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Hol ich mir: Geld, Konsum & Geltung
Hol ich mir: Geld, Konsum & Geltung
Hol ich mir: Geld, Konsum & Geltung
eBook720 Seiten8 Stunden

Hol ich mir: Geld, Konsum & Geltung

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Über dieses E-Book

"Hol ich mir!" - so heißt ein häufig aus dem Munde von Jugendlichen zu vernehmender Satz. Gemeint ist dann zumeist das "megageilste" Handy, die supercoole Jacke oder ein anderes "Must-Have" ...

Bemerkenswert dabei ist, dass in dieser Formulierung von "kaufen" gar nicht die Rede ist: Warum eigentlich nicht? Ist Geld ein Tabu-Thema unter jungen Leuten? Hat man es einfach, ohne darüber sprechen zu müssen? Ist man sich vielleicht über den Wert des Geldes nicht im Klaren? Sieht man die Arbeit gar nicht, die es gekostet hat, die "Kohle" zu erwerben?

Welche Bedeutung hat das Geldhaben und Geldausgeben für Jugendliche? Was für einen Stellenwert besitzen Konsumartikel innerhalb von Jugendkulturen? Inwieweit kann man sich in sie einkaufen? Angesagte Markenkleidung zu tragen, sich cool zu stylen, über neueste Informationstechnik zu verfügen - wieweit verschafft das Zugehörigkeit und Anerkennung?

Ersaufen die jungen Leute von heute im Konsumrausch? Riskieren sie leichtfertig, in Verschuldungsspiralen zu geraten? Kommt vielleicht sogar das dabei zu kurz, was wirklich wichtig ist im Leben? Zählt mehr Haben als Sein? Oder leben junge Menschen längst auch Alternativen und stehen hinter Fragen wie diesen nur die üblichen Besorgnisse älterer Menschen und das Lamento von missgünstigen Pädagog_innen?

In diesem Buch kommen zu diesen Fragen echte Expert_innen zu Wort: junge Leute selbst.
SpracheDeutsch
HerausgeberHirnkost
Erscheinungsdatum16. Dez. 2015
ISBN9783945398180
Hol ich mir: Geld, Konsum & Geltung

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    Buchvorschau

    Hol ich mir - Hirnkost

    Fischer.

    „So ‘n bisschen Hipster is eigentlich jeder."

    Paul, 16, Schüler und Marie, 15, Schülerin; beide an einem Gymnasium

    Paul, ich weiß von dir schon: Du trägst gerne Marken: T-Shirts von Abercrombie & Fitch, Unterhosen von Calvin Klein usw. Was ist denn das Coole daran, so Klamotten zu tragen?

    Paul: Ja stimmt schon, aber ich bin eigentlich nicht so der Typ, der Sachen kauft, die mir nicht gefallen, wo aber ‘ne Marke draufsteht. Es geht mir nicht so sehr um die Marke. Ob da jetzt Calvin Klein auf dem Shirt steht, is mir eigentlich nicht so wichtig, aber wichtig is mir, ob das T-Shirt gut aussieht. Und die ganze Unterwäsche kaufe ich mir ja nicht selber. Das wär mir auch zu teuer. Wenn ich mir selber Unterwäsche kaufe, dann von H&M. Anderes bekomm ich halt mal geschenkt. Ist auch nicht selbstverständlich immer so.

    Aber du bekommst es ja von deinen Eltern geschenkt, weil sie wissen: Abercrombie & Fitch und solche Marken findet unser Sohn cool.

    Paul: Ja, schon. Aber ich weiß nicht … ich bin jetzt auch gar nicht mehr so auf Abercrombie fixiert. Ich fand das immer cool, weil das gab‘s nur in Amerika. Ich trag auch gern mal Klamotten, die nicht jeder trägt. Und was mich jetzt ein bisschen stört, ist, dass Abercrombie jetzt nach Frankfurt gekommen ist und Hollister, die Geschwistermarke, nach Stuttgart. Jetzt trägt jeder zweite Typ Hollister-Zeug.

    Und du meinst, dadurch, dass man das jetzt auch hier kaufen kann, ist es jetzt ein bisschen entwertet?

    Paul: Ja. Ich fand‘s immer cool, weil mein Freund Julius und ich quasi die einzigen waren, die‘s hatten. So vor eineinhalb Jahren kannte das noch keiner, in Frankfurt trugen es nur ganz wenige. Das gab‘s halt in Deutschland nicht. Wahrscheinlich fand das deswegen jeder so cool. „Was haste denn da für ‘n Shirt an?, „Hab ich aus Amerika, so hat man das dann gesagt.

    Aber ich weiß, dass du auch Badeschlappen von Quiksilver oder so hast …

    Paul: Einfach auch weil‘s besser aussieht. Quiksilver hab ich immer gern getragen, weil ich bin auch viel geskatet und gelongboarded, da hat man sowas einfach getragen. Es ging mir nicht darum, mich dadurch nur wie ‘n Skater zu fühlen, sondern ich stand damals einfach darauf, Skate-Sachen zu tragen. Da trägt man halt nicht Deichmann, da trägt man halt Quiksilver und Volcom, WeSC und so Zeug.

    We … was?

    Paul: [buchstabiert englisch:] W, E, S, C oder [buchstabiert deutsch:] W, E, S, C sagen auch manche. We are the Superlative Conspiracy. Solche Marken oder G-Star sind cool. Und Hugo Boss. Aber das tragen dann eher die edlen Leute. Quiksilver und Volcom sind halt eher die Skater-Sachen, so ‘n bisschen ausgefranst. Das hat auch ‘ne Zeitlang echt keiner getragen, aber das trägt jetzt auch jeder …

    Und dadurch ist es wieder nicht mehr so viel wert?

    Paul: Ja, eben. Das erklärt sich auch ein bisschen selber: Wenn man jetzt was hat, was eigentlich keiner hat, ist es was Cooles. Keiner kennt‘s, jeder will‘s, so. Aber wenn jeder dasselbe anhat, dann is es ja irgendwie langweilig.

    Aber dann kannste dir ja genauso gut Klamotten ausm Second-Hand-Laden kaufen. Die hat ja auch keiner – irgendwie abgerissene Klamotten …

    Paul: [Lacht.] Ja, okay. Hab ich jetzt noch nicht so drüber nachgedacht. Ehrlich gesagt: Ich kenn keinen Second-Hand-Laden und probier nicht so viel Neues. Ich kauf auch eher in Einzelgeschäften.

    Und jetzt geh ich halt gerne in die Jugendabteilung bei Peek & Cloppenburg.

    Echt? Peek & Cloppenburg?

    Paul: Ja, die sind nicht so teuer wie viele denken. Aber wenn man da ins Tiefgeschoss runterfährt, da gibt‘s einfach Jugendklamotten. Ist jetzt nich billig unbedingt, aber es is auch nich teuer. Is halt einfach auch so ‘n bisschen Style. Sieht auch besser aus als beim Karstadt.

    Marie: … gut und stylisch.

    Paul: Gechillt!

    Ah ja, okay. Ich kann mich erinnern, dass du, Paul, früher so ‘n Baseball-Cap getragen hast, ich seh dich überhaupt nicht mehr mit so ‘ner Kappe. Ist das uncool, oder, um es in euern Worten zu sagen, unstylish geworden?

    Paul: Ja diese New Era Caps. Das hat auch zum Skater gehört. Am Wochenende hat man sich halt so aufm Skatepark getroffen, Kopfhörer reingesteckt, ‘ne Cap auf, und dann is man halt mit seinem Skateboard rumgefahren.

    Ehrlich gesagt: Ich kenn keinen Second-Hand-Laden.

    Und du, Marie, hast Ehrlich gesagt: Ich du auch Vorlieben für kenn keinen bestimmte Marken?

    Marie: Nö, also eigentlich nicht. Ich kauf gern bei H&M ein. MANGO find ich auch nicht schlecht, oder ZARA. Aber mir geht‘s halt nicht wirklich um die Marke, mir geht‘s auch ein bisschen um die Qualität. Ich kauf das, was mir gefällt, egal wo eigentlich.

    Hast du Freundinnen, für die das anders ist, die mehr nach Marken gucken?

    Marie: Nicht Freundinnen. Ich kenn aber Menschen, die haben sehr viel Geld, und die sagen, dass es peinlich ist, bei New Yorker z. B. einzukaufen.

    Und Schuhe oder sowas?

    Paul: Vans.

    Marie: Ja, Vans find ich gut. Die sind zwar eigentlich schon relativ teuer, aber es sind halt Schuhe, in denen ich mich wohlfühl. Es ist zwar schon irgendwie langsam langweilig, weil so viele die anhaben, aber ich find‘s eigentlich trotzdem noch gut.

    Was für Klamotten würden denn gar nicht gehen? Welche Marke oder welchen Style würdet ihr nicht anziehen?

    Marie: Also Marke gibt‘s eigentlich keine, wo ich jetzt sagen würde: Nein, auf gar keinen Fall …

    Paul: Doch! Gibt‘s schon …

    Marie: Also das hört sich jetzt vielleicht ein bisschen arrogant an, aber ich würd jetzt irgendwie nicht in KiK gehen. Das hat für mich ‘nen schlechten Ruf einfach. Nicht, weil‘s billig ist. Aber ich würde jetzt auch keinen verurteilen, weil er KiK-Sachen anhätte. Das hat ja auch manchmal mit dem Geld zu tun. Wenn manche Menschen sich teurere Sachen nicht leisten können, dann sollen sie, dann können sie KiK haben. Das stört mich nicht.

    Womit bringst du den schlechten Ruf zusammen?

    Marie: Irgendwie, dass es keine so gute Qualität hat oder dass es halt sehr viel Kinderarbeit anscheinend hat. Ja, aber das kann man eigentlich bei allen Klamotten, auch bei Breuninger-Klamotten sagen. Auch teure Marken nutzen Kinderarbeit. Aber ich würde jetzt halt mal sagen, dass es vermehrt in solchen Discountern is.

    Paul: Ich kauf auch nich bei KiK. Okay, wenn ich nur sowas zum Drunterziehen brauch, ‘n T-Shirt unter ‘nem Hemd oder so, dann kauf ich mir irgend so ‘nen 6-Euro-Scheiß. Das is wahrscheinlich genauso blöd produziert wie beim KiK, hol‘s trotzdem beim H&M, ich weiß nicht. Ich würd auch nich sagen, wenn jemand KiK anhätte, is er irgendwie blöd oder ich will nix mit ihm zu tun ham, der hat kein Geld oder so, das würd ich niemals sagen. Ich hab auch Leute unter meinen Freunden, z. B. einen aus meiner Klasse, der hat eigentlich, ich würd mal sagen, Style hat der nicht wirklich.

    Style ist ja auch so ein bisschen, was grad passt.

    Was ist denn Style?

    Paul: Ja, ich weiß nicht so genau, so ‘ne Kombination von Klamotten halt.

    Marie: Ja, Style ist ja auch so ein bisschen, was grad passt.

    Paul: Ein Freund aus meiner Klasse is total der nette Typ, einer, den ich als Typ total schätze. Ich find den total nett, aber was der trägt, das passt nich zusammen.

    Marie: Das is ja auch Geschmacksache.

    Da gehen also Signalwirkungen von den Klamotten aus?

    Paul: Ja … ja, ich weiß nicht.

    Marie: Also wenn sie jetzt z. B. nur Markensachen anhaben, dann macht‘s für mich schon ‘n bisschen den Eindruck, als achtet derjenige schon ziemlich aufs Geld. Oder wenn auch ‘n Mädchen nur Markenklamotten anhat, also mit Ja, und was wollen die dann damit signalisieren, was Riesen-Buzzern überall drauf. Wo das Logo halt so fett drauf is und ‘n gleiches T-Shirt viel weniger kosten würde.

    Ja, und was wollen die dann damit signalisieren, was meinst du?

    Marie: Z. B. dass sie Geld haben. Das find ich dann auch ziemlich assi gegenüber den Menschen, die‘s eben nicht haben. Oder aber z. B. Mädchen mit sehr betontem Ausschnitt, wo man den BH oder so sieht, dann denk ich auch im ersten Moment, dass die sich da billig hergeben.

    Da gibt‘s also welche, denen sieht man gleich an, zu was für ‘ner Szene die gehören, ob die arrogant sein wollen oder …

    Marie: … oder ob sie assi sind [lacht].

    Paul: Das sind eigentlich die einzigen Leute, wo man auf den ersten Blick sieht, wie sie drauf sind.

    Wie seh ich denen das denn an? Was haben die an, die „Assis"?

    Paul: Tja, ich mein, ich würde nicht asozial sagen, aber die haben dann so Picaldi-Hosen an. Oder Alpha Industries und so ‘ne Scheiße. Und dann gehört eigentlich noch so ‘ne New Era Cap bei denen dazu, nich solche, wie ich immer anhatte, Amerika Caps, sondern so voll gebogene. Und da steht dann irgendwelche dumme Schrift drauf, keine Ahnung. Trotzdem kenn ich Leute, die so was tragen und trotzdem total nett sein können.

    Was für ‘ne dumme Schrift? Ne Marke?

    Paul: Ja, irgendwie so ‘ne Assi-Marke, würde ich jetzt mal sagen.

    Marie: Oder Adidas.

    Wenn du dann so einen siehst in der Bahn, dann wissen wir sofort: Mit dem können wir nix anfangen.

    Adidas?

    Paul: Adidas is jetzt auch schon so ‘n bisschen rübergezogen.

    Marie: Ja, früher war‘s, glaub ich, nich so, aber …

    Paul: Ja, ich hab ja auch noch Adidas.

    Marie: Ich find: Manche haben das an und sind nicht asozial, Aber ich find: Wenn jetzt jemand von oben bis unten mit Adidas oder so sportlich angezogen is, dann kommt‘s vor allem bei Jungs, oder auch bei Mädchen, eigentlich schon ein bisschen komisch.

    Paul: Es gibt auch so was wie Thug Life. Das trägt auch jeder. Das kann man sogar noch tragen zu ‘ner Jeans, finde ich. Da is vorne so ‘ne Art Totenkopf drauf. Sieht dann auch gar nicht schlecht aus. Aber wenn man ‘ne Jogginghose anhat, ‘ne ausgeleierte, ‘ne Joggingjacke und dann noch ‘ne Cap, möglichst dunkle Nike-Schuhe, so alte Air Max … so „ey, ich bin voll der Coole". Wenn du dann so einen siehst in der Bahn, dann wissen wir sofort: Mit dem können wir nix anfangen.

    Was is der denn dann wahrscheinlich, wenn der sowas trägt?

    Paul: Ja also, ich würd halt sagen, das sagt man halt so in der Jugendsprache: so Kanake. Aber ich würd nicht sagen „Ey, du Kanake!", aber eigentlich sagt man schon Kanake. Klingt irgendwie so, als wär man was Besseres, aber irgendwie … Man sagt das halt: Kanake, oder Assi oder so, weiß nicht.

    Picaldi und so ‘n Zeug – sind die Klamotten billiger oder teurer als die, die ihr tragt?

    Marie: Das weiß ich nich, da hab ich keine Ahnung. Ich will jetzt auch keinem Menschen sagen, dass er assi ist, nur weil er billige Sachen anhat. Aber einfach so vom Style her … Ich weiß nicht. Das kann man nicht richtig beschreiben.

    Vom ersten Eindruck her?

    Paul: … is der gleich in so ‘ne Kategorie gerutscht, find ich.

    Marie: Ich weiß auch, dass wir heutzutage ein bisschen oberflächlich sind. Im ersten Eindruck viel zu oberflächlich eigentlich. Aber das hat sich halt irgendwie so entwickelt, vor allem bei den heutigen Jugendlichen. Dass, wenn man einen sieht, der halt ‘n Stempel abkriegt. Das is einfach so.

    Und, Marie, speziell die Mädchen, mit denen du nix zu tun hast …?

    Paul: … die tragen genau dasselbe.

    Marie: Fast eigentlich gleich.

    Paul: Bei denen glänzt halt alles.

    Marie: Auch. Also es gibt da eher die Schickimicki-Tussen, die auch kanakig sein können, wie auch eigentlich das Gegenteil: Joggingstyle. Auch die Schminke kommt z. B. bei denen ‘n bisschen asozial rüber, is tausendmal fetter aufgetragen wie bei denen, die nur normal rüberkommen. Aber das hat ja eigentlich nix mit ‘m Charakter zu tun, das is ja nur der erste Eindruck irgendwie. Oder dass die Haare auch ‘n bisschen schmieriger sind … Das macht keinen guten Eindruck, find ich.

    Hab ich dich richtig verstanden: Es gibt zwei Sorten: Die aufgerödelten Tussen und die in den Joggingjacken?

    Marie: Das is eigentlich fast die gleiche Kategorie sozusagen. Also die, die nur mit Joggingsachen rumlaufen, und die, die fast nur Markensachen anhaben und noch diese meterdicken Make-Up-Schichten draufhaben.

    Würdest du sagen, das sieht irgendwie ein bisschen nuttig aus?

    Marie: Ja, würd ich schon sagen.

    Paul: Ja. Ich glaub, das würden viele sagen.

    Marie: Die können ja vielleicht die nettesten Menschen sein, aber die machen für mich halt so ‘nen Eindruck.

    Und die Jungs, die so gekleidet sind wie du jetzt grad beschrieben hast, was sind die?

    Paul: Auch solche Assis. Ich mein, die machen mir jetzt nicht wirklich Angst. Wenn ich jetzt so ‘nen einzelnen Typen seh in meinem Alter, der macht mir jetzt nicht Angst. Weil manche sagen ja, vor dem muss man Respekt haben. Das macht mir aber keine wirkliche Angst. Wenn die in Gruppen auftauchen, okay, mach ich halt kurz ‘nen Bogen drum. Ich stör mich eigentlich eher daran, wie die rumlaufen. Und das Problem is: Die merken selber nicht, dass es beschissen aussieht. Ich find es eher ‘n bisschen lächerlich, wie die rumlaufen. Die könnten sich von demselben Geld genauso die Klamotten kaufen, die ich auch hab. Ich sag ja nicht, dass die irgendein Hugo-Boss-Zeug brauchen. Ich glaub aber: Vom Preis her is es genau dasselbe wie das, was ich und auch Marie tragen.

    Okay. Ich nenn euch jetzt mal ‘n paar Marken-Namen. Sagt doch mal ein, zwei, drei Worte, die euch dazu einfallen. Volcom

    Paul: Skater

    Marie: Is eher so ‘ne Jungs-Marke.

    Quiksilver …

    Paul: Surfer …

    Marie: Ja, Sport.

    Paul: Adonis-Körper!

    Adonis-Körper? Oder was hast du gerade gesagt?

    Paul: Ja, Adonis-Körper wie ein Profi-Surfer. Is so ‘n Spruch von ‘nem Rapper. Kollegah.

    Vans …

    Marie: Hipster.

    Paul: Hipster.

    Hipster?

    Marie: Ja, also Mainstream. Alle haben das an.

    Aber is denn Hipster Mainstream?

    Paul und Marie gleichzeitig: Ja!

    Marie: Also das war mal früher jemand, der ganz auffällig war oder ganz als Einzelner in einer Riesenmenge auffiel. Aber heutzutage haben es halt alle abgeguckt.

    Und ihr seid nich Hipster?

    Marie: Also ich hab manche Sachen, die auch Hipster anhaben.

    Paul: Marie ist nicht wirklich ‘n Hipster. Würd ich nicht sagen. Man kann auch nicht einmal durch die Königstrasse laufen ohne, selbst wenn du es nicht willst, was kaufen zu müssen, was ein bisschen Hipster aussieht. Du kriegst nix anderes mehr in der Stadt. Sieht alles meistens beschissen aus, wie ich find. Hipstermäßig sieht echt kacke aus.

    Wie sieht Hipster denn aus, außer dass die große Brillen tragen? So viel weiß ich.

    Marie: Also manche Sachen find ich gut: Vans. Aber so ganz auffällige Sachen, so übertriebene, wo jetzt überall Nieten drauf sind, so richtig überhyped oder so.

    Nieten bei Hipstern? Auch bei Mädchen?

    Marie: Ja, auch.

    Paul: Auch bei Jungs.

    Marie: Jungs tragen auch immer mehr so Sachen wie Mädchen. Grad diese engen Hosen oder Vans. Es unterscheidet sich eigentlich gar nicht mehr so viel zwischen Jungs und Mädchen, zumindest bei Hipstern. Nur dass Jungs halt die engen Jungs-Hosen und Mädchen halt Leggins anhaben.

    Und oben rum? Was ham die Jungs an?

    Marie: Oben rum ham Jungs halt so ‘n möglichst schlichtes Oberteil.

    Hemd, oder?

    Paul: Ja.

    Marie: Oder was ganz Auffälliges.

    Paul: Meistens was ganz Auffälliges. Sieht aus wie von der Oma gestrickt.

    Marie: Oder Army-Muster.

    Paul: Boah, das is so scheiße.

    Marie: Oder Undercut, an der Seite so ganz kurz. Sieht auch gar nicht mal so schlecht aus, aber das hat halt grad irgendwie jeder. Deswegen is es auch nix mehr Besonderes. Und die, die es einfach übertreiben, sehen dann auch wieder komisch aus.

    Undercut? Ich hab‘s noch nicht ganz …

    Paul: Ich trag auch ein bisschen ‘nen Undercut. Aber die wirklichen Undercuts sind noch extremer. Extrem-Hipster haben dann so ‘ne Fontäne oben; die is so drei Meter lang. Nee, is übertrieben, aber schon lang. Und viel Gel. Praktisch ‘ne Tube Gel im Haar.

    Also bist du auch ein bisschen Hipster?

    Paul: Nein, nur meine Frisur ein wenig.

    Und deine Schuhe.

    Paul: Ja, das nervt mich. Air Max waren früher nicht Hipster. Nike ist aber auf die Idee gekommen, noch so Farben wie Rot oder Lila reinzuknallen in die Schuhe. Und seitdem kommen die ganzen lächerlichen Hipster damit angelaufen.

    Sind Hipster nich eigentlich älter als ihr? Sind die nicht eher über 20?

    Marie: Ja, gibt‘s auch. Aber die werden immer jünger. So 16.

    Paul: Es gibt inzwischen auch Zwölfjährige.

    Marie: Am Anfang waren es eigentlich nur Erwachsene, so 20-Jährige. Aber dann hat sich‘s halt auf die neue Generation, also die 16-Jährigen, übertragen, und jetzt tragen‘s sogar schon die Achtklässler.

    Bei manchen Hipsterjungs find ich, dass die feminin rüberkommen.

    Und wenn ich jetzt Hipster sage, was fällt euch dazu ein?

    Marie: Vans.

    Paul: Schwul.

    Schwul?

    Paul: Ja, ich find schon.

    Marie: Ja ich find‘s auch. Bei manchen Hipsterjungs find ich, dass die feminin rüberkommen.

    Feminin rüberkommen?

    Marie: Enge Hosen.

    Paul, Du hast eben „schwul gesagt, meintest du eher „feminin?

    Paul: Ja genau. Vans sind unisex, die kann jeder tragen. Die Hose is bei denen wirklich eng. Das is eigentlich schon ‘ne Leggins für Frauen. Ich weiß gar nicht, wie die Leute es schaffen, da reinzukommen und dann bei den Übertriebenen: Die krempeln die Hosenbeine dann noch hoch, egal ob Frühling, Sommer oder Winter. Und dann oben noch so ‘n Oma-Hemd, irgendwelche Giraffenmuster drauf, so übertriebene Giraffen und Nilpferde, so richtig dumme Sachen. Deswegen sieht‘s auch richtig hässlich aus. Meistens dann noch so ‘ne Kette. „Swag oder irgendwas muss da draufstehen, „Peace out oder so richtiger Schwachsinn. Dann noch ‘ne Mütze, wo draufsteht „Smoke weed everyday". Noch nie irgendwie Gras geraucht, aber Smoke weed everyday! Und noch so ‘n Hanfblattzeichen drauf! So richtig lächerlich! Sieht total bescheuert aus! Sorry, ich kann damit nichts anfangen. Das is genau wie bei den Kanaken. Ich kann die einfach schon direkt einstufen und das bestätigt sich auch meistens.

    Marie: Ja, und die meisten Hipster denken auch, dass sie sehr cool sind.

    Paul: Ja. Die sehen aber alle gleich aus. Ich glaub, das realisieren die gar nicht mehr. Die denken halt, sie wären was Besonderes.

    Marie: Ja, und mir is halt auch aufgefallen, dass die meisten Hipsterjungs richtig dünn sind, also groß und dünn.

    Paul: So ‘n bisschen wie ein Student. Groß, dünn.

    Aber was ist für euch jetzt so schlimm daran, Hipster zu sein?

    Marie: Ich find sie sogar gut in manchen Dingen.

    Paul: Ja, Marie findet‘s okay.

    Marie: Ich find: Manche Sachen sind halt übertrieben.

    Übertrieben?

    Marie: Ja, also wenn man sich jetzt so überstylen muss, sozusagen.

    Ist das dasjenige, was die Hipster eint mit denen von der anderen Seite, den „Assis", weil die auch überstyled sind?

    Paul: Nee. Die Assis sind nicht überstyled. Die einzigen, die überstyled sind, sind die übertriebenen Hipster. Es gibt normale Hipster. So ‘n bisschen Hipster is eigentlich jeder, muss man ganz ehrlich sagen. Man kann einfach echt nix mehr kaufen, was nicht ein bisschen als Hipster eingestuft werden kann. Da musst du dann eben bei Hugo Boss und Prada einkaufen, um nicht so auszusehen. In Jugendabteilungen sieht meistens einfach alles gleich aus.

    Gibt‘s auch so was wie hipstermäßige Musik?

    Marie: Cro!

    Paul: Ja, und die meisten hören Casper. Casper, Cro und so ‘n bisschen Kindergartenzeugs.

    Marie: Es würde kein Assi auf ‘n Cro-Konzert gehen.

    Paul: Niemals! Das is für die Abschaum. Ich mein, Cro, ich hab den mal ‘ne Zeitlang ‘n bisschen gemocht, wo ich so ‘ne Phase hatte, aber ich hab inzwischen ‘nen Hass entwickelt gegen den.

    Mmh. Wenn man so diese Typen sieht, die ihr Hipster nennt, Assi oder die Piccaldi-Träger – kann man davon ausgehen, dass man weiß, was die für Musik hören?

    Paul: Ja.

    Marie: Bei Assis, ja. Also es heißt jetzt nicht gleich, dass man Assi is, wenn man z. B. Kollegah hört. Aber es ist halt meistens deutscher Gangsta-Rap, der sehr frauenabwertend is.

    Paul: Klar. Aber es stimmt nicht ganz, was Marie gesagt hat. Die wirklichen Assis, die hören noch was ganz Anderes. Die hören Haftbefehl und ich weiß nich. Ich hör gern Kollegah, weil der hat einfach so eine krasse Art, Texte zu schreiben. Der ist einfach für mich der beste Rapper. Seine Texte sind genauso frauenfeindlich wie von Haftbefehl. Haftbefehl ist ja kein Rapper, das ist einfach nur übelst gekotzt, und da kann man gar nix mehr verstehen. Bei Kollegah hast du dagegen geniale Texte. Der hat ein Dualalbum gemacht mit einem seiner besten Kollegen Farid Bang. Das sind beide gute Textschreiber, die sind anspruchsvoller.

    Die sind anspruchsvoller? Die Texte?

    Paul: Ja, find ich zumindest. Was die für Rhymes und Wortspiele machen, macht Sinn.

    Marie: Ich find die jetzt auch nicht so schlecht, aber ich find halt allgemein frauenabwertende Texte nicht so gut, weil dann kommen halt diese Aslak-Jungs und denken, sie müssten so Mädchen behandeln.

    Wie? Was für Jungs?

    Marie: Aslak-Jungs. Assi-Menschen, von asozial.

    Paul: Aslak-Jungs das is ‘n Ausdruck aus der Rapperszene.

    Marie: … die so Ausdrücke von sich geben. Die denken, es wär total cool, ‘n Mädchen die ganze Zeit „bitch" oder so zu nennen. Das find ich dann halt irgendwie ziemlich abwertend. Man kann sogar so was hören, wenn einem das gefällt, aber ich find halt nich, dass man sich das dann zum Vorbild nehmen sollte, so ein Mädchen abwertend zu behandeln. Dass da so richtig brutale Szenen vorgespielt werden, vor allem mit Frauen, das find ich nicht okay. Es gibt irgendwie ‘ne Grenze. Kann sein, dass einem der Rhythmus oder die Stimme von einem Sänger gefällt oder auch meinetwegen der Text, aber man sollte das nicht umsetzen.

    Paul: Ich hör auch Kollegah und Farid Bang, aber die sind nicht meine Vorbilder. Als Typen sind die wahrscheinlich lächerlich und denken, sie wären die Obermacker und Oberkiller. Aber die Texte sind halt geil.

    Wir hatten eben die Hipster. Was hören die Hipster?

    Marie: Auch amerikanischen Rap.

    Paul: Die sagen: „Was hörst du denn für blöde Musik?", wenn ich sage, ich hör Kollegah und so. Die checken aber nichts, die hören Tiger und Kid Ink. Und da gibt‘s Titel, die heißen „Bouncing on my dick" und so, weißte? Die ganzen amerikanischen Texte, die sind genauso wie die deutschen. Nur: Man achtet eher auf den Beat und auf die Stimme, weil man den Text ja nicht versteht. Deswegen is auch nich so klar, um was es da eigentlich geht in dem Lied. Dabei geht‘s genau um dasselbe, also Frauen als Nutzobjekte und so, das sind alles nur bitches und so. Die checken das aber nicht und denken, das wär qualitativ bessere Musik. Dabei ist das Scheiß-Musik.

    Marie: Stimmt schon.

    Jetzt seid ihr ja als Pärchen zusammen.

    Paul: Ja. Seit sieben Monaten …

    Marie: … und zwölf Tagen.

    Und da kommt‘s ja auch drauf an, wie einem der Andere äußerlich gefällt, auch was den Style angeht, oder?

    Marie: Ja okay, der erste Eindruck macht eigentlich schon viel aus. Aber wenn man einen dann näher kennt, dann is es eigentlich egal, was er anzieht. Da würd ich jetzt nicht gleich sagen: „Iiih, geh weg!" oder so.

    Ich verstehe. Aber am Anfang, als du Paul gesehen hast, hast du gedacht: Aah, der Typ …

    Marie: Ja, halt, keine Ahnung, dass er halt nicht aussieht wie ein Kanake. Und auch nicht aussieht wie ein Schnösel. Dass es auch kein Flop is. Er is ja jetzt auch keine Stylepanne oder so.

    Und was sagt die Stylepanne, die keine ist, umgekehrt?

    [Gelächter]

    Paul: Mmh. Ja, ich find sie hat ‘nen guten Style. Aber das is so wie Marie es eigentlich schon gesagt hat: Auf den ersten Blick kann man nicht sehen, ob die cool drauf is oder nicht. Ich kannte sie am Anfang ja gar nicht, bevor wir da uns näher traten. Und da zählt ja einfach auch das Äußere, muss man ehrlich sagen. Sagen wir mal: Du bist in der Kneipe und du siehst ‘n hübsches Mädel, gehst du auch drauf zu. Du gehst ja nicht auf ‘n Mädel, das dir nich gefällt, drauf zu. Is ja klar. Und jetzt – ich sag mal so: Wenn Marie sich jetzt ‘ne hässliche Hose kauft, die ich nicht hübsch finde, würd ich nicht sagen: „Gefällt mir nicht. Ich hab keine Lust mehr auf dich!" Dann is es eher wichtiger, was halt drinsteckt, quasi.

    Okay. Jetzt zum Abschluss würd ich euch gern einfach ein paar Begriffe hinwerfen und ihr sagt, was euch spontan dazu einfällt. Okay? – Assi.

    Marie: Ein Mensch, der sich nicht ausdrücken kann, ohne Ausdrücke zu sagen. Der schmierig aussieht. Schlechter Umgang mit Frauen und Mädchen. Nicht sehr nett, unhöflich.

    Paul: Ja, aufmüpfig, provokativ – immer. Sucht Ärger, hat aber eigentlich nix in der Hose. Fühlt sich stark mit seiner Gruppe, aber allein nicht immer. Jogginghose und meistens leider Ausländer. Ich kenn wenige deutsche Kanaken.

    Marie: Ich glaub, die meisten Kanaken sind vielleicht Deutsche. Deutsche, die nicht aus guten Verhältnissen kommen und das nicht irgendwie anders verarbeiten können. Daher werden sie halt zu Menschen, die bei anderen Kanaken Halt suchen und …

    Kanaken können auch Deutsche sein, hast du gerade gesagt?

    Paul: Ja. Kanaken sieht man an, …

    Marie: … dass sie Assi sind.

    Paul: Die tragen Jogginghose. Es gibt auch asoziale Hipster, aber die fühlen sich trotzdem wie ein Kanake. Es gibt auch andere deutsche Assis, die sich gerne fühlen wie Kanaken. Oder die denken, sie wären Kanaken. Gibt‘s auch bei uns an der Schule. Ganz klar.

    Okay. Zweiter Begriff: Mainstream.

    Paul: Hipster.

    Marie: Alles gleich haben. Alle hören die gleiche Musik, nur weil‘s alle hören, alle haben die gleichen Sachen an, nur weil alle Menschen das anhaben. Ja, das versteh ich unter Mainstream.

    Paul: Die sitzen da auf der Treppe am Schlossplatz, neben dem Museum. Da sind diese ganzen Homos, Hipster, genau.

    Ich glaub, die meisten Kanaken sind vielleicht Deutsche. Deutsche, die nicht aus guten Verhältnissen kommen und das nicht irgendwie anders verarbeiten können.

    Sitzt ihr da auch schon mal?

    Marie: Vielleicht ab und zu.

    Paul: Ich mag‘s gerne mal, weil der Starbucks is ja nebenan. Dann hol ich mir da ‘nen Kaffee und dann setz ich mich da auf die Treppe tagsüber. Aber wenn du da freitagabends bist und du magst solche Leute wie Hipster nicht, dann stirbst du da mit den ganzen Leuten.

    Wo geht man dann hin?

    Paul: Man trifft sich an der Treppe, man geht zum REWE-City, weil die Verkäufer es da nicht checken, dass 12-Jährige noch nicht 16 sind und nicht nach dem Ausweis fragen. Weil die kleinen Babies da immer Alkohol bekommen. Dann ruckzuck mit der U-Bahn zum Killesberg, sich da betrinken, total überdrehen, irgendwelche Leute anpöbeln. Also ich red von Hipstern, die dann betrunken auch total überdreht sind und rumschreien. Dann wird da geshisht, geraucht, gekifft. Alles Mögliche.

    Du redest jetzt nicht von dir …

    Marie: Man läuft so, keine Ahnung. Es gibt immer irgendwelche Plätze, wo man sich mal hinsetzen kann, oder man geht, keine Ahnung, zur Aussichtsplattform. Jeder hat so seine bestimmten Plätzchen.

    Paul: Ja, unser Plätzchen is meistens an ‘ner Schule. Da kaufen wir dann unser Bier vielleicht und setzen uns da hin. Da is es auch ruhig, total abgeschnitten von verschiedenen Gärten. Das sieht auch keiner und das stört auch keinen, wenn man da so ‘n bisschen leise Musik nebenher hört.

    Noch ‘ne ganz provokative Frage zum Schluss. Wenn jetzt einer zu euch sagt: „Ihr seid so richtige Wohlstandskids!"

    Paul: Es kommt drauf an, was für ein Typ der ist. Wenn es jetzt ein Hipster is, dann würd ich einfach sagen: „Solang ich nich so ausseh wie du, is bei mir eigentlich alles cool." Ich hab irgendwie Vorurteile gegen die, oder sagen wir: Gegen die meisten von denen, und ich mag die nicht. Und bei so Asozialen, die dann auch meistens in Gruppen sind, würde ich nicht provozieren und würd einfach weitergehen. Halt‘s Maul, tschüss! Ich muss mich vor niemandem rechtfertigen. Mir geht‘s normal gut, aber ich bin nicht reich.

    Marie: Wenn er selber auch so aussieht wie ich, dann würde ich sagen: „Ja, guck dich doch selber an!" Aber wenn‘s jetzt so ‘n Assi zu mir sagen würde, dann würde ich denken: Rede mich nicht so dumm von der Seite an. Niemand muss zeigen, wie viel Geld er hat. Und ich tu das auch nicht. Deswegen hat er auch keinen Grund mir zu sagen, dass ich ein Wohlstandskind bin. Weil eigentlich ist jeder, der sich Klamotten leisten kann und genug zu essen hat und ein Haus oder ‘ne Wohnung hat, wenn man sich die Relation zu anderen Menschen anguckt, selber auch ‘n Wohlstandskid.

    Stellenangebot

    Wir stellen ein:

    Arbeiter_innen zur Produktion von Textilien, Schuhen, Spielzeug etc.

    Wir bieten:

    •körperlich extrem harte Arbeit

    •einen Stundenlohn zwischen 5 und 10 Cent

    •keinen Urlaubsanspruch

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    •keine Krankenversicherung

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    •keinerlei Sozialversicherung

    •einen lebensgefährlichen Arbeitsplatz ohne jeglichen Arbeitsschutz

    •eine ruinierte Umwelt als Folge unserer giftigen Produktionsrückstände

    Wir erwarten:

    7 Tage Arbeit pro Woche, 12 Stunden pro Tag

    uneingeschränkte Loyalität zum Arbeitgeber

    keine gewerkschaftliche Unterstützung in Anspruch zu nehmen

    Findest du das etwas unfair?

    Falls ja, dann darfst du bei uns leider nichts mehr einkaufen, denn mit jedem Kauf akzeptierst und förderst du genau diese Art der Ausbeutung in den Produktionsländern. Unter fairen Produktionsbedingungen könnten wir unsere Produkte niemals so billig anbieten und dabei trotzdem horrende Gewinne abschöpfen.

    Mehr dazu unter:

    http://www.das-ist-untragbar.de/de/home.html#.U1jLELAbyH4.facebook

    Hipster

    „Hipster leitet sich von den bedeutungsgleich verwendeten Adjektiven „hep und „hip ab, die spätestens seit den 30er Jahren im New Yorker Stadtteil Harlem unter Jazz-Musikern und Entertainern in Gebrauch waren. Damals bezeichneten sie Personen, Dinge oder Verhaltensweisen, die besonders ausgeklügelt und künstlerisch fortgeschritten erschienen, ja geradezu eine gewisse Erfahrenheit in geheimen Künsten widerzuspiegeln schienen. Das Substantiv „Hipster fand in diesem Zusammenhang insbesondere Anwendung auf Personen einer kleinen Subkultur der jungen weißen Mittelschicht, die in ihren Musikpräferenzen, Sprechweisen, Tanzstilen, Auftretens- und Konsumweisen sowie Stylingvorlieben die ursprüngliche Hip- und Coolness der afro-amerikanischen Bebop-Szene kopierten und sich als intellektualisiert-freigeistige „white Negroes" (Norman Mailer) gerierten.

    Das Wort „Hipster verlor sich nach den 60er Jahren und tauchte erst seit der Jahrtausendwende wieder vermehrt auf. Seitdem ist damit ein Phänomen gemeint, das sich vor allem von New York ausgehend weltweit ausgebreitet hat: Ein betont individualistisches Gebaren, Styling und Konsumverhalten, das sich als avantgardistische Abgrenzung von der Massen- und Popkultur zu erkennen geben will, indem es den „mainstream karikiert und ironisiert, z. B. mittels Trucker-Käppis, dunklen Hornbrillen, Holzfällerhemden, „mesh T-Shirts, Jutebeuteln, weiteren Accessoires einer „white trash-Kultur u. a. stets auch aktualisierten Insignien einer durchaus unpolitischen Absetzung. Dabei wird immer deutlicher, dass „Hipster" kaum vermeiden können, konsumkulturell eingeholt und kommerziell vereinnahmt zu werden.

    Näher dazu:

    http://www.dissentmagazine.org/online_articles/the-white-negro-fall-1957

    Greif, Mark (Hg.): Hipster. Eine transatlantische Diskussion. Berlin 2012: Suhrkamp.

    „Ich bin trend."

    Es ist 11:25 Uhr an der Rosensteinschule, einer Hauptschule im Stuttgarter Norden. Mit 21 Jungen und Mädchen der achten Klasse sitzen wir in einem Klassenraum im Stuhlkreis. „Dialog-macht-Schule" dürfen wir heute übernehmen – und es geht um Marken, Geld und Angesagtes. Uns interessiert, was die Kids darüber denken. Mit Hilfe von kleinen Aufgaben beginnen wir zu diskutieren.

    Zunächst legen wir zahlreiche Bilder von angesagten Konsum-Artikeln auf den Boden. Die Aufgabe lautet: Ordnet den Bildern entsprechende Adjektive zu!

    Hier liegt ein Bild von ‘ner Bulls-Cap. Wie findet ihr die?

    Bamo: Manchen Leuten gefällt die Cap und manchen halt nicht. Manchen steht‘s halt nicht, wie bei mir. Nicht jeder hat halt so den, ich sag jetzt einfach mal, Mützenkopf. Deswegen mögen sie auch manche nicht.

    Tony: Ich find‘s komisch, weil manche kennen die Mannschaft gar nicht. Das ist ja ‘ne Basketballmannschaft, und dann tragen die solche Mützen. Das ist einfach unlogisch.

    Wer will was zum iPhone sagen? Ja, Raphael?

    Raphael: Also, das sieht schon gut aus, also stylisch, wenn man das rausholt. Dann kann man sagen: Ich bin trend. Und es sieht gut aus. Und Samsung ist halt gewöhnlicher. Ein Samsung-Handy hat fast jeder. Und das iPhone sieht auch übertriebenst gechillt aus.

    Alex: Ich hatte mal ‘n Samsung-Handy, aber mir gefällt es nicht, weil es so fett ist. Das ist hässlich, ganz einfach. Ein iPhone ist praktisch und klein.

    Und habt ihr euch die selber gekauft?

    Raphael: Geschenkt.

    Alex: Zum Geburtstag bekommen.

    Can: Das hat mir Apple gesponsored. [Alle lachen.]

    Alex: Das wäre schon geil, wenn die einen sponsern würden.

    Und gibt‘s ein Wort, das ein Samsung-Handy beschreibt?

    Raphael: Hässlich.

    Ahmet: Menschlich.

    Alex: Scheiße.

    Raphael, du hast vorhin gesagt, ein iPhone ist was Einzigartiges. Was bedeutet das?

    Raphael: Das hat so gar keine Konkurrenz irgendwie und Samsung hat das nur nachgemacht. Es ist eben perfekt. Es wurde noch nie kopiert, kein garnix – es ist einfach nur geil! Samuel: Trotzdem zu teuer.

    Alex: Trotzdem geil.

    So, jetzt mal zu den Nike-Schuh-Trägern unter euch. Sieben von euch acht haben welche an. Wie beschreibt ihr eure Schuhe? Was für ein Wort würde gut zu ihnen passen?

    Raphael: Also Nike Free ist eigentlich ein Sportschuh, aber ist jetzt wieder Mode sozusagen.

    Alex: Das ist wie bei den Airmax. Die sollten ja eigentlich auch nur Basketballschuhe sein, wegen der Federung. Aber jetzt sind die auch einfach modern.

    Und wie glaubst du, dass es dazu kam?

    Alex: Irgendjemand hat sie angezogen, irgendjemand, der bestimmt berühmt war. Bushido! [Lacht.] Oder die Jordans zum Beispiel. Die sind ja auch nur „in" wegen dem Michael Jordan glaub ich.

    Gibt‘s jemand, der was zu diesem Bild mit dem Undercut sagen möchte?

    Samuel: Hat jeder.

    Außer ihr hier jetzt … [Alle lachen.]

    Raphael: Nein, also das haben mindestens 90 % aller Jungs. Ich und Samu sind eben die 10 %, die es nicht haben.

    Und wie kommt es dazu, dass das so viele Jungs haben?

    Alex: Das hat einfach swag.

    Was heißt das, es hat „swag"?

    Raphael: „Swag ist so ‘ne Mode, so komisch. Das ist so, egal was man anzieht, sagen die immer „swag. Wenn man zum Beispiel seinen Sportbeutel so komisch anzieht, dass es ein X ergibt, ist das schon swag. Oder wenn die das Unterhemd raushängen lassen, auch swag.

    Wer ist „Die"?

    Raphael: Ja, die Swagger eben.

    Samuel: Oder wenn man so Vans in ganz Schwarz oder Weiß anhat, ist das auch swag. Oder wenn man ein T-Shirt von T-Bone anhat oder eine Jeansweste.

    Alex: Obey ist doch auch eigentlich swag, wegen Cro.

    Enver: Ja, übertrieben.

    Samuel: Alles ist swag, ist schon so.

    Jetzt kommen wir zur heißgeliebten Playstation 4. Wer mag dazu was sagen?

    Raphael: Die PS3 war schon ein sehr schöner Start, sehr hübsch. Sie ist meine Freundin, ich glaube, ich werde die heiraten.

    Alex: Der Trauring ist im Karton [lacht].

    Raphael: Nee, also ernsthaft: Diese Playstation ist perfekt geworden, die ist wichtig geworden, die ist bedeutend, ohne die kann ich nicht leben, sie ist fresh.

    Diese Playstation ist perfekt geworden, die ist wichtig geworden, die ist bedeutend, ohne die kann ich nicht leben, sie ist fresh.

    Sie ist sozusagen deine Freundin. Wann hast du dich in sie zum ersten Mal verliebt?

    [Alle lachen.]

    Alex: Der erste Eindruck war perfekt, es war Liebe auf den ersten Blick. Ich hab sie bekommen und schon war alles tight.

    Raphael: Ich hab sie vier Wochen lang im Media-Markt gesucht, meine Liebe. Sie war immer ausverkauft. Ich habe manchmal das Gefühl, sie geht mir fremd mit Anderen.

    Du hast vier Wochen nach ihr gesucht, weil sie ausverkauft war?

    Raphael: Mehr noch, die ist immer noch ausverkauft! Die gibt‘s immer noch nicht im freien Handel.

    Aber online spielt ihr auch, oder?

    Steven: Also ich, Enver und Can sind die, die am meisten online spielen.

    Alles ist swag, ist schon so.

    Und was ist das Faszinierende an der Onlinewelt?

    Can: Man kann andere Menschen beleidigen.

    Raphael: In der Onlinewelt kann man sich beweisen, wie gut man ist, weil es sind ja Onlinegegner da. Und die spielen ja manuell, nicht so wie ein Computer, den man besiegen muss. Und das macht halt Bock, die voll fertig zu machen bis sie dann weinen, weil sie so schlecht sind. Die schreien dann echt voll ins Headset. Da bekommt man fast Ohrenkrebs.

    Spannend zu hören, was für Gedanken da kursieren … Als nächstes machen wir eine soziometrische Aufstellung. Wir benennen Statements, und die Kids ordnen sich den Antworten entsprechend im Raum. „Ich habe viele Markenklamotten"

    Can, du hast dich hingestellt zu „Ich habe viele Markenklamotten". Was ist das Gute an Markenklamotten?

    Can: Keine Ahnung. Es sieht besser aus als normale Klamotten.

    Das heißt Klamotten, die nicht von ‘ner Marke sind, sehen nicht gut aus, oder?

    Tony: Doch! Kommt drauf an. Die müssen mir halt gefallen. Manche Markenfirmen strengen sich auch an, gute Qualität z. B. von T-Shirts herzustellen.

    Also wenn man ‘ne gute Marke hat, ist die Qualität auch besser, sagst du?

    Tony: Schätzungsweise ja.

    Noch eine Aussage: „Wenn man in unserer Klasse bestimmte Dinge besitzt oder anhat, gehört man so richtig dazu."

    Handy! [ruft jemand sofort.]

    Enver, du hast dich bei „ja" hingestellt. Welche Dinge sind das, die man hier haben muss?

    Enver: Airmax, allgemein Nike-Schuhe. Die so was nicht haben, sind Außenseiter, würde ich sagen. Jeder, der Nike-Schuhe und so hat, gehört eigentlich schon dazu.

    Also, wenn man sich Nike-Schuhe kauft, dann hat man auch was zu

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