Perlen vor die Säue: Noch mehr populäre Redensarten
Von Karl Hugo Pruys
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Buchvorschau
Perlen vor die Säue - Karl Hugo Pruys
Karl Hugo Pruys
Perlen vor die Säue
Noch mehr populäre Redensarten
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.
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ebook im be.bra verlag, 2012
© der Originalausgabe:
edition q im be.bra verlag GmbH
Berlin-Brandenburg, 2008
KulturBrauerei Haus 2
Schönhauser Allee 37, 10435 Berlin
post@bebraverlag.de
Lektorat: Robert Zagolla, Berlin
Umschlag und Textillustration: Ansichtssache, Berlin
ISBN 978-3-8393-2106-5 (epub)
ISBN 978-3-8393-2107-2 (pdf)
ISBN 978-3-86124-631-2 (print)
www.bebraverlag.de
Heilige Einfalt!
Noch ein Redensarten–Buch!?
Eine kleine Einführung
Der Band »Bis in die Puppen«, der die Herkunft und Bedeutung der 100 populärsten Redensarten »ins Visier genommen« hat, erfreut sich bis zur Stunde beim Lesepublikum großer Beliebtheit. Hiermit wollten es Verlag und Autor nicht bewenden lassen. Als Zugabe gibt es nun also »Perlen vor die Säue«: Der Titel ist (hoffentlich) nicht wörtlich zu nehmen, denn es wird vorausgesetzt, dass Sie, lieber Leser, die Lektüre durchaus zu schätzen wissen.
In dem einen oder anderen Fall werden hier vielleicht sogar »Eulen nach Athen« getragen, wenn es darum geht, zu erklären, was die deutsche Sprache an Kuriosem, Geistreichem, zuweilen Tiefgründigem und zugleich Lehrreichem zu bieten hat. D as vorliegende Buch geht der oft verwirrend buntscheckigen Sprachgeschichte nach, um dem Leser »ein Licht« zur Erhellung auch der dunklen Seiten von Redewendungen und Metaphern »aufzusetzen«. Der Bogen ist dabei weit, sehr weit, gespannt. Er setzt nicht selten in den verborgenen Winkeln antiker Kulturen an. Oder beim Jiddisch, dem unsere Alltagssprache so viel zu verdanken hat. Oder in der Bibel, die nicht umsonst in alten Zeiten als das Buch der Bücher galt. Ob Sie nun »Chuzpe haben« oder es für »Nebbich« halten, wenn andere »Perlen vor die Säue« werfen – stets wandeln Sie dabei auf den Spuren von Gegenwart und Vergangenheit.
Unterdessen beginnt in Deutschland ein neues Verständnis für die Wurzeln unserer facettenreichen Sprache zu erwachen. Beleg dafür könnte auch das vermehrte Interesse an Herkunft und Bedeutung deutscher Redensarten sein. Kommen Sie also mit auf eine heitere Entdeckungsreise zur Erforschung ihrer Quellen! Lassen Sie uns den »springenden Punkt« suchen und herausfinden, »wo der Hund begraben liegt«!
Damit Sie nach der Lektüre nicht gegen den Autor »vom Leder ziehen« oder ihm »die rote Karte zeigen«, sei noch einmal darauf hingewiesen, dass hier nicht versucht wird, die jeweils zu hundert Prozent historisch richtige Ableitung chemisch rein aus dem Wust der einschlägigen Literatur herauszufiltern. Die Vielfalt der möglichen Deutungen ist ja häufig erst das Salz in der Suppe. In diesem Sinne sollte erneut ein Buch entstehen, das nicht akademisches Wissen trocken vermittelt, sondern auf unterhaltsame Art Lust an der Beschäftigung mit Sprache weckt. Denn – »frank und frei« gesprochen – das ist doch wohl »das A und O«.
Karl Hugo Pruys
Inhalt
Kapitel 01
Kapitel 02
Kapitel 03
Kapitel 04
Kapitel 05
Kapitel 06
Kapitel 07
Kapitel 08
Kapitel 09
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
A
Das ist das A und O
Etwas, worauf man auf keinen Fall verzichten kann, etwas wirklich Wichtiges und Grundlegendes – das nennt man auch heute noch gern »das A und O« einer Sache. Aber woher stammt diese Redensart? Bibelfeste Zeitgenossen erinnern sich an die Offenbarung des Johannes, wo es in Kapitell, Vers 8, heißt: »Ich bin das A und das O, der Anfang und das Ende, spricht Gott, der Herr, der da ist und der da war und der da kommt, der Allmächtige.«
Das A und O zum Verständnis dieser Aussage ist die Kenntnis alter Sprachen: Im Altgriechischen nämlich, aus dem Martin Luther das Neue Testament übersetzt hat, beginnt das Alphabet mit Alpha (A) und endet mit Omega (Ω). Von daher markieren diese beiden Buchstaben tatsächlich den Anfang und das Ende – und sind damit unverzichtbar für das Ganze. Vornehmlich die christliche Kirche bediente sich seit jeher dieser symbolhaften Umschreibung der Allmacht Gottes; und diese Tradition war es wohl auch, die Luther bewog, den Allmächtigen nicht sagen zu lassen: »Ich bin das A und das Z« – wie es ja dem lateinischen (und deutschen) Alphabet gemäß heißen müsste.
Und so hat sich die Bedeutung bis heute gehalten: Während es beim »A und O« um das geht, was unabdingbar wichtig im Leben ist: um Grundsätzliches, nicht Austauschbares und Unersetzliches, ist das moderne »von A bis Z« ganz profaner Natur. Nachschlagewerke und Handbücher schmücken sich gern mit diesem Zusatz, um auf ihre lexikalische Vollständigkeit zu verweisen – dabei liegt nun jeder Gedanke an Metaphysisches fern.
Ganz anders ging es da Samuel Liddell MacGregor Mathers, als er im Jahre 1903 einen geistlichen Orden unter dem Zeichen »Alpha et Omega« begründete. Dieser Orden verfügte allein in Großbritannien über drei Tempel; weitere Versammlungshäuser gab es in Frankreich und den USA. Heute werben im Internet unter der magischen Rubrik »Alpha et Omega« auch Privatclubs um Mitglieder. Man gibt sich dort selbst bieder und gönnerhaft, wie die Regel eines dieser Clubs ausweist: »Mitglieder, die Raucher sind, dürfen ihrem Laster bei uns weiterhin frönen. Und Mitglieder, die zu tief ins Glas geschaut haben, können bei uns übernachten …« – Offensichtlich weiß man hier genau darüber Bescheid, was wichtig und notwendig ist.
Sich aus der Affäre ziehen
Das bringt so mancher fertig, dem der Boden unter den Füßen zu heiß wird: Er entwindet sich einer höchst unbequemen Lage. Das hat mit dem Französischen, aus dem das Wort übernommen wurde, zunächstwenig zu tun; »affaire« bedeutet dort ganz neutral »Sache« oder »Angelegenheit«. Im Geschäftsleben heißt etwa »être en affaires« nichts weiter als »beschäftigt sein, zu tun haben«. Bei einer »affaire de coeur« handelt es sich (schon weitaus anspruchsvoller) um eine Herzensangelegenheit, bei einer »affaire d’honneur« um einen Ehrenhandel, wie man früher sagte – also um ein Duell. Eine »affaire« kann aber auch ein Prozess sein, ein Kampf oder gar eine Schlacht. Im deutschen Sprachgebrauch haftet der Affäre immer etwas Dunkles, Unschönes, Entlarvendes an. Sie steht synonym für einen Skandal (»Spendenaffäre«) oder auch für eine außereheliche Beziehung (auf Französisch: »affaire d’amour«). Wenn eine solche Affäre ruchbar wird, dann ist es für die Beteiligten tatsächlich an der Zeit, darüber nachzudenken, wie sie sich aus derselben ziehen können.
»Sich aus der Affäre ziehen« ist letztlich die wörtliche Übersetzung von »se tirer d’affaire«, was der Franzose mit einer gewissen Bewunderung noch steigern kann: »s’en tirer élégamment«, also sich »elegant aus der Affäre ziehen«. Im Sportteil deutscher Zeitungen kann man dagegen öfter die Wendung lesen, eine Mannschaft habe sich »mit Anstand aus der Affáre gezogen«. Das zeugt von einem Missverständnis der ursprünglichen Bedeutung: Nach dieser Lesart