Ressource Trinkwasser: Wissen was wir trinken
Von Hans-Martin Mulisch und Werner Winter
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Über dieses E-Book
Wie können wir vor diesem Hintergrund die Trinkwasserversorgung für kommende Generationen sichern und welche Anforderungen resultieren daraus für den nationalen und globalen Umweltschutz?
Wie stark sind Leitungswasser, Mineralwässer und andere Getränke mit Chemikalien wie Pflanzenschutzmitteln oder mit Medikamenten belastet?
Welche Einflüsse haben die Energieversorgung, die Belastung der Ozeane, die Gefährdung der Wälder und die Bevölkerungsentwicklung auf die Wasserqualität?
Das vorliegende Buch bietet neben den Antworten auf diese Fragen viele wissenswerte Hintergrundinformationen und praktische Ratschläge, etwa zu den Themen Wassersparen, Regenwassernutzung und Trinkwasserinstallation.
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Buchvorschau
Ressource Trinkwasser - Hans-Martin Mulisch
Hans-Martin Mulisch
Werner Winter
Ressource
Trinkwasser
Wissen, was wir trinken
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
© 2014 oekom, München
oekom verlag, Gesellschaft für ökologische Kommunikation mbH,
Waltherstraße 29, 80337 München
Umschlaggestaltung: Elisabeth Fürnstein, oekom verlag
Umschlagabbildung: © efired – Fotolia.com
eBook: SEUME Publishing Services GmbH, Erfurt
Alle Rechte vorbehalten
ISBN 978-3-86581-881-2
Inhalt
Einleitung
Wasserhistorie
Dimensionen
Herkunft des Wassers
Natürlicher Wasserkreislauf
Globaler Wasserhaushalt
Wasserhaushalt in Deutschland
Gewinnung und Verteilung des Wassers
Wasseraufbereitung in der Natur
Künstliche Wasseraufbereitung
Schaffung eines künstlichen zweiten Wasserkreislaufes
Künstliche Wasseraufbereitung im Wasserwerk
Künstliche Wasseraufbereitung im Haushalt
Leitungen und Netze - Was ist zu beachten?
Wassersparende Haustechnologien und Nutzungen
Wasserversorgung in Deutschland
Beispiel 1: Berlin
Beispiel 2: Hamburg
Wasserhygiene und Qualität des Wassers
Physik und Chemie des Wassers
Die Anomalien des Wasser
Die Temperatur des Wassers
Die Energie des Wassers
Der pH-Wert des Wassers
Die Härte des Wassers
Die Spannung des Wassers
Die Schwere des Wassers
Die Aggressivität des Wasser
Wasser und Lebensmittel
Allgemein
Wasser in Getränken
Natürliches Mineralwasser
Energy drinks
Wasser in alkoholischen Getränken
Trinkwassergewohnheiten in Deutschland
Die deutsche Trinkwasserverordnung
Toxikologie und Grenzwerte
Erwünschte und unerwünschte Wasserinhaltsstoffe
Expositions-Referenzwerte für die Wasseraufnahme
Essentielle Mineralien und Spurenelemente
Sensorische und Indikatorparameter
Unerwünschte geogene und anthropogene toxikologisch relevante Umweltchemikalien
Verhinderung von pathogenen Mikroorganismen (Krankheitserregern) im Trinkwasser
Nitrat als Indikator für die Gewässerbelastung
Die Sicherung der Trinkwasserversorgung für die Zukunft
Trinkwasser und globaler Umweltschutz
Trinkwasser als knappe Ressource
Schadstoffrisiko
Klimawandel
Energieversorgung
Belastung der Ozeane
Gefährdung der Wälder
Bevölkerungsexplosion
Ökologischer Fußabdruck
Resümee
Schlussfolgerungen
Wissen, was wir trinken - Häufig gestellte Fragen zum Wasser
Verzeichnisse
Verzeichnis der Bilder
Verzeichnis der Tabellen
Literatur
Vorwort
Das vorliegende Buch schließt eine bisher vorhandene Lücke im Angebot zum Thema Trinkwasser. Im Mittelpunkt steht dabei die Wasserqualität in Deutschland sowie deren Sicherung heute und in der Zukunft. Das schließt Fragen zur Wasseraufbereitung, zur Wasserhygiene, zur Schadstoffbelastung und zur Grenzwertproblematik ein.
Das Buch ist an alle Interessenten für diese so lebenswichtige Problematik gerichtet, Experten nicht ausgeschlossen, und zeigt Wechselwirkungen und Auswirkungen zur Umwelt im regionalen und globalen Maßstab auf. Es werden häufig gestellte Fragen beantwortet wie zur Trinkwasser-Hausinstallation, zum täglichen Umgang mit Wasser und zur Verwendung von Regenwasser. Dabei wird auch auf Details eingegangen, wie beispielsweise Wasser in Lebensmitteln und Mineralwässer.
Die Sicherung der Ressource Trinkwasser ist mit vielen Problemen behaftet und hängt eng mit dem Schutz der Umwelt und der Natur zusammen. Wir alle wissen heute mehr als noch vor Jahren, dass menschliches Handeln dabei eher zerstörerische Kräfte entwickeln kann und natürliche Gleichgewichte, die sich über Jahrmillionen eingestellt haben, hierdurch in nur wenigen Jahrzehnten in Schieflagen geraten können. Ein großes Kapitel dieses Buches beschäftigt sich daher ergänzend und ausführlich mit wichtigen Fragen des globalen Umweltschutzes. Unabhängig von Interessengruppen haben wir hier Thesen und Antithesen zum Schadstoffrisiko, zur Energieversorgung, zur Belastung der Ozeane, zur Gefährdung der Wälder und zur Bevölkerungsexplosion diskutiert und Lösungsvorschläge unterbreitet. Jedes Kapitel ist in sich abgeschlossen. Dadurch sind insgesamt einige Wiederholungen zum Beispiel bei Begriffserklärungen unvermeidlich.
Hans-Martin Mulisch und Werner Winter
Einleitung
Neben der Sonne sind drei Substanzen für die Existenz der Menschheit auf unserer Erde unabdingbar. Das sind Wasser, Sauerstoff und Kohlendioxid. Aus Sicht der Naturwissenschaften sind das ganz einfache Stoffe, wie die Symbole ausweisen:
H2O = Wasser
O2 = Sauerstoff
CO2 = Kohlendioxid
Weitere Grundbausteine des Lebens sind vor allem Stickstoff, Phosphor und Schwefel und deren Abkömmlinge sowie Eisen, Magnesium und Calcium. Aber die drei Stoffe Wasser, Sauerstoff und Kohlendioxid haben absolute Priorität.
Wasser
Wegen seiner riesigen Wassermengen wird unsere Erde auch als blauer Planet bezeichnet. Mehr als 70 Prozent der Erdoberfläche sind durch Meere mit einem Volumen von 1,37 Milliarden Kubikkilometer bedeckt. Das entspricht etwa 97,5 Prozent der Gesamtwassermenge. Deswegen, sagen Theoretiker, müsste unser Planet „Wasser und nicht „Erde
heißen. Das Meerwasser ist wegen seines hohen Salzgehaltes von durchschnittlich 3,5 Prozent bekanntlich ungenießbar. Die verbleibenden 2,5 Prozent der Gesamtwassermenge sind zum großen Teil noch in Gletschern und dem Eis der Polkappen gebunden. Somit steht nur rund ein Prozent der weltweiten Wasservorräte als Trinkwasser zur Verfügung. Glücklicherweise verdunstet laufend Wasser der Ozeane und erreicht das Festland als Regen. Hier versickert es im Boden bzw. bildet Oberflächengewässer als „Süß"wasser. Entweder direkt oder nach Nutzung durch uns Menschen fließt es wieder in das Meer zurück, so einen unendlichen Kreislauf bildend.
Aber leider ist das nutzbare Wasser sehr ungleich auf der Erde verteilt. Die einen haben es reichlich, vielerorts aber herrscht Wassermangel. Die Situation wird verschärft durch
Klimawandel
mangelhafte oder gänzlich fehlende Abwasserreinigung
Umweltkontamination durch Schadstoffe
lokal rapides Wachstum der Bevölkerung
intensive Landwirtschaft
laufende Verstädterung
Verwiesen sei auf die Megakatastrophen wie Tsunami, die mutwillige Zerstörung der Wasser-Infrastrukturen durch Kriegsführung sowie die zweckentfremdete Verwendung von Geldern zum Kauf von Rüstungsgütern statt dem Aufbau der Wasserversorgung.
Bei ständig steigendem globalem Wasserverbrauch werden die Wasserressourcen immer knapper. Wasser mit Trinkwasserqualität ist aber lebensnotwendig, es ist ein unverzichtbares Lebensmittel.
Fazit 1:
Ohne Wasser gibt es kein Leben. Der Kreislauf des Wassers impliziert den Kreislauf des Lebens.
Sauerstoff
Etwa 21 Prozent der uns umgebenden Luft besteht aus Sauerstoff. Auch dieser Stoff ist für uns Menschen aber auch für Tiere unverzichtbar. Zu Zeiten als die Saurier lebten soll der Sauerstoffanteil sogar 30 Prozent betragen haben. Seitdem ist eine dreißigprozentige Verminderung zu verzeichnen. Erklärungen dafür wären große Umweltkatastrophen (ein Minibeispiel dazu wurde uns in dem Vulkanausbruch vom April 2010 in Island präsentiert) und mangelnde Vegetation in den riesigen Zeiträumen. Wir kommen aber auch mit dem derzeitigen Sauerstoffanteil in der Atmosphäre aus, zumal die Pflanzen ständig das Molekül O2 an die Umwelt abgeben. Retardierendes Moment ergibt sich jedoch durch weltweite Luftverschmutzung infolge von Ignoranz, Gleichgültigkeit und fehlender Geldmittel.
Fazit 2:
Ohne Sauerstoff ist für Menschen und Tiere kein Leben möglich.
Kohlendioxid
Bei jeglicher Verbrennung organischen Materials, egal ob Holz, Kohle, Erdöl, Erdgas, Benzin oder Diesel entsteht Kohlendioxid und zwar umso mehr, je vollständiger der Vorgang verläuft. Auch bei chemischen und biochemischen Umsetzungen kann Kohlendioxid freigesetzt werden, so beispielsweise beim Bierbrauen und bei der Weinherstellung.
Bekanntlich geben auch wir Menschen neben den Tieren laufend Kohlendioxid ab, indem wir Sauerstoff veratmen. Die entstehende Menge unterliegt starken Schwankungen, je nachdem ob wir ruhen oder uns sportlich betätigen. Im Durchschnitt geben wir fünfhundert Gramm Kohlendioxid über den Atem an die Umgebungsluft pro Tag ab. Bei aktuell sieben Milliarden Menschen sind das insgesamt 1,28 Milliarden Tonnen pro Jahr. Dies ist ein ganz erheblicher Beitrag am Gesamtumsatz. Aber andererseits wird das so freigesetzte Kohlendioxid wieder benötigt und zwar für die Photosynthese. Hierbei wandelt das Chlorophyll der Pflanzen Kohlendioxid und Wasser unter Einwirkung des Sonnenlichts in Kohlenhydrate, z.B. Glucose und Stärke um. Bei diesem Prozess wird Sauerstoff freigesetzt. Und somit ist das Kohlendioxid wichtigster Bestandteil unserer Nahrungskette. Pflanzen, Bäume, Sträucher und Gräser - und damit auch unser Obst und Gemüse - benötigen dieses Gas für ihr Wachstum.
Das ist die positive Seite des Kohlendioxids, andererseits ist es auch am Klimawandel beteiligt. Auf der Basis von Messungen hat sich die Kohlendioxid-Konzentration durch die steigende Verbrennung von fossilen Brennstoffen in der uns umgebenden Luft allerdings in den letzten einhundert Jahren von ehemals 0,030 Prozent auf 0,0385 Prozent erhöht (das entspricht einer Zunahme der CO2-Konzentration in der Atmosphäre um 26,7 Prozent). Klimaexperten gehen davon aus, dass hierdurch die globale Temperatur in den kommenden Jahrzehnten messbar steigen kann.
Vor allem durch den rasanten wirtschaftlichen Aufstieg von Schwellenländern und dem dort wachsenden Energiebedarf resultiert in den kommenden Jahren ein enormer Anstieg von CO2 durch die steigende Verbrennung fossiler Energieträger. Als Beispiel seien China und Indien genannt. Dieser zusätzliche Anstieg von CO2-Emissionen muss verhindert werden, um den Klimawandel nicht zusätzlich zu beschleunigen. Trotzdem kann man das Kohlendioxid nicht als Schadstoff abstempeln. Eine erhöhte CO2-Konzentration in der Luft kann das Pflanzenwachstum, beispielsweise der Wälder, begünstigen und liefert damit einen Beitrag zur Minderung der Kohlendioxidfrachten in die Atmosphäre.
Die Forschung zeigt neue Wege auf, so dass in absehbarer Zeit das Kohlendioxid als Rohstoff in der chemischen Industrie und zur Lebensmittelerzeugung in Bioreaktoren zur Entschärfung des Welternährungsproblems genutzt wird. Algenfarmen gibt es bereits heute.
Fazit 3:
Ohne Kohlendioxid gibt es kein pflanzliches Leben.
Aus dem Dargelegten ergeben sich zwei Schlussfolgerungen:
Erstens:
Es ist dringend notwendig, den globalen Kreislauf
zu sichern und die Kohlendioxid-Anreicherung in die Atmosphäre zu reduzieren.
Zweitens:
Der globale Kreislauf des Wassers hat sich prekär entwickelt und erfordert erheblich mehr und vielfältigere Maßnahmen, um eine weltweite Versorgung mit hygienisch einwandfreiem Trinkwasser zukünftig zu sichern.
Wasserhistorie
Trinkwasser ist nicht nur ein Lebensmittel, sondern ein Überlebensmittel, denn ohne Wasser geht nichts, gibt es kein Leben auf unserem Planeten. Aus Wasser entstand das Leben auf unserer Erde und seit Urzeiten haben sich die Menschen um diese farblose Flüssigkeit bemüht.
Erste überlieferte Maßnahmen zum Wasserbau und zwar in Ägypten, Indien und China, stammen aus einer Zeit um viertausend Jahre vor Christus. Eintausendfünfhundert Jahre später soll es bereits Brunnen und sogar Abwasseranlagen in Städten Ägyptens und Mesopotamiens gegeben haben. Auch hat man die Nutzung von Regenwasser organisiert. Bekannt ist der Aquädukt aqua appia zwecks Fernwasserversorgung von Rom, wobei tiefer gelegenes Gelände überbrückt wurde. Begonnen hat man damit im Jahre 312 vor Christus. Das Wasser floss ununterbrochen, abstellen konnte man es nicht. Nach 180 vor Christus wurde bereits eine Druckleitung zur Versorgung der höher gelegenen Burg Pergamon in Klein-Asien installiert. Schon um 100 vor Christus gab es einen curator aquarum, also einen Wasserbeauftragten für die Stadt Rom.
Eines der ersten Umweltgesetze des Abendlandes war das Edikt des Stauferkaisers Friedrich II. aus dem Jahre 1231:
„Wir sind bestrebt, die uns durch Gott geschenkte Gesundheit der Luft durch unsere Vorsorgen, soweit das möglich ist, rein zu erhalten. Wir verfügen deshalb, dass niemandem gestattet ist, die Gewässer, die weniger als eine Meile von einer Ansiedlung entfernt liegen, Flachs oder Hanf zu wässern, weil dadurch die Luft ungünstig verändert wird."
Die Belastung des Oberflächengewässers wurde dabei stillschweigend in Kauf genommen.
Noch vor der Belagerung durch die Türkei (1683) entstand im Jahre 1565 die erste öffentliche Wasserversorgung in Wien (man erkennt in dem Zusammenhang den Nutzen). Während hier und da noch Plumpsklosetts existieren, gab es bereits ab 1660 erste Wasserklosetts in England und Frankreich. Die ersten zentralen Wasserversorgungen für Hamburg und Berlin kamen in den Jahren 1848 und 1853 auf (vgl. auch Kapitel Wasserversorgung in Deutschland). Als wichtige Etappen zur Regelung wasserwirtschaftlicher Fragen sind noch
das Wassergesetz des Landes Preußen vom 7. April 1913 und
das Wasserhaushaltsgesetz der Bundesrepublik Deutschland vom 27. Juli 1957
erwähnenswert. Noch heute ist es mehr denn je eine der größten Herausforderungen, die Bevölkerung sicher mit hygienisch einwandfreiem Wasser zu versorgen.
Seit fernen Zeiten bis heute haben sich Philosophen, Forscher und Denker auf Grund der Bedeutung zum und über das Wasser geäußert. In den verschiedenen Mythologien werden Schöpfer-Götter zum Urzustand und Wasser genannt (vgl. z.B. das 1. Buch Moses). Am schönsten ist die Aussage zu Poseidon, dem Gott des Meeres und der Flüsse: Selbiger thront in einem Wasserpalast im Meer und fährt in seinem goldenen Wagen, von weißen Rössern gezogen, über die Wogen durch die sprühende Gicht. Er glättet nicht nur die Meereswellen, sondern auch aufschäumende Leidenschaften der Menschen. Der chinesische Philosoph Laotse aus dem 6. Jahrhundert v. Chr. formulierte:
„Auf der ganzen Welt gibt es nichts Weicheres und Schwächeres als das Wasser. Und doch in der Art, wie es dem Harten zusetzt, kommt nichts ihm gleich. Es kann durch nichts verändert werden. Dass Schwaches das Starke besiegt und Weiches das Harte besiegt, weiß jedermann auf Erden, aber niemand vermag danach zu handeln."
Thales von Milet, der um 600 vor Christus lebte, erkannte im Wasser den Urstoff des Seins und damit das Grundprinzip aller Dinge. Davon ausgehend lässt Goethe in seinem „Faust" Thales von Milet zu Nereus sagen
Alles ist aus dem Wasser entsprungen!
Alles wird durch Wasser erhalten!
Ozean gönn‘ uns dein ewiges Walten,
Wenn du nicht Wolken sendetest,
nicht reiche Bäche spendetest,
hin und her nicht Flüsse wendetest,
die Ströme nicht vollendetest,
was wären Gebirge, was Ebnen und Welt?
Du bist’s, der das frische Leben erhält,
du bist’s, dem das frische Leben entquellt.
Der Gedanke begegnet uns in der griechischen Mythologie in Gestalt der Göttin Hygieia, als Tochter des Heilgottes Äskulap, der Gesundheit und Prophylaxe mit der Aussage: Wasser dient vor allem auch der Verhinderung von Krankheiten.
Für den griechischen Arzt, Seher und Philosoph Empedokles (490 - 430 v. Chr.) existierten vier Urelemente, nämlich Feuer, Erde, Wasser und Luft. Aristoteles, ebenfalls Philosoph und Lehrer von Alexander dem Großen, erweiterte diese Ansicht auf vier Ureigenschaften: warm, trocken, feucht und kalt sowie deren Kombinationen. So entsteht zum Beispiel feucht-warme Luft, wenn sie aus kalt-feuchtem Wasser verdunstet.
Diese Ansichten hielten sich bis in das Mittelalter. Erst Antoine Lavoisier (1743 bis 1794) erkannte, dass Wasser kein Element, sondern eine Verbindung ist, die aus zwei Elementen besteht. Und schließlich sei noch Goethes „Gesang der Geister über dem Wasser" zitiert:
Des Menschen Seele gleicht dem Wasser.
Vom Himmel kommt es, zum Himmel steigt es
Und wieder nieder zur Erde muß es;
ewig wechselnd!
Damit wird auf den ewigen Kreislauf des Wassers auf unserem Planeten hingewiesen.
Dimensionen
Die gängige Einheit für Wasser ist wohl ein Liter (1 L), entsprechend einem Würfel mit einer Kantenlänge von zehn Zentimetern (10 cm). Für kleine Mengen kennen wir den Begriff Milliliter (ml). Ein Milliliter ist der tausendste Teil eines Liters, auch als Kubikzentimeter (cm³) bezeichnet:
1 L = 1.000 ml bzw. cm³
Weniger im Alltag gebraucht ist der Begriff Hektoliter. Ein Hektoliter (hl) entspricht 100 Liter. Die größte Volumenmenge wäre ein Kubikkilometer (km³); das entspricht einem Würfel mit einer Kantenlänge von einem Kilometer. Somit ist
1 km³ = 1.000 m · 1.000 m · 1.000 m = 1 Milliarde m³
Da das spezifische Gewicht des Wassers etwa dem Wert 1 entspricht (vgl. Kapitel Chemie und Physik des Wassers) wiegt 1 L Wasser ein Kilogramm (1 kg), und ein Kubikmeter (1 m³) demnach eine Tonne (1 t).
Haben Sie eine Küchenwaage, so wissen Sie, ein Teelöffel Wasser entspricht 5 ml und wiegt somit fünf Gramm (5 g). Etwa das Doppelte, nämlich 10 g bzw. 10 ml erbringt ein Esslöffel Wasser.
Am Tresen erhält man als kleinste Menge 20 ml, meist in Form von Weinbrand. In Russland bestellt man mitunter das Fünffache davon, gewöhnlich Wodka (Wässerchen), nämlich Sto Gramm (100 g) = 100 ml.
Bevor das Dezimalsystem üblich war, hatte man in früheren Zeiten die kuriosesten Raum- bzw. Hohlmaße. Als Beispiel sei der Scheffel genannt. Dessen Wert war nicht exakt definiert und schwankte wohl zwischen 30 und 300 Litern. Man stelle sich heute an der Tankstelle vor, auf die Frage: Wie viel? Die Antwort: 4 Eimer Benzin. Aber im Angelsächsischen sind heute noch solche für uns ungewöhnliche Maße üblich. In Nachrichten wird, wenn auch selten, der Begriff Barrel genannt und bezieht sich auf eine Fassmenge, wobei es obendrein noch einen territorialen Unterschied gibt. In den USA erhält man für einen Barrel 158,987 Liter und in Großbritannien darf es etwas mehr sein, nämlich 163,7 Liter. Ein US-Barrel entspricht ebenso 42 US-Gallonen (gal), denn eine Gallone sind in den USA exakt 3,785 L. In England versteht man unter ebensolchen Gallonen immerhin 4,546 L. Wohl Gewohnheitssache, da die restliche Welt mehr das Dezimalsystem wegen der besseren Vergleichbarkeit benutzt.
Die Darstellung von Konzentrationen gelöster Stoffe im Wasser ist einfach, da wir beim Dezimalsystem bleiben. Löst man beispielsweise einen Teelöffel Zucker in einem Volumen von fünf Kannen Wasser, so kommen wir auf den Einheitswert - den wir gut kennen - nämlich ein Gramm pro Liter (1 g/L). In der Wasseranalytik haben wir es aber vorwiegend mit kleineren Konzentrationen zu tun. In natürlichen Wässern liegen Stoffe in Konzentrationen von Milligramm bzw. Mikrogramm oder sogar Nanogramm pro Liter Wasser vor. Damit wir uns das vorstellen können, bleiben wir bei unserem Teelöffel mit 5 Gramm Inhalt, den wir in unterschiedlichen Volumen Wasser lösen:
1 Milligramm pro Liter = 1 mg/L = 1 Teelöffel Zucker gelöst in 5.000 L Wasser (ca. zwanzig Badewannen)
1 Mikrogramm pro Liter = 1 µg/L = 1 Teelöffel Zucker gelöst in 5.000.000 L Wasser (fünf Millionen Liter entsprechen ca. zwanzigtausend Badewannen)
1 Nanogramm pro Liter = 1 ng/L = 1 Teelöffel Zucker gelöst in 5.000.000.000 L Wasser (fünf Milliarden Liter entsprechen ca. zwanzig Millionen Badewannen)
Als Beispiel für den Milligramm-Bereich sei der Grenzwert von Nitrat genannt. Dieser liegt laut deutscher Trinkwasserverordnung bei 50 Milligramm pro Liter (mg/L). Bei kritischeren Inhaltsstoffen bewegen wir uns im Mikrogramm-Bereich. So darf z.B. bei Arsen der Wert von 10 Mikrogramm pro Liter (µg/L) nicht überschritten werden. Für sehr gefährliche Stoffe wie Dioxine oder PCB (polychlorierte Biphenyle) sind die gesetzlichen Vorgaben noch erheblich strenger, zumal man diese Verbindungen in dieser Größenordnung weder riechen noch schmecken kann. In jüngster Zeit hat man im Nanogrammbereich (ng/L) sogar schwer abbaubare Medikamente wie Ibuprofen und Diclofenac im Trinkwasser gefunden.
Es wird deutlich, wie wichtig es ist zu wissen, mit welcher Dimension ein Wert, z.B. ein Konzentrationswert oder ein Grenzwert, verknüpft ist, um sich klar zu machen, in welcher Verdünnung ein Stoff im Wasser vorliegt. In Verbindung mit Vergleichsdaten kann dann abgeschätzt werden, ob die Konzentration eines Stoffes im Wasser gesundheitlich förderlich oder schädlich ist.
Auch in der Homöopathie, einem Heilverfahren nach Hahnemann aus dem 19. Jahrhundert, hat die Konzentration, hier Potenzierung genannt, entscheidende Bedeutung. Die Bezeichnung D1 besagt das Verhältnis von 1 Teil Wirkstoff in 10 Teilen Wasser, Ethanol oder Tablettenmasse. Die oft benutzte Potenzierung D6 entspricht einer Verdünnung von 1 zu 1.000.000, oder praktisch ausgedrückt: 1 ml (Milliliter) einer Wirksubstanz in 1 m³ (Kubikmeter) Wasser. Trotz dieser geringen Konzentration, und auch bei weiterer Verdünnung, wird in der Homöopathie eine Wirkung erwartet.
Herkunft des Wassers
Wie bereits erwähnt umfasst das globale Wasservolumen 1,37 Milliarden Kubikkilometer. Wie diese nahezu 1,4 Trillionen Tonnen Wasser auf den blauen Planeten gelangten ist entwicklungsgeschichtlich noch nicht eindeutig geklärt. Es erscheint plausibel, dass die Erde sich aus feuchter Urmaterie formte, das Wasser also von Anfang an da war. Vieles spricht dafür, dass in späteren Entstehungsphasen der Erde wasserhaltige Asteroide zusätzliches Wasser auf die Erde transportierten.
Natürlicher Wasserkreislauf
Wasser befindet sich in einem ständigen Kreislauf. Auf diesem steten Kreislauf von der Atmosphäre über Bäche, Flüsse, Ozeane und zurück in die Lufthülle formt es das äußere Erscheinungsbild des Planeten stark mit. Indem es die Strahlung der Sonne einfängt, hilft es mit, die Temperaturen auf der Erde im angenehmen Bereich zu halten. In großen Meeresströmungen schleppt es große Mengen von Energien rund um den Globus, und bewahrt z.B. uns Europäer über den Golfstrom vor Dauerfrost. Schließlich hält Wasser die biochemische Maschinerie in allen Lebewesen unablässig am