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Länger leben, arbeiten und sich engagieren: Chancen werteschaffender Beschäftigung bis ins Alter
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Länger leben, arbeiten und sich engagieren: Chancen werteschaffender Beschäftigung bis ins Alter
eBook419 Seiten3 Stunden

Länger leben, arbeiten und sich engagieren: Chancen werteschaffender Beschäftigung bis ins Alter

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Über dieses E-Book

Das negative Szenario einer ergrauenden, schrumpfenden Bevölkerung verstellt allzu leicht den Blick auf die Möglichkeiten, die mit dem Zuwachs an Kompetenzen und Erfahrungen im Laufe eines Lebens verbunden sein können. Die Menschen in Deutschland werden nicht nur älter - sie sind im fortgeschrittenen Alter heute oft vitaler und leistungsfähiger als je zuvor. Doch ihre Potenziale werden nur unzureichend genutzt. Die "Kultur der Frühverrentung" hat unser gesellschaftliches Bild vom Menschen in der zweiten Lebenshälfte tief geprägt - und zu Mechanismen der Inaktivierung in der Berufswelt geführt, die nicht zukunftsfähig sind. Deutschland ist gefordert, einen Paradigmenwechsel hin zu längeren Tätigkeitsbiografien in allen Lebensbereichen zu vollziehen.
In dieser Publikation wird die Ausgangssituation der Älteren im wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Leben analysiert. Experten aus Wissenschaft und Praxis skizzieren die Herausforderungen auf dem Weg in eine Tätigkeitsgesellschaft, in der Menschen auch im fortgeschrittenen Alter ihre Potenziale entfalten und eine aktive Rolle in Wirtschaft und Gesellschaft wahrnehmen können. Die Betrachtung wird abgerundet durch einen Blick auf andere Staaten, woraus sich erste Anregungen für die Diskussion hierzulande ergeben.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum23. Juli 2010
ISBN9783867931908
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    Buchvorschau

    Länger leben, arbeiten und sich engagieren - Verlag Bertelsmann Stiftung

    Schleiter

    I. Beschäftigung in einer alternden Gesellschaft - Ein Überblick

    Beschäftigungschancen für ältere Arbeitnehmer - Ein Ländervergleich

    Lothar Funk, Susanne Seyda

    1 Einleitung

    ²

    Studien zur Verbesserung der Arbeitsmarktlage älterer Menschen stoßen in den letzten Jahren auf großes Interesse. Dies ist verständlich, denn die Arbeitsmarktbeteiligung der 55- bis 64-Jährigen liegt in vielen hoch entwickelten Ländern stark unter dem Durchschnitt, in anderen - ansonsten vergleichbaren - Staaten dagegen relativ hoch. Eine hohe Erwerbsbeteiligung Älterer kann wesentlich dazu beitragen, die mit einer zunehmenden Alterung der Gesellschaft verbundenen Finanzierungsprobleme aufzufangen; dies gilt vor allem für umlagefinanzierte Alterssicherungs-, Krankenversicherungs- und Pflegeversicherungssysteme sowie damit verbundene mögliche negative Effekte auf Wirtschaftswachstum und Innovationsfähigkeit (European Commission 2006).


    Paradigmenwechsel in der Beschäftigungspolitik


    Ein Paradigmenwechsel zur Erhöhung der Beschäftigung über 55-Jähriger ist auch in Deutschland eingeleitet worden - nach vielen Jahren einer Politik, die faktisch das vorzeitige Ausscheiden der Älteren aus dem Arbeitsmarkt herbeigeführt hat. Die neue Bundesregierung hat zudem die Förderung der Beschäftigung Älterer im Koalitionsvertrag zu einem wichtigen Thema gemacht (CDU, CSU und SPD 2005: 29 ff.).


    Erste Anzeichen auch in Deutschland


    Nicht zuletzt haben die Bundesvereinigung der Deutscher Arbeitgeberverbände (BDA) und die Bertelsmann Stiftung den eingeleiteten Ausstieg aus einer nicht (mehr) tragfähigen »Vorruhestandskultur« schon vor Jahren angestoßen und mitvorangetrieben. Bereits im Herbst 2001 wurde von der BDA gemeinsam mit der Bertelsmann Stiftung und den Arbeitgeberverbänden aus Dänemark, den Niederlanden und Irland die Initiative »Proage« (www.proage-online.de) gestartet.


    Kooperationsinitiative »Proage«


    Die Initiative befasste sich mit den Möglichkeiten, wieder mehr Arbeitskräfte zu beschäftigen, und den entsprechenden Länder- und Unternehmensstrategien. Seitdem kam es auf verschiedenen Regierungs- und Sozialpartnerebenen sowie bei supranationalen Institutionen zu zahlreichen weiteren Kampagnen, um die Öffentlichkeit für die Problematik zu sensibilisieren und nachahmenswerte Lösungen zu verbreiten (OECD 2005a: 130 ff.). Drei Jahre nach Veröffentlichung der Ergebnisse der ländervergleichenden Studie dieses Projektes im Jahr 2003 (Bertelsmann Stiftung und BDA 2005) werden im Folgenden zwei Kernkapitel auf Basis des ursprünglichen Forschungsdesigns aktualisiert.


    Rückblick 2001: Deutschland weit abgeschlagen bei Beschäftigung Älterer


    Doch zunächst ein kurzer Rückblick: Die Erwerbstätigenquote Älterer war in Deutschland 2001 in der Basisstudie im internationalen Vergleich gering. Deutschland lag zwar keineswegs am untersten Ende der Skala, erreichte aber nach seinerzeit verfügbaren Daten eine Erwerbstätigkeit von lediglich 36,8 Prozent der 55- bis 64-jährigen Wohnbevölkerung im Vergleich zum OECD-Durchschnitt von mehr als 48 Prozent.


    Ungenutzte Aufholchancen


    Diese Lücke von mehr als elf Prozentpunkten, die sich seit 1990 fast nicht verringert hatte, verdeutlichte die immensen Spielräume hierzulande für eine höhere Beschäftigung älterer Menschen. Die Aufholchancen zeigten sich noch deutlicher, wenn man bedenkt, dass die Erwerbstätigenquote Älterer etwa der Schweiz 2001 mehr als 30 Prozentpunkte höher lag als in Deutschland, und wenn zusätzlich noch der Indikator Arbeitslosigkeit der 55- bis 64-Jährigen betrachtet wird, bei dem Deutschland im Ländervergleich 2001 sehr schlecht abgeschnitten hatte.


    Ländervergleich zeigt: höhere Beschäftigung Älterer möglich


    In Überblickstudien ausgewählter Länder, die auf umfangreiche Frühverrentungen verzichtet oder vorhandene Programme seit Anfang der 90er Jahre mit signifikanten Erfolgen abgebaut hatten, wurde analysiert, was Deutschland lernen kann. Dass mehr Beschäftigung möglich ist, demonstrieren nicht nur die in der Basisstudie betrachteten Erfolgsländer Schweiz, USA, Dänemark oder auch Großbritannien. Sie sind bereits seit längerem durch eine im Vergleich zu Deutschland und zum Beispiel Italien oder Frankreich erheblich höhere Erwerbstätigkeit älterer Menschen gekennzeichnet.


    Niederlande, Finnland, Irland: positive Trendwende


    Auch die reformerischen Aufholstaaten Niederlande, Finnland und Irland haben zwischen 1991 und 2001 eine positive Trendwende gemacht. Von einem teilweise ähnlich niedrigen Niveau wie in Deutschland gelang es ihnen in wenigen Jahren, die Erwerbstätigkeit Älterer erheblich zu steigern.


    Drei Aspekte im Fokus


    Unter Verweis auf die ursprünglichen Ländervergleichstudien (Bertelsmann Stiftung und BDA 2003: 121 ff.) und eine aktuelle, groß angelegte Analyse, die auch diese Staaten umfasste (OECD 2006), beschränken wir uns im Folgenden auf drei Aspekte:

    • Der ursprüngliche Problembefund wird aktualisiert.

    • Die volkswirtschaftlichen Effekte der geringen Alterserwerbstätigkeit in Deutschland werden neu berechnet.

    • Aus diesen Befunden werden einige wirtschaftspolitische Handlungsempfehlungen abgeleitet.


    Gesamtsituation in Deutschland


    Grob gesagt zeigt sich, dass die Arbeitsmarktlage älterer Menschen in Deutschland im internationalen Vergleich noch immer erheblich schlechter ist als in den hier führenden Ländern. Doch mittlerweile konnten auch erste Fortschritte erzielt werden. So ist beispielsweise die Erwerbstätigkeit der über 55-Jährigen im Jahr 2004 auf 39,2 Prozent gestiegen, und die deutsche Beschäftigungslücke in diesem Alterssegment sank im Vergleich zum OECD-Durchschnitt von knapp 1,3 Mio. im Jahr 2001 auf 1,2 Mio. Arbeitsplätze im Jahr 2004.

    Als Folge verminderter Transferleistungen dürften zudem in den kommenden Jahren mehr Ältere an einer Erwerbstätigkeit interessiert sein. Der OECD ist daher zuzustimmen, die in ihrem Deutschlandbericht zur »Alterung und Beschäftigungspolitik« zu dem Ergebnis kommt: »Das Land hat in den letzten Jahren mehrere Schritte in die richtige Richtung getan, es muss jedoch mehr geschehen, damit das Ziel der Ausdehnung der Erwerbsquoten der 55- bis 64-Jährigen auf 50 Prozent bis 2010 erreicht werden kann« (OECD 2005a: 171).

    2 Problembefund

    2.1 Zur Situation älterer Arbeitnehmer: Zahlen und Fakten

    Erwerbstätigkeit und Arbeitslosigkeit

    Die älteren Arbeitnehmer stellen in vielen Ländern trotz einiger jüngerer Erfolge noch immer ein unzureichend genutztes Potenzial des Arbeitsmarktes dar. In Deutschland ist ihre Erwerbstätigenquote im internationalen Vergleich sehr gering. Lediglich 39,2 Prozent der 55- bis 64-jährigen Wohnbevölkerung waren im Jahr 2004 hierzulande erwerbstätig, während es im OECD-Durchschnitt 50,9 Prozent waren. Deutschland befindet sich damit an letzter Stelle der hier betrachteten Untersuchungsländer (in Abbildung 1 dunkelblaue Säulen). Allerdings schneiden andere Länder (wie Belgien oder Österreich) noch schlechter ab.


    39 Prozent erwerbstätig


    Auch wenn man die älteren Arbeitnehmer in zwei Altersgruppen einteilt - 55 bis 59 Jahre und 60 bis 64 Jahre -, bildet Deutschland zusammen mit den Niederlanden das Schlusslicht dieses Ländervergleichs (Tabelle 1).


    Schlusslicht Deutschland


    Abbildung 1: Erwerbstätigenquoten der 55- bis 64-Jährigen 2004 (in Prozent)

    Quelle: OECD-LMS; eigene Darstellung

    Tabelle 1: Anteil Erwerbstätige an der Bevölkerung im jeweiligen Alter (in Prozent)

    Quelle: OECD-LMS; eigene Zusammenstellung

    Während die Niederlande zwischen 1991 und 2004 jedoch vor allem bei den 55- bis 59-Jährigen hohe Zuwächse verzeichnen konnten, ist das Niveau in Deutschland in dieser Altersgruppe im ungewichteten Ländervergleich unterdurchschnittlich gewachsen. Es ist zwar bei den 60- bis 64-Jährigen um rund ein Drittel gestiegen - allerdings auf weit unterdurchschnittlichem Basisniveau. In allen Ländern fällt die Erwerbstätigenquote der 60- bis 64-Jährigen deutlich niedriger aus als die der 55- bis 59-Jährigen. Bei Letzteren ist Deutschland etwas günstiger positioniert, da der Abstand zum ungewichteten Durchschnitt der sieben Länder (Daten für die Schweiz liegen nicht vor) lediglich 7,4 Prozentpunkte beträgt. Dieser Abstand hat sich jedoch seit 1991 von 1,5 auf 7,4 Prozentpunkte deutlich vergrößert.

    Bei den 60- bis 64-Jährigen besteht eine erheblich größere Differenz zum Durchschnitt, die im Verlauf der letzten Jahre jedoch annähernd konstant geblieben ist. Das relative Zurückbleiben Deutschlands bei der Alterserwerbstätigkeit resultiert daher vorwiegend aus der Verschlechterung in der jüngeren Altersgruppe.

    Ähnlich wie die Erwerbstätigkeit streut auch die Arbeitslosigkeit älterer Menschen international erheblich (Abbildung 2). Eine hohe Arbeitslosigkeit Älterer ist besonders im Hinblick auf ihre längere Dauer problematisch. Auch in dieser Betrachtung nimmt Deutschland eine ungünstige Position ein, da es mit über elf Prozent im Jahr 2004 die mit Abstand höchste Arbeitslosenquote hat. Die der anderen Untersuchungsländer liegt im Schnitt sogar unter vier Prozent.


    Hohe Arbeitslosenquote bei 55- bis 64-Jährigen


    Die folgenden Grafiken geben einen Überblick über die Entwicklung der Erwerbstätigkeit Älterer in den acht Untersuchungsländern während der letzten drei Dekaden. Ein einheitlicher Trend lässt sich nur insofern feststellen, als in den vergangenen fünf Jahren in den meisten Ländern eine Aufwärtsbewegung zu erkennen ist. Vor allem Deutschland und die Schweiz fallen hier heraus - wobei die Alterserwerbstätigkeit im Nachbarland auf sehr hohem Niveau in etwa konstant ist.


    Positive Entwicklung bei den Vergleichsländern


    Betrachtet man nur die Länder der Studie, für die seit Anfang der 70er Jahre Daten vorliegen, so hat sich die Spanne zwischen der höchsten Alterserwerbstätigkeit (in den USA mit 60,1 Prozent) und dem niedrigsten Wert (in den Niederlanden mit 45,3 Prozent) von 15 Prozentpunkten auf knapp 21 Prozentpunkte (zwischen den USA und Deutschland) vergrößert.


    Abstand zu Deutschland steigend


    Bezieht man die Schweiz mit ein, für die international vergleichbare Daten erst ab 1991 vorliegen, so wächst die Differenz zu Deutschland als dem Schlusslicht in dieser Rangliste im Jahr 2001 auf knapp 26 Prozentpunkte. Die Schweiz gilt - neben ähnlich erfolgreichen Staaten, wie etwa Schweden (Funk 2004: 45 f.) - international als eines der führenden Länder bei der Integration älterer Menschen in den Arbeitsmarkt.


    Schweiz eines der erfolgreichsten Länder bei der Arbeitsmarktintegration Älterer


    Neben Deutschland waren vor einem Jahrzehnt auch Finnland, die Niederlande und Irland am unteren Ende der Skala der untersuchten Länder zu finden. In den drei anderen Ländern sind in jüngster Vergangenheit jedoch hohe Zuwächse bei der Alterserwerbstätigkeit zu verzeichnen, sodass sie sich als Aufholländer charakterisieren lassen.


    Finnland, Niederlande, Irland: Aufholländer


    Abbildung 2: Arbeitslosenquoten der 55- bis 64-Jährigen 2004 (in Prozent)

    Quelle: OECD-LMS; eigene Darstellung

    Abbildung 3: Erwerbstätigenquoten der 55- bis 64-Jährigen 1970-2004 (in Prozent)

    Quelle: OECD-LMS, Daten nicht für alle Länder ab 1970 durchgehend verfügbar; eigene Darstellung

    Abbildung 4: Veränderungen der Erwerbstätigenquoten älterer Arbeitnehmer in Prozent (1991 = 100)

    Quelle: OECD-LMS; eigene Berechnungen, eigene Darstellung

    Um die Niveauveränderungen besser beurteilen zu können, wurde das Jahr 1991 auf 100 gesetzt (Abbildung 4). Mit Ausnahme von Deutschland haben die Länder, die 1991 die unteren Rangplätze einnahmen, die höchsten Zuwächse zu verzeichnen. Beachtlich ist der Anstieg in den Niederlanden um annähernd 60 Prozent, aber auch Irland und Finnland können Zuwächse von mehr als 20 Prozent vorweisen. In Deutschland ist dagegen in den letzten 15 Jahren nur ein relativ bescheidener Zuwachs bei der Alterserwerbstätigkeit festzustellen.


    Nur geringer Anstieg in Deutschland


    Die Zuwächse sind dabei nicht - anders als lange Zeit vielfach behauptet wurde - zu Lasten der jüngeren Erwerbstätigen gegangen. Es scheint vielmehr, dass die Anpassungsfähigkeit des Arbeitsmarktes an veränderte Rahmenbedingungen in aller Regel einen hohen Beschäftigungsstand sowohl von jungen als auch älteren Menschen erreichen kann (vgl. OECD 2005: 171 ff.).


    Zuwächse bei Erwerbstätigkeit Älterer nicht zu Lasten Jüngerer



    Korrelation hoher Erwerbstätigkeit und niedriger Gesamtarbeitslosigkeit


    Im internationalen Vergleich für das Jahr 2004 zeigt sich - wie in der Ursprungsstudie -, dass sowohl zwischen der Alterserwerbstätigkeit (55- bis 64-Jährige) und der gesamten Arbeitslosigkeit (15- bis 64-Jährige) als auch zwischen der Jugenderwerbstätigkeit (15- bis 24-Jährige) und der gesamten Arbeitslosigkeit ein zum Teil signifikanter negativer Zusammenhang besteht.


    Hohe Erwerbsbeteiligung aller Altersgruppen


    Eine niedrige Arbeitslosigkeit geht mit Beschäftigungsmöglichkeiten für alle Altersgruppen einher. Umgekehrt scheint eine hohe Erwerbstätigkeit sowohl jüngerer als auch älterer Menschen einen Beitrag zu einer niedrigen Gesamtarbeitslosigkeit zu leisten. Beschäftigungspolitisch erfolgreiche Länder weisen demnach tendenziell eine hohe Erwerbsbeteiligung aller Personengruppen auf.


    Je höher die Erwerbstätigenquote Jüngerer, desto niedriger die Gesamtarbeitslosigkeit


    In Deutschland ist ebenfalls ein signifikanter inverser Zusammenhang zwischen der aggregierten Arbeitslosigkeit und den Erwerbstätigenquoten der Jüngeren festzustellen, der zudem stark ausgeprägt ist. Hingegen besteht hier kein Zusammenhang zwischen der Arbeitslosigkeit und der Erwerbstätigkeit der Älteren, wenn man auf Basis von OECD-Daten eine Längsschnittbetrachtung der Jahre 1980 bis 2004 durchführt.


    International schwacher Zusammenhang bei der Alterserwerbstätigkeitist


    Mögliche Gründe für einen weniger starken Zusammenhang bei älteren Arbeitnehmern im internationalen Vergleich bzw. für das Fehlen dieses Zusammenhangs in Deutschland können unter anderem darin bestehen, dass Ältere einen höheren institutionellen Schutz genießen und ihr Arbeitslosigkeitsrisiko daher geringer als das jüngerer Menschen ist. Zudem verdecken verschiedene Frühverrentungsprogramme die tatsächliche Höhe der Arbeitslosigkeit und verringern den Zusammenhang zur Gesamtarbeitslosigkeit.


    Deutschland: kein positiver Zusammenhang zwischen Erwerbstätigkeit beider Altersgruppen,...


    Deutlich ausgeprägt ist im internationalen Vergleich der signifikant positive Zusammenhang zwischen den Erwerbstätigenquoten der jungen (15 bis 24 Jahre) und der älteren (55 bis 64 Jahre) Arbeitnehmer. Einer hohen Alterserwerbstätigkeit entspricht somit nicht nur eine niedrige Gesamtarbeitslosigkeit, sondern auch eine hohe Jugenderwerbstätigkeit. Der deutlich ausgeprägte positive Zusammenhang des internationalen Vergleichs gilt in Deutschland jedoch nicht; er ist in der Erwerbstätigkeit der beiden Altersgruppen nicht festzustellen, wie ein Längsschnitt der letzten zweieinhalb Jahrzehnte zeigen könnte.


    ... aber Alterserwerbstätigkeit beeinträchtigt nicht die Beschäftigungschancen Jüngerer


    Obwohl der letzte Befund auf der gesamtwirtschaftlichen Ebene für Deutschland im Längsschnitt keinen signifikanten Zusammenhang zwischen Jugend- und Alterserwerbstätigkeit andeutet, belegen einzelwirtschaftliche Untersuchungen: Auch in Deutschland nehmen die älteren Arbeitnehmer den jüngeren nicht die Arbeitsplätze weg.

    Rentenzugangsalter


    Deutliche Unterschiede im internationalen Vergleich


    Ein großer Teil der Beschäftigten tritt bereits vor Erreichen der gesetzlichen Regelaltersgrenze in den Ruhestand. Bei einem internationalen Vergleich ergeben sich allerdings statistische Probleme, da die Länder unterschiedliche Definitionen von Ruhestand und Rentenalter verwenden, die teilweise zudem je nach Art des Rentensystems variieren. In den meisten international vergleichenden Studien werden daher Austritte aus dem Arbeitsmarkt, die sich aus den Statistiken erkennen lassen, als eine Proxy-Variable für den Renteneintritt herangezogen.

    Die in Tabelle 2 dargestellten tatsächlichen Rentenalter beruhen auf Untersuchungen der OECD (2005a: 70 ff.), die das Rentenalter auf Basis der nationalen Arbeitsmarktstatistiken für den Zeitraum 1997 bis 2002 anhand der Veränderungen der Erwerbsquoten von Altersgruppen schätzt. Die damit verbundenen Ungenauigkeiten werden zugunsten der Vergleichbarkeit hingenommen.

    Tabelle 2: Gesetzliches und tatsächliches Rentenalter 1997 bis 2002 (in Jahren)

    Quelle: OECD 2005a; eigene Zusammenstellung

    Nach dieser Methode werden deutliche Unterschiede zwischen den Ländern sichtbar, aber auch zwischen den Geschlechtern. In allen Ländern gehen Frauen eher in Rente als Männer. Ein Zusammenhang mit der Höhe des gesetzlichen Rentenalters scheint indessen nicht zu bestehen. Die zum Teil großen Differenzen zwischen gesetzlichem und tatsächlichem Rentenalter bei den Frauen beruhen auch auf Anhebungen des Rentenalters, die in der Mitte oder am Ende des betrachteten Fünfjahreszeitraum stattgefunden haben.


    Deutschland führend in Frühverrentung


    Für Deutschland bleibt generell festzuhalten, dass trotz der Anhebungen des Rentenalters in jüngerer Zeit die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hierzulande früher in Rente gehen als in den meisten OECD-Staaten. Das durchschnittliche effektive Rentenalter liegt für Frauen im OECD-Schnitt bei 61,4 Jahren (Deutschland = 60,2) und für Männer bei 63,3 (Deutschland = 60,9) Jahren.

    Weiterbildung


    Hoher Bildungsstand Älterer in Deutschland,...


    Der internationale Vergleich soll mit einem Blick auf das Bildungsniveau der 55- bis 64-jährigen Bevölkerung abgeschlossen werden. In Deutschland verfügt diese Altersgruppe über einen sehr hohen Bildungsstand, da 78 Prozent mindestens einen Sekundarbereich-II-Abschluss haben - Hochschulreife sowie abgeschlossene Berufsausbildung -, während es im internationalen Vergleich der OECD-Länder nur 53,3 Prozent sind (Abbildung 5).


    ... aber qualifikatorisches Potenzial ungenutzt


    Dieses hohe formale Qualifikationspotenzial wird jedoch nicht in Form einer entsprechend hohen Arbeitsmarktbeteiligung genutzt: Während in anderen Ländern die Erwerbsbeteiligung mit steigendem Bildungsniveau wächst, weist Deutschland - gemessen am formalen Bildungsgrad der 55-bis 64-Jährigen - nur eine stark unterdurchschnittliche Erwerbsbeteiligung auf.


    Geringe Weiterbildungschancen Älterer


    Im Hinblick auf die nicht formale berufsbezogene Fort- und Weiterbildung, die zum Erhalt des Humankapitals und zur Aneignung neuen Wissens unerlässlich ist, ist die Erwerbsbevölkerung hierzulande schlecht positioniert. Selbst wenn man berücksichtigt, dass der internationale Datenvergleich mit großen methodischen Problemen behaftet ist und Deutschlands Position eher unterschätzt wird (Werner et al. 2003), befindet sich das Land am unteren Ende der Rangfolge (OECD 2005a: 138).

    Während sich in anderen Untersuchungsländern - in Dänemark, Finnland, Großbritannien, Schweiz und den USA - die mittleren Altersgruppen mit 35 bis zu knapp 50 Prozent weiterbilden, sind es in Deutschland, ähnlich wie sonst nur in Irland, lediglich 15 Prozent. In allen Ländern sinkt die Weiterbildungsbeteiligung mit zunehmendem Alter, und sie beträgt in Deutschland - wiederum nur vergleichbar mit dem schlecht abschneidenden Irland - nur noch neun Prozent (Abbildung 6).

    Abbildung 5: 55- bis 64-Jährige mit Abschluss Sekundarbereich II oder höher im Jahr 2003 (in Prozent)

    Quelle: OECD 2005b; * Niederlande = 2002

    Abbildung 6: Teilnahme an berufsbezogener Fort- und Weiterbildung der Erwerbsbevölkerung nach Altersklassen im Jahr 2003 (in Prozent)

    Quelle: OECD 2005b; Daten für Niederlande nicht verfügbar


    Weiterbildungsbeteiligung abhängig von Qualifikation


    Auffallend ist, dass in Deutschland die Weiterbildungsbeteiligung von der Qualifikation abhängt. Bei hoch qualifizierten Arbeitskräften ist die Wahrscheinlichkeit einer Teilnahme an Fortbildungsmaßnahmen deutlich höher als bei den mittleren und niedrigeren Qualifikationen. »In der Altersgruppe der 50- bis 64-Jährigen z. B. nehmen lediglich 1,7 Prozent der gering qualifizierten Arbeitskräfte an Weiterbildungsmaßnahmen teil, verglichen mit 17,3 Prozent bei den hoch qualifizierten und 7,4 Prozent bei den qualifizierten Kräften« (OECD 2005a: 140).

    Die deutsche Beschäftigungslücke

    Die unterschiedliche Ausprägung der Erwerbstätigkeit Älterer in einzelnen Ländern lässt sich auch anhand von Beschäftigungslücken darstellen, indem man die durchschnittliche Erwerbstätigenquote der 55- bis 64-Jährigen in der OECD von 50,9 Prozent auf die gleichaltrige Bevölkerung in den Untersuchungsländern bezieht. Subtrahiert man von dieser Zahl die tatsächlichen Erwerbstätigen des jeweiligen Landes, so erhält man das Beschäftigungsdifferenzial, das sich bei Erreichen des OECD-Durchschnitts ergäbe. Für Deutschland liegt die so errechnete Lücke noch immer bei 1 208 857 Arbeitsplätzen.


    Rechnerisch: 1,2 Mio. Arbeitsplätze


    Bestimmt man die Beschäftigungslücke in Deutschland in Relation zu den Erwerbstätigenquoten der anderen Länder, so fehlen im Vergleich zu Dänemark - als dem Spitzenreiter der Europäischen Union in punkto ältere Erwerbstätige - etwa 2,3 Mio. Arbeitsplätze. Im Vergleich zur Schweiz, dem führenden Land des Untersuchungssamples, beläuft sich das deutsche Defizit sogar auf knapp 2,7 Mio. Arbeitsplätze (Tabelle 3).

    Tabelle 3: Rechnerische Beschäftigungslücke in Deutschland im Vergleich zu den Untersuchungsländern 2004

    Quelle: OECD-LMS; eigene Berechnungen, eigene Zusammenstellung

    Die tatsächliche Beschäftigungslücke in Deutschland erweist sich als noch größer als die rechnerische Lücke, wenn man eine Aufstellung der 55- bis 64-jährigen Nichterwerbstätigen nach ihrem Status vornimmt (siehe unten). Sie verteilen sich vor allem auf die Bereiche Rente und Arbeitslosigkeit. Die Altersteilzeit stellt eine Zwischenform dar, weil sie einerseits durch Blockung der Arbeitszeit einen frühen Austritt aus der Erwerbstätigkeit schafft und andererseits die Möglichkeit der Rente nach Altersteilzeit

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