Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

So nah und so fremd: Erzählungen aus Lateinamerika
So nah und so fremd: Erzählungen aus Lateinamerika
So nah und so fremd: Erzählungen aus Lateinamerika
eBook195 Seiten2 Stunden

So nah und so fremd: Erzählungen aus Lateinamerika

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

Der Indio, der einem gescheiterten amerikanischen Pensionär zeigt, wo es lang gehen sollte, das deutsche Paar, das beim mexikanischen Totenfest das tragische Scheitern seiner Ehe erlebt, die furchtbaren Spätfolgen der Pinochet-Diktatur, die ein ehemaliger politischer Aktivist im heutigen Chile erleiden muss, und viele andere Schicksale erzählen von Begegnungen von Personen aus der ersten Welt mit der farbigen und dramatischen Wirklichkeit Lateinamerikas.
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum25. Aug. 2016
ISBN9783741287305
So nah und so fremd: Erzählungen aus Lateinamerika
Autor

Engelbert Manfred Müller

Engelbert Manfred Müller wuchs in Köln auf, lebte und lehrte viele Jahre in Leverkusen und Köln und in Chile und Mexiko. Heute lebt er in Bergisch Gladbach und ist Mitglied der Autorenvereinigung Wort und Kunst.

Mehr von Engelbert Manfred Müller lesen

Ähnliche Autoren

Ähnlich wie So nah und so fremd

Ähnliche E-Books

Psychologische Literatur für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Verwandte Kategorien

Rezensionen für So nah und so fremd

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    So nah und so fremd - Engelbert Manfred Müller

    zum Text:

    Der Indio, der einem gescheiterten amerikanischen Pensionär zeigt, wo es lang gehen sollte, das deutsche Paar, das beim mexikanischen Totenfest das tragische Scheitern seiner Ehe erlebt, die furchtbaren Spätfolgen der Pinochet-Diktatur, die ein ehemaliger politischer Aktivist im heutigen Chile erleiden muss, und viele andere Schicksale erzählen von Begegnungen von Personen aus der ersten Welt mit der farbigen und dramatischen Wirklichkeit Lateinamerikas.

    zum Autor:

    Engelbert Manfred Müller, 1940 geboren, in Köln und Leverkusen aufgewachsen, war 40 Jahre als Lehrer an Volksschulen, Hauptschulen und Gesamtschulen tätig. Davon verbrachte er 9 Jahre an Schulen in Chile und Mexiko. Nach seiner Pensionierung 2003 tauschte er sein jahrelanges Mal-Hobby gegen das Schreiben ein. In der Zeit von 2004 bis 2010 entstanden drei Gedichtbände, ein Band mit Erzählungen aus Lateinamerika, ein Band mit Erzählungen aus Südeuropa, ein Band mit Erzählungen aus Deutschland, ein Kurzroman und zahlreiche Kurzgedichte zu Bildern unter dem Titel „Wörter fürs Auge".

    2015 erschien ein Band mit Erzählungen unter dem Titel „Das Auge der Stadt im Buchhandel und 2016 der Lissabon-Roman „Nur ein Schlüsselanhänger.

    Der Autor lebt seit 1982 in Bergisch Gladbach.

    Inhalt

    Tzintzuntzan (Mexiko)

    Am Rande des Sumpfs (Chile)

    Globalisierung oder Tod oder was? (Mexiko)

    Bekenntnisse eines Trinkers (Peru)

    Alles inklusive (Dominikanische Republik)

    Wer hat ihn umgebracht? (Mexiko)

    Tequila (Mexiko)

    Tupungatito (Chile)

    Ein unvergesslicher Strand –Playa inolvidable (Mexiko)

    Für Sigrid

    Tzintzuntzan

    Sie hatte ihn gleich unwiderstehlich angezogen, mit ihrer seidenweichen Haut und ihrer exotischen Erscheinung. Barg sie nicht irgendwo tiefe Geheimnisse, die es zu ergründen galt?

    Als er Gerlinde seine Fasziniertheit mitteilte, suchte sie ihn gleich wieder auf den Boden der Tatsachen, in die Realität oder -wie sie es oft ausdrückte - auf den Teppich zurückzuführen. Ich finde sie auch schön. Aber deshalb brauchst du doch nicht gleich einen Orgasmus zu kriegen.

    Er hatte die merkwürdige Pflanze im Innenhof des kleinen Hotels gesehen, vor dem sie angehalten hatten, um sich dort für zwei Nächte einzuquartieren. Gerlinde hatte das Hotel vor der Reise in einem Reiseführer ausgesucht, weil es als preiswert und sauber geschildert wurde. Johannes war sofort davon angetan, als er es erblickte, weil es malerische ochsenblutfarbene Wände mit schmiedeeisernen Gittern vor den Fenstern hatte. Und nun diese schönen Innenhöfe. Am ersten lag die Rezeption und in der Mitte das Beet mit dieser Pflanze, die ihm zuvor noch nie begegnet war, und die ihn begeisterte. Schau mal, diese Blüten, die wie aus Porzellan sind, und die Blätter scharf wie ein Stilett. Und die Äste wie derbes männliches Glied. Jetzt spinnst du wieder. Lass uns mal lieber zur Rezeption gehen. Vielleicht ist ja gar nichts frei.

    Der stämmige Mann aus der Rezeption ging vor ihnen her, als sie den zweiten Innenhof betraten, wo ihr Zimmer hinter der Galerie auf der ersten Etage lag. An seinem Gürtel hing ein Lederbehälter. Für ein Messer, eine Pistole oder lediglich ein Handy? Gerlinde betrachtete sein ebenmäßiges Gesicht mit Wohlwollen. Ein schöner Mann. Nur seine dunklen unergründlichen Augen. Obwohl - waren nicht ihre eigenen Augen ähnlich? Nur irgendwie stumpfer, oder härter. Gleich links hinter dem Durchgang stand ein schwarzer Sarg, aus dem zwei Beine mit Turnschuhen herausschauten. In der gegenüberliegenden Ecke hing ein rosa gekleideter Engel an der Wand. Johannes schaute Gerlinde unsicher grinsend an. Sie wussten von der ironisch witzigen Behandlung des Todes in Mexiko und welche Blüten diese an diesem Tag trieb, dem Totentag. Und besonders hier im Staate Michoacán. Deshalb hatten sie entschieden, die dritte Woche ihres Urlaubs nicht mehr am Strand, sondern auf einer Reise durch die kolonialen Städte des Landes zu verbringen, mit ihren Kunstschätzen und ihren Sitten und Gebräuchen. Gerlinde hätte die Zeit am liebsten weiter am Strand verbracht, mit Schwimmen und Tennisspielen. Doch war sie ja auch an Kunst und Kultur interessiert, nur nicht mit diesem leidenschaftlichen Fanatismus wie Johannes, wie sie meinte. Und warum sollte man nicht auch die abergläubische Seite dieses Landes etwas näher kennenlernen, in dem sie seit zwei Jahren wohnten? Beide arbeiteten in einer deutschen Firma, die chemische Produkte herstellte, sie als Chemikerin, er als Kaufmann.

    Das ist nun doch ein bisschen dick aufgetragen. Schau dir das mal an, rief Gerlinde und zeigte auf die Zimmernummer 13 über der Tür, die der Mexikaner mit seiner dichten schwarzen Mähne jetzt aufschloss. Er grinste, als er ihre Blicke bemerkte. Passt doch zum heutigen Tag, oder? meinte er gelassen. Aber passen Sie auf beim Eintreten! Der Kopf!

    Doch es war schon zu spät. Gerlinde stieß sich unsanft den Kopf an dem wirklich sehr niedrigen Türsturz. Als sie die Hand auf die entstehende Beule hielt, hatte sie Blut am Finger. Entschuldigen Sie, Señora. Soll ich ein Pflaster holen?

    Das war ihm jetzt richtig peinlich. Johannes reichte seiner Frau sein Taschentuch.

    Nein, lassen Sie mal, das geht schon, meinte Gerlinde zu dem Mexikaner. Es hatte sich ihr aber eine gewisse Verstimmtheit bemächtigt.

    Die Betten sind ja auch nicht viel größer als ein Sarg, bemerkte Johannes in dem Zimmer skeptisch.

    Du wolltest doch unbedingt in dieses Hotel. Ihre Stimme klang jetzt etwas spitz.

    Ja, ist ja schon gut. Aber ausgesucht hattest du es.

    Naja. Für den Preis kann man wohl auch nicht mehr verlangen.

    Was ist das übrigens für ein Bäumchen hier? Ich habe es noch nie gesehen, wollte Johannes von dem Dunkelhaarigen wissen, als sie auf dem Weg zur Registrierung in der Rezeption wieder den ersten Innenhof durchschritten.

    Cacalosuchil, war seine knappe Antwort.

    Ein indianischer Name offensichtlich.

    Ja, sie hat aber noch viele andere Namen. Frangipani. Und Tempel- oder Pagodenstrauch. Sie ist übrigens giftig. Vor allem der milchige weiße Saft, der heraustritt, wenn man etwas abbricht.

    Siehst du. Lass also deine Finger davon! Ich habe dir ja schon oft gesagt, dass es gefährlich ist, wenn man seine Nase zu tief in die Dinge reinsteckt.

    Ist ja schon gut. Aber faszinierend sieht sie schon aus.

    Nimm die Dinge doch einmal einfach so, wie sie sind, ohne immer noch was dazu zu spinnen!

    Er antwortete jetzt nichts mehr. Es hatte ja sowieso keinen Zweck. Das hatte er schon so oft erfahren.

    ***

    Mal war es ein rhythmisches Stampfen mit den knotigen Stöcken oder ein gleichmäßiges Aufstoßen der Füße in den bäuerlichen Sandalen, einem Stepptanz nicht unähnlich, dann ein synchrones Zappeln, wie von Marionetten, die über geheime unsichtbare Fäden gesteuert schienen. Die Gesichter von allen immer in der gleichen Richtung, ob sie nun mit den Stöcken wie zittrige Greise wackelten oder dann plötzlich mit ungeahnter, fast erschreckender Energie hochsprangen und durch Kraft und behende Jugendlichkeit überraschten. Fast wie auferstandene Leichen. Auch die Masken auf den Gesichtern der Tänzer zeigten diese doppelte Funktion: zerfurchte alte Gesichter, aber ewig lächelnd und die Wangen von rosigem Rot. Vier Tänzer bewegten sich so auf der hölzernen Bühne, in die traditionellen weißen Hosen und weißen Hemden der Bauern in Michoacán gekleidet, die Öffnungen der Kleidungsstücke mit bunten Stickereien verziert. Darüber der prachtvoll gewebte rote Poncho.

    Sie hatten sich durch die lange Gasse mit endlosen Reihen von Buden gezwängt, an stinkenden Autos vorbei, die mitten in dem Chaos von langsam sich vorwärts schiebenden Menschen hupend und doch kaum beachtet weiterfuhren. An einer Bude mit einer überquellenden Fülle von aufeinandergestapelten Totenköpfen aus Zucker in verschiedenen Farben waren sie stehengeblieben, wo Johannes fragte, ob die auch gegessen würden, während Gerlinde kopfschüttelnd einen Schritt zurück stehenblieb.

    Natürlich werden die gegessen. Wollen Sie einen kaufen? Nein, danke. Ist mir wahrscheinlich zu süß, antwortete Johannes lächelnd.

    Ja, die sind wirklich sehr süß. Aber wir Mexikaner lieben das, meinte ein schwarzlockiger Mann, der neben ihm stand. Er trug einen schweren schwarzen Schnurrbart, der seinen Kopf nach unten zu ziehen schien, und eine Brille mit dicken Gläsern. Neben ihm stand eine zierliche kleine Frau mit einem aparten Mayagesicht und zwei hübschen kleinen Mädchen mit ebensolchen Gesichtern.

    Geben Sie mir zwei Totenköpfe, die mit dem grünen und roten Zuckerguss!

    Johannes überreichte sie den Mädchen, die vor Freude strahlten und sich gleich ans Verspeisen machten.

    Das war doch nicht nötig, meinte ihr Vater lächelnd. Ihre Mutter will sowieso nicht, dass sie so viel Süßes essen. Sie ist nämlich Ärztin. Nun, wie gefällt es Ihnen hier?

    Ich finde es wunderbar und hochinteressant, begeisterte sich Johannes.

    Haben Sie denn schon den Tanz der alten Männer gesehen? Nein, was ist das?

    Nun, gehen Sie mit uns! Das müssen Sie unbedingt sehen.

    Unterwegs hatten sie sich über ihre Familien unterhalten, über die Kinder von Gerlinde und Johannes, die jetzt in Deutschland studierten, über den Beruf von Ricardo und Ximena, wie sie sich vorgestellt hatten. Er arbeitete als Geologe und sie als Chirurgin in der Hauptstadt von Michoacán. Sie bewunderten die guten Spanischkenntnisse der beiden Deutschen, vor allem die von Gerlinde, die die Sprache noch besser beherrschte als Johannes. Und Johannes gefiel der nette Umgang, den beide mit ihren Kindern pflegten, welche durch Aufgeschlossenheit und Intelligenz bestachen.

    Eine Darstellung des menschlichen Lebens mit Alt und Jung? wollte Johannes wissen, als der Tanz zu Ende war.

    Könnte man sagen, erwiderte Ricardo. Aber noch etwas mehr. Die Masken der Alten sind aus einer Paste gefertigt, die aus Maisstroh hergestellt wird. Mais aber ist Symbol für das Leben, das immer wieder neu entsteht. So könnte man sagen, dass der Tanz auch Ewigkeit und Wiederauferstehung bedeutet.

    Das hört sich ja sehr christlich an, warf Johannes ein.

    Die Tänze sind älter. Sie stammen aus indianischer Zeit, vor der Eroberung durch die Spanier. Und sie haben etwas zu tun mit dem Gott Xipe Totec, dem Gott, der sich die frische Haut eines Geopferten überzog. So schaute das Alte durch das gestorbene Neue hindurch, das Lebendige durch das Tote.

    Ist das nicht etwas weit hergeholt? fragte Gerlinde, etwas unangenehm berührt.

    Ricardo schaute sie mit großen Augen an. So sind wir Mexikaner eben, meinte er dann achselzuckend.

    Bevor sie sich trennten, empfahl er den Deutschen noch einen Besuch auf dem Friedhof und legte ihnen nahe, unbedingt in der Nacht das Theaterstück auf dem Gelände des Franziskanerklosters anzuschauen. Nach dem Austausch ihrer Adressen verabschiedeten sie sich, da die Mexikaner noch die Großeltern in Patzcuaro besuchen wollten.

    Die waren ja ganz nett. Aber dieser unausstehliche Quatsch über die Bedeutung des Tanzes. Und du stehst wieder mit glänzenden Äuglein davor.

    Hat dir der Tanz denn nicht gefallen?

    Natürlich hat er mir gefallen. Auch die Musiker mit ihren Violinen und Gitarren und dem Bass. Und die Tänzer haben eine akrobatische Leistung vollbracht. Und die Kostüme und die Trachten waren auch sehr geschmackvoll. Aber ihr mit euren hintergründigen Überlegungen. Das müsste erst mal einer nachweisen, was da alles behauptet wird. Ich halte das alles für sentimentales Gequatsche.

    ***

    Von der riesigen Tempelplattform hatten sie einen weiten Blick über den rundum von Bergen umstandenen See, mit seinen Indianerdörfern mit braunen Lehmziegelhäusern, aus denen hohe Türme der Kirchen der Franziskanermission herausragten. An manchen Uferstellen leuchteten weiße Felder von blühenden margeritenartigen Sträuchern, die fast Baumhöhe erreichten, daneben Opuntienkakteen mit ihren gelblichen Früchten oder die bizarren Formen von baumhohen Yuccas.

    Stell dir diese mächtige Tempelanlage vor, von einem Volk, dessen Herkunft ungeklärt ist, den Tarasken, deren Sprache heute noch hier von vielen Indios gesprochen wird.

    Ja, und das Verschwinden, beziehungsweise ihre Dezimierung im 16. Jahrhundert ist auch rätselhaft, sann Johannes weiter. Ich habe vor kurzem in einem Artikel gelesen, dass sie wohl durch Seuchen getötet wurden, die die Spanier eingeschleppt hatten, und gegen die sie keine Abwehrstoffe besaßen. Das Verrückte ist aber, dass diese Seuchen schon ausbrachen, kurz bevor die Spanier in diese Gegend gelangten. Neuere Untersuchungen von Historikern und Medizinern nehmen nun an, dass die Seuchen zwar von den Spaniern auf die Azteken im Zentrum von Mexiko übertragen wurden, aber nicht direkt auf die Tarasken hier, sondern von den Azteken auf die Tarasken. Die Azteken hatten nämlich Botschafter zu den Tarasken geschickt, um sie als Verbündete im Aufstand gegen die Spanier zu gewinnen. Verrückt, nicht?

    Gerlinde war zufrieden, dass die Rede nicht schon wieder auf Religion kam. Religion war für sie ja fast so etwas wie eine ansteckende Krankheit, gegen die sie allerdings immun zu sein schien. Sie war in einem atheistischen Elternhaus aufgewachsen und stand allem Reliösen fremd gegenüber. Sie hatte auch Schwierigkeiten mit Johannes' religiöser Vergangenheit, die sich allerdings - stark unter ihrem Einfluss - sehr verflüchtigt hatte. Mittlerweile war er aus der katholischen Kirche ausgetreten, vor allem allerdings aus ethischen Gründen, wie er zu sagen pflegte, weil sie den Menschen Schuldkomplexe einpflanze und weil sie politisch zu selten auf der Seite der Armen und Unterdrückten stehe.

    Sie war mit ihren Gedanken noch weiter bei dem Thema Ansteckung und Immunität. Vor zwei Tagen hatten sie das Schmetterlingsheiligtum besucht, wo sich Millionen und Abermillionen von Monarch- Schmetterlingen nach einem 4000 km langen Flug zur Vermehrung niederließen. Dort flogen sie in duftigen Wolken umher oder saßen in dichten Trauben auf Sträuchern und Bäumen, so dass manche Bäume von Weitem wie in Blüte erschienen. Sie hatte gelesen, dass die Doppelflügler mit ihrer kräftigen braunen Zeichnung auf orange Grund und den weißen Lichtpunkten sich dort von giftigen Pflanzen ernährten, die ihnen aber nicht schadeten, hingegen ihren tierischen Feinden wohl, so dass sie sich dort in einem stark geschützten Raum befanden.

    ***

    Die scharfe Taraskensuppe und beim Hauptgang die Maistortillas schmeckten Gerlinde ausgesprochen gut und ihre Laune besserte sich zusehends, vor allem als ihr der Gitarrespieler in dem geschmackvoll eingerichteten Restaurant, in dem sich allerdings fast ausschließlich Touristen befanden, mit gebleckten Zähnen und schlitzartig verengten Augen verliebt in die Augen oder in den Ausschnitt mit ihrem festen runden Busen schaute. Johannes sah den Gitarrespieler natürlich auch, musste aber fasziniert immer sein Gesicht vergleichen mit der Figur, die sich hinter diesem an der Wand befand: ein Gestell mit einem langen weißen Kleid und einer roten Borte um den Ausschnitt, darüber einer schwarzen Totenkopfmaske mit einem schief aufgesetzten Strohhut, der Mund offen mit gebleckten weißen Zähnen. Der Gitarrespieler mit seinem weißen Hemd mit offenem Kragen und die Figur, wie Bruder und Schwester. Er sagte aber nichts zu Gerlinde. Er wies sie nur auf das Ölgemälde an der Wand hin, auf dem in verblüffend realistischer Weise das Äußere des Restaurants, in dem sie saßen, dargestellt war. Er verkniff es sich aber, über Innen und Außen zu reden, obwohl er wieder fasziniert davon war, dass hier im Inneren des Restaurants das Äußere dargestellt war, so gut, wie man es von außen gar nicht sehen konnte, wie er feststellte, als sie nach dem Essen auf die Straße traten, wo es jetzt allerdings auch anfing zu dunkeln.

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1