"Isac, Abram und Jacob die Juden...": Quellen zur Geschichte der Offenburger Juden im 17. Jahrhundert
Von Martin Ruch
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Martin Ruch
Martin Ruch (Offenburg), freelance publicist on regional and cultural history topics, including the history of Offenburg's Jews.
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Buchvorschau
"Isac, Abram und Jacob die Juden..." - Martin Ruch
Titelbild:
Offenburger Ratsprotokoll vom 7.7.1638, siehe Nr. 23
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Offenburger Juden im 17. Jahrhundert
Die Quellen
Register zu Juden in den Ratsprotokollen
Allgemein
Einzelnamen
Sachregister
Orte
Publikationen des Autors zur Geschichte der Offenburger und Ortenauer Juden
Einleitung
Im Jahr 1556 setzen die Contractenprotokolle (CP), im Jahr 1585 die Ratsprotokolle (RP) der Reichsstadt Offenburg ein. Diese Protokolle im Archiv der Stadt haben die Zeit des Dreißigjährigen Krieges und auch die völlige Zerstörung der Stadt im Jahr 1689 überdauert. Sie stellen einzigartige historische Quellen zur Stadtgeschichte dar.
Besonderen Wert erhalten sie, weil aus ihnen viele Belege zur Geschichte der Offenburger Juden im 17. Jahrhundert entnommen werden können. Nach dem fürchterlichen Pogrom des Jahres 1349, das auch in dieser kleinen Stadt am Oberrhein mit der Vernichtung der Gemeinde gleichzusetzen ist, sind nämlich erst wieder im Jahrhundert des dreißigjährigen Krieges Juden in Offenburg aktenkundig geworden. Aus den umliegenden Landgemeinden, aus Willstätt beispielsweise, zogen sie in die relativ sichere Reichsstadt, wo sie gegen Zahlung von Schutz- und Schirmgeldern geduldet waren und hier über mehrere Jahrzehnte bleiben konnten, also über den Frieden von Münster 1648 hinaus.
Wie und womit haben sie hier ihren Lebensunterhalt bestritten? Die Protokolle nennen nicht nur die Namen oder die Herkunft der Juden. Sie erzählen auch von ihrem Handel und ihrer Arbeit, von Familien- und Gemeindeverhältnissen, von den geschäftlichen Beziehungen, von theologischen und sonstigen Auseinandersetzungen bis hin zu „Schlaghändeln", von den Wohnhäusern und vom Grundbesitz, den sie, so eine gängige Meinung, eigentlich nicht haben durften. Kurz: auf vielfache Weise sind sie hier im 17. Jahrhundert tätig gewesen bis zu ihrer erneuten Vertreibung im Jahr 1680.
Manche dieser „Schutzjuden waren bis zu dreißig Jahre in Offenburg wohnhaft. Und auch das läßt sich aus den Protokollen entnehmen: es gab die „Judenschaft
, also eine kleine Gemeinde, ein Gemeindeleben und auch ein Rabbiner wurde genannt! Dass es somit auch eine kleine Synagoge oder einen Betsaal gegeben haben wird, ist wahrscheinlich.
Die Protokolle wurden bisher noch nicht systematisch durchgearbeitet oder veröffentlicht, weder von Otto Kähni für seine kurze „Geschichte der Offenburger Judengemeinde", noch von anderen. Kähni hat zwar einige wenige Zufallsfunde aus den Protokollen zitiert, leider aber die betreffenden Fundstellen nicht genau lokalisiert, so daß sie nicht nachprüfbar und überprüfbar sind. Irmgard Schwanke arbeitete später im Kontext ihrer Arbeit über die Begegnung verschiedener Minderheiten im deutschen Südwesten auch über die Offenburger Juden des 17. Jahrhunderts und veröffentlichte grundsätzliche Aussagen. Aber die Quellen selbst stehen nach wie vor nicht zur Verfügung. Diese Lücke will die vorliegende Sammlung schließen: sie bietet alle Judaica-Einträge der beiden Protokollsammlungen RP und CP für die Reichsstadt. Warum die Protokolle bislang nicht systematisch ausgewertet wurden, hat einen schlichten Grund: Die gewaltigen Handschriftenbände mit regelmäßig über 1000 Seiten Umfang sind sehr schwer zu lesen und zu entziffern. Eine lange Einlesezeit ist Voraussetzung.
Da sich die Lektüre über Jahre hinzog, hat sich bedauerlicherweise während der Arbeit unbemerkt die Zitierweise der Belege geändert, und wechselt nun zwischen Datumsangabe und Seitenzahl. Das ist zwar ein zu bedauernder Schönheitsfehler. Dennoch ist jede Belegstelle eindeutig identifiziert.
Drei Register (Namen, Orte, Sachen) im Anhang dieser Studie zur jüdischen Geschichte Offenburgs bieten zusätzliche Hilfe.
Ich danke den Damen und Herren des Stadtarchivs Offenburg für die freundliche Bereitstellung der Protokolle.
Offenburger Juden im 17. Jahrhundert
„Isac, Abram und Jacob": So hießen einige jener Juden, die sich während des Dreißigjährigen Krieges in Offenburg, der relativ sicheren und befestigten Reichsstadt, gegen Zahlung eines Schutzgeldes niederlassen durften. Wahrlich alttestamentarische Namen begegneten damit der katholischen Bevölkerung und erinnerten sie an die Bibellektüre, an das Alte Testament. Abraham, dessen Geschichte im Buch Genesis erzählt wird, ist als der Stammvater Israels ja eine zentrale Figur des Christentums. Hier gehört er gemeinsam mit seinem Sohn Isaak und dem Enkel Jakob zu den Erzvätern, aus denen laut biblischer Überlieferung die Zwölf Stämme des Volkes Israel und schließlich auch das Christentum hervorgingen.
Doch nur wenige Jahrzehnte haben die biblischen Namen der Erzväter den vor Krieg und Terror nach Offenburg Geflüchteten geholfen, dann hat man sie wieder der Stadt verwiesen. Nach der Zerstörung der ersten mittelalterlichen Judengemeinde Offenburgs im Jahr 1349 war somit auch der zweite Versuch der Niederlassung gescheitert.
Im Jahr 1607 war erstmals ein „Jud von Schopfheim aktenkundig geworden, der mit elf Pferden durch Offenburger Territorium ritt, ohne den üblichen Zoll zu entrichten, ja, er wählte sogar „ungewohnliche weg
, um dieser Zollzahlung zu entgehen. Das ließen sich die Offenburger nicht gefallen und hielten ihre Bedenken und Klagen darüber im Ratsprotokoll fest (1).
Knapp zehn Jahre später wurden erstmals die Juden von Willstätt bekannt, die ebenfalls mit Pferden handelten und auf den Offenburger Markt kommen wollten, was ihnen aber noch verwehrt wurde (3,4). Auch 1619 (mittlerweile war der dreißigjährige Krieg ausgebrochen) versuchten drei Willstätter Juden, in Offenburg gegen Schirmgeldzahlung das Recht auf Zugang in die Stadt an Markttagen zu bekommen, was ihnen „zur Zeit noch abgeschlagen" wurde (5). Erst ab 1624 erhielten dieses Recht die Willstätter Juden Abraham, Isaac und Jacob (6 –9). Das erweiterte Recht auf Wohnung in der Stadt sprach man ihnen 1637 zu, weil der Flecken Willstätt inzwischen durch feindliche Truppen eingeäschert worden war (14–16). Damals handelten sie mit Pferden und Metallen (20, 109), betrieben auch Geldgeschäfte (22, 23) oder den Salzhandel (24, 176). Gelegentlich wurde auch von Pfandleihgeschäften berichtet (28). Auch mit Häuten oder Leder verdienten sich die Juden ihren Lebensunterhalt (45, 47, 80, 113), wobei sie in diesen Angelegenheiten bis nach Rottweil, Schramberg oder Villingen reisten. Selten verkauften sie