Aufstehen oder jetzt erst recht: Wie Migranten seit Jahrhunderten die Gesellschaft bereichern am Beispiel der Stadt Offenbach am Main
Von Peter Klein
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Über dieses E-Book
Auch heute noch, kommen Menschen, oft nicht freiwillig, hierher und bauen sich eine neue Existenz auf, mit der sie die Gesellschaft bereichern. Sieben Menschen berichten aus ihrem Leben
Peter Klein
Peter Klein lebt mit seiner Ehefrau an der Ostsee. Neugierig auf die Welt ist er seit seiner Kindheit gerne unterwegs. Zu Fuß, mit dem Fahrrad, dem Auto, im Flugzeug, vor allem mit wenig Gepäck. Viele Jahre kletterte er als Bergsteiger an steilen Fels- und Eiswänden in den Alpen. Er stand auf dem höchsten Berg Europas, dem Elbrus im Kaukasus, war bei Expeditionen im Himalaja dabei und wanderte tagelang im Januar auf einem gefrorenen Fluss im Norden Indiens ins ehemalige Königreich Zanskar. Er bereiste mit seiner Frau per Fahrrad die Küste der Niederlande, die Nordseeküste Deutschlands, radelte mit einem Freund von Kassel bis in die südliche Schweiz nach Soglio, bevor er beschloss, mit seinem Fahrrad allein von Wien nach Istanbul und in späteren Jahren durch Zentralasien bis zur chinesischen Grenze zu fahren. Inzwischen kennt er Oman in Arabien per Rad, umrundete Kuba, wanderte an der belgische Küste von den Niederlanden bis Frankreich, in Deutschland von Flensburg bis Kiel und - und - Besonders genießt er seit einigen Jahren seinen Cappuccino am Ostseestrand in Damp. Unter peterklein-ostsee@t-online.de freut er sich auf Kontakte mit seinen Leserinnen und Lesern.
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Buchvorschau
Aufstehen oder jetzt erst recht - Peter Klein
Der Autor Peter Klein, geboren 1965 arbeitet seit dem Ende seines Journalistik-Studiums als Freier Journalist und Bildjournalist. Seit 2005 arbeitet und lebt er in Offenbach am Main, der Stadt mit dem prozentual höchsten Anteil an Einwohnern mit Migrationshintergrund. Sein Schwerpunkt sind interkulturelle Themen.
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
Erster Teil: Die Geschichte
1) Von den Anfängen
Die Hugenotten
Die Juden
2) Vom dreißigjährigen Krieg bis zum Großherzogtum Darmstadt
3) Vom Großherzogtum bis zum Zweiten Weltkrieg
4) Der Neuanfang
5) Salvatore Milazzo – einer der ersten Gastarbeiter
Zweiter Teil: Und heute? Porträts
Ivanka Baraschka
Naime Demirezen
Adem Husic
Ali Karakale
Michael Karminsky
Mahshid Najafi
Nadia Qani
Quellen
Danksagung
Vorwort
Der weltoffene Geist Offenbachs bietet auch heute noch den Hintergrund dafür, dass Menschen seit über 300 Jahren, trotz allem was ihnen widerfahren ist, aufstehen und sich mit einem „jetzt erst recht" aktiv in die Gesellschaft einbringen.
Im Jahr 1699 siedelte der Graf Johann Philipp von Isenburg in Offenbach die französischen Hugenotten an. Die protestantischen Glaubensflüchtlinge, die im Nachbarland um Leib und Leben fürchten mussten, wurden hier mit zahlreichen Privilegien ausgestattet. Etwa hundert Jahre später waren sie hauptsächlich daran beteiligt, dass sich Offenbach vom Fischer- und Handwerkerdorf zu einer industriellen Großstadt wandelte.
Fast gleichzeigt gab der Graf den Juden Raum, ihren Glauben zu leben und bestimmten Berufen nachzugehen. Sie mussten hier nicht in Ghettos leben. 1714 erhält der jüdische Verleger Seligmann Hirz Reis die Erlaubnis ein Druckhaus zu eröffnen. 1803 schaffte Fürst Carl von Isenburg als erster den sogenannten „Judenleibzoll" ab. Offenbach entwickelt sich zu einem Zentrum des modernen Judentums. 1935 wird hier die Berlinerin Regina Jonas als weltweit erste Rabbinerin ordiniert.
Und heute? Vor diesen Hintergrund beschäftigt sich das Buch im zweiten Teil mit Menschen, die auch heute noch, oft nicht freiwillig, hier ankommen und sich trotzdem eine neue Existenz aufbauen, mit der sie die Gemeinschaft bereichern.
Heute sind es nicht mehr hoheitliche Beschränkungen und Privilegien, die Menschen daran hindern, ihr Potenzial in die Gesellschaft einzubringen, sondern es ist oft die Bürokratie. Lässt sich die Geschichte auch augenzwinkernd und etwas ironisch betrachten, dann hört hier der Spaß auf.
Allzu oft haben Bürokraten darauf verwiesen, dass sie nur ihre Pflicht erfüllen, beziehungsweise Befehle befolgt hätten, egal was das für die betroffenen Menschen bedeutete. Trotzdem - in vielen Porträts tauchen auch solche Amtsmitarbeiter auf, denen Menschlichkeit wichtiger ist als die Durchsetzung starrer Vorschriften. Leider sind es immer noch viel zu wenige.
Umso mehr gilt der Respekt denjenigen, die es trotzdem geschafft haben, nach dem Motto „Aufstehen oder jetzt erst recht".
Viel Spaß beim Lesen.
Erster Teil: Die Geschichte
1. Von den Anfängen
Im Jahr 977 wird Offenbach erstmals historisch erwähnt. Wer sich mit seiner Geschichte auseinandersetzt kommt um die Wechselwirkung mit dem großen Nachbarn Frankfurt, damals bereits Königspfalz, nicht herum. In herzlicher gegenseitiger Abneigung haben sie sich wechselseitig beeinflusst. Ohne Frankfurt wäre die Großstadt Offenbach nicht entstanden. So schrieb der Wirtschafts- und Sozialhistoriker Alexander Dietz in seiner „Frankfurter Handelsgeschichte, Anfang des 20. Jahrhunderts: „Frankfurt war der Beschaffungsmarkt für das Offenbacher Gewerbe
. Ohne Offenbach aber hätte sich der von hier ausgehende, weltoffene Geist nicht über eine ganze Region ausdehnen können. Herrschte Jahrhunderte lang der Glaube vor, sollten beide einmal gemeinsam etwas bauen, so wird es eine Mauer sein, arbeiten die Städte heute im Regionalverband Frankfurt/Rhein-Main zusammen.
Der Ärger zwischen beiden Städten beginnt bereits im Jahre 1417. Damals beschwert sich die Stadt Frankfurt empört beim Reich. Angehörige des niederen Adels schickten sich an, in Offenbach eine Burg zu bauen. Ein schwerer Verstoß. Schließlich genossen die Frankfurter das im 14. Jahrhundert von Kaiser Ludwig dem Bayern verliehene Privileg, dass im Umkreis von zehn Stunden keine Burg oder Schloss gebaut werden durfte. Ihre Beschwerde beim Offenbacher Landesherrn dem Erzbischof und Kurfürst von Trier, Werner von Falkenstein aber blieb erfolglos. Also beschwerte sich Frankfurt drei Jahre später beim Kaiser, wieder ohne Erfolg.
Nach wechselnden Besitzverhältnissen fiel Offenbach 1486 an die Grafen zu Isenburg. In der Weltgeschichte war dies eine spannende Zeit. Kolumbus entdeckte Amerika und Luther nagelte seine 95 Thesen an die Kirchentür in Wittenberg, mit denen er gegen den Ablasshandel protestierte.
Ein neues Zeitalter begann. Graf Reinhard legte 1541 den Grundstein zum Bau eines Schlosses. 1542 schaffte er in seinem Machtbereich das Papsttum ab und führte das lutherische Bekenntnis ein.
Während die erste Burgruine verfiel, musste Frankfurt die nächste Demütigung ertragen. Im 30jährigen Krieg nahm der