Das Lied von den Riesen: Mit Zeichnungen von Lorenz Helfer
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Über dieses E-Book
In der mystischen Bergwelt der Alpen nimmt die abenteuerliche Reise des Riesen Kristall ihren Anfang: Aufgrund einer Verkettung unglücklicher Umstände erstarrt die Mutter des Riesen zu Stein. Dieser beschließt kurzerhand loszuziehen, um Rettung zu finden. Fesselnd und berührend schildert der große Geschichtenerzähler Michael Köhlmeier, was Kristall auf seinem Weg quer über den Globus erlebt.
VOM GOLEM BIS ZUM GRÜNEN HULK, VOM TAPFEREN SCHNEIDERLEIN BIS ZU KING KONG
Es ist eine bunte Welt voll sagenhafter Figuren, die der Riese durchwandert. Abenteuerlich, was ihm auf seiner Reise widerfährt! Doch ist dem Riesen die Unterstützung einer ganzen Reihe von Artgenossen aus Mythologie und moderner Zeit sicher: vom einäugigen Polyphem über den Golem und seinen Erschaffer Rabbi Löw bis hin zum grünen Monster Hulk und King Kong.
MITREISSEND ERZÄHLT WIE IN DEN BERÜHMTEN SAGENBÜCHERN
Leichtfüßig und brillant wie in seinen berühmten Nacherzählungen klassischer Sagen erweckt Michael Köhlmeier die legendäre Welt der Riesen zum Leben. In Strophen gereimt, wird die Geschichte zum betörenden Gesang, dem sich keiner entziehen kann.
DAS BESONDERE GESCHENKBUCH
Mit Leidenschaft und einmaliger Fabulierlust unterhält Köhlmeier seine Leserschaft und entführt sie auf eine kurzweilige Reise, die jedes Herz erwärmt.
Mit wunderbaren Zeichnungen von Lorenz Helfer versehen, wird dieses Buch zum einmaligen Geschenk für jeden, der Geschichten liebt.
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Buchvorschau
Das Lied von den Riesen - Michael Köhlmeier
Michael Köhlmeier
Das
Lied
von
den
Riesen
Mit Zeichnungen von Lorenz Helfer
Inhalt
Titel
Widmungen
1 Zeit der Steine
2 Frau Hitt
3 Phrixos
4 Ixion
5 Polyphem
6 Tithonos und Prokrustes
7 Schemchasai
8 Der Hulk
9 Das tapfere Schneiderlein
10 Der Golem
11 King Kong
12 Vogelmann
13 Wasímulíza
14 Die Zwerge
Dank
Michael Köhlmeier
Zum Autor
Impressum
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für Oskar
und Sofie
und Marie
und Anton
1
Zeit
der
Steine
Vor langer Weil’, es war einmal,
da lebten, zwar in kleiner Zahl,
die Riesen, doch recht eng bei’nand,
so ungefähr am Weltenrand.
Erst waren die Riesen schmächtig und klein,
dann tranken sie Wolken und fraßen Stein
und wuchsen und wurden spröd und schwer.
Und schließlich trug sie die Erde nicht mehr.
Das heißt, die Ufer senkten sich,
die Koordinaten verrenkten sich,
die Scheibe schloss sich wie ein Mund:
Die Erde wurde kugelrund.
Und schluckte die erste Generation. –
Der Anfang war. – Auch Nichts war schon. –
Doch nichts war zu Ende, und alles war gut.
Die Erde verwahrte ihre Brut.
Verwahrte die Brut in ihrem Schoß
und zog sie mit ihren Steinen groß.
Es waltete friedliche Ökonomie
in nachhaltiger Harmonie:
Der Riesenmann, die Riesenfrau
betrachten erst den Fels genau –
im Ausmaß etwa ein Omnibus – ,
bevor sie ihn knacken wie eine Nuss.
Sie mahlen ihn zu feinem Kies
und kauen und verdauen dies.
Um Nachschub wird nie Sorge sein,
denn Stein verdaut sich zurück zu Stein.
Im Bauch der Erde saßen sie,
den Bauch der Erde fraßen sie;
hier ist es dunkel, warm und still,
weil keiner etwas sagen will.
Es brennt kein Schmerz, es wütet kein Streit,
es zehrt kein Verlangen, regiert keine Zeit.
Es gibt kein Hoffen, kein Licht, keinen Tod;
das Fleisch ist Stein und Blut nicht rot.
Das Ganze war noch ganz und gar,
weil alles an seiner Stelle war.
Nur diese zwei hatten keinen Platz:
der Widerspruch und der Gegensatz.
Ich war nicht Ich, Du war nicht Du.
Es herrschte Ruhe ... Ruhe ... Ruh ... –
Und dann der Spruch: Es werde Zeit!
Und damit war Besonderheit.
Und damit waren: Hass und Neid,
Gerechtigkeit und Schuldigkeit,
Bescheidenheit und Obrigkeit,
Gewissenhaftigkeit und Eid,
Geschwindigkeit und Ewigkeit,
Gelehrsamkeit und Eitelkeit,
die Freiheit und das herbe Joch
der Einsamkeit und vieles noch ...
Das Älteste Gericht der Welt –
wer hat es auf den Plan gestellt?
Was hat er sich dabei gedacht?
Ich frag’: Wer hat die Zeit gemacht?
Ich weiß es nicht, ich weiß es nicht!
Noch nie sah einer sein Gesicht.
Statt Fragezeichen ohne Sinn
schreib’ ich das Wort der Schöpfer hin.
Der Plan beginnt beim ersten Wort.
Das lautet: Leben, pflanz’ dich fort!
Und Leben beginnt, wo Liebe beginnt,
und Riese und Riesin bekommen ein Kind.
Wird Jänner, Februar, März, April,
und weil das Glück sich zeigen will
in seiner neuen Lebenslust
im Mai, im Juni, Juli, August,
bekommt das Kindchen ein Gesicht,
das lieblich aus dem Brocken bricht.
September, Oktober, schon wächst ihm das Haar,
November, Dezember, schon ist es ein Jahr.
Die Augen wie Murmeln aus schwarzem Onyx;
das größte Glück des Augenblicks,
wenn Kindchen lächelt, und Kindchen nicht weiß,
warum es lächelt. Es steht im Kreis
von Pflanze und Tier, von Scheu und Scham,
und weiß nicht, wie es auf Erden kam;
und weiß doch, dass es Hoffnung gibt,
und weiß, dass Hoffnung das Kindchen liebt.
Es sammelt Brüder- und Schwesterlein,
ruft Ich und Du, ist nicht mehr allein
und hat Ideen und hat ein Programm
und klettert zum Licht durch Grotte und Klamm.
Die Nahrung im Erdenschoß war Stein;
das kann in der klaren Luft nicht sein.
Die klare Luft macht Appetit
auf Obst und Gemüse und nicht auf Granit.
Die klare Luft bei Sonne und Wind
befördert den Verstand beim Kind
und pflanzt ihm eine Seele ein,
es riecht nun auch anders, nicht mehr nach Stein.
Noch weiß es nicht, was ihm hier droht,
sein Blut schmeckt nach Salz, ist warm und rot.
Die Steinzeit hat sich im Stein verrannt.
Der Riese wird endlich Mensch genannt.
Und der erhebt sich, will hinan,
er schaut am Himmel die Sterne an
und fragt sich: Was wird wohl aus mir?
Warum bin ich ich? Warum bin ich hier?
Das Älteste und das Jüngste Gericht
sind eingeschrieben in sein Gesicht
wie Zahlen in ein Kassabuch
als Schuld und Vergebung, als Hoffnung und Fluch.
Er faltet die Hände, wird schließlich fromm:
Ach, ob ich wohl in den Himmel komm’ ?
Er fühlt sich so groß – und ist so klein.
So ist der Mensch, so soll er sein.
Das Riesengeschlecht kommt vor den Fall!
Denn hoch ist der Himmel, gewaltig das All!
Der Mensch wird irgendwann Geister seh’n,
dann wird er vielleicht seinen Schöpfer versteh’n –
– behauptet der Schöpfer auf jeden Fall,
der Schöpfer von Sein und Zeit und All,
von Himmel und Hölle und Alkohol,
von Fink und Funk, und der weiß es ja wohl.
Riesenmädchen, Riesenbub,
Menschenmädchen, Menschenbub,
so stehen sie und pflücken sich
die Frucht vom Baum – schmeckt fürchterlich!
So beugen sie sich über den Fluss
und essen den Karpfen – ohne Genuss;
so treten und gären sie Trauben zu Wein
und träumen vom Wasser, kühl und rein.
Doch alles wird besser – sprich: Nichts ist gut.
Der Fortschritt ist des Falls Attribut.
Die Pflanzennahrung ist zwar gesund,
doch schafft man sich den