Frieden: Themenzusammenfassung
Von Thom Delißen und Peaceway/wiki
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Über dieses E-Book
Thom Delißen
Thom Delißen Alter Holzgarten 1 85435 Erding Tel. 08122 18553 Mail: TDTextdesign@aol.com Jahrgang 63, geboren in Münster, aufgewachsen in Oberbayern. Der Autor verbrachte Jahre in Frankreich, Spanien, Italien, Portugal, Brasilien, Indien. Seine Kurzgeschichten und Lyrik versuchen das Rätsel nach dem Sinn und Sein zu hinterfragen, wollen auf die letzten Ziele – die Liebe und die Heiterkeit hinweisen. Verleger und Chefredakteur der Literaturzeitschrift „Schrieb“. Veröffentlichungen in Tageszeitungen, Literaturzeitschriften (Wienzeile, Maskenball, Bohnenstange, Brücke, Federwelt, Kult u.v.m.) Krimi-Magazinen, Anthologien. Mitautor Chronik Erding, Ex-Chefredakteur der regionalen Literaturzeitschrift „GedankenSprung“. Organisator der Initiative „Worte und Taten“. Mitglied der internationalen Autorengruppe „ProLyKu“. “Question Authority“ Kurzgeschichtensammlung von Thom Delißen/ Lyrik und Prosa erschienen im FV-Verlag/Lübeck Hörspiel „Rhéethron“ Die Sätze. (u.v.m) „The Vanderbilt Berlin Wall Project“ Brockmann „Mordsapfel“ Sieben-Verlag „Criminalis“ Pushmann „Wir bei C&C“ (Hrsg. Metro 2008) „Der Teddybär“ 2008 TD Textdesign „Plattform Carpe Diem“ (Burger) „Spurenwelt“ (Website Verlag) „100 % Worte für Brot“ (FV-Verlag) CD „Gedankengischt“ (TD Textdesign) CD „Do sei“ Bayerische Texte CD Textsammlung „Fetzen“ (TD Textdesign) „Die ganze Welt gesehen“ (FV-Verlag) „10 X 10“ Lyrikprojekt (Edition Thaleia) „Jeder Friedensgedanke ein Gedicht“ Edition Octopus, Geest-Verlag Literamus (Trier) “Ene Mene Mu (Spendenedition TD Textdesign) und andere. Zahlreiche Veröffentlichungen im Internet Streitschriften, Kurzgeschichten, Lyrik. „Das oberste Ziel eines jeden freiheits- und verantwortungsbewussten Menschen kann immer nur sein, Manipulation zu unterlaufen, Informationen zu beschaffen und zu veröffentlichen ...“ Pages: www.t delissen.de www.tdtextdesign.org www.schrieb.com
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Buchvorschau
Frieden - Thom Delißen
Frieden
Themenzusammenfassung
Peaceway/Wiki
1. Auflage 06/2016
Verlag TD Textdesign
Inhalt
01. Frieden
02. Krieg
03. Aristoteles
04. Platon
05. Staat
06. Rechtsstaat
07. Gewaltmonopol
08. Staatsgewalt
09. Gewaltenteilung
10.Macht
11.Gewalt
12.Demokratie
13.Religion
14.Herrschaft
15.Freiheit
16.Moral
17.Ethik
18.Pazifismus
19.Friedensbewegung
20.Haager Friedenskonferenzen
21.Haager Landkriegsordnung
22.Genfer Konventionen
23.Soziale Bewegung
24.Friedensbund Deutscher Katholiken
25.Krefelder Appell
26.Göttinger Achtzehn
27.Raging Grannies
28.Frauenwiderstandscamp
29.Appeasement-Politik
30.Friedensdienst
31.Friedenspolitik
32.Sitzblockade
33.Casus Belli
34.Kriegsschuldfrage
35.Kriegsvölkerrecht
36.Charta der Vereinten Nationen
37.Gerechter Krieg
38.Kriegsverbrechen
39.Angriffskrieg
40.Friedensvertrag von Versailles
41.Organisationen für den Frieden
42. Karl Holl
43.Thomas Hobbes
44.Immanuel Kant
45.Max Weber
46.Richard Cobden
47.Henry Dunant
48.Alfred Hermann Fried
49.Jean Jaurès
50.Bertha von Suttner
51.Bertrand Russell
Frieden
Frieden (älterer Nominativ Friede, von althochdeutsch fridu „Schonung",
„Freundschaft") ist allgemein definiert als ein heilsamer Zustand der
Stille oder Ruhe, als die Abwesenheit von Störung oder Beunruhigung und
besonders von Krieg. Frieden ist das Ergebnis der Tugend der
„Friedfertigkeit" und damit verbundener Friedensbemühungen.
Frieden ist im heutigen Sprachgebrauch der allgemeine Zustand zwischen
Menschen, sozialen Gruppen oder Staaten, in dem bestehende Konflikte in
rechtlich festgelegten Normen ohne Gewalt ausgetragen werden. Der Begriff
bezeichnet einen Zustand in der Beziehung zwischen Völkern und Staaten, der
den Krieg zur Durchsetzung von Politik ausschließt.
In der Sprache deutschsprachiger Juristen ist von Frieden auch im
Zusammenhang mit innenpolitischen Auseinandersetzungen (Straftatbestand des
Landfriedensbruchs), mit dem Arbeitsleben (Störung des Betriebsfriedens als
Kategorie des Betriebsverfassungsgesetzes) und mit dem Schutz des
Privateigentums (Straftatbestand des Hausfriedensbruchs) die Rede. Zur
Kennzeichnung von Grundstücken, die gegen Hausfriedensbrüche geschützt
werden sollen, werden diese oft eingefriedet.
In der Sprache der Psychologie und der Theologie gibt es den Begriff
Seelenfrieden (vgl. den englischen Begriff „peace of mind" oder „inner
peace"); diesen sollen Lebende anstreben und Verstorbene auf dem Friedhof
bzw. im Jenseits finden.
Friedensbegriffe
Standardsprache
In der deutschen Standardsprache hat das Wort Friede drei Hauptbedeutungen:
Es bezeichnet einmal einen „Zustand des inner- oder zwischenstaatlichen
Zusammenlebens in Ruhe und Sicherheit", zum anderen einen „Zustand der
Eintracht und Ruhe", außerdem in der christlichen Religion „die
Geborgenheit in Gott" ¹
Negativer Begriff
Häufig wird mit dem Begriff Frieden die Abwesenheit von Gewalt oder Krieg
gemeint. In diesem Sinne wird Frieden zwischen und innerhalb von
Nationalstaaten, Religionen und Bevölkerungsgruppen als Ziel vieler
Personen und Organisationen, besonders der Vereinten Nationen verstanden.
Freiwilliger oder erzwungener Friede
Frieden kann freiwillig sein, wenn potentielle Streitparteien sich
entschließen, auf Störung des Friedens zu verzichten, oder er kann
erzwungen sein, indem durch Sanktionen, die im Völkerrecht vorgesehen sind,
oder innerstaatliches Recht diejenigen niedergehalten werden, die
andernfalls eine solche Störung verursachen würden.
Positiver/negativer Frieden
In der wissenschaftlichen Diskussion unterscheidet man zwischen dem oben
genannten engen Friedensbegriff(„negativer Frieden"), der die Abwesenheit
von Konflikten beinhaltet, und einem weiter gefassten Friedensbegriff
(„positiver Frieden"). Letzterer umfasst neben dem Fehlen kriegerischer
Gewalt, bei Johan Galtung direkte Gewalt genannt, auch das Fehlen
kultureller und struktureller Gewalt. Nach dieser Definition bedeutet
Frieden also zusätzlich das Fehlen einer „auf Gewalt basierenden Kultur",
sowie das Fehlen repressiver oder ausbeuterischer Strukturen. Ein
struktureller Frieden wäre die konkrete Utopie eines sozialen
Zusammenlebens in Harmonie und ohne Statuskämpfe und „Reibungsverluste".
Frieden wird hier positiv definiert als „die Fähigkeit […], Konflikte mit
Empathie (= der Bereitschaft und Fähigkeit, sich in die Einstellung und
Mentalität anderer Menschen einzufühlen), mit Gewaltlosigkeit und mit
Kreativität oder spielerisch zu klären und zu lösen." Dies erfordert neben
kommunikativer Friedensarbeit das Erkennen der Bedeutung von
„Rechtskommunikation" und eine intensivere Beschäftigung mit den Ursachen
streitlegenden Verhaltens, das mit „Machtkommunikation" Streiteskalationen
provoziert und begünstigt. Ein Beispiel für ein „Friedensdorf" ist Neve
Schalom / Wahat as-Salam.
Der Friedensgedanke in der Geschichte
Prähistorisches China
Die Anfänge der bis heute überlieferten chinesischen Geistesgeschichte
reichen bis ins 3. Jahrtausend v. Chr. zurück und sind dem taoistischen
Klassiker „I Ging – Das Buch der Wandlungen" zu entnehmen. Darin wird eine
strukturell dualistische Naturphilosophie zugrunde gelegt, in welcher alle
Erscheinungen aus den sich immer wieder wandelnden Beziehungen zwischen den
beiden Urprinzipien „Yin" (auch das Empfangende, Weibliche, die Erde), und
„Yang" (auch das Schöpferische, Männliche, der Himmel) zu verstehen sind.
Der Begriff „Frieden" wird in diesem System symbolisch dargestellt durch
die Anordnung: Yang unten, Yin oben. Das Empfangende, dessen Bewegung sich
nach unten senkt, ist oben; das Schöpferische, dessen Bewegung nach oben
steigt, ist unten. Ihre Einflüsse begegnen daher einander und sind in
Harmonie, so dass alle Wesen blühen und gedeihen. Das Zeichen deutet in der
Natur auf eine Zeit, da sozusagen der Himmel auf Erden ist. Der Himmel hat
sich unter die Erde gestellt. So vereinigen sich ihre Kräfte in inniger
Harmonie. Dadurch entsteht Friede und Segen für alle Wesen. Dieser
Kraftstrom muss vom Herrscher der Menschen geregelt werden. Das geschieht
durch Einteilung. So wird die unterschiedslose Zeit entsprechend der Folge
ihrer Erscheinungen vom Menschen in Jahreszeiten eingeteilt und der
allumgebende Raum durch menschliche Festsetzungen in Himmelsrichtungen
unterschieden. Auf diese Weise wird die Natur mit ihrer überwältigenden
Fülle der Erscheinungen beschränkt und gebändigt. Auf der andern Seite muss
die Natur in ihren Hervorbringungen gefördert werden. Das geschieht, wenn
man die Erzeugnisse der richtigen Zeit und dem richtigen Ort anpasst.
Dadurch wird der natürliche Ertrag gesteigert. Diese bändigende und
fördernde Tätigkeit der Natur gegenüber ist die Arbeit an der Natur, die
dem Menschen zugutekommt. In der Menschenwelt ist es eine Zeit
gesellschaftlicher Eintracht. Die Hohen neigen sich zu den Niedrigen herab,
und die Niedrigen und Geringen sind den Hohen freundlich gesinnt, so dass
alle Fehde ein Ende hat. Wenn die Guten in der Gesellschaft in zentraler
Stellung sind und die Herrschaft in Händen haben, so kommen auch die
Schlechten unter ihren Einfluss und bessern sich. Wenn im Menschen der vom
Himmel kommende Geist herrscht, so kommt auch die Sinnlichkeit unter seinen
Einfluss und findet so den ihr gebührenden Platz. Himmel und Erde stehen im
Verkehr und vereinigen ihre Wirkungen. Das gibt eine allgemeine –
tendenziell allerdings vorübergehende – Zeit des Blühens und Gedeihens.²
Europäische Antike
Ursprünglich scheint der Friede nirgends als Normalzustand angesehen worden
zu sein. Er musste „gestiftet" werden (vergleiche den germanischen
Rechtsbegriff der „Einfriedung").
In der griechischen Antike bezeichnete der Begriff „eirene" (ειρήνη) bis
ins 5. Jahrhundert v. Chr. einen statischen Zustand von Ordnung, Wohlstand
und Ruhe. Die Göttin Eirene als personifizierter Friede wurde mit dem
Füllhorn, dem Symbol des Reichtums dargestellt. Der Krieg galt als
Normalzustand in den Beziehungen zwischen den griechischen Poleis.
Entsprechend wurden Friedenszeiten meist mit Begriffen wie „spondai"
(σπονδαι), „synthekai (συνθῆκαι) oder „dialysis polemon
(διάλυσις
πολέμων) umschrieben, die in etwa die Bedeutung von „Waffenstillstand"
hatten. Erst gegen Ende des Peloponnesischen Krieges wurde „eirene"
zunehmend im heutigen Sinne des Worts „Friede" gebraucht. Auch
Friedensverträge wurden jetzt als „eirene" bezeichnet. Beides ist ein
Hinweis darauf, dass sich nach Jahrzehnten des Krieges die Einsicht
durchsetzte, dass der Friede der anstrebenswerte Normalzustand sei. In der
ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts v. Chr. kam die Idee des Allgemeinen
Friedens, der „koiné eiréne" (κοινή ειρήνη), auf, die eine dauerhafte
Friedensordnung auf der Basis von Autonomie und Gleichberechtigung der
griechischen Staaten vertraglich begründen sollte. Es erwies sich aber,
dass eine solche Ordnung letztlich nur durch eine starke Hegemonialmacht
garantiert werden konnte.
Die Römer benutzten als Friedensbegriff die lateinische Bezeichnung „pax"
(aus pangere einen Vertrag schließen). Man unterschied dabei den
häuslichen, familiären Frieden, den zwischenstaatlichen Frieden, sowie den
religiösen Frieden mit den Göttern. Nur der Friede auf allen drei Ebenen
konnte ein ausgewogenes Leben garantieren. Zum Leitbild eines ausgreifenden
Friedens wurde die Pax Romana bzw. Pax Augusta der römischen Kaiserzeit.
Judentum
Im Judentum hat der hebräische Begriff Schalom in der Bibel (dem Tanach)
die Bedeutungen „Unversehrtheit, „wohlbehalten sein
, „sicher sein",
„Glück, „freundlich miteinander
, „im Frieden". Er wurde zu einem
zentralen Wort im Judentum und ist der gängigste Gruß unter Juden und im
heutigen Israel. Das Wort ist mit dem arabischen „Salam" auf das engste
verwandt.
Christentum
Liegt im Alten Testament (AT) des hebr. „schalom" v. a. das Moment des
Wohlbefindens, setzte sich das griech. „eiränä" als meistgebrauchte
Übersetzung von „Friede" durch mit dem hauptsächlichen Moment der Ruhe. Mit
Jesus Christus ist der im AT verheißene Friedensfürst (Jesaja 9,5)
erschienen, welcher die Feindschaft zwischen Gott und Mensch beendet, indem
Jesus Christus die Strafe für die Sünde, den Tod, stellvertretend auf sich
genommen hat. Dieser Friede kann für den Menschen Wirklichkeit werden,
welcher sich als Sünder weiß und Jesus Christus als seinen Retter und somit
persönlichen Friedensbringer annimmt. Erst dieser Friede mit Gott
ermöglicht auch den Frieden unter Menschen. Frieden kommt also nicht ohne
Zutun der Menschen über die ganze Menschheit (etwa zum Weihnachtsfest),
sondern er muss von Menschen gestiftet werden. Wenn Jesus wiederkommt, wird
er das Friedensreich aufrichten.
Im Neuen Testament nutzt Jesus Christus den Gruß Schalom, um seine Jünger
zu begrüßen, und gibt ihnen diesen Gruß auf die Reise mit. Die Tugend der
„Friedfertigkeit" im Sinne der Fähigkeit und Bereitschaft, Frieden zu
stiften, ist schon in den Seligpreisungen der Bergpredigt zu finden. Ein
Friedensgruß oder -kuss ist Bestandteil aller klassischen christlichen
Liturgien. Frieden hat für Christen die Bedeutung des „Schaloms" aus der
Bibel, das Wohlergehen an Leib, Seele und Geist. In der Bibel ist der
Friede auch eine Frucht des Heiligen Geistes, der von Gott auf die Menschen
herabkommt (Pfingsten).
Augustinus entwarf das heilsgeschichtliche Modell zweier parallel
existierender Reiche, eines göttlichen „civitas Dei" sowie eines irdischen
Staates, der „civitas terrena", welch Letzterer am Ende der Zeit zum ewigen
Frieden gelangen sollte. Für die Gegenwart übernahm er jedoch den antiken
Gedanken des gerechten Krieges. Im Mittelalter konkurrierte der Gedanke der
Fehde als Mittel der Rechtsdurchsetzung mit verschiedenen Friedensidealen:
dem Gottesfrieden, Landfrieden und Königsfrieden. Marsilius von Padua
entwickelte im defensor pacis die Notwendigkeit einer eigenständigen
politischen Friedensaufgabe. Mit dem Ewigen Landfrieden von 1495 wurde
unter Maximilian I. die Abschaffung des mittelalterlichen Fehderechts
verkündet.
Als einer der entschiedensten Verfechter gegen Krieg und für Frieden gilt
der Humanist Erasmus von Rotterdam, der 1517 dem Frieden mit seiner Schrift
Die Klage des Friedens eine „Stimme" gab und sich vor allem in der Adagia
3001 (Süß erscheint der Krieg den Unerfahrenen) vehement gegen den
Kriegs-Wahnsinn äußerte.
Islam
Wie in der semitischen Schwestersprache Hebräisch lässt sich die Bedeutung
des Wortes Frieden aus drei Radikalen herleiten. Die Radikalen Sin Lam Mim
(S, L, M) bilden den Wortstamm. salâm: Sicherheit, Unversehrtheit,
Ganzheit, Frieden (vgl. hebr. Schalom) Salima: sicher sein, heil sein,
vollständig sein, frei sein; bewahren, von Schaden fernhalten, unversehrt
übergeben, unterwerfen, zustimmen, grüßen; Frieden halten, (mit jem.),
Frieden schließen; verlassen, aufgeben, sich hingeben; sich miteinander
versöhnen, miteinander Frieden schließen
Der arabische Begriff Salām ist auch in die Umgangssprache als Gruß
eingegangen: as-salāmu ʿalaikum (dt. „Friede sei mit Euch").
Neuzeit
Der Gedanke des Friedens in der Neuzeit wurde maßgeblich durch den
Westfälischen Frieden von 1648 geprägt, der den Dreißigjährigen Krieg
beendete. Dabei prägte Hugo Grotius († 1645) als maßgebliche Voraussetzung
den Gedanken eines Völkerrechts innerhalb Europas, das die Anwendung von
Gewalt zwischen den verschiedenen Konfessionen ausschließen sollte. Die
rechtlichen und moralischen Prinzipien sollten prinzipielle und allgemein
respektierte Gültigkeit erlangen, ohne Rücksicht auf die jeweilige
Glaubensüberzeugung („Vom Recht des Krieges und des Friedens" 1625).
Thomas Hobbes forderte 1651 mit dem „Leviathan" innerstaatlich für alle
Bürger gleiches Recht. Der Staat brauche eine entsprechende Autorität, um
dieses Recht gegen Privilegien Mächtiger (zum Beispiel des Adels) und vor
der Gewalt von Fanatikern zu schützen. Die Grundlage dafür sah er in dem
menschlichen Streben nach Sicherheit, Selbsterhaltung und Unabhängigkeit
von fremder Willkür. Damit bereitete Hobbes dem neuzeitlichen Zentralstaat
ideologisch den Boden; die darin auch angelegten Gefahren staatlichen
Machtmissbrauchs zeigten sich dann am deutlichsten in den totalitären
Exzessen der faschistischen und kommunistischen Regime.
Im 18. Jahrhundert formulierte der Philosoph Immanuel Kant mit dem
kategorischen Imperativ
„Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst,
dass sie ein allgemeines Gesetz werde"
die Grundlage zu seiner Schrift „Zum ewigen Frieden" (1795), aus der sich
einmal der Völkerbund (1919) und schließlich die Vereinten Nationen (1947)
entwickeln sollte.
Nach marxistischer Auffassung könne nur die Arbeiterklasse die Ursachen des
Krieges beseitigen und eine Gesellschaftsordnung herbeiführen, „deren
internationales Prinzip der Friede sein wird, weil bei jeder Nation
dasselbe Prinzip herrscht – die Arbeit" (Marx/Engels-Gesamtausgabe, Bd. 17,
S. 7). Der Frieden sei somit eine notwendige Folge des gesellschaftlichen
Eigentums an den Produktionsmitteln und der damit einhergehenden
gesellschaftlichen Verhältnisse, während der Krieg ebenso gesetzmäßig der
Klassengesellschaft anhafte und von den herrschenden Klassen benutzt werde,
um ihre Macht zu festigen und auszubauen. In der Klassengesellschaft sei
daher der Frieden für den Marxisten lediglich eine Pause zwischen den
Kriegen, die – vor allem im Imperialismus – lediglich dazu diene, auf dem
Weg zur Weltherrschaft den nächsten Krieg nicht nur militärisch, sondern
auch moralisch und propagandistisch, politisch und wirtschaftlich
vorzubereiten.
Im Briand-Kellogg-Pakt 1928 kam es zu einer ersten völkerrechtlich
verbindlichen Ächtung des (Angriffs-) Krieges als Mittel internationaler
Politik. Hatte der Erste Weltkrieg mit vielfältiger intellektueller
Unterstützung noch als Reinigungs- und Veredelungsprojekt der Individuen
und Nationen propagandistisch unterfüttert werden können, so führte der
Zweite Weltkrieg – neben dem NS-Holocaust – mit der Entwicklung und
Erprobung der Atombombe (Hiroshima, Nagasaki) bereits die mögliche
Selbstvernichtung der Menschheit in einem Atomkrieg drastisch vor Augen.
Damit hat sich der Krieg als „Vater aller Dinge" (Heraklit) in der
Geschichte des 20. Jahrhunderts wohl endgültig als Verderber menschlicher
Gesittung und Lebensqualität erwiesen, was auch die fortdauernden
Auseinandersetzungen um den Einsatz von Atomwaffen bezeugen.
Die Friedensbewegung unserer Zeit beruht nicht allein auf religiösen
Quellen, sondern versammelt auch ökologisch und philosophisch motivierte
Atheisten unter dem Banner des Pazifismus und hinter dem Projekt:
„Schwerter zu Pflugscharen!"
Bertrand Russell (1872–1970), Philosoph, Mathematiker, agnostischer Autor
und Nobelpreisträger, griff 1962 durch Telegramme an John F. Kennedy,
Nikita Chruschtschow, den UN Generalsekretär U Thant und den britischen
Premier Harold Macmillan in die Kuba-Krise ein, in der die Welt am Rand
eines Atomkrieges stand. Chruschtschow schrieb Russell einen langen
Antwortbrief, der durch die Nachrichtenagentur TASS veröffentlicht wurde
und eigentlich an Kennedy und die westliche Welt gerichtet war. Und er
lenkte ein, wodurch ein Atomkrieg abgewendet wurde.
Zugleich entstand in der Zeit des Kalten Kriegs die Idee eines „atomaren
Friedens" als Ergebnis eines Gleichgewichts des Schreckens: Dieser Frieden
beruht auf einem extremen Widerspruch. Die absolute Waffe erhält ihn
aufrecht kraft der Antizipation ihres Schreckens. Zugleich aber bedeutet
die dieser Waffe implizite Allesvernichtung die absolute Negation von
Frieden. Der atomare Frieden besteht in der Einheit dieser Gegensätze, und
seine notwendige Bedingung ist die Aufrechterhaltung dieser äußerst
fragilen Einheit. Anders ausgedrückt, versagt die atomare
Selbstabschreckung, die diesen Frieden trägt, dann werden die Bedingungen
jeglichen Friedens zerstört. Die herbeigeführte Allesvernichtung schließt
eine Rückkehr zum Frieden absolut aus. Das ist die Neuheit dieser
spezifischen Form des Friedens. Der bisherige Zyklus Frieden – Krieg –
Frieden wird aufgehoben.³
Eine Möglichkeit, die Friedfertigkeit von Ländern und Regionen zu bestimmen
bietet seit dem Jahr 2008 eine besondere Form der Datenerhebung. Der
sogenannte Global Peace Index kombiniert diverse Indizes, beispielsweise
die Anzahl geführter Kriege im In- und Ausland, die Anzahl von Morden aber
auch die militärischen Fähigkeiten des jeweiligen Staates, und versucht so
die „Friedlichkeit" mit Blick auf einzelne Länder zu quantifizieren. Anhand
der nebenstehenden Grafik ist zu sehen, wie sich die erreichten Punktzahlen
der betrachteten Staaten im Zeitraum von 2008 bis 2014 verändert haben.
Ereignisse wie beispielsweise der Bürgerkrieg der letzten Jahre in Syrien,
spiegeln sich im Datenmaterial wider. Weiterhin ist Afghanistan mit
zurückgehendem Engagement der NATO-Einsatzkräfte sehr rasch in die letzten
zehn Ränge abgefallen. Der Global Peace Index ist somit eine Möglichkeit,
die Entwicklung des Friedens global zu betrachten.
Dimensionen des Friedens
Abwesenheit von Krieg zwischen Staaten
Frieden als Zustand des Nicht-Verwickelt-Seins in kriegerische
Auseinandersetzungen ist in der Geschichte der Staaten und Völker eher die
Ausnahme als die Regel. Die Idee des Weltfriedens gilt als Utopie. Dennoch
gibt es Staaten, die seit dem 19. Jahrhundert nicht mehr an Kriegen
teilgenommen haben.
Beispiele:
- Schweden (1815 – bis heute): Schweden ist bis zum heutigen Tag das Land
mit dem am längsten andauernden Frieden. Seit seiner Invasion Norwegens
zur Durchsetzung der Personalunion entsprechend dem Kieler Vertrag konnte
es den Frieden aufrechterhalten.
- Schweiz (1848 – bis heute): Durch Bestehen auf Neutralität hat sich die
Schweiz einen lang andauernden Frieden erhalten können.
Zur Erinnerung an den Beginn des Zweiten Weltkrieges am 1. September 1939
wird in der Bundesrepublik Deutschland seit 1966 auf Initiative des DGB der
Weltfriedenstag (auch Antikriegstag genannt) begangen; in der DDR gab es
diesen Tag bereits in den 1950er Jahren. Für die katholische Kirche
erklärte 1968 Papst Paul der VI den 1. Januar zum „Weltfriedenstag", die
Vereinten Nationen begehen seit 1981 am 21. September den Internationalen
Friedenstag (International Day of Peace).
Abwesenheit von Aufruhr, Fehden und Selbstjustiz in einem Land
Bereits in der heidnischen Zeit gab es unter germanischen Völkern und
Stämmen die Sitte des Thing(s)friedens. Der Thingfrieden gebot allen
Anwesenden, „aus Respekt vor den Göttern, den Geistern und den Ahnen",
während des Things keine Streitigkeiten offen auszutragen, sondern entweder
eine Entscheidung vom Thing zu erbitten oder aber den Streit bis nach dem
Thing ruhen zu lassen.⁴ Aus dem Thingfrieden entwickelte sich der
Marktfrieden von Märkten wie dem Send in Münster, einer Kirmes, die früher
aus Anlass des Tagens des Sendgerichts veranstaltet wurde.
Im christlichen Mittelalter gab es die Institutionen des Landfriedens, des
Gottesfriedens und des Königsfriedens. Im heutigen Straftatbestand des
Landfriedensbruchs (in Deutschland strafbar nach § 125 Strafgesetzbuch) ist
die Vorstellung eines Landfriedens, den es zu schützen gelte, lebendig
geblieben.
Gewaltmonopol des Staates
Der Frieden im Inneren eines Staates soll nach herrschender Lehre durch das
Gewaltmonopol des Staates geschützt werden. Dieser ist demnach berechtigt,
jeden durch Strafandrohung und Bestrafung an der Androhung und Anwendung
von Gewalt zu hindern. Nur in Fällen der Notwehr und der Nothilfe darf
Gewalt von jedem rechtmäßig ausgeübt werden.
Als legitim erscheint das Gewaltmonopol des Staates nur dann, wenn der
Staat ein Rechtsstaat ist, in dem es eine Gewaltenteilung gibt, in dem der
Verfassung gemäße Gesetze vom Volk selbst oder von einer gewählten
Volksvertretung beschlossen werden und in dem die Exekutive und die
Judikative an Recht und Gesetz gebunden sind. Zudem haben die Staatsorgane
ein Interesse daran, Akten der Selbstjustiz dadurch vorzubeugen, dass der
Rechtsfrieden im Land gewahrt bleibt.
In der Praxis ist es allerdings nicht möglich, Gewaltakte, die durch
Privatpersonen ausgeübt werden, sicher zu verhindern, selbst in
Gerichtssälen und Flugzeugen kann es sogar den Einsatz von Schusswaffen
durch Privatpersonen geben.⁵ ⁶
Recht zum Waffenbesitz, zum Waffentragen und zum Waffeneinsatz
Zur Aufrechterhaltung des Friedens in einem Land haben die meisten Staaten
Vorschriften erlassen, die den Besitz, das Mitsichführen und den Einsatz
von Waffen gesetzlich regeln.
In Deutschland benötigen Personen, die nicht der staatlichen Exekutive
angehören, in der Regel einen Waffenschein, wenn sie legal eine Schusswaffe
erwerben oder besitzen wollen. Auch für andere Waffen gibt es umfangreiche
rechtliche Regelungen (z. B. das Verbot des Mitbringens von Waffen aller
Art in Schulen), die verhindern sollen, dass durch den Einsatz von Waffen
die Wirkung des Einsatzes körperlicher Gewalt verstärkt wird.
Instrument der Friedensbürgschaft
In der Schweiz gibt es gemäß Art. 66 des Schweizerischen Strafgesetzbuches⁷
die Möglichkeit, einer Person, die mit der Begehung eines Vergehens oder
eines Verbrechens gedroht hat, auf Antrag des Bedrohten das Versprechen
abzunehmen, dass sie die Tat nicht ausführen wird, und sie dafür zur
Leistung angemessener Sicherheit anzuhalten. Dieses Versprechen wird in der
Schweiz Friedensbürgschaft genannt.
Gemeindefrieden
Auch in Städten und in politischen Gemeinden kann der Frieden
(Gemeindefrieden) gestört sein. Insbesondere gilt dies für Fälle, in denen
ein direkt gewählter Bürgermeister, dessen Amtszeit bis zu acht Jahren
dauern kann, sich auf eine Weise verhält, die viele seiner Wähler nicht
akzeptieren, indem er z. B.
- in der Gemeinde nicht seinen ersten Wohnsitz hat,
- in einer anderen Gemeinde für das Amt des Bürgermeisters kandidiert,
- sich zu stark überörtlich engagiert,
- häufig bei Vereinsfesten, Jubiläen und so weiter nicht anwesend ist,
- sich zu stark mit den Positionen einer Partei identifiziert und nur deren
Positionen umzusetzen bestrebt ist.⁸
Viele Kommunalverfassungen sehen deshalb die Möglichkeit einer vorzeitigen
Abwahl des Bürgermeisters vor.
Die Redakteure einiger Amtsblätter sind per Redaktionsstatut gehalten,
Beiträge, die einen „den Gemeindefrieden störenden Charakter haben", nicht
zu veröffentlichen. Dazu gehören persönliche Angriffe, Verunglimpfungen und
Beiträge, die gegen gültige Gesetze verstoßen.⁹ Betreiber kommunaler
Einrichtungen (etwa von Stadthallen) dürfen zur Wahrung des
Gemeindefriedens Buchungsanfragen ablehnen.¹⁰
Religionsfrieden, Kirchenfrieden und Frieden zwischen den Religionen
Religionsfrieden
Mit dem Begriff Religionsfrieden wird in aller Regel nicht der Zustand des
Friedens zwischen den Weltreligionen bezeichnet. Religionsfrieden ist
vielmehr ein Fachausdruck der Geschichtswissenschaft zur Bezeichnung
historischer Friedensschlüsse zwischen dem katholischen und dem
protestantischen Lager im ersten Jahrhundert nach der Reformation. Konkret
ist zumeist vom Nürnberger Religionsfrieden vom 23. Juli 1532 und vom
Augsburger Reichs- und Religionsfrieden vom 25. September 1555 die Rede. An
die Tradition des Augsburger Reichs- und Religionsfriedens knüpft das
Augsburger Hohe Friedensfest an, das seit 1650 am 8. August ausschließlich
in der Stadt Augsburg (im Rahmen eines Gesetzlichen Feiertages) begangen
wird.¹¹
Kirchenfrieden
Der Begriff Kirchenfrieden hat mehrere Bedeutungen. Er bezeichnet
- die Einigkeit der Glieder oder Lehrer einer Kirche in gottesdienstlichen
Angelegenheiten,¹²
- die öffentliche Sicherheit gottesdienstlicher Orte, Personen und Sachen
(dieser Friede war ein Friede des Ortes, der deshalb nicht bloß durch
Verletzung der Kirche und der zu ihr gehörenden Gegenstände selbst,
sondern auch durch einen Frevel an Personen verletzt wurde, welche sich
an der heiligen, Schutz verleihenden Stätte befanden; als räumliche
Grenze der befriedeten Stätte galt die Kirche, der Kirchhof und dazu noch
ein gefriedeter Umkreis von einer gewissen Anzahl, z. B. 30 oder 40
Schritt; je nach der Größe und Bedeutung der Kirche wurde ihr ein mehr
oder wenig hoher Friede beigelegt, der in der Höhe der Friedensstrafe
Ausdruck fand¹³ ) und
- eine päpstliche Regel, die vorschrieb, wann und wie von christlichen
Rittern gekämpft werden durfte.
Frieden zwischen den Religionen
Als Reaktion auf die Anschläge vom 11. September 2001 stellte der kritische
katholische Theologe Hans Küng die folgenden vier Thesen auf:
„Kein Frieden unter den Nationen ohne Frieden unter den Religionen. Kein
Frieden unter den Religionen ohne Dialog zwischen den Religionen. Kein
Dialog zwischen den Religionen ohne globale ethische Maßstäbe. Kein
Überleben unseres Globus ohne ein globales Ethos, ein Weltethos."¹⁴
Sozialer Frieden
Als sozialer Frieden werden heute überwiegend Verhältnisse bezeichnet, die
verhindern, dass es in einem Staat zu einem „Aufstand der Unterschicht"¹⁵
kommt, weil deren Angehörigen mehrheitlich das Ausmaß der
Verteilungsungerechtigkeit in dem betreffenden Staat für unerträglich
halten. Die Wahrung des „sozialen Friedens" ist eine Hauptaufgabe des
Sozialstaats. Stefan Dietrich bezweifelt allerdings, dass eine dauerhafte
„Alimentierung der Ausgemusterten" durch den Sozialstaat dem sozialen
Frieden diene.¹⁶
Albrecht von Lucke versteht „sozialen Frieden" als „soziale Integration,
Zufriedenheit in der Bevölkerung mit der Demokratie […], durch
Aufstiegsmöglichkeiten, mit der Möglichkeit, sich in der Gesellschaft zu
betätigen, sowohl als sozialer wie als politischer Akteur."¹⁷
Betriebsfrieden, Arbeitsfrieden
Die Abwesenheit von Arbeitskämpfen zwischen Sozialpartnern, insbesondere
von Streiks und Aussperrungen, wird als Betriebsfrieden bzw. (vor allem in
der Schweiz) als Arbeitsfrieden bezeichnet. Das Betriebsverfassungsgesetz
stellt in Deutschland Regeln auf, nach denen sich die Rechtmäßigkeit von
Arbeitskämpfen bemisst.
Zu den Verhaltensweisen, die als „Störungen des Betriebsfriedens" gelten,
sind auch die parteipolitische Betätigung von Beschäftigten oder
Unternehmern im Betrieb, Mobbing und andere Formen sozial unerwünschten
Verhaltens zu zählen.
Siehe auch: Rauchverbot#Wahrung des Betriebsfriedens
Eine „Störung des Betriebsfriedens" durch einen Arbeitnehmer führt als
„verhaltensbedingter Kündigungsgrund" regelmäßig zur Entlassung des
Störers.¹⁸
Schulfrieden
Der Begriff Schulfrieden hat drei verschiedene Bedeutungen:
- Erstens bezeichnet er die Abwesenheit von Gewalt und andauernden
gravierenden Konflikten in einer bestimmten Schule.
- Zweitens bezieht er sich auf einen Zustand in einem bestimmten Land, der
dadurch gekennzeichnet ist, dass der lang andauernde bildungspolitische
Streit über die angemessene Schulstruktur und angemessenen Unterricht in
den Schulen beigelegt ist.
- Drittens ist dann von Schulfrieden die Rede, wenn die Beziehung zwischen
dem Schulträger und den von Schule und Unterricht Betroffenen nicht
gestört ist.
Frieden in einer bestimmten Schule
Das Bundesverwaltungsgericht definiert den Schulfrieden als Zustand der
Konfliktfreiheit und -bewältigung, der einen ordnungsgemäßen Unterricht
ermöglicht, damit der staatliche Bildungs- und Erziehungsauftrag
verwirklicht werden kann.¹⁹
Als Störungen des Schulfriedens werden (auch von Gerichten) bewertet:
- Störungen der konstruktiven Zusammenarbeit aller am Schulleben
Beteiligten
- Gewaltanwendung und Mobbing²⁰
- die Berufung darauf, Vorschriften der eigenen Religion im Rahmen der
Religionsfreiheit in den Räumen der Schule während der Unterrichtszeit
befolgen zu dürfen (z. B. in der Form, dass Lehrerinnen darauf bestehen,
im Unterricht ein Kopftuch tragen zu dürfen, oder dass Schüler eigene
Räumlichkeiten zur Verrichtung ritueller Gebete fordern).²¹ ²² Ein
Einzelfall wurde vor dem Bundesverwaltungsgericht verhandelt²³ und am 30.
November 2011 entschieden. Das Bundesverwaltungsgericht:²⁴ Die
Verrichtung von Gebeten in der Schule findet ihre Schranke in der Wahrung
des Schulfriedens. Ein Schüler ist nicht berechtigt, während des Besuchs
der Schule außerhalb der Unterrichtszeit ein Gebet zu verrichten, wenn
dies konkret geeignet ist, den Schulfrieden zu stören. „Das
Bundesverwaltungsgericht hat … für den konkreten Fall des Klägers
entschieden, dass hier aufgrund der Verhältnisse an der von ihm besuchten
Schule die Verrichtung des Gebets auf dem Schulflur eine bereits ohnehin
bestehende Gefahr für den Schulfrieden erhöhen konnte. Damit ist ein
Zustand der Konfliktfreiheit und -bewältigung gemeint, der im Interesse
der Verwirklichung des staatlichen Bildungs- und Erziehungsauftrags den
ordnungsgemäßen Unterrichtsablauf ermöglicht. Der Schulfrieden kann
beeinträchtigt werden, wenn ein religiös motiviertes Verhalten eines
Schülers religiöse Konflikte in der Schule hervorruft oder verschärft."²⁵
- In Bayern begründete 2008 ein Schulamt die Versetzung einer Lehrkraft
damit, dass eine „nachweisliche und nachhaltige Störung des
Schulfriedens" vorliege, nachdem die Lehrerin an einer Grundschule einen
„zu hohen Anteil" der Schüler ihrer Klasse für den Besuch des Gymnasiums
empfohlen hatte.²⁶ ²⁷
Konsens zur Schulentwicklung im Staat
Ein Beispiel für einen Schulfrieden in der zweiten Bedeutung des Begriffs
stellt der im Dezember 2008 beschlossene „Konsens zur Schulentwicklung" in
Bremen dar. Die SPD, die Grünen, die CDU und die FDP in Bremen einigten
sich darauf, zehn Jahre lang keine Initiativen zu ergreifen, durch die die
im Jahr 2008 beschlossenen Maßnahmen zur Schulstrukturreform wesentlich
abgeändert werden sollen.²⁸ ²⁹
In Hamburg ist allerdings der Versuch der den schwarz-grünen Senat
tragenden Parteien, einen Schulfrieden durch Einbezug der SPD und der
Linken zu stiften,³⁰ durch ein erfolgreiches Referendum gescheitert, in dem
die Mehrheit der Abstimmenden gegen die Einführung einer sechsjährigen
Grundschule in Hamburg stimmte.³¹ Ob Politiker einen Schulfrieden ohne
Einbezug der betroffenen Bürger stiften können, ist daher strittig.
Bemühungen um einen Schulfrieden gibt es auch in Flächenländern.³² ³³
Konsens zur Schulentwicklung in einer Gemeinde, einem Kreis oder einem
Schulverband
Störungen des Schulfriedens können sich auch aus Beschlüssen der
Schulträger einer oder mehrerer Schulen in einer Region ergeben. Auslöser
von Konflikten ist oftmals der demografische Wandel in einem Gebiet, der
mit abnehmenden Schülerzahlen verbunden ist, oder verändertes Verhalten der
Eltern im Hinblick auf die Wahl weiterführender Schulen in solchen Ländern,
in denen der Elternwille über den Übergang eines Kindes in eine Schule des
Sekundarbereichs I ausschlaggebend ist. Dabei geht es einerseits um den
Bestandsschutz für vorhandene Schulen, andererseits aber auch um
Zusammenlegung von Schulen verschiedener Schulformen und die Gründung neuer
Schulen. Probleme ergeben sich bei sinkenden Schülerzahlen auch dadurch,
dass Schüler infolge von Schulschließungen oftmals weitere Schulwege
zurücklegen müssen. Ein Beispiel für einen Konflikt, der durch den
Schulträger ausgelöst wurde, ist der Streit um die Zuweisung von Schülern
im Rheingau-Taunus-Kreis in Hessen.³⁴
Hausfrieden, Frieden im Haus und häuslicher Frieden
Die Respektierung des Menschenrechts auf Unverletzlichkeit der Wohnung (in
Deutschland geschützt durch Art. 13 GG) wird auch Hausfrieden genannt. Die
Verletzung des Hausfriedens erfüllt den Straftatbestand des
Hausfriedensbruchs (in Deutschland strafbar nach § 123 Strafgesetzbuch).
Einen Hausfriedensbruch kann man nicht nur dadurch begehen, dass man in
private Wohnungen oder Wohnhäuser unbefugt eindringt, sondern auch durch
das unbefugte Betreten fremder Grundstücke und das Betreten öffentlich
zugänglicher Einrichtungen trotz eines Hausverbots oder dadurch, dass man
eine Einrichtung nicht verlässt, obwohl man dazu aufgefordert worden ist.
In einem übertragenen Wortsinn wird von einem „Hausfriedensbruch" auch dann
gesprochen, wenn Malware in einen Computer eindringt. Dieser Vorgang wird
oft als „digitaler Hausfriedensbruch" bezeichnet.³⁵ ³⁶
Eine weitere Bedeutung besitzt der Begriff Hausfrieden als Analogiebildung
zum Betriebsfrieden: Es zulässig, dass der Vermieter einem Mieter in einem
Mehrfamilien-Wohnhaus mit der Begründung dessen Wohnung kündigt, er störe
durch sein Fehlverhalten den Frieden im Haus.
Mit häuslicher Frieden wird das gedeihliche Zusammenleben in einem Haushalt
bezeichnet. Als solcher gilt unter Umständen auch eine Wohngemeinschaft.
Straftaten, die durch Mitglieder des Haushalts begangen werden, in dem das
Opfer der Straftat lebt, werden nicht durch besondere
Strafrechtsvorschriften verfolgt. Seitdem in Deutschland auch die
Vergewaltigung und die sexuelle Nötigung in der Ehe strafbar sind, sind im
Prinzip alle Vorschriften des Strafgesetzbuches auch auf Fälle häuslicher
Gewalt anwendbar. Eine Ausnahme bildet im deutschen Strafrecht § 247
Strafgesetzbuch (Haus- und Familiendiebstahl), dem zufolge um des
„häuslichen Friedens" willen der Diebstahl oder die Unterschlagung
desjenigen, der mit dem Opfer in häuslicher Gemeinschaft lebt, nur auf
Antrag verfolgt wird. Als „Hausfriedensbruch" im Sinne einer Störung des
häuslichen Friedens bewertete der „Spiegel" 1982 die Hausaufgaben für
Schüler, da sie eine ständige Quelle der Belästigung von Eltern (von denen
erwartet werde, dass sie ihren Kindern helfen) und des häuslichen
Unfriedens seien.³⁷ ³⁸
Familienfrieden
Eng mit dem häuslichen Frieden, dem Frieden im Haushalt bzw. in der Wohn-
und Lebensgemeinschaft, verwandt ist der Familienfrieden, der Frieden
zwischen Eheleuten bzw. Lebensgefährten und zwischen Verwandten. Der
Familienfrieden kann von innen, d. h. von Mitgliedern der betreffenden
Familie, aber auch von außen gestört werden. Insbesondere eine
Inanspruchnahme von Unterhaltspflichtigen durch Personen, die nicht ihrem
Haushalt angehören, oder durch den Staat wird oftmals von Beklagten und
deren Anwälten als „Störung des Familienfriedens", d. h. hier konkret als
finanzielle Untergrabung der aktuellen Lebensgemeinschaft bewertet.
Der Wunsch eines Sohnes oder einer Tochter, seine bzw. ihre Abstammung vom
Ehemann der Mutter überprüfen zu lassen, gilt laut einem Urteil des
Bundesverfassungsgerichts auch dann nicht mehr als unzulässige Störung des
Familienfriedens, wenn die Ehe noch besteht.³⁹ Allerdings stellte das
Oberlandesgericht Nürnberg fest, dass es im Interesse des Familienfriedens
geboten sein könne, nicht bereits einem kleinen Kind mitzuteilen, dass sein
sozialer Vater nicht sein leiblicher Vater sei.⁴⁰
Im Interesse des Familienfriedens duldet der deutsche Staat in Form eines
Verzichts auf Strafverfolgung die Züchtigung von Kindern durch deren
Erziehungsberechtigte, obwohl § 1631 Abs. 2 BGB bestimmt: „Kinder haben ein
Recht auf gewaltfreie Erziehung. Körperliche Bestrafungen, seelische
Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen sind unzulässig."⁴¹
Frieden zwischen den Geschlechtern
Bereits 1250 führte Birger Jarl in Schweden ein Gesetz über den
Frauenfrieden (schwedisch: kvinnofrid) ein, durch das Vergewaltigungen und
Frauenraub schwer bestraft wurden.
Seit dem 1. September 1999 gibt es in Schweden den Straftatbestand des
schweren Frauensfriedensbruchs.⁴² ⁴³ Die neue rechtliche Norm des
Frauenfriedensbruchs wurde entsprechend den Begriffen des Haus- und
Landfriedensbruchs gebildet. Sie wurde bei ihrer Einführung als
erforderlich gesehen, um z. B. die Strafverfolgung von anhaltender
häuslicher Gewalt zu erleichtern.⁴⁴ Demzufolge umschreibt der Rechtsbegriff
„grobe Verletzung der Integrität einer Frau, kurz „Frauenfriedensbruch
,
im schwedischen Strafrecht wiederholte Straftaten, die von Männern an
Frauen begangen werden, zu denen sie eine enge Beziehung haben. Die
einzelnen Taten würden, für sich allein genommen, möglicherweise nicht
verfolgt, insgesamt dagegen wiegen sie schwer genug für eine Bestrafung.⁴⁵
Weitere Dimensionen
- Burgfrieden
- Weihnachtsfrieden (Erster Weltkrieg)
- Weihnachtsfrieden (Öffentlicher Dienst)
- Weihnachtsfrieden (Skandinavien)
- Öffentlicher Friede
Symbole
- CND-Symbol
- Friedenstaube: Die Taube wird sehr häufig zur Darstellung des Friedens
gebraucht. Meist trägt sie einen Olivenzweig in ihrem Schnabel
- Olivenzweig/ -baum
- Regenbogenfahne mit Aufschrift PACE
- Friedensglocke als Mahnmal für den Frieden
- Friedenslicht
Verschiedene Bewertungen von Streit und Konflikt
Hans Grothe plädierte 2008 in der Zeitschrift Eltern für eine Erziehung zur
Friedfertigkeit: „Kinder müssen erleben bzw. vorgelebt bekommen, dass
Konflikte auch ohne Zorn und ohne Gewalt bewältigt werden können […]. Dazu
gehören Geduld und Selbstbeherrschung. Und wenn es erst einmal zur Routine
geworden ist, Konflikte am Familientisch gemeinsam zu lösen, denkt bald
keiner mehr an Streit und Wutausbrüche."⁴⁶ In diesem Beitrag werden
„Frieden" und Affekte wie Zorn als unvereinbare Gegensätze empfunden.
Im Jahr 1922 wehrte sich der „revolutionäre Pazifist" Kurt Hiller heftig
gegen das Ziel, Menschen zur Friedfertigkeit zu erziehen. Er vertrat die
Auffassung, ein Friedfertiger sei „ein friedlicher, sanftmütiger, durchaus
nachgiebiger, toleranter Mensch […], ein niemals opponierendes, sich
auflehnendes, aggressives, gar zornentbrantes, vielmehr vom Honig der
Eintracht und von allen Salben bedingungsloser Menschenliebe triefendes
Demutsgeschöpf, gekennzeichnet durch „Lammesgesinnung
und
„Betschwestertugend".⁴⁷
Auch im Kontext der Aktivitäten der deutschen Friedensbewegung wurde in den
1980er Jahren kritisiert, dass das Wortfeld „Frieden" im Deutschen viele
bedenkliche Konnotationen aufweise, die eher zur Resignation beitrügen als
dazu, den Prozess der Stiftung von Frieden zu befördern.⁴⁸
Bereits Martin Luther habe bei der deutschen Übersetzung der Bibel in den
Seligpreisungen der Bergpredigt nicht von Friedensstiftern, sondern von
Friedfertigen gesprochen,⁴⁹ einem Begriff, bei dem man laut Fritz
Pasierbsky weniger an Kämpfer für den Frieden als an Menschen denke, die
„in Frieden gelassen werden" wollen, also an Konfliktscheue.
Friedensstiftung setze aber (auch konfliktbehaftete) Tätigkeit und nicht
Untätigkeit („Ruhe") voraus. Es gehe nicht um Konfliktvermeidung, sondern
um gewaltfreie Konfliktaustragung.
An der Vorstellung, Frieden sei ein Synonym für „Ruhe", stört Kritiker vor
allem die Nähe zur Ruhe des Friedhofs. Die Vorstellung liege nahe, dass der
Mensch erst im Tode den Frieden finden könne, der ihm im Leben versagt
geblieben sei. Die Formel: „Ruhe in Frieden!" schaffe eine begriffliche
Nähe von Frieden und „Tod", während es in Wirklichkeit der Krieg sei, der
den Tod bringe, und der Frieden, der ein Weiterleben ermögliche. Aufgabe
der Friedensbewegung sei es, so Pasierbsky, die Konnotation zu beseitigen,
wonach Frieden Konfliktvermeidung impliziere und nur das Prinzip „Krieg"
für „Leben" stehe.
Die Ansicht, dass es kein Leben ohne Konflikte geben könne, wird durch
Philosophen wie Georg Wilhelm Friedrich Hegel bestätigt. Ihm zufolge seien
das Leben oder Veränderungen im Allgemeinen nur durch das Aushalten von
Widersprüchen, durch widerstreitende Momente möglich:
„[…] Etwas ist also lebendig, nur insofern es den Widerspruch in sich
enthält, und zwar diese Kraft ist, den Widerspruch in sich zu fassen und
auszuhalten. Wenn aber ein Existierendes nicht in seiner positiven
Bestimmung zugleich über seine negative überzugreifen vermag, so ist es
nicht die lebendige Einheit selbst, nicht Grund, sondern geht in dem
Widerspruch zugrunde."⁵⁰
Zu den negativen Konnotationen des Begriffs „Friedfertigkeit" ist
anzumerken, dass der Wortbestandteil „Fertigkeit" in dem Begriff auf das
Begriffspaar Fähigkeiten und Fertigkeiten verweist. Beide Begriffe werden
in der Kategorie Kompetenz vereinigt. Die Fertigkeit, den Frieden zu
sichern bzw. einen Frieden herbeizuführen, ist im Allgemeinen keineswegs
negativ konnotiert.
Literatur
Klassiker
- Jeremy Bentham: Grundsätze für Völkerrecht und Frieden, (1786/1789)
übers. K. v. Raumer in: K. v. Raumer 1953, S. 379–417.
- Émeric Crucé, Der Neue Kineas oder Abhandlung über die Gelegenheiten und
Mittel, einen allge meinen Frieden des Handels auf dem ganzen Erdkreise
zu begründen, Übertragung von „Thomas Willing Balch, Le Nouveau Cynée de
Émeric Crucé. Réimpression du texte original de 1623 avec introduction et
traduction anglaise, Philadelphia 1909" von Walther Neft in: K. v. Raumer
1953 S. 289–320.
- Johanna J. Danis: Krieg und durchkreuzter Frieden, Triangulierung der
Gegensätze, Edition Psychosymbolik, München 1996, ISBN 3-925350-70-5.
- Erasmus von Rotterdam: Die Klage des Friedens, der bei allen Völkern
verworfen und niedergeschlagen wurde (Querela Pacis undique gentium
ejectae profligataeque), 1517, erste Herausgabe von Georg Spalatin, erste
deutsche Ausgabe 1622.
- Sebastian Franck: Das Krieg Büchlin des frides. Ein krieg des frides,
wider alle lermen, aufrur und unsinnigkait zu kriegen, mit gründlicher
anzaigung, auß wichtigen eehafften ursachen, auß gründtlichen argumenten
der Hailigen Schrifft, alten Leeren, Concilien, Decreten, der Hayden
schrifft und vernunfft widerlegt, 1539 und 1. Nachdruck von Cyriacus
Jacob zum Bock, Frankfurt am Main 1550.
- Friedrich Gentz: Über den ewigen Frieden, in: Historisches Journal, S.
709–790, 1800.
- I Ging – Das Buch der Wandlungen. Hier verwendete Ausgabe 1974, Eugen
Diederichs Verlag Düsseldorf; Köln. ISBN 3-424-00061-2.
- Immanuel Kant: Zum ewigen Frieden. Ein philosophischer Entwurf. Verlag
Friedrich Nicolovius, Königsberg 1795 und als vermehrte Auflage ebenda,
Königsberg 1796.
- William Penn: Ein Essay zum gegenwärtigen und zukünftigen Frieden von
Europa durch Schaffung eines europäischen Reichstags, Parlaments oder
Staatenhauses, 1693 in: von Raumer 1953 S. 321–342.
- Jean-Jacques Rousseau: Auszug aus dem Plan des Ewigen Friedens des Herrn
Abbé de Saint-Pierre (1756 bis 1761) übers. v. Gertrud von Raumer in: K.
v. Raumer 1953, S. 343–368.
- Kurt von Raumer: Ewiger Friede. Friedensrufe und Friedenpläne seit der
Renaissance. Karl Alber Verlag, Freiburg 1953.
- Carl Friedrich von Weizsäcker: Bedingungen des Friedens. Göttingen 1964
Neuere Darstellungen
- Andrea Cagan: Frieden ist möglich. Prem Rawat – Sein Leben, sein Weg.
Albatros, Wien 2007, ISBN 978-3-85219-031-0.
- Wolfgang Dietrich, Josefina Echavarría Alvarez, Norbert Koppensteiner
(Hrsg.): Schlüsseltexte der Friedensforschung, Lit, Münster / Wien 2006,
ISBN 3-8258-9731-1 (Lit, Münster) / ISBN 3-7000-0502-4 (Lit, Wien).
- Wolfgang Dietrich: Variationen über die vielen Frieden. Schriften des
UNESCO Chair for Peace Studies der Universität Innsbruck.
+ Band 1: Deutungen, VS-Verlag, Wiesbaden 2008, ISBN 978-3-531-16253-9.
+ Band 2: Elicitive Konflikttransformation und die transrationale Wende
der Friedenspolitik. VS-Verlag, Wiesbaden 2008, ISBN 978-3-531-18123-3.
- Johan Galtung u. a.: Neue Wege zum Frieden. Konflikte aus 45 Jahren:
Diagnose, Prognose, Therapie. Bund für Soziale Verteidigung 2003, ISBN
3-00-011703-2.
- Hans-Werner Gensichen: Weltreligionen und Weltfrieden. Göttingen 1985
- Alfred Hirsch, Pascal Delhom (Hrsg.): Denkwege des Friedens. Aporien und
Perspektiven. Alber, Freiburg / München 2007, ISBN 978-3-495-48204-9.
- Karlheinz Koppe: Der vergessene Frieden. Friedensvorstellungen von der
Antike bis zur Gegenwart. Opladen 2001. ISBN 3-8100-3099-6.
- Norbert Koppensteiner: The Art of the Transpersonal Self; Transformation
as Aesthetic and Energetic Practice. ATROPOS New York/Dresden 2009.
- Samrat Schmiem Kumar: Bhakti – the yoga of love. Trans-rational
approaches tp Peace Studies; (= Masters of Peace/1) Lit, Münster, Wien;
2010
- Terry Nardin: The Ethics of War and Peace: Religious and Secular
Perspectives. The Ethikon Series in Comparative Ethics, Princeton
University Press 1996.
- Terry Nardin: The Philosophy of War and Peace. in: Routledge Encyclopedia
of Philosophy. 9 (1998), S. 684–691.
Nachschlagewerke
- Wolfgang Dietrich, Josefina Echavarría Alvarez, Gustavo Esteva, Daniela
Ingruber, Norbert Koppensteiner (Hrsg.): The Palgrave International
Handbook of Peace Studies. A Cultural Perspective. London, Palgrave
MacMillan, 2011
- Nigel Young (Hrsg.): The Oxford International Encyclopedia of Peace.
Oxford University Press, 2010
Weblinks
Wiktionary: Frieden – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme,
Übersetzungen
Wikiquote: Frieden – Zitate
Commons: Frieden – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
Wikisource: Frieden – Quellen und Volltexte
- Online-Bibliographie Theologie und Frieden des IThF – Die
Online-Bibliographie Theologie und Frieden des Instituts für Theologie
und Frieden (IThF), Hamburg, enthält ca. 148.000 durch detaillierte
Deskriptoren sacherschlossene Titel. Berücksichtigung findet dabei für
friedensethische Forschung relevante Literatur aus einzelnen Disziplinen
der Theologie und anderen Wissenschaften
- Manifest für eine Welt des Friedens, der Liebe und des Glücks (aus der
Wikiversity)
- Arbeitsgemeinschaft für Friedens- und Konfliktforschung (AFK)
- Zentrum für Friedensforschung und Friedenspädagogik an der
Alpen-Adria-Universität Klagenfurt
- Manifest gegen die Wehrpflicht und das Militärsystem (dreisprachig)
- Deutscher Friedensrat e. V.
Einzelnachweise
[1] Duden | Friede, Frieden | Rechtschreibung, Bedeutung, Definition,
Synonyme, Herkunft. In: www.duden.de. Abgerufen am 27. März 2016.
[2] Ein Teil dieses Textes wurde direkt vom antiken Kommentar aus dem I
Ging – Das Buch der Wandlungen übernommen. In der verwendeten Ausgabe
(siehe Literatur) pp. 62-63
[3] Wolfgang Scheler: Der atomar bewaffnete Frieden als eine Form des
Militarismus. Dresdner Studiengemeinschaft Sicherheitspolitik (DSS).
Atomwaffen und Menschheitszukunft. Beiträge zum 13. Dresdner Symposium
„Für eine globale Friedensordnung". 15. November 2008, S. 35
[4] Liberpaganum: Stichwort Thingfrieden
[5] Martin Kotynek: Gewalt im Gerichtssaal. Die Justiz rüstet auf. In:
Süddeutsche Zeitung. 13. November 2009
[6] Pistole in Flugzeug mitgenommen. Sicherheitspanne am Frankfurter
Flughafen. Rheinische Post. 6. September 2003
[7] Art. 66 Schweizerisches Strafgesetzbuch
[8] Timm Kern: Warum werden Bürgermeister abgewählt? Eine Studie aus
Baden-Württemberg. Kohlhammer. 2008. S. 357
[9] Amtsblatt der Großen Kreisstadt Leinfelden-Echterdingen.
Redaktionsstatut. Abschnitt 1: Grundverständnis (Memento vom 4. Juli 2014
im Internet Archive) (PDF-Datei; 89 kB)
[10] Gemeinde Birenbach: Benutzungsordnung für die Gemeindehalle Birenbach
§ 1 Abs. 4 Satz 2 (PDF-Datei; 60 kB)
[11] Stadt Augsburg: Frieden und Religionen (Memento vom 21. September 2014
im Internet Archive)
[12] Johann Christoph Adelung: Grammatisch-kritisches Wörterbuch der
Hochdeutschen Mundart. Leipzig. 1793
[13] Ernst Götzinger: Reallexicon der Deutschen Altertümer. Leipzig. 1885
[14] Hans Küng: Kein Frieden ohne Frieden der Religionen. Über die Rolle
der Religionen nach den Anschlägen in den USA vom 11. September. Reader's
Digest. 11/2001, S. 12 ff.
[15] Inge Kloepfer: Aufstand der Unterschicht – was auf uns zukommt.
Hoffmann und Campe, Hamburg 2008, ISBN 3-455-50052-8
[16] Stefan Dietrich: Gefangen im Sozialstaat. Frankfurter Allgemeine
Zeitung. 19. Oktober 2006
[17] Nico Nissen: Der soziale Frieden in Deutschland ist gefährdet.
Albrecht von Lucke über bedenkliche Entwicklungen im postdemokratischen
Zeitalter. heise.de. 18. Dezember 2009
[18] Stichwort: Betriebsfrieden. www.kuendigung.de (Memento vom 3. Juni
2010 im Webarchiv archive.is)
[19] BVerwG Urteil vom 30. November 2011 – 6 C 20.10
[20] Schulrecht: Gewalt gegen Mitschüler rechtfertigt sofortigen
Schulausschluss
[21] Juraforum: Urteile von Verwaltungsgerichten zum Thema „Schulfrieden"
[22] OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 27. Mai 2010, Az. OVG 3 B 29.09,
Volltext.
[23] Tagesspiegel: Streit um Religionsfreiheit Zitat: "Schulen sind, anders
als viele mutmaßen, auch nach Auffassung der OVG-Richter keine
religionsfreien Räume. Die Einschränkung sei allerdings gerechtfertigt,
weil einer „durchaus konkreten Gefahr" für den Schulfrieden zu begegnen
sei." Die Revision wurde zurückgewiesen; Yunus M. kann noch vor das
Bundesverfassungsgericht ziehen und dort das Urteil anfechten.
[24] BVerwG, Urteil vom 30. November 2011, Az. 6 C 20.10, Volltext
[25] Pressemitteilung Nr. 106/2011 des BVerwG (Memento vom 22. Juli 2012 im
Webarchiv archive.is)
[26] Christian Bleher: Störerin des Schulfriedens: Kritische bayerische
Lehrkraft versetzt. taz. 4. August 2008
[27] Strafversetzt wegen guter Noten: Grundschul-Rebellin erhält
Courage-Preis, spiegel.de vom 4. Juni 2009
[28] Eckhard Stengel: Bremen schließt Schulfrieden. Der Tagesspiegel. 5.
Januar 2009
[29] CDU Bremen: Bremer Konsens zur Schulentwicklung. 19. Dezember 2008
(Memento vom 16. Januar 2014 im Internet Archive)
[30] Kaija Kutter: Hamburger Schulreform – Parteien schließen Schulfrieden.
taz. 23. Februar 2010
[31] Albrecht-Thaer-Gymnasium: Volksentscheid erfolgreich! 18. Juli 2010
(Memento vom 15. April 2010 im Internet Archive)
[32] Klaus Wallbaum: GEW schlägt „Schulfrieden" vor. Hannoversche
Allgemeine Zeitung. 25. März 2010
[33] Theo Schumacher: Bildungsgipfel: Rot-Grün in NRW sucht den
Schulfrieden. Westdeutsche Allgemeine Zeitung. 22. September 2010
[34] Oliver Bock: Rheingau-Taunus-Kreis: Kein Schulfrieden im Idsteiner
Land. Frankfurter Allgemeine Zeitung. 13. Juni 2009
[35] Thomas Feil: Ausspähen von Daten gemäß § 202a StGB / Digitaler
Einbruch – bis zu drei Jahre Haft. ChannelPartner (IDG Business Media
GmbH). 19. November 2009
[36] Bernd Behr: Gesetzesinitiative gegen „digitalen Hausfriedensbruch".
heise online. 12. M#rz 2016
[37] Hausaufgaben sind Hausfriedensbruch. Der Spiegel, Ausgabe 12/1982. 22.
März 1982, S. 56–73
[38] Klaus-Jürgen Tillmann: Lernförderung oder „Hausfriedensbruch"?
Hausaufgaben aus Elternsicht. In: Schüler 2015: FamilienLeben. Velber.
Friedrich-Verlag 2015, S. 118ff.
[39] BVerfGE 79, 256 – Kenntnis der eigenen Abstammung. Urteil vom 31.
Januar 1989
[40] Vaterschaftsfeststellung, Blutentnahme der Mutter. OLG Nürnberg. 3.
Januar 1996
[41] Manfred Heinrich: Elterliche Züchtigung und Strafrecht. In:
Zeitschrift für Internationale Strafrechtsdogmatik (ZIS). Ausgabe 5/2011.
S. 437
[42] Elke Wittich: Friede den Frauen! Vergewaltigung in Schweden. jungle
world. 3. September 2003
[43] Das schwedische Modell Frauenfrieden (Memento vom 16. Januar 2014 im
Internet Archive) (PDF-Datei; 3,7 MB) von Sonja Plessl (als Print:
Zwischenwelt. Zeitschrift der Theodor Kramer Gesellschaft, 2011). Das
Gesetz lautet: Wer sich gegen Vergütung eine zufällige sexuelle Beziehung
beschafft, wird – wenn die Tat nicht mit einer Strafe nach dem
Strafgesetzbuch belegt ist – für den Kauf sexueller Dienste zu einer
Geldstrafe oder zu einer Gefängnisstrafe von im Höchstfall 6 Monaten
verurteilt. Auch der Versuch ist strafbar.
[44] Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Auszug aus
der Untersuchung „Auswirkungen des Prostitutionsgesetzes".
Abschlussbericht. Fußnote 526 (PDF-Datei; 459 kB)
[45] Von Österreich lernen. Die Zeit, 1. April 2004
[46] Wie Erziehung zur Friedfertigkeit gelingen kann. Die Thesen des
Experten Hans Grothe in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift ELTERN. 20.
Februar 2008
[47] Wolfram Beyer: Was ist eigentlich Pazifismus? Zur Klärung eines
politischen Begriffs (Memento vom 29. Juni 2013 im Webarchiv archive.is).
Deutsche Friedensgesellschaft / Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen
(DFG-VK), 4. Februar 2011
[48] Fritz Pasierbsky: Krieg und Frieden in der Sprache. Eine
sprachwissenschaftliche Textanalyse. S. Fischer. Frankfurt am Main 1983,
S. 11–27. ISBN 3-596-26409-X
[49] Matthäus 5,9. Lutherbibel. 1912
[50] G. W. F. Hegel: Wissenschaft der Logik – Die Lehre vom Wesen. (1813)
S. 61, Meiner Verlag, 2. Auflage
Krieg
Krieg ist ein organisierter und unter Einsatz erheblicher Mittel mit Waffen
und Gewalt ausgetragener Konflikt,¹ ² an dem oft mehrere planmäßig
vorgehende Kollektive beteiligt sind. Ziel der beteiligten Kollektive ist
es, ihre Interessen durchzusetzen. Der Konflikt soll durch Kampf und
Erreichen einer Überlegenheit gelöst werden. Die dazu stattfindenden
Gewalthandlungen greifen gezielt die körperliche Unversehrtheit
gegnerischer Individuen an und führen so zu Tod und Verletzung. Neben
Schäden an am Krieg aktiv Beteiligten entstehen auch immer Schäden, die
meist eher unbeabsichtigt sind. Sie werden heute euphemistisch als
Kollateralschäden bzw. Begleitschäden bezeichnet. Krieg schadet auch der
Infrastruktur und den Lebensgrundlagen der Kollektive. Eine einheitlich
akzeptierte Definition des Krieges und seiner Abgrenzung zu anderen Formen
bewaffneter Konflikte existiert nicht.³
Kriegsformen sind vielfältig und nicht unbedingt an Staaten oder
Staatssysteme gebunden: Sie können auch innerhalb von Staaten stattfinden,
etwa als Bürgerkrieg, Unabhängigkeitskrieg oder bewaffneter Konflikt, und
zum Weltkrieg oder zum Völkermord führen. Trotz intensiver Diskussionen
konnte keine einheitliche völkerrechtliche Definition gefunden werden, die
den Begriff des Krieges eingrenzend beschreibt. Die
Genfer-Fünf-Mächte-Vereinbarung vom 12. Dezember 1932 ersetzte deswegen den
unspezifischen Ausdruck „Krieg" durch den eindeutigen der „Anwendung
bewaffneter Gewalt" (Artikel III). Die Charta der Vereinten Nationen verbot
schließlich die Anwendung von oder Drohung mit Gewalt in internationalen
Beziehungen grundsätzlich (Artikel 2, Ziffer 4) und erlaubte sie nur als
vom Sicherheitsrat beschlossene Sanktionsmaßnahme (Artikel 42) oder als Akt
der Selbstverteidigung (Artikel 51).
In der historisch belegten Menschheitsgeschichte haben knapp 14.400 Kriege
stattgefunden, denen ungefähr 3,5 Milliarden Menschen zum Opfer gefallen
sind. Da bisher schätzungsweise 100 Milliarden Menschen gelebt haben,
musste somit jeder dreißigste Erdenbürger sein Leben durch kriegerische
Handlungen lassen.⁴
Begriff
Das Wort „Krieg" (von althochdeutsch chreg > mittelhochdeutsch kriec
bedeutet ursprünglich „Hartnäckigkeit, „Anstrengung
, „Streit, „Kampf
,
„Bewaffnete Auseinandersetzung".⁵ ) In diesem etymologischen Umkreis
angesiedelt sind auch mittelniederdeutsch krich und mittelniederländisch
crijch. Eine akademische Rekonstruktion führt neuhochdeutsch „Krieg" auf
die indogermanische Wurzel *gwrei- zurück. Diese hat ihre Entsprechung in
griechisch brímē mit der Bedeutung „Gewalt, Wucht, Ungestüm" und hýbris mit
der Bedeutung „Überheblichkeit, Gewalttätigkeit".
In einem weiteren sprachgeschichtlichen Zusammenhang wird auch das
neuhochdeutsche Wort „Kraft" hier eingeordnet, das möglicherweise aus der
gleichen indogermanischen Wurzel entstanden ist.⁶ Die große Bandbreite der
Bedeutungen spiegeln das altfriesische halskrīga mit der Bedeutung
„Halssteifheit" sowie die vermutlich in Verbindung stehenden Begriffe
altirisch bríg mit der Bedeutung „Kraft, Macht" und lettisch grînums für
„Härte, Strenge" wider.⁷ Der Kollektivsingular, der alle Kriege subsumiert,
entstand um 1800. Ältere Enzyklopädien behandeln unter „Krieg" einzelne
Kriege oder spezifische Fragen der Kriegsführung.⁸ Ein veraltetes Wort für
Krieg ist Orlog (noch heute niederländisch und afrikaans: oorlog).
Das Verbum „jemanden bekriegen heißt einerseits „gegen ihn Krieg führen
,
andererseits hat das Grundwort kriegen die Bedeutung „etwas bekommen,
erhalten, „jemanden erwischen
⁹ : Beide Bedeutungen sind geeignet,
Herkunft und Charakter dieser kollektiven Gewaltanwendung anzuzeigen. Auch
wo andere Kriegsanlässe im Vordergrund stehen, fehlt selten ein
ökonomischer Hintergrund.
Während individuelles oder kollektives Rauben und absichtliches Töten von
Menschen heute generell als Verbrechen gilt und in einem Rechtsstaat
strafbar ist, wird „Krieg" nicht als gewöhnliche Kriminalität betrachtet,
sondern als bewaffnete Auseinandersetzung zwischen Kollektiven, die sich
dazu legitimiert sehen. Damit hebt ein Krieg die zivilisatorische
Gewaltbegrenzung auf eine Exekutive, wie sie der Rechtsstaat als Regelfall
voraussetzt, partiell oder ganz auf: Es stehen sich bewaffnete Armeen
gegenüber, die ganze Völker oder Volksgruppen repräsentieren. Diese sind
damit Kriegspartei.
Kriegsparteien beurteilen ihre eigene Kriegsbeteiligung immer als notwendig
und gerechtfertigt. Ihre organisierte Kollektivgewalt bedarf also einer
Legitimation. Krieg als Staatsaktion erfordert daher ein Kriegsrecht im
Innern eines Staates sowie ein Kriegsvölkerrecht zur Regelung
zwischenstaatlicher Beziehungen. Dieses unterscheidet vor allem Angriffs-
von Verteidigungskrieg.
Typen
Kriege lassen sich in verschiedene Grundtypen einordnen:
Ein zwischenstaatlicher Krieg findet zwischen zwei oder mehreren Staaten
statt. Dazu gehört der Koalitionskrieg: Mehrere Staaten verbinden sich zu
einer gemeinsam agierenden Kriegspartei. Ist ein Land bereits besetzt und
seine Regierung entmachtet, kann der Kampf zwischen Staaten als Partisanen-
oder Guerillakrieg zwischen Bevölkerung und feindlicher Staatsarmee
fortgesetzt werden: Nichtreguläre Streitkräfte kämpfen militärisch gegen
die Armee einer Besatzungsmacht.
In einem Bürgerkrieg dagegen kämpfen verschiedene Gruppen innerhalb eines
Staates, teilweise auch über Staatsgrenzen hinweg, oft nicht staatlich
organisiert. Auch dieser kann mit nichtregulären Streitkräften,
„Privatarmeen" und/oder Söldnern gegen die Armee der eigenen
Staatsregierung geführt werden.
In einem Unabhängigkeitskrieg kämpft ein Volk um einen eigenen Staat: z. B.
als Dekolonisationskrieg gegen eine Kolonialmacht, als Sezessionskrieg für
die Loslösung eines Teilgebiets vom Staatsverband oder als Krieg um
Autonomie für eine regionale Autonomie innerhalb eines Staates. Bei diesen
Arten handelt es sich oft um die Folge eines Nationalitätenkonflikts.
Ob es sich um einen Bürgerkrieg oder einen Unabhängigkeitskrieg handelt,
hängt oftmals vom Standpunkt der jeweiligen Kriegspartei ab. So wird die
Partei, die sich abspalten möchte, eher von einem Sezessionskrieg sprechen,
während die Partei, die auf einem einheitlichen Staat beharrt, denselben
Konflikt als (innerstaatlichen) Bürgerkrieg ansehen wird.
Als bewaffneter Konflikt gilt ein sporadischer, eher zufällig und nicht
strategisch begründeter bewaffneter Zusammenstoß zwischen kämpfenden
Parteien. Die bloße Anzahl von Verletzten und Getöteten ist kein
verlässliches Kriterium. Trotzdem nehmen große Forschungsprojekte das Maß
von 1.000 Toten als groben Indikator dafür, dass ein bewaffneter Konflikt
sich zum Krieg gesteigert hat. Manche Kriegsdefinitionen verlangen auch ein
Minimum an kontinuierlichem planerischem und organisatorischem Vorgehen bei
mindestens einem der Kontrahenten. Als weiteres Kriterium wird manchmal
angesehen, dass mindestens eine der kämpfenden Parteien ein Staat sein
muss, der sich mit seinen Streitkräften an der Auseinandersetzung
beteiligt.¹⁰ ¹¹
Ein bewaffneter Konflikt, der durch den Gegensatz konventionell überlegenen
Militärs auf der einen Seite, und ihre Schwäche mittels Guerillatechniken
ausgleichenden Gegnern auf der anderen Seite, geprägt ist, gilt als
asymmetrischer Konflikt. Beispiel für einen solchen Konflikt ist auch der
heutige „Krieg gegen den Terror", den die USA nach den Anschlägen vom 11.
September 2001 ausgerufen haben. In ihm kämpft eine Staatenkoalition
(Koalitionskrieg) gegen eine bzw. mehrere als weltweite Kriegspartei(en)
auftretende terroristische Gruppierung(en). Ob es sich bei dem vermehrten
Auftreten asymmetrischer Konflikte um ein neues oder altes, nur stärker
auftretendes Phänomen handelt, ist Gegenstand von Diskussionen.¹²
Ob eine bewaffnete Auseinandersetzung – u. a. in den Medien – als
„Konflikt oder als „Krieg
bezeichnet wird, ist oft von politischen oder
propagandistischen Erwägungen abhängig. Eine Auseinandersetzung, die schon
den politikwissenschaftlichen Kriterien eines Krieges entsprechen würde,
kann z. B. in der Sprachregelung von Drittstaaten bewusst weiterhin als
Konflikt bezeichnet und behandelt werden, um sich damit besser einem
Beistandsversprechen „im Kriegsfalle" oder anderem angemessenem Druck auf
die Konfliktparteien entziehen zu können. Bei der Höherstufung eines
einfachen bewaffneten Konflikts zu einem Krieg gilt analog das Gleiche.
Subformen des Krieges oder analog so bezeichnete Konflikte sind unter
anderem die Fehde, Bandenkriege, Blumenkriege und Wirtschaftskriege.
Ebenen der Kriegsführung
Kriege werden immer auf drei Ebenen mit unterschiedlicher
Entscheidungsgewalt organisiert und geführt:
- die strategische Ebene: Die strategische Ebene ist nach westlichem
Verständnis der Politik zuzuordnen. Die Politik formuliert die
Zielsetzung in einem Interessenkonflikt. Sie legt das grundsätzliche
Vorgehen fest und bedient sich dabei im Hinblick auf die Zielerreichung
aller zur Verfügung stehenden Machtmittel wie Diplomatie, Wirtschaft,
Information und Militär. Dabei wird zwischen direkter und indirekter
Strategie unterschieden. Die direkte Strategie versucht der Gegenseite
unter hauptsächlichem Einsatz bzw. Androhung des Machtmittels „Militär"
den eigenen Willen aufzuzwingen. Die indirekte Strategie dagegen versucht
unter hauptsächlichem Einsatz anderer Machtmittel als dasjenige der
Streitkräfte seinen eigenen Willen durchzusetzen. Indirekte und direkte
Strategie schließen einander nicht aus, sondern sind vielmehr
komplementär. Sie harmonisieren im Zusammenspiel. Die Wahl der
Machtmittel und Vorgehensweisen zur Zielerreichung – also die Gewichtung
von indirekter und direkter Strategie – hängt sowohl von der
Verwundbarkeit der Gegenseite als auch von den eigenen Möglichkeiten ab.
- die operative Ebene: Die operative Führung setzt politische Absichten und
militärstrategische Vorgaben in Befehle an die taktische Führung um. Sie
definiert operative Ziele, fasst diese in operative Konzepte,
Operationspläne sowie Operationsbefehle und koordiniert die Gesamtheit
der dazu erforderlichen taktischen und logistischen Maßnahmen.
- die taktische Ebene: Unter taktischer Ebene sollen alle Dinge subsumiert
werden, die in die Sphäre des Gefechts fallen. Die taktische Ebene setzt
die Zielsetzungen der operativen Stufe um, indem sie ihre Mittel im
bestmöglichen Zusammenwirken auf dem Gefechtsfeld einsetzt.
Hauptursachen
Beim Krieg sind die vordergründigen Kriegsanlässe von den tieferen
Kriegsursachen zu unterscheiden. Die meisten Kriege lassen sich auf einige
Hauptursachen zurückführen. Dazu gehören vor allem:
- wirtschaftliche Vorteile, Ressourcenmangel, Imperialismus
- Reichtum an Ressourcen: Ressourcenfluch¹³
- politisches und/oder ideologisches Hegemoniestreben (z. B. Dschihad,
Kreuzzug, „Demokratisierung" des nahen Ostens)
- drohender Verlust von Einfluss in besetzten bzw. annektierten Gebieten
- mangelnde Wehrhaftigkeit gegenüber möglichen Angreifern, die diese zum
Krieg einladen (passive Kehrseite von aktivem Hegemoniestreben) – auch
als „Machtvakuum" bezeichnet
- ethnische Konflikte
- Nationalismus
- religiöser Fanatismus, Dogmatismus oder auf Krieg basierende Rituale in
verschiedenen Religionskriegen (z. B. Dschihad im Islam, Kreuzzüge im
Christentum, „Blumenkriege" der Azteken)
- innere Verfasstheit von Staaten. So sind autoritäre und totalitäre
Systeme (z. B. Stalinismus, Nationalsozialismus, Faschismus) häufiger in
Kriege und Demozide verwickelt, als etwa Demokratien. Die empirische
Forschung sieht einen Zusammenhang zwischen der Machtfülle, die einer
Staatsführung ungeteilt zur Verfügung steht, und Massenverbrechen und
Kriegen.¹⁴
- Ablenkung von innenpolitischen Missständen, um Bevölkerung und
Staatsführung zusammenzuschweißen (Der Vorwurf wurde z. B. im
Falklandkrieg erhoben)
- struktureller Militarismus, also die Abhängigkeit einer
Wirtschaftsordnung vom Kriegführen zwecks Absatz militärischer Produkte.
Siehe auch: Der Angreifer und seine Kriegsziele
Krieg ist jedoch selten monokausal zu erklären: Viele der hier genannten
ökonomischen, politischen, ideologischen, religiösen und kulturellen
Kriegsgründe spielen in der Realität zusammen, bedingen sich gegenseitig
und gehen ineinander über. Darum lässt sich der Kriegsbegriff auch nicht
auf militärische Aggressionshandlungen einengen. Diese durchlaufen fast
immer eine Vorbereitungsphase: Krieg beginnt in der Regel im „Frieden".
Wirklicher Frieden ist also mehr als die Abwesenheit von Krieg.
Völkerrecht
Im modernen Völkerrecht wird der Begriff „Krieg" nicht mehr verwendet. Die
Genfer Konventionen unterscheiden bewaffnete internationale Konflikte von
anderen Formen gewaltsamer Konfliktaustragung wie etwa innerstaatlichen
Konflikten. Der internationale bewaffneten Konflikt wird geregelt durch die
Genfer Abkommen I–IV, sowie über das Zusatzprotokoll I über den Schutz der
Opfer internationaler bewaffneter Konflikte. Angriff und Verteidigung,
Zivilisten und Militärpersonal sind dabei wesentliche Kriterien. Sie
unterscheiden legitime von illegitimen Kriegshandlungen. Was ein
internationaler bewaffneter Konflikt ist, definieren die Genfer Abkommen
aber nicht. Den nicht-internationalen Konflikt regelt der gemeinsame
Artikel der Genfer Abkommen I–IV sowie das Zusatzprotokoll II über den
Schutz der Opfer nicht internationaler bewaffneter Konflikte.
Der zwischenstaatliche Krieg soll gemäß seinen Regeln mit einer
Kriegserklärung beginnen. Diese war im Mittelmeerraum schon seit der Antike
vorgesehen. Sie wird seit der Neuzeit aber sehr oft übergangen und durch
den Angriff selbst ersetzt.
Ein erklärter Kriegszustand, bei dem jedoch die Waffen schweigen, heißt
Waffenstillstand, ein formales Eingeständnis der Niederlage Kapitulation.
Diese beendet regulär die Kriegshandlungen, aber noch nicht den Krieg
selbst.
Gegenbegriff zum „Krieg ist der „Frieden
. Dieser setzt völkerrechtlich
wiederum einen wie auch immer gearteten Friedensabschluss zwischen
ehemaligen Kriegsgegnern voraus. Wird eine Kriegspartei im Krieg jedoch
weitgehend oder vollständig zerstört, so dass sie nicht mehr
Vertragspartner sein kann, spricht das Völkerrecht von Debellation
(Lateinisch: „Besiegung").
Historisch häufiger aber sind Zwischenzustände wie der einer dauerhaften
Besetzung ohne geltenden Friedensvertrag oder ein Zustand, bei dem sich die
Gegner ständig auf einen offenen Krieg vorbereiten, dessen Verlauf planen
und einüben. Paradebeispiel dafür ist der Kalte Krieg.
Zugleich zeigt die Verbindung von Staat und Krieg sowie die Schwierigkeiten
bei der Unterscheidung von Krieg, Raub und Mord das Fehlen einer allgemein
akzeptierten Rechtsinstanz an. Die UN-Charta und der Internationale
Strafgerichtshof können als Schritte zur verbindlichen Durchsetzung des
Völkerrechts angesehen werden.
Krieg in den Theorien der Internationalen Beziehungen
In der politikwissenschaftlichen Teildisziplin der Internationalen
Beziehungen sind Kriege naturgemäß Gegenstand vielfältiger Betrachtungen
(s. Strategische Studien, Friedensforschung). Dabei haben sich verschiedene
theoretische Erklärungsansätze für ihre Entstehung herausgebildet.
Die realistischen Schulen (Realismus und Neorealismus) sehen in den Staaten
die eigentlichen Akteure des Geschehens, ihre Interessen und daran
ausgerichteten Handlungen entscheiden über Krieg und Frieden, oft auch über
Bürgerkriege in Drittstaaten (Stellvertreterkriege). Realistisch
orientierte Theoretiker (Edward Hallett Carr, Hans Morgenthau) sehen im
Machtinteresse des einzelnen Staates Grund für Instabilitäten der
Staatenkonstellationen. Von einem pessimistischen Menschenbild ausgehend
weisen sie den aggressiven Handlungen politischer Führungspersönlichkeiten
eine große Rolle bei der Kriegsentstehung zu. Neorealisten wie Kenneth
Waltz hingegen diagnostizieren weniger in einem auf aggressiv angestrebte
Veränderung des Status Quo ausgerichteten Staatshandeln das Problem,
sondern in der Staatenkonstellation selbst. Denn da jeder Staat den anderen
Staaten prinzipiell mißtraut, besteht ein grundsätzliches
Sicherheitsdilemma: Die Furcht vor den anderen Staaten führt zu eigener
Absicherung durch Rüstung, diese wiederum wird von diesen als Bedrohung der
eigenen Position wahrgenommen und führt zur Gegenrüstung, welche wiederum
als Bestätigung der Eingangsbefürchtungen genommen wird. Im Ergebnis kann
so auch zwischen faktisch kriegsunwilligen Staaten ein kriegerischer
Konflikt entstehen, bspw. ein Präventivkrieg. Je multipolarer die
Konstellation, desto multifaktorieller die Kausalität, desto größer das
Risiko für eine unerwartete Eskalation.
Der liberale Ansatz in den Internationalen Beziehungen hingegen verweist
hingegen primär auf die interne Willensbildung der Staaten. Deren von
Einzel- und Gruppenentscheidungen entlang gesellschaftlicher Konfliktlinien
formulierte Politikgestaltung beeinflusst die jeweilige Außenpolitik der
Staaten. Interne Faktoren wiegen so in der Regel schwerer als externe, und
die Akteure bleiben gemeinhin auch an der Innenpolitik orientiert. Die
innere Verfasstheit von Staaten spielt bei der Formulierung der
Außenpolitik somit die entscheidende Rolle. Gemäß dem liberalen Ansatz sind
demokratische Staaten mindestens untereinander signifikant friedlicher als
andere Staaten, bis hin zur weitreichenden Aussage, dass demokratische
Staaten gegeneinander keine Kriege führen (vgl. Demokratischer Frieden). In
Ergänzung oder Konkurrenz dazu existiert die gleichfalls liberale
Vorstellung eines Kapitalistischen Friedens, die davon ausgeht, dass
ökonomisch eng verbundene und für einander insofern wichtige Staaten aus
Eigeninteresse untereinander Kriege vermeiden.¹⁵
Zweifel an der Kausalität der vorgebrachten realistischen, neorealistischen
und liberalen Erklärungsgründe werden von der konstruktivistischen Schule
vorgebracht: Für Krieg entscheidend seien weder aggressive Staaten, noch
die grundsätzlich anarchische Staatenkonstellation, sondern psychologische
und massenpsychologische Mechanismen, die kollektive Feindbilder innerhalb
der Staaten, ihrer Eliten und Gesellschaften erst konstruierten und Kriege
so ermöglichen würden. Erst ihre Aufdeckung und Hinterfragung bei
Bevölkerungen und Akteuren diene wirksam der Kriegsvermeidung; nicht
gegebene Situationen seien der Kern des Problems, sondern die Art und Weise
wie diese wahrgenommen und bewertet werden.
Vertrauensbildende Maßnahmen zwischen den Staaten und Teilnahme an
internationalen Regimen wie den Vereinten Nationen können nach
neorealistischer und liberaler Auffassung eine auf Konfliktvermeidung
ausgerichtete Staatengesellschaft formen helfen; liberale
Politikwissenschaftler gehen dabei davon aus, dass dann auch gemeinsame und
gemeinsam weiterentwickelte Werte eine Rolle spielen, Neorealisten
verweisen nicht auf Werte, sondern auf das Interesse der Staaten an Regeln
für einen nichtkriegerischen Konfliktaustrag. Dementsprechend haben
stärkere Staaten eine größere Möglichkeit, ihre Interessen durch die
Aushandlung von Normen auszudrücken.
Eine Abkehr des Krieges von seiner Bindung an Staaten oder institutionell
verfestigte Akteure könnte die in den IB vorgebrachten Analysen entwerten.
Das vermehrte Aufkommen asymmetrischer Konflikte wird tendenziell mit Sorge
betrachtet, da es zu eine Schwächung der Rolle der Staaten führe.¹⁶ Mit
leichten und billig zu beschaffenden Waffen geführte Bürgerkriege sich
flexibel bildender Gruppen mit Guerillataktiken, die sich durch Raub aus
dem Krieg selbst ernährten, ihn mittels krimineller Aktivitäten
finanzierten (illegaler Rohstoffhandel, Drogenhandel etc.)¹⁷ oder politisch
kaum eingrenzbar formulierte Ziele verfolgten, könnten zu einer Zerrüttung
der Staatenwelt führen, so dass der im Kern kontrollierbare und durch
politische Maßnahmen beendbare Staatenkrieg zugunsten eines potentiell
unbeendbaren Krieges zahlreicher (potentiell sehr kleiner) Parteiungen
religiöser, politischer oder rein krimineller Natur zurückträte. Befürchtet
wird, dass zahlreiche niedrigschwellige Konflikte so anders als früher
nicht mehr durch Erschöpfung alleine endeten oder zu einer pazifierenden
Staatenbildung mit Gewaltmonopol führten, sondern durch den allseits
möglichen Rückgriff auf Ressourcen der Weltwirtschaft (und ihrer
Schwarzmärkte) die Gründe ihrer Fortsetzung in sich selbst fänden.¹⁸ ,
während die etablierten Staaten aus moralischen Gründen oder mit Rücksicht
auf mangelnde Verlust- und Kampfbereitschaft ihrer eigenen Bevölkerungen
ihr potentiell übermächtiges militärisches Befriedungspotential nicht
ausspielen könnten.¹⁹
Geschichte
Menschwerdung, Altsteinzeit und neolithische Revolution
Eine verbreitete Vorstellung sieht den Ursprung des Kriegs in der
Naturgeschichte der Aggression (Sigmund Freud, Konrad Lorenz, Irenäus
Eibl-Eibesfeldt). Eine Debatte über Kriege unter Tieren, in erster Linie
unter nicht-menschlichen Primaten, schloss sich in der Verhaltensforschung
und Primatologie an.²⁰ Gemeine Schimpansen – nicht aber Bonobos – kennen
sowohl die koordinierte Jagd zum Nahrungserwerb wie intraspezifische
Konkurrenz in Form innerartlicher Kämpfe, in denen einzelne Angehörige
anderer Horden überfallen und getötet werden, bis hin zur allmählichen
Vernichtung der anderen Gruppe. Da zwischen Gemeinen Schimpansen und den
Vorfahren der heutigen Menschen ein enges Verwandtschaftsverhältnis
besteht, wird ein Bezug zwischen den Kämpfen von Schimpansen und dem
Verhalten heutiger Menschen gesehen²¹ . Archäologisch eindeutige Befunde
für Kämpfe früher Menschenformen wie Australopithecen fehlen allerdings,
ähnlich wie auch die Kämpfe heutiger Schimpansen archäologisch nicht
nachweisbar wären, und nur durch direkte Beobachtung nachgewiesen wurden.²²
Der menschliche Aggressionstrieb kann sich parallel auch aus der Abwehr
gegen Raubtiere entwickelt haben. Mit der Entwicklung einfacher Waffen und
der Verwendung von Feuer wurden Raubtiere als grundsätzliche Gefahr für die
menschliche Spezies ausgeschaltet, die Methoden zur Abwehr und Jagd können
prinzipiell auch auf den Kampf mit anderen Menschen übertragen werden.²³
Menschen auf der Stufe des Homo erectus kannten das Feuer und verfügten
über sorgfältig hergestellte Waffen (siehe Schöninger Speere), ob sie diese
über die Jagd hinaus verwendeten, ist ungewiss. Inwieweit es Konflikte
zwischen modernen Menschen und Neanderthalern gab und ob diese zum
Aussterben der letzteren beitrugen, ist gleichfalls bislang
unbeantwortbar.²⁴
Kriegerische Auseinandersetzungen zwischen Dörfern und Sippenverbänden
beobachteten Ethnologen noch bei heute lebenden Steinzeitvölkern wie den
Yanomami oder den Maring in Papua-Neuguinea.²⁵ So dokumentierte der
Spielforscher Siegbert A. Warwitz im Rahmen eines Forschungsprojekts zum
Spielen von Urvölkern das Ausarten eines Völkerballspiels zwischen zwei
Stämmen im Hochland von Papua-Neuguinea zu einem mit Dreschflegeln,
Mistgabeln und Sensen ausgetragenen blutigen Stammeskrieg.²⁶ Auch
archäologische Befunde verdeutlichen, dass organisierte Gewalt bereits in
frühen Gesellschaften zu massiven Auseinandersetzungen geführt hat, die man
als Kriege