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Fressen die Alten den Kuchen weg?: Das Alter neu denken
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Fressen die Alten den Kuchen weg?: Das Alter neu denken
eBook287 Seiten3 Stunden

Fressen die Alten den Kuchen weg?: Das Alter neu denken

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Über dieses E-Book

Tickt die Zeitbombe der Vergreisung? Droht eine Altenschwemme? Sind Pensionisten Vampire? Mit solchen Bildern wird der Konflikt zwischen den Generationen geschürt, während es höchste Zeit ist, der Realität des demographischen Wandels zu begegnen. Denn die Zahl der über 60-Jährigen, die mobil und produktiv sind, steigt in der EU jährlich um etwa 2 Millionen. Wenn zwischen 2015 und 2035 die Babyboom-Generation das Pensionsalter erreicht, wird sich die Arbeitswelt fundamental geändert haben müssen.

Doch neben den demographischen Tatsachen spielen in diesem Konfliktfeld auch wirtschaftliche, soziologische und medizinische Aspekte mit. Karl Blecha und Andreas Khol stellen als Seniorenratspräsidenten in diesem Buch ihre Antworten auf damit verbundene Fragen vor: Wie muss altersgerechte Arbeit in Zukunft aussehen? Wie können angemessene Pensionen garantiert werden? Wie bleiben alte Menschen aktiv und gesund? Welche Rolle spielen ihre Erfahrungen und ihre Bedürfnisse für die Wirtschaft?

Wer die Jugend hat, hat die Zukunft. Wer aber die Senioren hat, hat die Mehrheit. Die Autoren formulieren, was heute geschehen muss, damit wir in unserer Gesellschaft morgen das Miteinander der Generationen leben können.
SpracheDeutsch
HerausgeberResidenz Verlag
Erscheinungsdatum18. Okt. 2012
ISBN9783701743162
Fressen die Alten den Kuchen weg?: Das Alter neu denken
Autor

Andreas Khol

Andreas Khol, Univ.-Prof. Dr. iur., geboren 1941, Universität Wien für Verfassungsrecht 1969; 1966 bis 1969 Sekretär im Verfassungsgerichtshof; 1969–1974 Internationaler Beamter im Generalsekretariat des Europarates; 1972 Tit. ao. Univ.-Prof. Wien; 1974–1992 Politische Akademie der ÖVP; 1971 bis 1973 Betriebsratsobmann im Europarat; 1983–2006 Tiroler Mandatar zum Nationalrat; 1994–2002 Obmann des ÖVP-Parlamentsklubs; 2002–2006 Präsident des Nationalrates; 2005–2016 Obmann des Österreichischen Seniorenbundes; 2016 Präsidentschaftskandidat der ÖVP; 2016 Ehrenpräsident des Seniorenbundes.

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    Buchvorschau

    Fressen die Alten den Kuchen weg? - Andreas Khol

    sein.

    1

    Der alte Mensch in der Gesellschaft

    Der römische Philosoph Seneca meinte schon vor rund 2000 Jahren: „Bereiten wir dem Alter einen freudigen Empfang, lieben wir es; es ist reich an Annehmlichkeiten, wenn man es zu nutzen weiß."

    DER DEMOGRAPHISCHE WANDEL – EINE CHANCE?

    Angst (voreinander) besteht in jeder Generation: Die Älteren haben Angst vor dem Alter, aber auch vor den Jüngeren, die Jungen fürchten sich vor der Zukunft, aber auch vor den Alten. Ist aber der demographische Wandel nicht als Bedrohung, sondern eher als eine Chance für die Gesellschaft in den Industriestaaten zu sehen? Wenn dem so sein soll, dann bedarf es vor allem einer verstärkten Aufklärung in punkto Alter, besonders um die Diskrepanzen in den verschiedenen Auffassungen auszuräumen. Alte Vorstellungen – wie die zukünftige „Unfinanzierbarkeit" des Pensionssystems, des Gesundheitswesens und der Pflege – müssen korrigiert werden, um damit den Gedanken an einen drohenden Zusammenbruch der Staatsfinanzen zu widerlegen.

    Eine der Chancen für die Gesellschaft besteht darin, dass z. B. Firmen ihre gesellschaftliche Verantwortung verstärkt wahrnehmen und dazu veranlasst werden, ältere Mitarbeiter einzubeziehen, denn ihre Kompetenz ist unverzichtbar. Wie aber soll der Arbeitsmarkt diese Veränderungen verkraften? Um diese Ziele zu erreichen, müssen Anreize geschaffen werden – sowohl für die älteren Arbeitnehmer wie auch für die Firmen. Denn eines ist klar: Ältere Mitarbeiter sind aufgrund des noch verbreiteten automatischen Vorrückungssystems oder der leistungsunabhängigen, regelmäßigen Gehaltserhöhungen, unabhängig von kollektivvertraglichen Erhöhungen – die ja auch die Inflation abgelten sollen –, teurer als (gleichwertige) junge.

    In den nächsten zwei Jahrzehnten gehen die sogenannten Babyboomer, also die geburtenstarken Jahrgänge von ca. 1955 bis 1965, in Pension, und damit wird eine große Gruppe ausfallen, die derzeit die Sozialsysteme stützt. In exportorientierten Ländern – wie z. B. Deutschland, aber auch Österreich – droht laut OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) eine Schwächung des Wachstums durch die rapide Alterung der Bevölkerung. Denn es fehlen (qualifizierte) Arbeitskräfte. Wie kann hier gegengesteuert werden? Kann eine gesteigerte Frauenerwerbsquote die „Kinderlücke" allein ausfüllen? Eine möglichst ausgewogene Generationenpyramide bedeutet, Vorsorge zu treffen, dass die Menschen willens sind, wieder Kinder zu bekommen bzw. auch großzuziehen. Damit bedarf es eines Klimas, das Bedingungen für mehr Kinder schafft. Die österreichische Familienpolitik war lange Zeit auf einen Ausgleich der Nachteile durch finanzielle Mittel bedacht. Sie war auch ideologisiert, der Standpunkt der ÖVP lautete: Die Frau bleibt beim Kind. Und jener der SPÖ hieß: Die Frau steht voll im Erwerbsleben. Beide Meinungen haben nicht zu mehr, sondern zu weniger Kindern geführt. Das Beispiel diesbezüglich erfolgreicher Länder zeigt, dass es entscheidend ist, den werdenden Eltern Zeitsouveränität anzubieten, sie ihre Arbeits- und Freizeit möglichst frei wählen zu lassen. Das bedeutet eine Stärkung der Familien, die Ermöglichung qualifizierter, auch karrierestützender Teilzeitarbeit und ausreichende Entlastung durch entsprechende Betreuung der Kinder (Modell nordische Länder, Frankreich), und zwar Ganztagsbetreuung, die den Bedürfnissen der Eltern gerecht wird – z. B. auch während der Ferien –, ab dem Kindergartenalter bzw. später in der Schule.

    Welch evident positiver Zusammenhang zwischen dem Ausbau der Kinderbetreuung und einem nachhaltigen Beitrag zum Budget der öffentlichen Haushalte bzw. zur Budgetkonsolidierung besteht, belegen neue Modellberechnungen der Arbeiterkammer Wien aus dem Jahr 2012. Durch den schrittweisen Ausbau des Kinderbetreuungsangebots bis zum Jahr 2017 können 35.000 zusätzliche Betreuungsplätze für Kleinkinder geschaffen bzw. die Öffnungszeiten bei 70.000 bestehenden Plätzen verlängert werden. Die Nettokosten (Gesamtkosten minus Rückflüsse) dieses Ausbaus (Personalkosten und Bauinvestitionen) erreichen im Jahr 2015 mit 60 Millionen Euro pro Jahr ihren Höchststand, sie sinken 2016 bereits deutlich und „drehen" ab 2017 sogar in ein Plus für die öffentliche Hand (100 Millionen Euro Überschussertrag gegenüber den Investitionskosten).

    Frauen müssen also – um die Kinderlücke zu füllen – verstärkt in den Arbeitsprozess eingebunden werden, unfreiwillige Teilzeit muss auf Vollzeit erweitert werden können und freiwillige attraktiver gemacht werden. Und verstärkt sollten auch „die Alten" länger arbeiten (können). Diese Maßnahmen sind aber erst längerfristig wirksam, und sie sind teuer. Aber unabhängig von den Kosten fehlen bereits heute deutschsprachige Kindergartenpädagoginnen und -pädagogen. Hier liegt also schon die erste Chance, dass Ältere länger arbeiten könnten. In einer altersgerechten Gesellschaft könnten z. B. pensionierte Lehrerinnen eine Teilzeitverpflichtung annehmen und nachmittags der Schule ein paar Stunden pro Woche zur Verfügung stehen. Das schließt eine Arbeitskräftelücke. Und hilft der Gesellschaft.

    Jedenfalls soll betont werden, dass in Österreich bereits in einigen Kollektivverträgen eine Flexibilisierung des Arbeitslebens durch gesetzlichen Anspruch auf Teilzeit ermöglicht wurde. Dadurch können es sich junge Frauen aussuchen, ob sie zwei Tage in der Woche außer Haus arbeiten oder einen halben Tag – eben Teilzeit. Aber gilt nicht gerade Teilzeit als Karrierehindernis? Der Anteil der akademisch gebildeten Frauen ist unter den Teilzeitbeschäftigten überproportional hoch. Es sind also gerade die gebildeteren Frauen, die dieses Angebot nutzen. Und die haben zum Teil schon Karriere gemacht. Dennoch, Teilzeitbeschäftigte steigen (noch?) nicht ins Topmanagement auf. Und gerade ihnen fehlen diese letzten fünf Jahre zwischen 60 und 65, in denen sie noch voll arbeiten könnten, wenn es die entsprechenden Jobs dafür gäbe. Das hätte auch eine höhere Pension zur Folge. Aber das ist ein später behandeltes Reizthema.

    Das Problem der Familieninstabilität wird wahrscheinlich auch die Pflegesituation beeinflussen: Es wird heutzutage wenig, und wenn dann spät geheiratet, die Ehen dauern durchschnittlich nicht lange, es gibt also immer mehr Singles, Kinder kommen spät bis gar nicht. Auch das bietet die Chance für Ältere, länger zu arbeiten, egal ob erwerbsmäßig oder freiwillig.

    Wenn man davon ausgeht, dass ein Teil der Lücke von Migranten gefüllt werden soll, ist besonders auf die erforderlichen Qualifikationen Wert zu legen. Entweder werden mehr qualifizierte Einwanderer dazukommen müssen, oder man setzt auf die bessere Integration bereits hier lebender Migranten, z. B. durch die rasche und unproblematische Anerkennung ihrer im Ausland erworbenen Diplome. Viele hier lebende Migranten mit hohen Qualifikationen arbeiten in Jobs mit geringen Anforderungen.

    DIE NEUE KULTUR DES ALTERNS

    Die traditionellen Altersbilder, welche die späteren Lebensphasen mit Abbau und Krankheit gleichsetzen, sind überholt. Angesagt ist eine neue Kultur des Alterns, die dann auch im Alltag umzusetzen ist. Statt Ruhestand und Rückzug sind künftig Engagement und Mitverantwortung gefragt.

    Das Ziel: Aktives Altern

    Seit 1840 steigt die Lebenserwartung in den entwickelten Ländern laufend an. Daher muss das Alter als eine eigenständige und aktive Lebensphase anerkannt werden, die eigene Herausforderungen mit sich bringt. Die Alten müssen in erster Linie selbst versuchen, ihre Funktionstüchtigkeit möglichst zu erhalten, aber sie benötigen auch das Gefühl, noch immer eine Aufgabe zu haben. Alte Menschen wünschen sich, in ihrer angestammten Umgebung bleiben zu können, wobei liebevolle familiäre Betreuung sehr hilfreich ist. Auch Freundschaften müssen gepflegt werden. Natürlich spielen auch die guten Anlagen des Menschen eine gewichtige Rolle; Forscher schätzen ihren Einfluss auf ein langes Leben auf 25 Prozent. Aber Ältere bilden dennoch keine einheitliche Gruppe. Wer sich 20 Jahre lang nur „ausruhen" will, der wird mit Sicherheit unglücklich werden. Wer nicht mehr gebraucht wird, wird zunehmend gesellschaftlich isoliert und weiß in schwierigen Lebenslagen oft nicht mehr weiter.

    Daher muss nach der Erwerbsarbeit ein neues Selbstverständnis gesucht werden. Aber die alten Rollenbilder, die dem Alter wenig Entwicklungsmöglichkeit zutrauen, sind nicht über Nacht zu bannen. Noch ist es ungewöhnlich, wenn jemand mit 60 eine neue Karriere startet – statt in Frühpension zu gehen. Denn gängig ist noch immer: keine Weiterbildung nach 50, Frühpensionierungen als bevorzugte Maßnahme bei einem Stellenabbau, kaum Chancen auf einen neuen Job nach 55. Überall, auch in der Politik, gibt es festgeschriebene, aber auch „gewohnheitsrechtliche" Alterslimits. Wenn ältere Menschen (noch) einmal für ein politisches Amt kandidieren wollen, kommen sie aufgrund ihres Alters nicht mehr zum Zug. Aber Achtung: Ein immer größer werdender Prozentsatz der Wähler kommt aus gerade dieser Altersgruppe. Eine alternde Gesellschaft wird es sich in Zukunft nicht leisten können, diese ganze Generation von Alten ins politische Abseits zu drängen. Umgekehrt können sich die Bejahrten nicht länger vor der politischen und gesellschaftlichen Verantwortung drücken – die Pension ist kein Freipass fürs Nichtstun bzw. für ein Nicht-Engagement, wie sie allerdings nur von wenigen gesehen wird.

    Noch immer bilden die Alten eine Art „Sondergruppe, werden nicht als Teil der Gesellschaft betrachtet, obwohl manche versuchen, für sie eine Daseinsbegründung zu finden. Denn noch immer herrscht das Vorurteil: „Alte sind eine Last, sie sind nicht mehr produktiv, sie tragen nichts bei. Diese hoffentlich bald überholten Vorstellungen setzen sich aus eingebürgerten Vorurteilen zusammen, erinnern wir uns an das alte Sprichwort „Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr oder an „die Alten als große Last des Sozialsystems.

    Viele „Ältere" wollen heute nicht alt werden, durch Anti-Aging-Produkte wollen sie forever young, also für immer jung, bleiben. Aber es ist auch nicht ganz richtig, alle jüngeren Alten als nur aktiv, geistig mobil, kontaktreich, kommunikativ, gesund, körperlich fit, sportlich und politisch aufmüpfig zu sehen. Jenseits dieser Extreme benötigen ältere Menschen vor allem eins: Selbstvertrauen und Verstand, um sich selbst richtig einschätzen zu können und nicht durch gängige eingebürgerte Vorurteile entmutigen zu lassen.

    Der Begriff des bürgergesellschaftlichen Engagements, des freiwilligen und ehrenamtlichen sozialen Handelns, passt besser zur neuen Rolle der künftigen Seniorengeneration. Die Generation 50+, so haben Roland Krüger und Loring Sittler in ihrem Buch „Wir brauchen Euch! erkannt, verfügt über die geistigen und finanziellen Mittel, um „Dinge in Bewegung setzen zu können. Das Alter als eigenen Lebensabschnitt anzuerkennen, bedeutet auch, es als eine wertvolle Phase wahrzunehmen, die aber auch von der Gesellschaft genutzt werden kann. Langlebigkeit bedeutet nicht eine abhängige Lebenssituation, sondern Möglichkeiten der Gestaltung und Entwicklung des Einzelnen und der Gesellschaft. Noch immer sind zu wenig Menschen in Vereinen und Organisationen ehrenamtlich tätig, z. B. auch in der Nachbarschaftshilfe.

    Seit Ende des 20. Jahrhunderts kommen zunehmend Jahrgänge in die Altersphase, die nicht nur sozial abgesichert sind, sondern auch über eine gute gesundheitliche Konstitution verfügen. Die jetzt alte Generation ist so gesund wie noch keine zuvor. Der Gesundheitszustand hat sich rasant verändert. Deshalb ist der Anteil der zu Pflegenden bis jetzt auch nicht größer geworden, weil eben das Alter, in dem Pflegebedarf entsteht, gestiegen ist. Die heute 70-Jährigen sind meist gesund und nach allen Studien biologisch um sechs Jahre jünger als die Gleichaltrigen vor 30 Jahren, die in diesem Alter schon pflegebedürftig waren. Heute wird Pflege oft erst mit 80 oder 90 benötigt. Das bedingt auch der medizinische Fortschritt – alles ist „ersetzbar", von den Zähnen über innere Organe bis hin zu den Gliedmaßen.

    Bis zum Ende des 20. Jahrhunderts galt ein negativ geprägtes Altersbild: Alter wurde mit fortschreitendem Leistungsabfall und Intelligenzabbau gleichgesetzt. Die Medien verstärkten und verstärken dieses Bild noch immer – mit Tauben fütternden Greisinnen und Greisen auf Parkbänken sowie der Darstellung von gebrechlichen, pflegebedürftigen, unmündigen Hochbetagten.

    Heute wird realistischerweise davon ausgegangen, dass die „neuen Alten" eigentlich jung geblieben sind. Körperlicher Abbau wird zwar zur Kenntnis genommen, aber durch Intelligenz und Souveränität ausgeglichen. Daher muss die Altersdiskriminierung aufgrund überholter Altersbilder beseitigt werden. Gemeinsames Ziel ist es, ein gesundes, selbstbestimmtes Älterwerden der Menschen zu gewährleisten sowie ein ausgewogenes Verhältnis zwischen den Generationen zu schaffen. Die Aufgabe der Politiker und Interessenträger wird darin bestehen, die Möglichkeiten für ein aktives Altern im Allgemeinen und insbesondere für ein unabhängiges Leben im Alter zu verbessern. Dabei werden sie sich so unterschiedlichen Bereichen wie Beschäftigung, Gesundheitsversorgung, Sozialdiensten, Erwachsenenbildung, Freiwilligentätigkeit, Wohnungswesen, IT-Dienstleistungen und Verkehr zuwenden müssen.

    Wann ist man alt?

    „Alle Menschen wollen alt werden, aber niemand möchte alt sein. Wie kann dieses Dilemma aufgelöst werden? Hilft dagegen, um ein anderes geflügeltes Wort zu strapazieren, alt werden, aber jung bleiben? Oder sich nach Douglas MacArthurs Worten zu richten: „Man wird nicht alt, weil man eine gewisse Anzahl Jahre gelebt hat: Man wird alt, wenn man seine Ideale aufgibt. Vorurteile, Zweifel, Befürchtungen und Hoffnungslosigkeit sind Feinde, die uns nach und nach zur Erde niederdrücken und uns schon vor dem Tod zu Staub werden lassen. Jung ist, wer noch staunen und sich begeistern kann.

    Zwar wird immer wieder versucht, Klassifikationen des Altwerdens zu erstellen, allgemein anerkannte Bezeichnungen jedoch gibt es keine. Denn Altersgrenzen sind individuell so unterschiedlich, dass Jahresangaben nicht die Wirklichkeit abbilden. Allerdings gibt es eine Definition der Weltgesundheitsorganisation (WHO), die sich als Orientierungshilfe versteht:

    • alternde Menschen: 51 bis 60 Jahre

    • ältere Menschen: 61 bis 75 Jahre

    • alte Menschen: 76 bis 90 Jahre

    • hochbetagte Menschen: 91 bis 100 Jahre

    • langlebige Menschen: über 100 Jahre

    Bei uns eher verbreitet ist die Differenzierung nach Lebensabschnitten, wobei der dritte Lebensabschnitt von 50 bis 75 und der vierte von 75 bis 100 angesetzt werden. Beliebt ist die Bezeichnung „junge Alte für gerade in (Früh-)Pension Gegangene, und auch der Ausdruck „Sandwichgeneration für die 30- bis 50-Jährigen wird gerne verwendet.

    Laut einer Eurobarometer-Umfrage 2012 fühlen sich 31 Prozent der Österreicher jung (in Deutschland sind es nur 27 Prozent). Im Durchschnitt meinen die Europäer, dass man etwa ab dem 64. Lebensjahr als alt und bis zum Alter von 41,6 Jahren als jung anzusehen ist. Für Österreicher hört das Jungsein aber schon knapp unter 40 Jahren auf. Alt ist man im Bewusstsein der Österreicher ab 61, in den Niederlanden erst ab 70. In Österreich gilt man früher als alt als in anderen europäischen Ländern.

    Bei der Einschätzung des Alters gibt es seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs verschiedene Etappen. Anfänglich wurde nur der Jugend zugestanden, richtig leben zu können, dem Alter wurde die würdevolle Vorbereitung auf den Tod zugeordnet. Das hat sich in den letzten Jahren verändert, denn heute meint man, dass auch das Alter anzuerkennen sei. Damit sollte den alten Menschen auch ein Platz in der Gesellschaft eingeräumt werden. Dennoch kommt es zumindest sprachlich zu einer nur vordergründig scherzhaften Altersdiskriminierung: Alte werden dann „Kukis von gestern (abgeleitet von Kukident benutzenden Trägern von dritten Zähnen), „Gruftis (nahe der Gruft am Friedhof, dem Grab) oder gar ganz widerlich „Kompostis genannt; es ist auch von der „Pensionistenschwemme die Rede, andere meinen, dass es zu einem „Methusalem-Komplott kommt. Dabei wäre vielleicht zu bedenken, dass Methusalem gemäß dem Alten Testament 969 Jahre alt wurde. Diese zum Schlagwort gewordene „Verschwörung entspricht übrigens nicht dem Inhalt des gleichnamigen Buches von Frank Schirrmacher. Darin wird nämlich propagiert, dass die Alten sich jetzt einmal dagegen wehren müssten, dass man sie an den Rand drängt. Den alten Menschen sollte ein erfülltes Leben möglich gemacht werden, sie sollten Freude am Alter haben. Das ist keineswegs eine Verschwörung, mit der die Alten die Macht übernehmen wollen, oder sonstiges, das mit diesem Spruch verbunden wird, sondern das Gegenteil davon. Es war auch schon zu lesen, dass eine „Vertreibung aus dem Rentnerparadies" erfolgen solle. Altersdiskriminierung äußert sich aber auch anders und kann früh beginnen: Wenn bereits 40-Jährige am Arbeitsmarkt benachteiligt werden und früher Menschen über 50, heute vielleicht ab 55 nur mehr sehr schwer einen Job finden können.

    Diskriminierung zeigt sich auch im Gesundheitswesen: Des Öfteren werden präventive und rehabilitative Leistungen verweigert, weil die Beschwerden als „altersbedingt" klassifiziert werden. Besonders fällt die Altersdiskriminierung in den Medien auf.

    Männer fühlen sich früher arbeitsmüde als Frauen, die mehrheitlich gerne länger im Beruf bleiben möchten. Jeder vierte Österreicher würde nach dem Erreichen des Pensionsalters weiterarbeiten wollen, im restlichen Europa sind das ein Drittel der Menschen. Dieser Standpunkt wird vor allem von jenen Leuten eingenommen, die sich dem Pensionsalter nähern. 60 Prozent der Europäer insgesamt sind gegen eine Erhöhung des Pensionsalters, in Österreich sind es 42 Prozent. Aber wenn das Umfeld stimmt, werden Arbeit nicht als Belastung und die Pension nicht mehr als Paradies empfunden. Das eigene Alter bemerken die Menschen erst, wenn sie ihre Leistungsfähigkeit verlieren und ihre eigene Gebrechlichkeit registrieren, spätestens aber dann, wenn ihre Altersgenossen rundherum sterben. Ihr Pensionsantrittsalter passen die Österreicher diesem ihrem Gefühl allerdings nicht an.

    Die Auswirkungen der geänderten Altersverteilung

    Das „Europäische Jahr des aktiven Alterns und der Solidarität zwischen den Generationen 2012" soll auf die Tatsache aufmerksam machen, dass sich die EU in einem Prozess starker demographischer Alterung befindet. Am stärksten ausgeprägt soll diese Entwicklung – wie bereits erwähnt – im Zeitraum von 2015 bis 2035 werden, wenn die Baby-boom-Generation das Pensionsalter erreichen wird. Wenn nicht rasch entsprechende Maßnahmen ergriffen werden, wird sich laut den Prognosen von Eurostat das Verhältnis zwischen Senioren und Bürgern im erwerbsfähigen Alter bis 2050 halbieren. Jedem Pensionisten werden zukünftig nicht mehr wie bisher vier, sondern nur noch zwei Menschen im erwerbsfähigen Alter gegenüberstehen. Dieser demographische Wandel könnte die Solidarität zwischen den Generationen schwächen. Deshalb fordert die EU ihre Mitgliedstaaten und deren politische Entscheidungsträger auf, die Erwerbsquoten in allen Altersgruppen zu steigern und aktives Altern zu fördern. Denn Europa wird als eine der ersten Regionen altern, auch wenn dieser Trend weltweit besteht. Das kommt auch daher, dass die Kindersterblichkeit zurückgeht, Krankheiten besser behandelt werden können, die Ernährung vernünftiger wird und auch weniger körperlich hart gearbeitet wird. Die Folge ist, dass das Alter, in dem sich tödliche Krankheiten entwickeln, immer weiter nach hinten rückt.

    Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt lassen sich durch längere Lebensarbeitszeit, mehr Frauenerwerbstätigkeit und geringere Arbeitslosigkeit ausgleichen. Mitarbeiter werden heute zu früh als altes Eisen behandelt, für die sich keine Investition mehr lohnt. Früher fühlten sich Menschen mit 50 schon alt, heute stehen sie in den besten Jahren – ein 60-Jähriger wird noch als Best Ager, als Mensch im besten Alter, bezeichnet. Es gibt heute keine numerische Grenze, nach deren Überschreiten man alt ist. Alles ist subjektiv, alles fließt „nach oben" – mit der steigenden Lebenserwartung und den ständigen Fortschritten in der Medizin. Menschen leben heutzutage immer länger; die Lebenserwartung steigt um ca. 2,5 Jahre pro Jahrzehnt, aber Lebensverlängerung allein reicht nicht, es ist wichtig, die Lebensqualität zu verbessern.

    Im 21. Jahrhundert wird es um die Umverteilung von Arbeit gehen. Ein Zahlenspiel macht dies deutlich: Heute leistet ein 45-Jähriger durchschnittlich 30 Arbeitsstunden pro Woche, ein 60-Jähriger aber nur acht (Arbeitslose und andere Nichterwerbstätige eingerechnet). Wenn die 50- bis 60-Jährigen in Zukunft genauso viel arbeiten wie die 35- bis 49-Jährigen und sich damit die Arbeitszeit der 60- bis 64-Jährigen auf 20 Stunden erhöht, würde die Zahl der insgesamt geleisteten Stunden bis 2025 stabil bleiben. Darüber hinaus – so Modellrechnungen von Forschern des Max-Planck-Instituts – böten sich dann auch Möglichkeiten, die insgesamt geleistete Arbeitszeit über die Altersgruppen hinweg gleichmäßiger zu

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