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Tu es!: Die Welt braucht dich.
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eBook305 Seiten3 Stunden

Tu es!: Die Welt braucht dich.

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Über dieses E-Book

"Tu es! Die Welt braucht dich." ist ein Plädoyer für Zivilcourage und aktives Engagement für eine bessere und gerechtere Welt. "Es gibt nichts Gutes, außer: Man tut es." – Dieses Epigramm Erich Kästners stellt der Sachbuchautor Gerhard Scheucher seinem neuen Werk voran. In seinem insgesamt 7. Buch (u. a. "Die Kraft des Scheiterns", 2008) macht der Träger des Bruno-Kreisky-Preises (2004) Mut, eine zukunftsweisende Wandlung der Welt, die Lebensraum für uns alle ist, selbst in die Hand zu nehmen und sich für eine Gesellschaft zu engagieren, die Menschen einbezieht und nicht ausgrenzt. Wie wir unseren Planeten im positiven Sinn verändern können, zeigt der Autor anhand der Entwicklung vieler großer Organisationen auf, die einmal nichts weiter als scheinbar utopische Ideen von Einzelpersonen gewesen sind. "Tu es! Die Welt braucht dich." gibt klare Handlungsanleitungen, wie wir unsere Verantwortung wahrnehmen können. Viele praktische Beispiele dienen dabei als Wegweiser, sich gesellschaftspolitisch zu engagieren, denn eigenverantwortliche Initiativen von Frauen und Männern, von Jungen und Alten, braucht es mehr denn je. Wenn wir wollen, dass sich unsere Gesellschaft weiterentwickelt und nicht zerfällt, dann muss vielen bedenklichen Tendenzen der Nährboden entzogen werden. "Tu es! Die Welt braucht dich." Nicht-Handeln ist für Gerhard Scheucher keine Option!
SpracheDeutsch
HerausgeberWieser Verlag
Erscheinungsdatum1. Sept. 2017
ISBN9783990470848

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    Buchvorschau

    Tu es! - Gerhard Scheucher

    Amerika.

    Eine Art Einführung:

    Bayreuth und seine Folgen

    2009 wurde ich eingeladen, im Rahmen der „Bayreuther Dialoge einen Vortrag zum Thema gesellschaftliche Verantwortung zu halten. Einige Tage brauchte ich, um einen Zugang und einen für das Publikum interessanten Spannungsbogen zu finden. Am Ende betitelte ich mein Referat: „Wie viel Verantwortungskultur braucht der Mensch?. Der rote Faden bestand darin, den Zuhörenden aufzuzeigen, dass und wie es sich lohnt, sich gesellschaftlich einzubringen, etwas zu tun und nicht wegzuschauen.

    Aus meiner Auseinandersetzung mit dem Thema „Scheitern weiß ich, dass es für viele Menschen ein großes Problem ist, Verantwortung zu übernehmen. 2008 habe ich mich erstmals mit dem „Scheitern in publizistischer Form beschäftigt und mit dem Buch „Die Kraft des Scheiterns"¹ eines der ersten Sachbücher zu diesem Thema im deutschen Sprachraum auf den Markt gebracht. 2011 folgte mit „Die Aufwärtsspirale² ein weiteres Werk zu dieser Thematik und 2013 bildete „Ein Irrer schreitet die Parade ab³ den vorläufigen Abschluss zu diesem gesellschaftlichen Tabuthema, zum Umgang mit Niederlagen. Denn dabei ist immer die Angst vorhanden, dass bereits ein misslungener Versuch zu Stigmatisierung führt und dass jene, die selbst nur von der zweiten Reihe aus beobachten, am Ende immer schon gewusst haben, was vorher zu tun gewesen wäre. Im Falle gesellschaftlichen Engagements ist Scheitern nie heimlich, denn Verantwortung zu übernehmen, bedeutet, Position zu beziehen und Inhalte zu vertreten, beispielsweise in sozialen oder umweltpolitischen Fragen. Mit meinem Vortrag hatte ich von der ersten Minute das Publikum an der Universität in Bayreuth in meinen Bann gezogen: Ein Österreicher, der ihnen „die Leviten las und aufforderte, die Position der Bequemlichkeit zu verlassen und „etwas zu tun! Zu tun – nicht für sich selbst, sondern für die Gesellschaft. Auf der Leinwand hinter mir hatte ich ein Chart projiziert, auf dem groß zu lesen stand: „Wie lebt es sich im Reich der Stellvertreter-Mentalität?" Diese Frage hat – für mich deutlich erkennbar – bei einigen Gästen im Publikum eine spürbare Emotion ausgelöst.

    Rund sechzig Minuten habe ich mit meinen Thesen, Aussagen und Aufforderungen uns allen einen Spiegel vor das Gesicht gehalten. Die Bereiche, wo es sich zu engagieren lohnt, sind vielfältig, aber meist kommen wir über die theoretische Analyse nicht hinaus, wo doch praktisches reales Handeln gefordert wäre. Viele gute Taten könnten von uns im alltäglichen Leben gesetzt werden, wenn wir es nur wollten. Es liegt an uns, welche Nahrungsmittel wir kaufen, es ist unsere Verantwortung, welche Produkte wir unser Eigen nennen und unter welchen Bedingungen irgendwo auf der Welt diese Güter hergestellt werden.

    Gleichzeitig versuchte ich dem Publikum begreiflich zu machen, dass wir uns, die wir uns oft – gesellschaftlich gesehen – in der Position der „Stärkeren befinden, manchmal die Frage stellen sollten, was passiert, wenn wir eines Tages zu den „Schwachen gehören. Eine Gesellschaft, die immer häufiger das Recht des Stärkeren zum Prinzip erklärt, wird auf Dauer nicht gewinnen können. Wir haben eine Schutzfunktion gegenüber jenen, die sich selbst nicht helfen können. Es kann uns nicht egal sein, wenn Menschen Hilfe brauchen. Tote Menschen, die oft monatelang unentdeckt in ihren Wohnungen liegen, Personen, die vor den Augen vieler Passanten auf offener Straße niedergeschlagen werden, die Verwahrlosung von immer mehr Kindern – das sollte uns nachdenklich stimmen. Und dass wir in einer Welt leben, die sich immer mehr vernetzt, insbesondere durch „soziale" Medien, aber dass wir Menschen in Wirklichkeit häufig einsamer sind als je zuvor.

    Als ich meine Gedanken zu Ende geführt hatte, war Erleichterung bei den Anwesenden richtig spürbar. Endlich gab ich vorne am Rednerpult Ruhe. Es gab verhaltenen Applaus, im Raum war die Betroffenheit richtig greifbar. Plötzlich aber erhob sich eine Frau im Publikum, die mich regelrecht anbrüllte und sagte: „Wenn Sie uns schon auf diese Art und Weise belehren, haben Sie jemals etwas selbst von all dem gemacht, was Sie von uns einfordern?" – Sie war gar nicht mehr zu beruhigen, denn offensichtlich hatte ich bei ihr einen wunden Punkt getroffen.

    Ich hatte in der Tat im gesamten Vortrag sehr wenig über mich und meine Person erzählt. Die Frage der aufgebrachten Zuhörerin war für mich Anlass, um ein wenig von meinem bisherigen konkreten gesellschaftlichen Engagement zu erzählen.

    Taten statt Worte!

    Ich kann nicht sagen, ob mir das in die Wiege gelegt oder durch Erziehung nähergebracht wurde: Mein Gerechtigkeitsinn ist besonders ausgeprägt. Wenn irgendwo in meinem Blickwinkel Dinge passieren, die Menschen zum Nachteil gereichen, muss ich einschreiten. Schon in meiner frühesten Jugend ging ich dazwischen, wenn Streitigkeiten ausgetragen wurden und zu eskalieren drohten. Argumente zählten damals wenig, wir ließen in den Siebzigerjahren ganz nach Wildwestmanier die Fäuste sprechen. Und dennoch haben wir immer wieder zueinandergefunden und unser soziales Leben mit Gleichaltrigen verbracht, da es im Gegensatz zu heute damals ganz normal gewesen ist, seine freie Zeit bei jeder Wetterlage im Freien zu verbringen. Meine Heimatstadt Köflach⁴ westlich der steirischen Landeshauptstadt Graz hatte ein eher bescheidenes Angebot für Kinder und Jugendliche und so blieb uns nichts anderes übrig, als uns selbst zu organisieren.

    Mitte der Achtzigerjahre hatten drei Freunde und ich die Idee, ein Jugendzentrum zu gründen. Einrichtungen dieser Art gab es damals in großen Städten, aber am Land waren sie vollkommen unüblich. Wir hatten alle wenig Geld und wollten einen Treffpunkt schaffen, wo wir uns ohne Konsumationszwang zum Reden, Diskutieren und Philosophieren treffen konnten. An die Reihenfolge der gesetzten Handlungen kann ich mich nicht mehr exakt erinnern, aber „plötzlich" hatten wir einen Verein gegründet (1988: JUKO⁵), finanzielle Förderung von der Stadt Köflach, vom Land Steiermark beantragt und bekommen und einen kleinen Dachboden gemietet, der zu unserem Begegnungszentrum werden sollte.

    Zum damaligen Zeitpunkt wurde in Österreich unter dem legendären Sozialminister Alfred Dallinger⁶ aktive Arbeitsmarktpolitik betrieben, so dass Arbeitslose mit besonders großzügiger Unterstützung des Staates in den Arbeitsmarkt integriert werden konnten. Wir suchten das Arbeitsmarktservice⁷ (AMS – damals noch Arbeitsamt genannt) auf, ließen uns beraten, reichten in weiterer Folge dort ein Projekt ein und plötzlich bekamen wir einen Mitarbeiter für unser Jugendzentrum finanziert. Ich war damals 22 Jahre alt und Vorsitzender des Vereins, den es heute noch immer gibt. Es sprach sich schnell unter Jugendlichen herum, dass es ein eigenes Jugendlokal neben Wirtshäusern und Diskotheken mit ihrer Konsumationspflicht gibt, und plötzlich war unser kleiner Dachboden, den wir in Eigeninitiative ausgebaut hatten, unter Gleichaltrigen ein „Hotspot, wie man heute sagen würde. Es war interessant zu beobachten, wie unser Impuls, eine Begegnungsstätte zu etablieren, die Veränderung der Gemeinschaft unter Jugendlichen zur Folge hatte. Plötzlich reichte es nicht mehr, sich „nur zu treffen, sondern Mitglieder des Jugendzentrums begannen, Veranstaltungen zu organisieren oder andere beim Lernen zu unterstützen.

    Damals haben wir nicht lange diskutiert oder gefragt, was wir wie tun sollen, sondern einfach gehandelt. Ein Glücksfall war sicherlich, dass in diesen Jahren für Projekte, die Arbeit und Beschäftigung brachten, tatsächlich Geld von der öffentlichen Hand zur Verfügung gestellt wurde. Nicht nur um eine zusätzliche Arbeitskraft, sondern auch um für unseren Verein als Arbeitsgeber Infrastrukturkosten zu bezahlen. Das war, wenn man so will, das „goldene Zeitalter" für Förderansuchen. Und so konnten wir unser Jugendzentrum weiter voranbringen.

    Wir hatten weit und breit keine Konkurrenz, und so wurden wir, wenn es um das Thema Jugend ging, schnell zu einer fixen Einrichtung und erlangten auch eine gewisse Marktführerschaft in der gesamten Region mit insgesamt ca. 50.000 Einwohnern und Einwohnerinnen. Der Bürgermeister, der unsere Initiative anfangs belächelt und die politischen Parteien, die uns kritisch beäugt hatten, begegneten uns plötzlich respektvoll. Auch die Medien hatten wir auf unserer Seite, und wenn wir eine neue Initiative starteten oder Veranstaltungen durchführten, hatten wir immer „eine gute Presse. Neben unseren sozialen und kulturellen Jugendprojekten orteten wir rasch den großen Bedarf nach schulischer Nachhilfe, die sich damals wie heute viele Familien einfach nicht leisten konnten. Wir konzipierten ein Projekt mit dem Ziel, durch die Anstellung arbeitsloser Lehrkräfte Nachhilfestunden zu einem besonders attraktiven Preis anbieten zu können. So konnten wir dank öffentlicher Förderung drei Lehrkräfte in Vollzeit beschäftigen und an drei verschiedenen Standorten in unserer Region Nachhilfe zum Sozialtarif anbieten. Umgerechnet bezahlte man im JUKO für eine Nachhilfestunde nicht einmal einen Euro, der marktübliche Preis lag damals zwischen 4 und 5 Euro. Wir wurden förmlich „überrannt.

    Diese Initiative war der erste Versuch, mich mit Freunden gesellschaftlich einzubringen. Die Region Köflach-Bärnbach-Voitsberg hatte in den 1980er-Jahren eine Jugendarbeitslosigkeitsrate von über zehn Prozent und zählte damit zu den strukturschwachen Gegenden des Landes. Unser Verein entwickelte sich immer weiter, sodass wir uns einen neuen Standort in der Stadt suchen mussten. Der Dachboden war längst zu klein geworden, ein aufgelassenes Ausflugsgasthaus mit einem Veranstaltungssaal wurde daher ab Beginn der Neunzigerjahre der neue Treffpunkt. Neben Serviceleistungen wie Sozialberatung, Nachhilfe und Lernbetreuung hatte sich ein richtiger Kulturbetrieb entwickelt. Die Frequenz in unserem „Gasthaus" war bald so groß, dass wir uns gezwungen sahen, zusätzlich auch eine Servierkraft Vollzeit beschäftigen zu müssen.

    Ins Schwarze getroffen

    Wir hatten bereits verschiedenste Leute „ausprobiert, aber so richtig zufrieden waren wir mit keiner Thekenkraft. Die gesuchte Person musste unbedingt im Sinne des Arbeitsmarktservice „förderbar sein, damit es unserer Sozialeinrichtung das Gehalt für sie finanzierte. Einige Leute wurden uns vom AMS vorgeschlagen, darunter auch ein Mann afrikanischer Herkunft, der über Umwege in meiner weststeirischen Heimat gelandet war und eine Beschäftigung suchte. In unserem Vorstand beschlossen wir, diesem Mann eine Chance zu geben, was zu einer Reihe von Problemen führte. Der Bürgermeister drohte uns mit dem Entzug der Unterstützung der Stadt, wenn wir einen Ausländer – noch dazu afrikanischer Herkunft! – bei uns beschäftigten. In einer Stadt, in der so viele einheimische junge Menschen Arbeit suchten, schien es nicht zu zählen, dass auch der junge Schwarz-Afrikaner eine offizielle Arbeitserlaubnis hatte. Die Gewerkschaft drohte uns, sich beim Arbeitsmarktservice gegen uns zu verwenden und richtete sogar einen offenen Brief an die regionalen Medien, in dem wir auf das Heftigste kritisiert wurden. Wir haben uns jedoch nicht einschüchtern lassen und Samuel – so der Name des jungen Afrikaners – in unserem Verein angestellt. Er war der erste dunkelhäutige Beschäftigte in meiner Heimatstadt Köflach und wurde von vielen Menschen mehr als nur skeptisch betrachtet. Verwundert hat mich damals, dass viele Menschen, die ich als liberal eingeschätzt hatte, große Berührungsängste im Umgang mit dem „Fremden" oder sogar ihre Ablehnung offen zeigten.

    Aber oft sind es die kleinen Ereignisse, die Großes bewirken oder Sichtweisen korrigieren. Wir hatten im Jugendzentrum auch eine eigene Fußballmannschaft, die sogar bei Turnieren mitspielte. Einmal durfte ausfallsbedingt Samuel „als Notnagel bei einem dieser Turniere mitspielen und hat nahezu im Alleingang die Spiele entschieden. Von diesem Zeitpunkt an war er auch bei jenen hoch angesehen, die ihm vorher ablehnend begegnet waren. Samuel konnte sich durch das Gehalt, das er bei uns bezog, eine bescheidene Wohnung leisten, die stark renovierungsbedürftig gewesen war. Ironischerweise haben dann viele seiner „ersten Kritiker in ihrer Freizeit als Anerkennung für seine fußballerischen Leistungen „schwarz" bei ihm gearbeitet, um seine Wohnung zu renovieren.

    Ich weiß nicht, ob es heute noch so leicht geht, Einrichtungen wie das von mir mit-initiierte Jugendzentrum JUKO zu gründen. Aber nachdem es immer noch besteht, weit über dreißig Jahre nach seiner Gründung, scheint es nach genau diesem einen Bedarf gegeben zu haben und immer noch zu geben. Ich will mit dieser Geschichte zeigen, wie einfach es sein kann, Dinge zu bewegen. Etwas „Not-wendiges", das man selbst als wichtig erachtet, zu unterlassen, dafür gibt es keine Entschuldigung, nur Ausreden. Außer man ist mit einem ähnlichen Projekt tatsächlich schon einmal selbst gescheitert. Dieses Beispiel dient als pars pro toto für viele Initiativen, für das viele Engagement, mit dem irgendwo auf der Welt Kleines wie Großes passiert. Wenn wir uns darauf verständigen, dass wir alle einen Beitrag für das gesellschaftliche Wohlergehen zu leisten haben, dann braucht es viele engagierte Bürgerinnen und Bürger, die nicht im Stillstand verharren, sondern praktisch handeln. Dazu will dieses Buch einen Anstoß geben!

    Arbeit an uns selbst

    Wer über gesellschaftliches Engagement schreibt, der muss vorleben, was er von anderen einfordert. Neben dem beschriebenen Jugendzentrumsprojekt habe ich in verschiedenen Bereichen immer wieder versucht, mich für das Wohlergehen von Mitmenschen einzusetzen. Sei es, dass ich Kulturinitiativen in Entwicklungsländern unterstützt habe (u. a. im Kapitel „Signale der Kunst" nachzulesen) oder auf der anderen Seite des Spektrums mich für den Bundesliga Eishockey-Club Graz99ers⁸ engagiert habe. Diese Aktivitäten fern vom Geschäftsleben haben mir nicht nur mehr innere Zufriedenheit gebracht, sondern mich auch unterschiedliche Menschen kennenlernen lassen. Ich finde es wichtig, etwas abseits des Berufsalltags für die Gemeinschaft zu tun. Viele Menschen leiden darunter, keine fordernde Aufgabe zu haben, manche empfinden ihr Leben sogar als sinnentleert. Die Möglichkeiten, sich für die Gemeinschaft zu engagieren, an gesellschaftlichen Themen zu arbeiten, sind vielfältig und werden in weiterer Folge auch in diesem Buch besprochen.

    Ich möchte aber an dieser Stelle auch von einer weiteren Form gesellschaftlichter Mitwirkung erzählen. Sie dient beispielhaft dafür, dass es neben dem praktischen Einsatz für gesellschaftliche Weiterentwicklung auch noch Formen des gemeinschaftlichen Austausches gibt, die zwar vom theoretischen Diskurs bestimmt sind, aber dennoch die Menschheit weiterbringen. Seit vielen Jahren bin ich als Vortragender tätig; ich referiere nicht nur vor Unternehmen oder Organisationen, sondern habe auch immer wieder Anfragen, meine Gedanken vor Institutionen wie den „Rotariern"⁹ oder dem „Lions Club"¹⁰ zu formulieren. In solchen Organisationen trifft man viele Persönlichkeiten, die sich abseits ihres Berufsalltages mit brennenden Fragen der Zeit beschäftigen, sie diskutieren und zusätzlich immer wieder karitativ tätig werden für jene in der Gesellschaft, die eher auf der Schattenseite leben.

    Auch ich wurde für diese erweiterte Form gesellschaftlichen Engagements entdeckt. 2008 saß ich mit einer Geschäftspartnerin in einem italienischen Lokal in der Wiener Innenstadt. Bei der Nachspeise fragte sie mich: „Bist du bei den Freimaurern¹¹ wie ich?" – Diese Frage war einigermaßen überraschend: Damals dachte ich noch, dass es bei den Freimaurern keine Frauen gibt. Sie sagte mir aber, dass sie seit vielen Jahren der in den meisten Augen für einen reinen Männerbund gehaltenen Organisation angehöre. Seit Ende des 19. Jahrhunderts seien in Frankreich Frauen freimaurerisch aktiv und Logen, denen Frauen und Männer angehören, gäbe es auf der ganzen Welt. Aber nach wie vor existierten auch noch reine Männerbünde, die sich bis zum heutigen Zeitpunkt Frauen gegenüber nicht geöffnet hätten. Ich hatte mich für diese Bewegungen bisher nicht wirklich interessiert. Seither aber hat dieses Thema seine Präsenz in meinem Leben erlangt. Am Ende des Gesprächs forderte meine Gesprächspartnerin mich auf, mir zu überlegen, was ich von der Freimauerei halte. Mein gesellschaftliches Tun beobachte sie seit langer Zeit und sei daher der Meinung, dass ich sehr gut zu diesem Bund passen könnte.

    Einige Monate vergingen und bald stand die Aufnahme in einen Freimaurerorden im Raum. Nach mehreren Gesprächen, die ich mit Mitgliedern dieser gemischten Loge geführt habe, erfolgte meine Aufnahme in diesen Bund, dem als „Geheimbund" viel Mystisches zugeschrieben wird. Um an dieser Stelle mit einem Irrtum aufzuräumen: Die Geheimhaltung war historisch notwendig, um die Mitglieder in den Zeiten des Absolutismus vor Verfolgung zu schützen, denn damals wohnte dem aufklärerischen Gedankengut der Freimaurer große politische Sprengkraft inne. Heute ist eine Freimaurerloge nichts anderes als ein Verein mit einem Vorstand und Mitgliedern, die sich regelmäßig treffen, um nach einem bestimmten Zeremoniell zu arbeiten und gesellschaftliche Fragen zu besprechen. Wie in jeder anderen Vereinigung kommt es immer auf die handelnden Personen an, die solche Organisationen mit Leben oder auch Nicht-Leben erfüllen.

    Meine ersten Erfahrungen mit der Freimaurerei haben mir jedoch eine neue Dimension des sozialen Lebens eröffnet. Dort treffen sich an bestimmten Tagen Menschen unterschiedlichster Herkunft und sozialem Status und diskutieren fernab des Alltags gesellschaftsrelevante Themen und Fragen. Immer verbunden mit dem Ziel, aus den Erkenntnissen heraus sich selbst weiterzuentwickeln und im Sinne eines größeren Ganzen der Gesellschaft zu dienen.

    Meine Zeit in einer gemischten¹² Wiener Freimaurer-Loge war eine besondere Erfahrung, die ich niemals missen möchte, wenngleich sich unsere Wege getrennt haben. Damals lernte ich einen Deutschen kennen, der häufiger Gast in meiner Loge

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