht anzweifeln konnte, suchte man wenigstens ihren Ruf zu vernichten. Verdächtigungen sind immer das Gebiet gewesen, auf dem die kleinsten Geister das Größte leisteten. Ihre Feinde brachten es sogar fertig, König Herodes, den Großen von Judäa, den sie mit den raffiniertesten Mitteln zu verderben trachtete, für ihren Liebhaber zu erklären.

    Diese Lügen festzustellen, heißt nicht ihre Moral verteidigen, was einfach lächerlich wäre. Ihr Leben erklärt sich selbst: aus ihrem Genie, aus der ganzen sittlichen Auffassung der Antike, aus ihrer Abstammung von der Familie der Ptolemäer und ihrer besonderen politischen Lage.

    Zu ihrem Ruhm trugen nicht nur Cäsar und Antonius, sondern auch sehr gegen den eigenen Willen ihre Feinde bei. Sie fand unter den Männern der Literatur nicht immer so große Bewunderer wie Shakespeare. Cicero, der sie in Rom einige Male sah, spricht schon mit Haß von ihr - freilich erst nach dem Tode Cäsars. Sie verletzte vermutlich seine Eitelkeit, das schlimmste Verbrechen, das man ihm gegenüber begehen konnte. Die Zeit ihrer Verbindung mit Antonius hat Cicero nicht mehr erlebt, da er im Bürgerkrieg zuvor als Geächteter ermordet wurde. Das ist für uns auch deshalb tief bedauerlich, weil wir sonst zahllose Einzelheiten über diese Affäre wüßten. Der Einfluß der Kleopatra auf Antonius bestätigte ja all das erdenklich Schlechte, das Cicero längst in Schriften und Reden von ihm verkündete. Da hätte er sich auf sie als Zeugin berufen können. Aber wegen ihres Kampfes gegen Rom würde auch Cicero sie als Todfeindin betrachtet haben. Die römischen Schriftsteller haben sie mehr oder minder nur unter diesem Gesichtspunkt gesehen. Dabei beurteilen sie - wie Adolf Stahr, den sie auch noch in unserer Zeit bezauberte, nachwies - die Dichter ihrer eigenen Zeit, Virgil und Horaz, nachsichtiger als die bereits unter dem Prinzipat des Augustus heranwachsenden Ovid und Properz. Auch für den Verfasser der »Pharsalia«, Lucan, der um die Mitte des ersten Jahrhunderts n. Chr. lebte, ist sie eine unheilvolle, sittenlose Frau, bis endlich Plinius sie offen die »Dirnenkönigin« nennt. Die Literaten wollten eben im Anwachsen ihres Hasses gegen diese schlimmste Gegnerin Roms Schritt halten mit dem Anwachsen des römischen Imperiums.

    Die Dichter nahmen sich auch später ihr gegenüber viele Freiheiten heraus. Bernard Shaw hat aus seiner Auffassung, daß auch Shakespeare in »Julius Cäsar« Menschen seiner eigenen Zeit schilderte, das Recht für sich abgeleitet, aus allen Römern seines Stückes »Cäsar und Kleopatra« Engländer zu machen. Seine junge Königin ist nicht die Tochter Ptolemäus’ XIII., sondern die geistige Tochter Shaws. Sie ist auch dementsprechend geraten. Der Dichter hat von der wirklichen Königin Kleopatra so wenig Notiz genommen, als sie von ihm nehmen konnte. Ob man den verdienstvollen Archäologen Weigall zu ihren Feinden oder Verehrern rechnen soll, ist eine Sache des subjektiven Urteils, denn Weigall macht aus ihr eine junge britische Dame der guten Gesellschaft, die sehr gefühlvoll ist und nur gelegentlich in tollen Anwandlungen ihre Geschwister umbringt. Damit erhält sie zwar im allgemeinen ein gutes Sittenzeugnis, wird aber auch gänzlich uninteressant.

    Der Haß der römischen Schriftsteller beweist, wie furchtbar sie Roms Stellung durch ihren Bund mit Antonius bedrohte. Nur vom Ausgang eines Feldzuges hing es ab, daß nicht Octavius, sondern Antonius und sie das Römische Reich oder ein anderes Reich, das an dessen Stelle getreten wäre, beherrschten. Anatol France sagt von ihr in einem wundervollen Essay: »Sie konnte nicht die Arme öffnen, ohne einen Krieg zu entfesseln.« Das ist der bezaubernde Gedanke eines großen Schriftstellers, dem nur der eine Mangel anhaftet, mit der Wahrheit nicht übereinzustimmen. Wenn sie die Arme für die Liebe öffnete, geschah es, um zugleich auch einen Thron zu gewinnen, sei es den eigenen, der ihr geraubt worden, oder den anderer Fürsten. Ihre Genialität gestattete es ihr, leidenschaftlich zu empfinden und doch politisch zu denken.

    Das vorliegende Buch stellt einen neuen Versuch dar, die Persönlichkeit dieser großen Frau zu erfassen. Der Leser möge sich nicht erschrecken lassen, wenn zuerst über Alexandrien, die Familie der Ptolemäer, über Rom und ihren Vater, Ptolemäus XIII., den flötenspielenden König gesprochen wird. So wie jeder von uns hing auch sie von ihrer Zeit, ihrer Umgebung ab und von Kräften, die vor ihr waren.

    Wovon immer in diesem Buch auch die Rede ist, es soll dazu beitragen, die Königin Kleopatra wahrhaft zu schildern.

    Es ist ein leichtfertiges, selbstherrliches und zugleich kindliches Verfahren, Menschen des Jahrhunderts, dem sie durch Geburt und Gesinnung angehören, zu berauben und sie in irgendein anderes zu versetzen. Wie lächerlich würden wir jemanden finden, der in seiner Schilderung Birnen auf Äpfelbäumen wachsen läßt. Wer aber den Menschen in eine andere Zeit als die seine verpflanzt, handelt ebenso. Nein, man versteht nichts von Menschen, wenn man nichts von ihrer Zeit versteht. Und wenn wir den Geist der Vergangenheit auch niemals bis ins letzte begreifen können, so vermögen wir doch sehr viel davon zu erfassen. Gegenüber den großen und kleinen Zweiflern muß man an dem Wert historischer Forschung und Erkenntnis unbedingt festhalten. Leben und Geschichte sind keine Gegensätze. Wer sehen kann, der wird auch in den Ereignissen der Gegenwart Geschichte erkennen, und er wird auch in der Geschichte sich immer dessen bewußt bleiben, daß auch sie einmal Leben, Gegenwart gewesen ist. Ganz ablehnen muß man aber jenen Skeptizismus gegenüber der Geschichte, der nur vorgeschützt ist, um entweder den Mangel notwendiger Kenntnisse oder die Unlust zu jedem ernsteren Studium zu verdecken.

    Je stärker, wahrhaftiger, lebensvoller, lebensnäher und eindringlicher ein Autor einen Menschen und die Zeitumstände darzustellen vermag, um so wertvoller wird seine Arbeit sein.

    Diesem Ideal, im Rahmen meiner Kräfte, nachgestrebt zu haben, ist das einzige Verdienst, das ich für mich in Anspruch nehme.

    Oskar von Wertheimer

    ERSTER TEIL

    1. Kapitel

    Die Weltstadt der Kleopatra

    Wir befinden uns im Jahre 61 des letzten vorchristlichen Jahrhunderts. Das Gebiet, dem unsere Aufmerksamkeit gilt, ist das großartigste der menschlichen Entwicklung: das Mittelmeer und die Länder, die an seiner Küste liegen.

    In jenem Teil der Erde entstanden die meisten schöpferischen Ereignisse der Geschichte. Unaufhaltsam breitete sich etwa seit der Mitte des dritten Jahrhunderts römische Oberherrschaft über das ganze Mittelmeergebiet aus. Mit dem Instinkt und dem Bewußtsein des erobernden Herrenvolkes eignet sich Rom, scheinbar planlos und doch mit zäher Konsequenz, Insel auf Insel, Küstenstrich auf Küstenstrich, Land auf Land in hartem Kampfe an. Die Erde scheint nur geschaffen, ihm untertan zu werden. Und wie dieses Volk erobern kann, versteht es auch zu warten, zurückzuweichen, wenn es not tut, in der Erkenntnis, daß ein Gebiet, in dem es sich einmal festsetzte, früher oder später doch sein Eigentum wird. In dem Zeitabschnitt, den wir betrachten, dehnt sich Roms Macht nach vorangegangenen Rückschlägen und trotz unaufhörlicher innerer Wirren wiederum weiter aus. Noch ist die Periode von Cäsars großer Wirksamkeit nicht gekommen. Doch des Pompejus Name ist bereits in aller Munde. Ihm verdankt es Rom, daß seine erschütterte Autorität im Osten wiederhergestellt und noch erhöht wurde. Zwölf Millionen Menschen sowie über 1500 Städte und Dörfer - so rühmt er sich selbst - unterwarf er der römischen Oberhoheit.

    Das Leben am Mittelmeer entstand in jener Zeit aus zwei Faktoren: aus Krieg und Handel. Griechische Kunst und Kultur, denen auch Rom huldigte und die sich als großartige Folge des Alexanderzuges in Ägypten, und - trotz des Vordringens östlicher Völker - bis weit hinein nach Asien behaupteten, verliehen dem Dasein höheren Schwung, mehr Freudigkeit und tieferen Sinn. Doch die großen, treibenden Kräfte blieben Eroberung und Gewinn. Die Schiffe, die das Mittelmeer durchfuhren, trugen daher in jener Zeit entweder Kaufleute und Waren oder Soldaten, wohl auch Männer in diplomatischer Mission, wissensdurstige Gelehrte, die die fremden Länder besuchten, und Künstler, die ein reicher Mann über das Meer rief, um sich ihr Talent nutzbar zu machen. Mit den Seereisen waren vielerlei Gefahren verbunden. Nicht nur Stürme konnten die Fahrzeuge heimsuchen, größere Gefahr drohte von Piraten, die hier auf Raub auszogen. Nachdem Pompejus im Jahre 67 in einem großen Krieg die Seeräuber geschlagen hatte, besserten sich die Verhältnisse. Doch vorher beherrschten die Räuber wie eine Großmacht Meer und Küste. Den Mittelpunkt ihrer Tätigkeit bildete Cilicien, die römische Provinz an der Südküste Kleinasiens. Von dort aus unternahmen sie ihre Raubzüge, fielen die Schiffe auf hoher See an, verheerten Inseln und Küstenstädte. Die inneren Kämpfe, die Italien heimsuchten, erleichterten ihre Ausbreitung. Viele Männer aus vornehmem Stand, die in den Bürgerkriegen ihr Vermögen verloren hatten oder geächtet wurden, traten in ihre Dienste.

    Ein regelmäßiger Schiffsverkehr wie in unseren Tagen bestand in jenen Zeiten nicht. Nur wenn irgendein wichtiger Anlaß vorlag, fuhr man über das Meer. Die Schiffe waren viel kleiner als sie heute sind. Wohl hören wir von einigen gewaltigen Fahrzeugen: dem siebenreihigen Ruderschiff des Königs Pyrrhus von Epirus, dem achtreihigen des Diadochen und späteren Königs Lysimachus, dem zehnreihigen Alexanders des Großen, ferner von einem fünfundzwanzigreihigen eines alexandrinischen Königs. Ja, ein anderer Herrscher in Alexandrien aus dem Geschlechte der Lagiden - dem auch Kleopatra angehörte - soll sogar ein Schiff mit 40 Reihen von Ruderern übereinander gebaut haben, das 4000 Sklaven vorwärtsbewegten. Auch von einem Schiff des Tyrannen Hiero von Syrakus wird berichtet, das mit einem Leuchtturm versehen war. Indes waren das nur vereinzelte Ausnahmen. Die Handelsschiffe waren besser gebaut als die Kriegsschiffe. Diese fürchteten den Sturm des Meeres mehr als den Sturm der Schlacht. Man baute auch viel rascher als heute. Scipio der Ältere schuf sich eine Flotte von 220 Schiffen in 45 Tagen. Da ist es zu begreifen, daß sie großen Stürmen nicht gewachsen waren. Im allgemeinen fuhren die Schiffe möglichst die Küste entlang oder von Insel zu Insel. Freilich nahmen sie, wenn sie ein Ziel rasch erreichen mußten, auch den direkten Weg über das Meer.

    In das wechselvolle Leben des Mittelmeeres, das von Asien und Europa ausströmt, greift in dieser Zeit von Süden her, von der ganzen ungeheuer langen Küste Afrikas, nur die Hauptstadt Ägyptens ein, Alexandrien, der Regierungssitz der Ptolemäer. Diese Stadt war die größte des Altertums. Sie vermittelte den Handel dreier Weltteile: Europas, Asiens und Afrikas. Jeder, der sie besuchen wollte, mochte er nun aus Athen oder Korinth, aus Ephesus oder Antiochia, ja selbst aus Rom kommen, war höchst begierig, sie kennenzulernen. Man erzählte überall Wunderdinge von ihrer Pracht und dem Treiben, das in ihr herrschte.

    Wenn, wie wir annehmen, ein Grieche eben im Jahre 61 v. Chr., da in Ägypten Ptolemäus XIII., der Vater der Kleopatra, herrscht, zu Schiff nach Alexandrien fährt, so erblickt er, lange ehe er die Stadt selbst sieht, den Leuchtturm von Pharus, eines der sieben Weltwunder des Altertums. Nähert er sich vom Meere her in der Nacht der Stadt, dann grüßt ihn dessen Leuchtfeuer schon aus einer Entfernung von über 50 Kilometern. So hoch ist der Turm - etwa 400 Fuß - und so sehr versteht man es, durch technische Mittel den Lichtkegel zu verstärken. Er bildet das Wahrzeichen der wirtschaftlichen und politischen Macht Alexandriens sowie ihrer Gründung durch Alexander den Großen. Doch er besitzt auch praktischen Wert. Während nämlich die Küsten und Inseln des Mittelmeeres in Griechenland, Sizilien, Kreta, Cypern, Syrien durch Gebirge gekennzeichnet sind, ist die Küste bei Alexandrien ganz flach, so daß sich Schiffe kaum bei Tage, geschweige denn in der Nacht zurechtfinden können. Auch gibt es dort zahlreiche Riffe und Untiefen. Der Leuchtturm zeigt von fern den Weg zum Hafen und zur Stadt. Nähert sich ihm das Fahrzeug, dann kann der interessierte Beobachter sehen, daß er drei Stockwerke hoch und aus weißem Marmor erbaut ist. Er liegt, da man vom Westen in den großen Hafen fährt, zu seiner rechten Hand. Das Bild, das sich dem Reisenden linker Hand bietet, während das Schiff in den Hafen gleitet, ist überwältigend.

    Diejenigen, die Alexandrien priesen und vom ersten großartigen Eindruck der Stadt begeistert erzählten, haben wirklich nicht übertrieben! Palast reiht sich an Palast, schimmernd in blendend weißem Marmor, umgeben von herrlichen Säulenhallen, geschmückt mit kunstvollen farbigen Statuen und Reliefs. Wenn der Fremde sich dann bei einem der Schiffsleute oder bei einem Mitreisenden, der die Stadt bereits kennt, nach den wichtigsten und großartigsten Bauten erkundigt, dann nennt dieser sie ihm: Hier zur Linken, auf der vorspringenden Spitze des Landes, der Halbinsel Lochias, die den Hafen nach Westen abgrenzt, steht zunächst ein Tempel der mächtigen Göttin Isis. Stadteinwärts führt eine lange Reihe prächtiger, königlicher Bauten, einer immer prunkvoller und großartiger als der andere. Jeder der ptolemäischen Herrscher schuf sich nämlich seinen eigenen Palast. Diese sind alle eingebettet in die herrlichsten Gärten, so daß man ebenso die Pracht der Gebäude wie der Anlagen bewundern muß. Am Ende der Landzunge ist ein abgeschlossener kleiner Hafen, den nur die Schiffe des Königs benutzen dürfen. Auch darüber hinaus bis tief in die Stadt hinein erstreckt sich die zusammenhängende Kette der königlichen Gebäude.

    Dort auf einem Hügel, doch ziemlich dicht am Ufer, steht ein Theater, das dem Dionysos, dem göttlichen Stammvater der Ptolemäer, geweiht ist, der das griechische Leben beherrscht wie kein zweiter Gott. Nun folgt der Marktplatz, wimmelnd von Menschen, ebenso wie die Kais am Ufer. Die kleine, ihm vorgelagerte Insel heißt Anti-Rhodus, so genannt als Herausforderung gegen die wirkliche Insel Rhodus. Jenes gewaltige, hochaufstrebende Gebäude ist die weltberühmte Bibliothek, die mehrere Hunderttausende von Buchrollen beherbergt - die größte der Welt. Daneben steht das Museum, die Stätte der alexandrinischen Schule. Und noch weiter dann ein Tempel des Poseidon. Über alle diese Paläste, Tempel und profanen Gebäude erhebt sich überragend, mitten aus der Stadt, das Heiligtum des Gottes Pan, des ewig verliebten, lüsternen Dämons des Waldes, des Beschützers der Ziegenherden, der zum Symbol der friedlichen Natur geworden ist. Vorne aber am Kai folgen Docks und Warenlager bis zu einem breiten Damm, der den Namen Heptastadion trägt, weil er sieben Stadien lang ist. Er führt mitten durch den Hafen und verbindet die Stadt mit der Insel Pharus. Eine Wasserleitung ist in ihn eingebaut, die den Bewohnern der Insel das Wasser des Nils bringt.

    Inzwischen hat sich das Schiff dem Kai vollends genähert, um anzulegen. Das Wasser ist so tief, daß auch die größten Fahrzeuge bequem bis dicht an das Land heranfahren können. Brausendes Leben und Treiben erfüllt den Hafen. Zählt diese Stadt doch 300000 freie Bürger, und mit Soldaten und Sklaven dürfte sie wahrscheinlich eine Million Einwohner haben. In ihr konzentriert sich die ganze Ausfuhr Ägyptens nach dem Mittelmeer. Hierher kommen auch die Produkte aus dem Innern Afrikas, die Arabiens, Indiens und sogar auch Chinas: kostbare Gegenstände, Elfenbein, Spezereien, seltene Früchte, Edelsteine, Lebensmittel, Weine.

    In Alexandrien, das über den Nil durch Kanäle mit dem Roten Meer und den an seiner Westküste liegenden Städten, wie Arsinoe und Berenike, verbunden ist, strömen auch die Angehörigen aller Nationen zusammen. Besonders wird das im Hafen deutlich, wo sich das gewöhnliche Volk aufhält, das von der mannigfaltigsten Arbeit lebt, die der gewaltige Schiffsverkehr bietet. Da sind in erster Reihe Ägypter, dann Griechen, Juden, Armenier, Perser, Araber, Syrier, Nubier, die alle irgendeinen Handel treiben, irgendeine Beschäftigung ausüben. Man sieht sogar Troglodyten, die an der Küste des Arabischen Meerbusens leben, und Chinesen; dazwischen Söldner, auch aus aller Herren Länder stammend, Griechen, Römer, Illyrier, Thraker, Bithynier. Es ist ein Völkergemisch, das nicht seinesgleichen hat. Und wie in allen Hafenstädten treiben sich hier auch zahlreiche Dirnen aller Abstufungen herum, begierig, den Männern Geld abzunehmen und sie dafür die Freuden der Aphrodite zu lehren.

    Durch diese schreiende, gestikulierende, arbeitende, aufgeregte Menge bahnt sich der Ankömmling seinen Weg. Zeigt ihm jemand die Stadt, so führt er ihn gewiß zuerst zu der breiten Straße, die vom Norden nach Süden ganz Alexandrien durchschneidet, ebenso wie eine andere sie in der Richtung Ost-West durchkreuzt. (Der Erfinder dieses Systems der geraden Straßen, die im rechten Winkel von anderen geschnitten werden, ist Hippodamus, ein Philosoph und Architekt, ein Zeitgenosse des großen Perikles. Aus seiner Schule stammt dann der Mann, der den Plan für Alexandrien entwarf, Dinokrates.)

    Welch ein anderes Schauspiel bietet sich hier als in Rom, dessen Straßen meistens winklig, krumm und ungepflastert sind. In Alexandrien können Wagen und Reiter überall verkehren. Fast alle Straßen sind gepflastert, die beiden großen Straßen gegen 30 Meter breit. Der Geschichtsschreiber Diodorus, der Alexandrien zwischen 67 und 50 v. Chr. besuchte, und der griechische Geograph Strabo, der es in der Zeit des Augustus sah, rühmen es als die schönste und volkreichste Stadt. Und noch später schrieb ein römischer Schriftsteller darüber: »Sobald ich das Tor der Sonne (das Osttor) durchschritten hatte, blieb ich plötzlich stehen, wie betäubt vom Anblick dieser herrlichen Stadt. Niemals haben meine Augen einen ähnlichen Genuß empfangen.«

    Auch in der Nord-Süd-Straße, die zum Binnenhafen Alexandriens führt, begegnet man dem gleichen Völkergemenge wie im Hafen, nur mischen sich bereits vornehmere Leute darunter. Vereinzelt sieht man Makedonen im Reitermantel, dem Chlamys, viele Griechen, wie in der Heimat mit Chiton und Himation bekleidet, die Frauen mit in schöne Falten gelegtem, buntem Unterkleid, unter der Brust oder dicht über den Hüften gegürtet, und Römer in Tunika und Toga. Nur die Sklaven tragen bloß das einfache weiße Hemd, den Chiton. Hier wie anderwärts in der Stadt bieten Köche der armen Bevölkerung warme Speisen, meist Linsen, feil. Zu beiden Seiten der Straße reihen sich Paläste, Amtsgebäude, Tempel, Bildsäulen griechischer und ägyptischer Götter in bunter Reihenfolge aneinander. Dazwischen liegen Gärten voll der schönsten Blumen. Neben den öffentlichen Gebäuden tauchen jetzt auch häufiger Wohnhäuser auf. Sie sind in griechischer oder ägyptischer Stilart gebaut.

    Der wandernde Fremdling ist zur Kreuzung der beiden großen Straßen gelangt, die von einem prächtigen Torbau geschmückt wird. An diesem Punkt sind Verkehr und Gedränge ganz besonders stark. Unentschlossen überlegt der Grieche, wohin er sich wenden soll. Er biegt schließlich nach Westen. In jene Straße, die die Stadt in west-östlicher Richtung durchkreuzt. Sie wird die »Breite« oder auch die »Laufbahn« genannt. Sie ist 30 Stadien lang, ganz von Kolonnaden gesäumt und zu beiden Seiten geschmückt von den herrlichsten Palästen, vornehmen Privathäusern und anderen schönen Gebäuden. Von hier aus kann der Fremde auch am besten das Paneum betrachten. Es steht auf einem künstlichen Hügel. Ein Serpentinenweg führt zu ihm empor. Seinen Namen trägt es von einer Grotte, die dem Pan geweiht ist. Von dort oben bietet sich ein wundervoller Anblick auf die ganze Stadt. Im Weiterschreiten gelangt der Grieche zum Sema, dem Grabmal Alexanders des Großen und der Ptolemäerkönige. Doch läßt er den Besuch dieser auch ihm heiligen Stätte für später, betrachtet mit größtem Interesse das Gymnasium, das ein Stadium lang und von einer Säulenhalle umschlossen ist. Wie in allen Gymnasien Griechenlands dürfen auch hier nur griechische Jünglinge an den körperlichen Übungen wie an der geistigen Bildung und dem Studium der Musik teilnehmen. Daher hat sich an dieser Stätte hellenischer Geist und hellenisches Lebensgefühl am längsten erhalten. Die Epheben, die Jünglinge, die etwa das 18. Jahr erreicht haben, betreiben hier nackt die gymnastischen Übungen, aber auch die Gelehrten, die Künstler finden sich ein, erfreuen sich an den schönen Jünglingsgestalten und erörtern mit ihnen wissenschaftliche Fragen. Standbilder der Götter, besonders des Eros, des Herakles und des Hermes, schmücken die Säulengänge. So wird die harmonische Ausbildung von Körper und Seele verwirklicht. In demselben großen Garten wie das Gymnasium befindet sich auch das höchste Gericht des Reiches.

    Allmählich gerät nun der Fremde in einen ganz anderen Stadtteil, nach Rhakotis, der eigentlichen ägyptischen Altstadt. Rhakotis hieß das kleine ägyptische Dorf, das hier stand, bevor Alexander die neue Stadt gründete, und anfangs nannte man die neue Niederlassung auch mit beiden Namen: Alexandria-Rhakotis. Es war ein armseliges Dorf, keineswegs wie Alexandrien bestimmt, den Austausch der Güter dreier Weltteile zu vermitteln, sondern im Gegenteil: Wächter und Hirten, die dort und in der Umgebung lebten, sollten unwillkommene Ankömmlinge abwehren. Die Bevölkerung ist hier auch jetzt noch fast durchweg ägyptisch. Daher überwiegt auch der rein ägyptische Stil der Bauten, die im Gegensatz zu den prächtigen erbärmlich und dürftig aussehen.

    Endlich gelangt der Wandernde nach Nekropolis, der Totenstadt, die sich hier, ebenso wie in Griechenland, an die eigentliche Stadt anschließt. Die Bewohner dieses Stadtteils leben größtenteils vom Einbalsamieren und Bestatten der Toten.

    Die Götter

    Nun strebt der Fremde nach Süden, zum Marea-See. Außerhalb der Stadtmauer fesselt seine Aufmerksamkeit vor allem der gewaltigste und prachtvollste Tempel der Stadt: das Serapeum, zu dem man 100 Stufen hinansteigen muß. In ihm wird dem Gott Serapis geopfert. Wie schwer ist es doch, denkt sich der Grieche, die ägyptische Religion zu verstehen. Um wieviel schwieriger wird das aber hier in Alexandrien, wo sich die komplizierten ägyptischen Vorstellungen von Göttern noch mit den hellenischen und römischen mischen. Auch haben die Griechen, seit sie Ägypten kennen, stets denjenigen ägyptischen Gottheiten, die irgendeine Ähnlichkeit mit den ihren aufwiesen, die Namen der betreffenden eigenen Götter beigelegt, so daß es oft unmöglich ist, zu entscheiden, ob es sich um eine griechische oder ägyptische Gottheit handelt. So mag eine Athene hier eine Göttin Nesth, ein als Apollo bezeichneter Gott Horus, der ägyptische Gott des aufgehenden Mondes, sein, eine Aphrodite die Isis, ein Zeus der Ammon, Helios der ägyptische Gott Ra. Aber im Laufe der Zeiten sind durch die Verbindungen beider Kulturen auch Mischformen, Götter ägyptisch-griechischen Charakters, entstanden.

    Hinzu kommt noch, daß die Ptolemäer in Ägypten gleich den Pharaonen als Götter verehrt werden. Manche von ihnen haben einen eigenen Kult und eigene Priester, oder ihr Kult ist verbunden mit dem Alexanders des Großen, anderer Ptolemäer oder selbst ägyptischer Götter. In Alexandrien gibt es einen gemeinsamen Kult der Isis, des Serapis und von Ptolemäer-Göttern. Ja, man betet sogar zugleich zu Zeus und ptolemäischen Gott-Königen. Diese Verbindung und Vermischung der griechischen und ägyptischen Religionen und ihrer Götter ist eines der charakteristischen Kennzeichen der kulturellen Verhältnisse, wie sie unter den Ptolemäern im größten Teil Ägyptens, besonders aber in Alexandrien herrschen.

    Dafür wird der Einfluß ägyptischer und anderer orientalischer Gottheiten in Griechenland und Rom ebenfalls immer stärker. Die wunderbare und beglückende Phantasie der Griechen, die sich schon zu Zeiten Homers alles in der Natur Wirkende, den Kampf, die Liebe, das Feuer, den Wind, das Echo, als persönliche Gottheit vorstellte, Wald und Feld mit ihren Gestalten, mit Nymphen, Satyrn, Silenen, Kentauren bevölkerte, war seit dem dritten Jahrhundert erlahmt, seit dem Erlöschen der Unabhängigkeit der Staaten, dem Auftreten verschiedener philosophischer Schulen, die erklärten, die Götter seien nur ehemalige mächtige Könige oder Allegorien, und seitdem sich griechische Kultur über große Teile Afrikas und Asiens erstreckte. So wurden die Seelen der Griechen zugänglich den Göttern des Orients. Aber das Freie, Bejahende, wundervoll Beschwingte des griechischen Götterglaubens kontrastiert noch immer seltsam mit den ägyptischen Göttern. Den ägyptischen Mythen und Sagen wohnte nichts Freudiges, Poetisches inne. Sie sind dunkel, vielgestaltig, manchmal tiefsinnig und stets rätselhaft. Daher können die beiden Religionen, so dicht nebeneinander sie bestehen, nie ganz zu eins verschmelzen.

    Auch Serapis ist ein Produkt der griechischen und ägyptischen Religion und ihrer Gottheiten. In ihm überwiegt indes das ägyptische Element. Serapis gilt den Griechen als Zeus oder Pluto, den Römern als Jupiter, den Persern als Sonnengott. Er ist zugleich ein Heilgott. Die Menge, die ständig das große Gebäude füllt, kommt herbei, den Gott zu verehren und zu gesunden. Auch Orakelsprüche empfängt dort die Schar der Gläubigen.

    Welcher Gegensatz zwischen dem Serapeum und dem in seiner Nähe liegenden Stadion, in dem die Kampfspiele stattfinden und das wiederum rein griechischen Charakter besitzt! Auch hier wird, wie in Griechenland, darum gekämpft, wer der Rascheste im Lauf ist, wer die Diskusscheibe, den Ger am weitesten werfen kann, oder Sieger im Ringen und im Faustkampf wird.

    Endlich ist der Binnenhafen Alexandriens am gewaltigen Marea-See erreicht. Damit tut sich eine neue Welt für den Griechen auf. Jetzt erst wendet er sein Antlitz wirklich Ägypten zu. Denn hier kommen die Schiffe vom Nil herunter, laden ihre Waren ab, wenn sie nicht durch den Kanal in den Eunostu-Hafen fahren. Bewegung und Leben sind hier noch verwirrender als selbst im großen Meerhafen. Denn Ägypten führt viel mehr Waren aus, als es einführt. Die Schiffe tragen als Frachten Getreide und Papyrusblätter, die zum größten Teil in Alexandrien verarbeitet werden, aber auch Öl, dann Gold, Silber und Edelsteine. Die kunstvollen Schmuckgegenstände, die in Alexandrien erzeugt werden, sind weit berühmt.

    Kunst und Kultur

    Erfüllt von Eindrücken wendet sich der Gast aus Griechenland nach dem Nordosten der Stadt, um neben Reichtum und Arbeit das dritte Element des alexandrinischen Lebens kennenzulernen, das der großen Menge wenig, aber dem Gebildeten am meisten gilt: das Museum und die Bibliothek. Ptolemäus I., der tatsächliche Schöpfer beider Institutionen, handelte im Sinne Alexanders des Großen und zumal in dem des Bücherfreundes Aristoteles, wenn er im neugegründeten Alexandrien für griechisches Geistesleben eine Heimat schuf. Ursprünglich war die Büchersammlung nur für die Herrscher selbst bestimmt und in einem Flügel des königlichen Palastes untergebracht. Doch stand sie bald auch den Gelehrten Alexandriens zur Verfügung. Das Museum ist eine Stätte wissenschaftlicher Bildung, die, Platos Beispiel folgend, dem Kult der Musen dient und unter deren Schutz steht. Aus dem Museum und der Bibliothek entstand die alexandrinische Schule, der die Nachwelt die Rettung vieler Werke der griechischen Literatur und eine neue Blüte des griechischen Geistes auf dem Gebiete der Wissenschaft verdankt.

    Die wichtigsten Räume im Museum sind eine Halle zum Sitzen, eine andere zum Herumwandern und gelehrtem Disputieren und ein großer Speisesaal. Ist der Grieche, dem wir auf seinem Wege folgen, ein gebildeter Mann, dann wird er über das Geistesleben seiner Heimat und in Ägypten von alters her und zur Zeit der Gründung der Bibliothek einige Kenntnisse besitzen. Dann wird er wissen, wie bedeutend der Unterschied zwischen den wissenschaftlichen Schulen in Griechenland und in Ägypten gewesen ist. In Ägypten galten zur Zeit der Pharaonen die Schulen von Theben, Memphis und Heliopolis als die berühmtesten. Dadurch, daß Priester den Unterricht erteilten, blieben Ausgangspunkte und Endziele der Wissenschaft religiös. So lehrte man vor allem die Religion, die Gesetze des Landes, die Pflichten der Moral, die Schrift, Grammatik, Historie, Geometrie, Agrikultur und Astronomie. Was in Griechenland später als das Wichtigste galt: Philosophie, Dialektik, Logik, Metaphysik, darüber fand man in Ägypten nichts.

    In Alexandrien standen die Gelehrten ganz im Dienste des Königs. Sie hatten jede Möglichkeit, sich ihren Studien zu widmen, doch als die Ptolemäer das Interesse für Kunst und Wissenschaft verloren, begann auch der Niedergang der alexandrinischen Schule. Die Verbindung von hellenischer und ägyptischer Gedankenwelt war nicht das bewußte Werk der Könige oder Gelehrten, sondern das Ergebnis einer natürlichen Entwicklung. Die ersten Ptolemäerkönige fühlten sich als Makedonier, als Hellenen, verachteten die Ägypter und betrachteten sie als Untertanen. Wenn sie das Museum und die Bibliothek gründeten, wenn sie aus allen Orten Griechenlands Gelehrte nach Alexandrien zogen und große Mittel für wissenschaftliche Zwecke zur Verfügung stellten, taten sie es ebenso, um den Glanz ihrer Hauptstadt und ihrer Herrschaft zu erhöhen wie aus innerer Überzeugung. Philosophie, Kunst und Wissenschaft nahmen einen hohen Platz in der griechischen Welt ein.

    Die alexandrinische Schule, zu der Männer wie Hegesias, Euklid, Theokrit, Eratosthenes, Heron gehörten, brachte keinen neuen Aufschwung der griechischen Philosophie. Darin vermochte sie Athen, ebenso wie in der Lehre der Beredsamkeit Rhodus, den Rang nicht streitig zu machen. Das ganze Leben in Alexandrien am Hof der Ptolemäer war nicht dazu geschaffen, neue philosophische Gedanken und Systeme zu ersinnen.

    Die Ptolemäer übten auf die geistigen Bestrebungen ihrer Hauptstadt einen doppelten Einfluß aus. Ihnen verdankte man überhaupt die Entwicklung eines so reichen kulturellen Lebens. Zugleich aber schädigten, ja vernichteten sie, was sie selbst geschaffen, durch ihre Politik wie durch ihre menschliche Entartung. Auch die größten Gelehrten konnten sich der Einwirkung der mächtigen Herrscher, an deren Hof sie lebten, deren Brot sie aßen, die im Lande als Götter verehrt wurden, nicht entziehen. Ob ein Ptolemäer sich mehr für die Künste oder mehr für die Wissenschaft interessierte, das spiegelt sich auch jeweils in der allgemeinen Richtung der alexandrinischen Schule wider. Und als die Könige schließlich im Taumel trivialer Freuden das Interesse an Kunst und Wissenschaft verloren, starb auch die Schule selbst.

    Aber das unsterbliche Verdienst dieser Herrscher besteht in ihrem Interesse an den Werken griechischer Kultur und Kunst und der Wissenschaft überhaupt. Auch andere Fürsten im ehemaligen Alexanderreich, besonders die von Pergamum, zeigten großes geistiges Interesse. Doch im herrlichen Pergamum gab es nur eine Bibliothek, die sich überdies mit der von Alexandrien nicht messen konnte, und kein Museum. Unter den ersten Herrschern durchsuchten die Hafenbehörden Alexandriens alle ankommenden Schiffe nach wertvollen Handschriften und konfiszierten sie für die Bibliothek. Daß die Könige anordneten, alle in Griechenland auffindbaren Dichtungen und wissenschaftlichen Werke zu sammeln, daß sie sich bemühten, Originalmanuskripte der großen Dichter zu erwerben, daß sie zahlreiche Kopisten anstellten, diese Werke wieder abzuschreiben, zeugt für ihr lebendiges Interesse an diesen Dingen. Die ersten Ptolemäer waren echte Bibliophilen. Auch die philologischen Arbeiten, die Durchsicht und Reinigung der Texte bilden einen großen Ruhmestitel der alexandrinischen Schule. In Pergamum dagegen beschäftigten sich die Philologen mehr mit dem Studium der Grammatik. Jetzt, da der Fremde Alexandrien besucht, ist das eigentliche Leben der Schule, des Museums bereits erloschen oder gleichsam gebannt in die Papyrusrollen der Bibliothek, die zusammen mit der anderen, der Tochterbibliothek im Serapeum, an 700000 zählen, also einen ungeheuren Schatz an Wissen bergen.

    Auf seinem weiteren Weg nach Osten zu muß der Grieche das jüdische Viertel der Stadt durchqueren - von fünf Stadtteilen werden zwei von Juden bewohnt - und gelangt so zum Osttor. Vor diesem liegt die Bahn für die Wettkämpfe mit Pferden und dann beginnt die Vorstadt Eleusis, eine Stätte verfeinerter, raffinierter Lustbarkeiten, wo man einen Vorgeschmack der Schwelgereien und Ausschweifungen erhält, die das Städtchen Kanopus bietet. Ein Kanal, der Eleusis mit Kanopus verbindet, das am westlichen Nilarm liegt, verläuft parallel zur Meeresküste. Kanopus, ungefähr 22 Kilometer von Alexandrien entfernt, trägt seinen Namen nach dem Steuermann des Menelaus. Auf dem Wege dorthin sieht der Fremde nichts von Arbeit, Handel und Kümmernis. Hier ist das Alexandrien der Genußsucht, des Nichtstuns, der Liebe, des Lasters. Der Kanal ist bedeckt mit Nachen und Lustgondeln, auf denen getanzt wird und in denen man sich schon ungeniert Zügellosigkeiten hingibt. Zu seinen beiden Seiten liegen die schönsten Landhäuser und Herbergen, die zu Lustbarkeiten einladen, bis man endlich in Kanopus all jene Ausschweifungen kennenlernt, wie sie hellenische Lebenskunst und Sinnlichkeit, verbunden mit ägyptischer Verderbtheit und orientalischem Raffinement, bieten können.

    Das ist Alexandrien, die Stadt voll von Bewegtheit, Gegensätzen und Leidenschaftlichkeit, der Sammelplatz verschiedenster Völker und Rassen, die miteinander, nebeneinander und untereinander ihr Leben führen, ein buntes Gemenge von Sitten, Gewohnheiten, Anschauungen, Religionen, in dem die einzelnen Völker sich nicht verlieren und wo dennoch durch die Mischehen, die stete Berührung miteinander, trotz alles Trennenden eine gemeinsame Lebensatmosphäre entsteht. Wer sich hier niederläßt, verfällt dem turbulenten, fortreißenden Strom und Einfluß der Stadt. Um Geld zu gewinnen, arbeitet jeder, selbst der Blinde und der Krüppel. In Rom ist der

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