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Frauenklöster im Alpenraum
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eBook559 Seiten6 Stunden

Frauenklöster im Alpenraum

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Über dieses E-Book

Religiöse Frauengemeinschaften vom Mittelalter bis in die Gegenwart:

Ein Einblick in spirituelle Ideale und realen Alltag des Klosterlebens im Alpenraum.

Frauenklöster rücken zunehmend ins Interesse der Geschichtswissenschaft und insbesondere der Geschlechtergeschichte. Ein Leben als Nonne bedeutete nicht notwendigerweise, wie das Klischee häufig nahelegt, ein "von der Welt" zurückgezogenes Dasein. Blickt man ins klösterliche Leben, eröffnen sich je nach zeithistorischem Kontext unterschiedlich weite Handlungsspielräume, in denen Frauen sowohl politisch nach außen wirken als auch selbstbestimmt ihren Lebensalltag gestalten konnten.
Dieser Sammelband nähert sich dem Thema Frauenklöster aus verschiedenen Perspektiven. Chroniken und erhaltene Kunstgegenstände geben "von innen" Einblick in das tägliche Leben von Nonnen vergangener Jahrhunderte. Der Blick "von außen" auf die Frauenklöster erfolgt durch amtliche Quellen, wenn es etwa um die Wiederbegründung von Klöstern im 19. Jahrhundert geht, wie aber auch durch Literatur und Film. Im Spannungsfeld dieser beiden Zugänge wird offensichtlich, wie geheimnisvoll das Leben innerhalb der Klostermauern auf die Außenwelt stets wirkte und daher zu Phantasien der verschiedensten Art anregte.

Ein aktueller Ausblick auf die Zukunft klösterlichen Zusammenlebens rundet den Band ab.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum15. Jan. 2014
ISBN9783703009037
Frauenklöster im Alpenraum

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    Buchvorschau

    Frauenklöster im Alpenraum - Brigitte Mazohl

    HERAUSGEBERINNEN

    Chronik und Geschichte

    Frauenklöster im mittelalterlichen Tirol

    und im Trentino – Ein Überblick

    JULIA HÖRMANN-THURN UND TAXIS

    Die erstgereihten Beiträge von Sammelbänden haben in der Regel eines gemeinsam – sie dienen als Einleitung in das Rahmenthema, geben zusammenfassende Überblicke und/oder umreißen die Forschungssituation. Wie schon der Titel meines Beitrages klar macht, wird es auch diesmal so sein, wenn auch in erster Linie die Tiroler Frauenklöster im Fokus stehen, der gesamte Alpenraum, den der Buchtitel vorgibt, hingegen nur zu Vergleichszwecken herangezogen werden kann. Es wäre nicht möglich gewesen, sämtliche Gründungen entsprechend gleichwertig zu erfassen. Außerdem fehlt bislang eine Überblicksdarstellung der Tiroler Frauenklöster im Mittelalter, weshalb es schon deshalb sinnvoll schien, sich darauf zu konzentrieren.¹

    Sehr viele Gründungen hat es – das sei gleich vorweggenommen – im Land an der Etsch und im Gebirge nicht gegeben, auch sind nicht alle weiblichen Ordenszweige vertreten – es fehlen beispielsweise die Zisterzienserinnen – und ebenso haben nicht alle Gemeinschaften lange Bestand gehabt. Jene Klöster jedoch, die sich mit entsprechender weltlicher Unterstützung etablieren konnten, haben deutliche Spuren in der Landesgeschichte hinterlassen und neben ihrer zentralen Aufgabe als religiöser Rückzugsort, Versorgungsinstitution, Kulturträger und Gebetsgemeinschaft auch wirtschaftlich eine Rolle gespielt. Sie sind in der Regel mehr oder weniger gründlich wissenschaftlich bearbeitet, wobei dankenswerterweise stets das Mittelalter mehr Zuwendung erfahren hat als die neuzeitliche Entwicklung. Freilich handelt es sich um spezifische Einzeluntersuchungen, die wichtige Fragen (Verwaltungsorganisation, Sozialstruktur der Konvente, wirtschaftliche Situation, kulturelle Leistungen usw.) für eine vergleichende Studie nicht immer gleichermaßen erschöpfend beantworten. Einer vor allem auf Literaturbasis aufbauenden Überblicksdarstellung sind damit Grenzen gesetzt, weshalb sich meine Ausführungen auf eine Sichtung der zur Verfügung stehenden Informationen konzentrieren; das hat den Vorteil, dass die Forschungslücken transparenter werden und sich offene Fragen deutlicher fassen lassen. Damit verknüpft ist auch der Wunsch nach einer künftigen fundierten komparativen Studie der mittelalterlichen Tiroler Klosterlandschaft.

    Allgemeines

    Natürlich lassen sich die Frauenklöster nicht über einen Kamm scheren. Allein die unterschiedliche Ordenszugehörigkeit bedeutet eine jeweils andere Schwerpunktsetzung im gemeinsamen Leben der Nonnen: Die aus einem Kanonissenstift hervorgegangenen Benediktinerinnen von Sonnenburg lebten ein relativ freies und selbstbewusstes Leben ohne Klausur, währenddessen sich beispielsweise die Brixner Klarissen zumindest in ihren Anfängen als ein geschlossenes Kloster verstanden. Absolute Abkehr von der Welt, Armut und Gebet waren die Maxime ihrer Lebensweise, die in dieser radikalen Form aber auf Dauer auch in Brixen nicht beizubehalten war.

    Fanden bei den Benediktinerinnen vor allem adelige Frauen Aufnahme, war die soziale Zusammensetzung bei den weiblichen Bettelorden heterogener. Allerdings wurden auch dort, das gilt im Besonderen für die landesfürstlichen Gründungen, Eintretende aus höheren sozialen Schichten – also dem Adel oder Bürgertum – bevorzugt. Eine prosopografische Untersuchung der sozialen Zusammensetzung der Tiroler Frauen- wie auch der Männerklöster steht noch aus und wäre eine sicherlich lohnende Forschungsaufgabe. Ein Hindernis zumindest für das Mittelalter ist allerdings das Fehlen genauer Namenslisten, was eine Zuordnung und verbindliche Aussagen natürlich erschwert. Auch die Größe der jeweiligen Konvente ist daher nur schwer rekonstruierbar.

    Insgesamt gab es im heutigen Bundesland Tirol, in Südtirol und im Trentino bis um 1500 neun – Müstair eingerechnet zehn – historisch dokumentierte Frauenklöster. Im Trentino lassen sich bis auf das 1229 gegründete Trienter Klarissenkloster San Michele und das Ende des 13. Jahrhunderts ebenfalls in Trient belegte und bereits 1449 wieder aufgegebene Kloster der Dominikanerinnen Santa Margherita di Sorbano religiöse Frauengemeinschaften vor allem im Verbund mit Männerklöstern bzw. in Zusammenhang mit den zahlreichen Pass- und Weghospitälern festhalten. Allerdings haben diese gemischten Gemeinschaften kaum Spuren hinterlassen. Die wenigen Erwähnungen von „fratres et sorores datieren zum Großteil ins 13. Jahrhundert, nach dem 14. Jahrhundert gibt es sie überhaupt nicht mehr. „Fratres et sorores bzw. „monache et converse" sind in folgenden Klöstern und Hospitälern – die meist ordensähnlich strukturiert waren und nach der Augustinerregel lebten – des Trentino gemeinsam nachweisbar²: San Biagio di Revó, San Tommaso di Romeno/Nonsberg, San Bartolomeo del Tonale, Santa Maria/Madonna di Campiglio, Sant’Anna di Sopramonte, San Martino di Castrozza in der Diözese Feltre. In Trient selbst finden wir solche weiblichen und männlichen religiösen Lebensgemeinschaften im Leprosenhaus San Nicoló³ und auch bei den Klarissen von San Michele.⁴ Diese kurzlebigen und schwer einordenbaren Mischformen klösterlichen Lebens können hier nur am Rande erwähnt werden; lediglich Sant’Anna di Sopramonte, das zu den bedeutenderen und besser dokumentierten gemischten Klostergemeinschaften gehörte, soll beispielhaft ausführlicher behandelt werden, ist jedoch ebenfalls nicht in der Liste der neun Frauenklöster enthalten, da eine offizielle Ordenszugehörigkeit auch bei dieser Gemeinschaft nicht der Fall war.

    Zu den religiösen Frauengemeinschaften außerhalb der regulierten Orden zählen neben den „sorores" von Sant’Anna di Sopramonte die Waldschwestern im Halltal und die Beginen in Bruneck – eine vor allem in Deutschland und Belgien verbreitete Form des religiösen Zusammenlebens für Frauen, die sich keinem Ordensgelübde unterwerfen wollten bzw. dies aufgrund ihrer niederen sozialen Herkunft und ihres mangelnden finanziellen Backgrounds nicht konnten.

    In Tirol und Südtirol gab es außerdem etliche weibliche Gemeinschaften, deren Existenz entweder nicht zweifelsfrei gesichert oder deren Überlieferung so schlecht ist, dass sich ihre Geschichte nur schwer erkennen lässt. Auch sie sind in der Liste nicht berücksichtigt, sollen aber doch in diesem Überblick, soweit es die Quellenlage und Forschungssituation erlauben, behandelt werden. Es zeigt sich, dass die Zahl dieser nur durch wenige Hinweise bzw. gar nur legendenhaft überlieferten mittelalterlichen Frauengemeinschaften gar nicht gering ist. Es zählen dazu die hochmittelalterlichen Frauengemeinschaften im Prämonstratenserstift Wilten und im Augustiner-Chorherrenstift Neustift. Auch zu den Dominikanern in Bozen soll es ein weibliches Pendant gegeben haben. Ein in Burgeis vermutetes taraspisches Frauenkloster dürfte über die Planungsphase nicht hinausgekommen sein. Dasselbe könnte für die von den Herren von Taufers Anfang des 14. Jahrhunderts beabsichtigte Errichtung eines Klarissenklosters gelten. Dem Bereich der Sage zuzuordnen ist – bis zum Beweis des Gegenteils – schließlich ein erst im 15. Jahrhundert erwähntes angeblich frühmittelalterliches Benediktinerinnenkloster, das an Stelle der späteren Burg Tirol gestanden haben soll.

    Von jenen Klöstern, die im Rahmen dieses Überblicks nähere Beachtung finden sollen, gehören eines dem Benediktinerorden (Sonnenburg) – nicht eingerechnet das ebenfalls hier behandelte Benediktinerinnenkloster Müstair –, fünf den Dominikanerinnen (Lienz, Algund, Innichen, Trient, Mariathal/Voldöpp) und drei dem Orden der hl. Klara (Trient, Brixen, Meran) an. Die älteste Gründung im alttirolischen Raum ist das um 1030 entstandene Benediktinerinnenkloster Sonnenburg. Im 13. Jahrhundert sind, wie andernorts auch, die meisten Gründungen zu verzeichnen. Namentlich die jungen Orden der Minderbrüder, also die Franziskaner und Dominikaner, erlebten innerhalb weniger Jahrzehnte europaweit einen regelrechten Boom. Nicht weniger populär waren die etwa zeitgleich entstandenen weiblichen Zweige der beiden Reformorden, die den neuen Idealen der spätmittelalterlichen Frömmigkeitsbewegung entsprachen und vielen Frauen – auch solchen, die nicht dem Adel angehörten – ein weltabgekehrtes Leben im Schoße der Kirche ermöglichten. Beide Orden errichteten schon bald nach ihrer päpstlichen Approbation Klöster im Gebiet des späteren Landes Tirol und im Trentino, darunter auch fünf Dominikanerinnen- und drei Klarissenklöster. Im 13. Jahrhundert wird auch das Kloster Sant’Anna di Sopramonte zum ersten Mal erwähnt, das von „sorores et fratres" geführt wurde, die sich zur Augustinerregel bekannten, ohne einem der Augustinerorden anzugehören. Im 15. Jahrhundert folgten mit den Haller Waldschwestern und der Beginenniederlassung in Bruneck zwei weitere religiöse Frauengemeinschaften ohne Ordenszugehörigkeit.

    Zieht man die topografische Verteilung der Niederlassungen in Betracht, konzentrieren sich die Tiroler Frauenklöster auf die Städte Trient, Brixen, Meran und Lienz, was sich auf den Überhang an Bettelordensgründungen zurückführen lässt. Außerhalb der urbanen Zentren lag das Benediktinerinnenkloster Sonnenburg. In dörflichem Siedlungszusammenhang befanden sich die Dominikanerinnen von Algund, Mariathal und Innichen. Die Waldschwestern lebten zurückgezogen im Halltal, die „sorores von Sant’Anna an einem abgelegenen Ort (genannt „Roncodonico) oberhalb des Dorfes Sopramonte westlich von Trient, und die Beginen hatten sich mit Bruneck ein städtisches Umfeld ausgesucht, wie überhaupt der besseren Erwerbsmöglichkeiten wegen diese religiösen Frauengemeinschaften vor allem in den Städten ihre Niederlassung hatten.⁵ Sieht man von der nur vage erkennbaren Frauengemeinschaft bei den Prämonstratensern in Wilten bei Innsbruck ab, gab es in den Städten nördlich des Brenners interessanterweise keine Frauenklöster und mit Ausnahme der Mariathaler Dominikanerinnen und der erst im 15. Jahrhundert zusammengekommenen Waldschwestern auch kaum Niederlassungen am Land. Der Schwerpunkt klösterlichen Lebens lag also ganz eindeutig im Süden, wobei die Gründe dafür noch einer näheren Untersuchung harren.⁶

    Abb. 1: Frauenklöster im Raum Tirol-Trentino (11.–15. Jh.) (Zeichnung und Entwurf Kurt Scharr).

    Männerklöster

    Zur Veranschaulichung der zahlenmäßigen Relation möchte ich als Vergleich die im gleichen Zeitraum in Tirol und im Trentino gegründeten Männerklöster heranziehen. Hier stehen den neun mittelalterlichen Frauenklöstern 22 Männerklöster gegenüber: Vier Gemeinschaften wurden im Früh- und Hochmittelalter als Benediktinerklöster gegründet (763 Scharnitz bzw. 769 Innichen, 1138 Georgenberg-Fiecht, 1149/50 Marienberg, 1146/1166 San Lorenzo in Trient bzw. seit 1235 Sant’Apollinare in Trient) und später z. T. in Häuser anderer Orden umgewandelt⁷, drei als Augustiner-Chorherrenstifte (1142 Neustift bei Brixen, 1145 San Michele all’Adige, 1166/74 Au bei Bozen). Die Prämonstratenser errichteten bereits 1138 an Stelle einer älteren religiösen Gemeinschaft in Wilten ein Kloster. Die Zisterzienser ließen sich dagegen vergleichsweise spät, nämlich erst 1273, in Stams nieder. Die Franziskaner gründeten Niederlassungen in Bozen (1221?), Trient (1245), Brixen (1245) und Riva (1266), die Dominikaner ebenfalls in Bozen (1272) und etwas früher in Trient, wo sie von den Benediktinern 1235 das Kloster San Lorenzo übernahmen; im 14. Jahrhundert holte der Tiroler Landesfürst Heinrich auch die Kartäuser nach Tirol – ins Schnalstal, wo sie das Kloster Allerengelberg errichteten (1326). Die Karmeliten begründeten Mitte des 14. Jahrhunderts eine Niederlassung in Lienz und 1382 eine in Rovereto; die Augustiner-Eremiten kamen in den 1380er-Jahren in das damals noch bayerische Rattenberg. In Trient hatten sie bereits 1273, nachdem sie ihr 1256 genanntes Kloster in Barbaniga bei Civezzano aufgegeben hatten, das Kloster San Marco im Osten der Stadt gegründet. Im 15. Jahrhundert entstanden zwei Niederlassungen der „minori osservanti" in Trient (1452 San Bernardino) und bei Arco (1481 Santa Maria delle Grazie).

    Ergänzt werden müsste diese Liste noch durch das an Stelle des frühmittelalterlichen Benediktinerklosters 1140 eingerichtete Kollegiatstift Innichen, das 1244 erstmals erwähnte und 1283 bereits wieder aufgelöste Kollegiatstift Santa Maria Coronata⁸ südlich von Trient sowie das Brixner und Trienter Domkapitel, zwei durch kein Gelübde verbundene Gemeinschaften von Weltgeistlichen.⁹ Da es zu ihnen kein weibliches Pendant gibt, sind sie jedoch für unseren Vergleich nicht dienlich, ebenso wenig wie die Gründungen des Deutschen Ordens. Von den vielen Hospitälern und quasi-monastischen Einrichtungen sind nur St. Florian an der Etsch (1053/1188)¹⁰ und Unsere Liebe Frau im Walde¹¹ hier zu erwähnen.¹² Zwar übertreffen die männlichen Klöster die weiblichen zahlenmäßig deutlich, jedoch weisen zumindest die vergleichsweise zahlreichen Gründungen der Bettelorden einen hohen Frauenanteil auf, was der allgemeinen Tendenz entsprach.

    Frauenklöster in der Schweiz

    Vergleicht man die Verbreitung der Frauenklöster in Tirol mit anderen Gebieten des Alpenraumes, so ergibt sich folgendes Bild: Insbesondere die Schweiz überragt die Tiroler Verhältnisse – und zwar sowohl was die Zahl der Gründungen als auch die Vielfalt der Orden betrifft.¹³ Bis 1230 gab es 23 Frauenklöster (von insgesamt 28 gegründeten).¹⁴ Im Zeitraum zwischen 1230 und 1300 kam es zu 51 weiteren Gründungen: 32 Klosterkonvente, acht nicht-inkorporierte Konvente¹⁵ und elf Beginengemeinschaften, die sich etablieren konnten und nachhaltig Bestand hatten.¹⁶ Auch in der Schweiz war das 13. Jahrhundert das Jahrhundert der Klöster, im 14. Jahrhundert kamen kaum mehr Neugründungen hinzu.

    Frauenklöster in Kärnten

    Keine so großen Unterschiede lassen sich im Vergleich mit Kärnten feststellen, das ich als Beispiel eines später zu Österreich zählenden Gebietes im Alpenraum heranziehen möchte:¹⁷ Innerhalb der modernen Kärntner Landesgrenzen sind für das Mittelalter elf Männer- und fünf Nonnenklöster zu verzeichnen; davon gehören sechs dem Benediktinerorden¹⁸ an (zwei Benediktinerinnenklöster¹⁹), zwei dem Zisterzienserorden²⁰; die Prämonstratenser²¹ und Augustiner-Chorherren²² hatten je ein Kloster errichtet (plus ein kurzlebiges Augustinerinnenkloster in Gurk²³). Je eine Niederlassung gründeten die Augustiner-Eremiten²⁴ und die Dominikaner²⁵; die Franziskaner hatten zwei Niederlassungen²⁶, die Klarissen eine²⁷; außerdem lässt sich ein Kloster der Magdalenerinnen – dabei handelte es sich um eine Beginengemeinschaft – in Friesach nachweisen. Hinzu kommen noch sieben Kollegiatstifte, die aber wieder unberücksichtigt bleiben können. Das Verhältnis von Männer- und Frauenklöstern entspricht in Kärnten etwa jenem in Tirol; allerdings gab es deutlich mehr benediktinische Konvente, die bis auf Arnoldstein (1106) alle noch im 11. Jahrhundert entstanden sind. Auch in Kärnten erfolgten die meisten Gründungen im 13. Jahrhundert.

    Die auffallend geringe Präsenz vor allem der Benediktinerinnen – und auch der Benediktiner – im Raum des späteren Landes Tirol wirft automatisch die Frage nach den Gründen dafür auf. Allein mit geringen wirtschaftlichen Möglichkeiten zur Ausstattung eines repräsentablen Klosters wird sie nicht zu beantworten sein. Der Einfluss der potenten bayerischen Klöster, die bekanntlich große Besitzungen in Tirol hatten²⁸, auch die mangelnde Unterstützung der politischen Kräfte, fehlende strategische Bedeutung – all das mag mit eine Rolle gespielt haben. Hier sei vorderhand nur auf die Problematik hingewiesen. Sie bietet aber die ideale Überleitung zu einem weiteren wichtigen Punkt, nämlich zur Frage, wer aus welchen Motiven Frauenklöster in Tirol gegründet hat. Damit verknüpft ist naturgemäß die jeweilige Gründungsgeschichte, weshalb im Folgenden kurz darauf einzugehen sein wird.

    Benediktinerinnen

    Wir beginnen mit den Benediktinerinnen von Sonnenburg, dem ältesten auf Tiroler Boden entstandenen Frauenkloster, das nach Scharnitz und Innichen zu den frühen Tiroler Gründungen zählt. Zwischen 1030 und 1039 von Volkhold, dem wahrscheinlich jüngsten Sohn des aus der Familie der Grafen von Lurngau stammenden Pustertaler Grafen Otwin, gegründet, bezeichnet die jüngere Forschung Sonnenburg heute als den so genannten Burgstiften zugehörig. Das sind Kanoniker- bzw. Kanonissenstifte, die an der Stelle einer älteren Burg errichtet wurden und neben ihrer Funktion als religiöses Zentrum auch der Herrschaftssicherung dienten. Sie sind später meist zu Benediktinerbzw. Benediktinerinnenklöstern umgewandelt worden. In Sonnenburg dürfte das nicht anders gewesen sein. Volkhold, der wahrscheinlich keine eigenen legitimen Nachkommen hatte, zielte mit der klösterlichen Gründung offenbar auf die Etablierung eines neuen Herrschaftszentrums im Pustertal ab, das die frühere Residenz²⁹, die man ebenfalls am Sonnenburger Hügel vermutet, ersetzen sollte. Die erste Äbtissin Wichburg war eine Nichte Volkholds und kam aus dem von der Mutter Volkholds gegründeten Kärntner Benediktinerinnenkloster St. Georgen am Längsee, das in seinen Anfängen ebenfalls stiftsähnlichen Charakter gehabt haben dürfte.³⁰ Die Sonnenburger Nonnen nahmen spätestens 1251 die Benediktinerregel an, behielten aber offenbar einige Freiheiten wie den Besitz persönlichen Eigentums und führten die Klausur nicht ein, was ihnen bekanntlich im 15. Jahrhundert erhebliche Schwierigkeiten mit dem Brixner Bischof Nikolaus Cusanus einbrachte.³¹

    Sonnenburg ist also die Gründung eines regionalen adeligen Herrschaftsträgers. Neben dem sicher vorhandenen religiösen Stiftungsgedanken standen dahinter auch strategische Überlegungen – die Schaffung eines neutralen territorialpolitischen Zentrums im Pustertal, das wechselnden politischen Konstellationen nicht so unterworfen war, wie es für einen weltlichen Herrschaftsmittelpunkt anzunehmen war.³² Die wirtschaftliche Basis wurde durch großzügige Schenkungen ermöglicht, die sich in den folgenden Jahrzehnten deutlich vermehrten und bis in die Meraner Gegend reichten. Zentrum der sonnenburgischen Besitzungen war aber das Enneberger Gebiet; als potente Schutzherrin erwies sich die Kirche von Trient, der Volkhold seine Stiftung übergab; Bischof Ulrich II. von Trient, der zum Vogt bestellt wurde, war außerdem ein naher Verwandter Volkholds (Neffe). Auf diese Weise war das Kloster in den Anfangsjahren fest in Händen der Gründerfamilie.³³

    Neben Sonnenburg spielte das Benediktinerinnenkloster Müstair eine Rolle in der Tiroler Geschichte, namentlich für jene des benachbarten Vinschgaus, wo das Kloster begütert war.³⁴ Obwohl Müstair im heute schweizerischen Münstertal liegt und auch vorher politisch nie den Tiroler Landesfürsten unterstand, daher auch nicht zu den Tiroler Frauenklöstern zu zählen ist, sollen auch diese Benediktinerinnen hier Erwähnung finden; der Konnex zu Tirol war stets eng³⁵, wenn auch nicht immer konfliktfrei. Müstair war ursprünglich als bischöflich-churisches Benediktinerkloster im letzten Viertel des 8. Jahrhunderts gegründet worden. Nach einer auch kulturell beachtlichen Blütezeit verfiel das Kloster bereits im ausgehenden 9. Jahrhundert. Das genaue Datum der Umwandlung in einen Frauenkonvent im Zuge der allgemeinen religiösen Reformbewegung im 12. Jahrhundert lässt sich zwar nicht exakt bestimmen, aber einige Indizien weisen auf eine Entstehung in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts. Zweifelsfrei ist die Existenz der Benediktinerinnen in Müstair durch eine Urkunde von 1163 bestätigt: Darin schenken u. a. die Schwestern Irmgard und Heilwig von Tarasp dem Nonnenkloster umfangreiche Besitzungen. Die Tarasper als einflussreiche Familie im Engadin und Vinschgau erweisen sich auch in der Folge als maßgebliche Förderer der Nonnen von Müstair. Dennoch ist das Kloster keine taraspische Gründung, sondern stets ein bischöflich-churisches Kloster geblieben.

    Wie Sonnenburg erfüllte von jeher auch Müstair strategische Funktionen. Das Kloster war mit dem Dorf Müstair, der Pfarrei und Gerichtsgemeinde churisches Eigentum – gehörte also im Gegensatz zum übrigen Münstertal nicht zur tirolischen Grafschaft Vinschgau. Für den Churer Bischof garantierte es daher Präsenz am Rande seines Einflussbereiches.³⁶

    Doppelklöster

    Die auffallend intensive Schenkungstätigkeit der Herren von Tarasp³⁷ hat zu weiterführenden Überlegungen Anlass gegeben; zwar waren die mächtigen Tarasper vom Churer Bischof als Vögte des Klosters eingesetzt; ob allein dieser Nahebezug ausreicht die beachtlichen Schenkungen zu erklären, die die beiden Tarasper Schwestern³⁸ 1163 tätigten, ist jedoch fraglich. Es wäre auch möglich anzunehmen, dass die Tarasper, die ihr Familienkloster in Schuls 1146 nach St. Stephan oberhalb Burgeis und 1149/50 endgültig nach Marienberg verlegten, auch Pläne zur Errichtung einer parallelen weiblichen Gemeinschaft gehabt haben. So wurde verschiedentlich angenommen, dass die St.-Zeno-Kirche, die 1131 in Burgeis geweiht wurde, in Zusammenhang mit einem dort untergebrachten Frauenkloster stünde³⁹, das mit Marienberg institutionell verbunden war. Jedoch habe dieses Doppelkloster offenbar nicht funktioniert und daher sei von den Taraspern als Alternative das noch junge Benediktinerinnenkloster Müstair gefördert worden. Auch wenn nicht explizit erwähnt, könnte die Güterübertragung von 1163 in Zusammenhang mit dem Klostereintritt der taraspischen Schwestern in Müstair gesehen werden – nachdem es in Burgeis nicht geklappt hat. Die Quellenlage für dieses angebliche Frauenkloster ist jedoch so schlecht, dass mehr als diese Vermutungen, die von mir an anderer Stelle bereits zusammengefasst wurden⁴⁰, nicht zu treffen sind.

    Etwas besser ist die Überlieferung hinsichtlich des von mir schon erwähnten Klosters der Prämonstratenserinnen von Wilten. Das Modell Doppelkloster⁴¹ ist im Früh- und Hochmittelalter ein verbreitetes Phänomen und nicht nur bei den Benediktinern, sondern sogar häufiger bei den der Augustinerregel verpflichteten Prämonstratensern anzutreffen. Ein solches bei den Wiltener Chorherren zu vermuten, ist daher naheliegend, und tatsächlich werden in einer Urkunde von 1252 „fratribus ac sororibus von Wilten diverse Einkünfte übereignet.⁴² Ebenso erwähnt ein Ablassbrief für die Wiltener Johanneskapelle von 1286 ein eigenes weibliches Kloster („basilicam sancti Johannis Baptiste in claustro dominarum).⁴³ Um 1300, so wird allgemein angenommen, sei das Doppelkloster aufgelöst und die Unterkunft der Chorfrauen in ein Spital umgewandelt worden. Heute erinnere nur mehr der Straßennamen „Frauenanger" (nördlich des Stiftes) an die Prämonstratenserinnen.⁴⁴

    Ebenso hat es bei den Chorherren in Neustift eine weibliche Gemeinschaft gegeben, der auch Christina, die gemeinsam mit ihrem Mann Reginbert von Säben das Chorherrenstift gegründet hatte, beigetreten ist: Sie wird öfters als „soror conversa oder „soror nostrae congregationis genannt⁴⁵ und ist auch im Neustifter Nekrolog erwähnt.⁴⁶ Desgleichen ist dort Mathilde von Vallei zitiert, die Gründerin des Augustiner-Chorherrenstiftes Au, die ihren Lebensabend als „conversa in Neustift verbrachte.⁴⁷ Darüber hinaus sind im Nekrolog etliche weitere „conversae oder „sorores – manchmal auch „sanctimoniales oder „moniales – „nostrae congregationis" verzeichnet.⁴⁸

    Dass es auch bei den Dominikanern in Bozen einen weiblichen Zweig gegeben hat, lässt sich gar nur durch eine urkundliche Nennung annehmen: 1295 ist in einem Notariatsinstrument, das ein Tauschgeschäft zwischen den zwei Schwestern Maria und Berta und dem Bozner Dominikanerkloster regelt, eine „domina soror Hirmegardis priorissa" (der Dominikanerinnen?) erwähnt.⁴⁹ Gleichzeitig ist dies der einzige mir bekannt gewordene Hinweis für die Existenz einer religiösen Frauengemeinschaft im mittelalterlichen Handelszentrum Bozen.

    Burg Kofel im Reintal und Schloss Tirol –

    zwei ehemalige Frauenklöster?

    Ungenügend ist auch die Überlieferungssituation für die nächsten beiden fraglichen Frauenklöster – das eine soll von den Herren von Taufers respektive Eufemia von Taufers († nach Dezember 1312)⁵⁰ zumindest geplant worden sein.⁵¹ Sollte es dieses Klarissenkloster tatsächlich gegeben haben, so könnte es an Stelle der älteren Tauferer Burg Kofel im Reintal gestanden haben.⁵² Das zweite war angeblich ein Benediktinerinnenkloster, das im Bereich des späteren Schlosses Tirol vermutet wurde. Nur eine sehr späte, legendenhaft ausgeschmückte Darstellung der Frühgeschichte der Tiroler Stammburg von Seiten des Churer Bischofs Hartmann von Werdenberg (1388–1416) berichtet davon im 15. Jahrhundert.⁵³ Dennoch muss auch dieses vermeintliche Frauenkloster hier Erwähnung finden, zumal der Tradition nach das alte Kloster am Tiroler Burghügel nach seiner Auflassung eine Nachfolge in der Gründung des 1241 dokumentierten Klosters in Maria Steinach in Algund gefunden habe.⁵⁴

    Dominikanerinnen

    Tatsächlich aber sind die Steinacher Dominikanerinnen eine Stiftung der Gräfin Adelheid von Tirol, der Mutter des ersten Tiroler Landesfürsten Meinhard II.⁵⁵ Gründungsanlass war der Kreuzzug gegen die Mongolen, zu dem ihr Vater Albert III. von Tirol und Graf Ulrich von Eppan, ein Bruder Bischof Egnos von Brixen, aufbrachen. 1243 schenkte Bischof Egno einen bischöflichen Grund für den Klosterbau. Bis die frommen Frauen zu Dominikanerinnen wurden, dauerte es aber noch eine Weile. Vorerst waren es nur „sorores conversae, die nach der Augustinerregel lebten. Erst 1258 gab Bischof Heinrich von Montfort, selbst ein Dominikaner und als Churer Bischof für Algund zuständig, der Gemeinschaft offziell die Regel des hl. Dominikus. Ein Schutzprivileg Papst Alexanders IV. folgte noch im selben Jahr, das allerdings nicht die Exemtion von der bischöflichen Gewalt vorsah. Dafür wurde den Schwestern die freie Priorinnenwahl zugestanden.⁵⁶ Obwohl in „vorlandesfürstlicher Zeit gebaut, ist Maria Steinach zu den landesfürstlichen Gründungen zu zählen, zumal die Tiroler Landesfürstinnen und Landesfürsten des 13. und 14. Jahrhunderts das Kloster großzügig förderten und gerne zur Unterbringung und Versorgung ihrer Töchter verwendeten. Die Stifterin Adelheid und ihre Schwester Elisabeth liegen beide bei den Dominikanerinnen begraben – ebenso etliche landesfürstliche Töchter, so dass wohl mit Recht das Kloster als Grablege für weibliche Familienmitglieder zu sehen ist.⁵⁷ Die Landesfürsten, jedoch längst nicht alle Landesfürstinnen wurden bekanntlich in dem 1273 gegründeten Zisterzienserstift Stams bestattet.⁵⁸

    Maria Steinach ist allerdings nicht die älteste Gründung der Dominikanerinnen in Tirol. Früher datiert das so genannte Klösterle in Lienz⁵⁹, dessen Entstehungsgeschichte sich jedoch nicht so klar nachzeichnen lässt wie jene des Algunder Konventes. Ursprünglich dürfte es sich um eine Gruppe frommer Frauen gehandelt haben, die ohne Ordensregel in der Nachfolge Jesu gemeinschaftlich lebte. Derartige ordensähnliche Gemeinschaften nannte man später Beginen, den Zeitgenossen waren sie besser als Magdalenerinnen oder Reuerinnen bekannt.⁶⁰ Bereits 1218 sollen sie sich den Dominikanern angeschlossen haben⁶¹, und zwar durch das Wirken des hl. Hyazinth, eines polnischen Gefährten des hl. Dominikus, der 1219 das Dominikanerkloster in Friesach gründete und auf der Durchreise auch in Lienz gewesen sein soll.⁶² Als eigentlicher Gründer des Klosters wird aber Meinhard III. von Görz – der Vater des schon genannten Landesfürsten Meinhard II. von Tirol-Görz – angesehen, denn er war es, der dem Konvent die notwendige wirtschaftliche Grundlage verschaffte: 1243 schenkte er ihm einen Grund nahe der alten Brücke für den Neubau des Klosters⁶³ (Weihe um 1250) und bestimmte großzügige jährliche Zuwendungen, für die der landesfürstliche Richter in Lienz zu sorgen hatte. Auch später blieben die Lienzer Dominikanerinnen den Görzer Landesfürsten eng verbunden; besonders geschätzt wurden sie von Eufemia, der Frau Alberts II. von Görz, die den Nonnen 1294 zwei Häuser schenkte⁶⁴ und das Kloster als Grablege wählte. Auch von Seiten der Kirche, namentlich von den Salzburger Erzbischöfen, erfuhren die Lienzer Dominikanerinnen Unterstützung.

    Die endgültige Aufnahme in den Dominikanerorden – der offiziellen Anerkennung von weiblichen religiösen Gemeinschaften, die nach der vom hl. Dominikus seiner Idee angepassten Augustinerregel lebten und sich den Dominikanern angeschlossen hatten, ging auch sonst häufig ein längerer Prozess voraus – erfolgte dann 1281 bzw. 1290/1291.⁶⁵ Die seelsorgliche Betreuung wurde ebenfalls vom Orden wahrgenommen, was für die Lienzer Nonnen sicherlich eine wichtige institutionelle Absicherung bedeutete.⁶⁶

    Das der hl. Katharina geweihte Kloster in Innichen ist der dritte Dominikanerinnenkonvent im Tiroler Raum, der an Größe und Bedeutung jedoch an die beiden anderen nie herankam. Egon Kühebacher sieht in den Dominikanerinnen die Nachfolgerinnen einer älteren – urkundlich allerdings nicht fassbaren – Frauengemeinschaft, die parallel zu den Benediktinern im 8. Jahrhundert in Innichen gegründet worden sei. Nachdem das Männerkloster 1141 in ein Kollegiatstift umgewandelt worden war, seien diese Schwestern im 13. Jahrhundert von den Dominikanerinnen übernommen worden. 1257 hat der Konvent jedenfalls sicher bestanden, denn damals weihte Bischof Bruno von Brixen die Katharinenkirche.⁶⁷ Eigenständigkeit hat die kleine Gemeinschaft nie erreicht, sie blieb spätestens seit Ende des 13. Jahrhunderts den Lienzer Dominikanerinnen unterstellt, deren Priorin sich „Priorin der beiden Gotteshäuser und Frauenklöster zu Lienz und Innichen" nennen durfte. Die Verbindung der beiden Konvente war traditionell eng, auch wenn speziell Innichen häufig unter finanziellen Sorgen zu leiden hatte. Von Seiten der Landesfürsten hat dieses Kloster etliche, wenn auch durchwegs bescheidene materielle Zuwendungen erhalten.⁶⁸ Im 17. Jahrhundert kam es für den nicht mehr aktiven Konvent zur ordensrechtlichen Auflösung; das Gebäude diente den Lienzer Schwestern als Sommeraufenthalt und Notunterkunft nach den zwei Lienzer Brandkatastrophen von 1613 und 1798.⁶⁹

    Das vierte Dominikanerinnenkloster Mariathal⁷⁰ bei Kramsach im Unterinntal ist eine Gründung der Herren von Freundsberg, einer im Unterinntal sitzenden Ministerialenfamilie⁷¹, die im Verlauf des 13. Jahrhunderts zu Reichtum und Einfluss gekommen war. Durch die Errichtung des Hausklosters sollte dieser Status sichtbar zum Ausdruck gebracht werden. Klosterstiftungen sind aber natürlich nicht auf den reinen Prestigegedanken zu reduzieren. Die Sorge des Fundators um sein Seelenheil, der Versorgungsgedanke nachgeborener Kinder, der Wunsch nach einer familieneigenen Grablege spielten ebenso eine Rolle wie das dynastische Denken, das ein eigenes Kloster quasi zum „must have" machte. Dennoch ist Mariathal die einzige Klostergründung einer Ministerialenfamilie⁷² in unserem Raum und hat schon deshalb Pioniercharakter. Die von den Brüdern Konrad und Friedrich auch im Namen ihrer verstorbenen Eltern Ulrich und Luitgard⁷³ ausgestellte Stiftungsurkunde des Klosters Mariathal datiert vom 15. Jänner 1267 und beinhaltet die Schenkung eines Gutes in Voldöpp – heute ein Ortsteil der Gemeinde Kramsach – zum Bau eines Klosters. 1285 besiedelten Dominikanerinnen aus dem Kloster Althohenau in Oberbayern das junge Kloster. Das wirtschaftliche Auskommen ermöglichten die Schenkungen der Klostergründer, die vor allem aus Gütern und Einkünften aus der näheren Umgebung bestanden.

    Das fünfte und historisch kaum beachtete Dominikanerinnenkloster Santa Margherita di Sorbano lag im Westen der Stadt Trient und ist das kurzlebigste Kloster dieses Ordens im alttirolischen Raum. Nach einer Überlieferung des 18. Jahrhunderts sind die „sorores sancti Dominici de Surbano" 1275 erstmals genannt. Ob diese Schwestern aber damals tatsächlich bereits diesem Orden angehörten, ist deshalb fraglich, weil die Gemeinschaft erst 1328 mit päpstlichem Privileg aus der bischöflichen Jurisdiktion⁷⁴ befreit und direkt dem Dominikanerorden unterstellt wurde. Die Zugehörigkeit zum „ordo praedicatorum ist also erst seitdem eindeutig nachzuweisen. Wahrscheinlich handelte es sich zuvor, ähnlich wie in Lienz und in Meran, um religiöse Frauen, die nach der Dominikanerregel lebten. Ein Naheverhältnis zu den Dominikanern in Bozen hat jedenfalls schon Anfang des 14. Jahrhunderts bestanden – zweimal sind in Bozner Notariatsinstrumenten „sorores de Surbano erwähnt und in beiden Fällen sind Dominikaner in das jeweilige Geschäft involviert und auch als Zeugen genannt.⁷⁵

    Nach der dürftigen Quellensituation zu schließen, hat das Kloster in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts – 1318 ist von zwölf Schwestern die Rede – seine beste Zeit erlebt⁷⁶ und bekommt 1326 endlich auch eine eigene Kirche. Eine nachhaltige Etablierung mit der entsprechenden wirtschaftlichen und auch gesellschaftlichen Positionierung scheint jedoch dennoch nicht gelungen zu sein. Das 15. Jahrhundert brachte dann schließlich die notwendige Aufhebung, nachdem 1449 nur mehr eine Schwester im Kloster gelebt haben soll.⁷⁷

    Klarissen

    Ebenso früh wie die Dominikaner wurden auch die Franziskaner in Tirol und im Trentino heimisch. Der von Klara, einer Weggefährtin des hl. Franziskus, ins Leben gerufene weibliche Zweig des Ordens⁷⁸ lässt sich bereits 1229 in Trient dokumentieren.⁷⁹ Vor der offiziellen Gründung des Klosters durch Bischof Gerhard bei der schon existierenden Kirche San Michele außerhalb der Stadtmauern (8. September 1229) gab es bereits eine Gemeinschaft religiöser Frauen – und Männer – in Piedicastello westlich der Stadt und am anderen Etschufer (bei der Kirche Sant’Apollinare), die dort in Obhut der Benediktiner gelebt haben, jedoch wohl ohne eigentliche Ordenszugehörigkeit. Sie schlossen sich in den 1220er-Jahren den Franziskanern bzw. den Klarissen an, wobei Letztere in San Michele – östlich von Trient jenseits der Fersina – ihr Kloster errichteten⁸⁰, der männliche Zweig hingegen 1245 in „Paradisus" nahe Trient eine neue Niederlassung begründete. Die Kontakte zwischen den Trentiner Klarissen und Franziskanern blieben auch in den folgenden Jahren aufrecht, zumal die Franziskaner – so war es allgemein üblich – den seelsorglichen Beistand für die Nonnen stellten, wobei für jene, die nicht ausreichend Latein beherrschten, sogar eigens ein deutscher Kaplan die Beichte hörte. Mitte des 13. Jahrhunderts umfasste der Konvent etwa 40 Nonnen, darunter offenbar auch etliche deutscher Herkunft.⁸¹

    Nur wenige Jahre nachdem die Klarissen in Trient ihren Konvent bestätigt bekommen hatten⁸², kam es 1235 in Brixen zur Gründung eines Klarissenkonventes, der ersten Niederlassung des so genannten Zweiten Ordens des hl. Franz im deutschen Sprachraum.⁸³ Ein dezidierter Gründer ist nicht überliefert, jedoch hatte der Konvent von Anfang an die Unterstützung des Brixner Bischofs Heinrich von Taufers⁸⁴, der den Schwestern einen Grund „extra muros" (heute Runggadgasse) für den Bau des Klosters zu Verfügung stellte und die Gemeinschaft unter seinen Schutz nahm.

    Die Gruppe frommer Frauen, die sich zunächst als Laienschwestern nach der Regel des hl. Franz formierte, wurde 1238 endgültig in den Orden aufgenommen, was ihre Stellung auch innerhalb der kirchlichen Organisation verbessert haben dürfte. Der freiwilligen Armut und strengen Klausur verpflichtet⁸⁵, waren die Schwestern auf Hilfe von außen angewiesen und immer wieder zeugen bischöfliche und auch päpstliche Spendenaufrufe von der Sorge, den Schwestern ihr Auskommen zu ermöglichen. 1239 wurde das Kloster, das sich der hl. Elisabeth geweiht hatte, dem direkten Schutz des Papstes unterstellt.

    Im Gegensatz zu dem ursprünglich als freie Gemeinschaft von Laienschwestern entstandenen Brixner Klarissenkonvent war das etliche Jahrzehnte später gegründete Kloster in Meran eine von vornherein gut ausgestattete und geplante landesfürstliche Stiftung.⁸⁶ Die treibende Kraft dahinter war die aus Schlesien stammende Eufemia von Tirol-Görz⁸⁷, die mit der Zustimmung ihres Mannes, des Tiroler Landesfürsten Otto, das Klarissenkloster in Meran 1309 ins Leben rief. Als Standort wählte man ein Grundstück außerhalb der Stadtmauern am so genannten Kornplatz. Wie bei landesfürstlichen Stiftungen häufig zu beobachten, spielten neben den bekannten Motiven der Sicherung des eigenen bzw. familiären Seelenheils auch strategische und politische Überlegungen eine Rolle. Im Falle der Meraner Klarissen diente der massive Klosterbau knapp außerhalb der westlichen Stadtmauer auch als Bollwerk gegen mögliche Angriffe; außerdem wollte man mit dem Kloster offenbar ein landesfürstlich/stadtherrliches Gegenstück zum bürgerlichen kirchlichen Zentrum der St. Nikolauskirche etablieren.⁸⁸ Für Eufemia war es vielleicht aber auch ein lang gehegter Wunsch, Klarissen nach Meran zu holen, nachdem ihre Familie in Breslau einen besonderen Bezug zum dortigen Klarissenkloster hatte.⁸⁹ Eufemia selbst ist zwar nicht in das Kloster eingetreten, dafür aber zwei ihrer vier Töchter, Ursula und Eufemia.⁹⁰ Und die Landesfürstin wählte ihre Stiftung als Grablege⁹¹, nachdem sie das Kloster kurz vor ihrem Tod 1347 testamentarisch noch einmal mit umfangreichen Zuwendungen bedacht hatte.

    Großzügig erwies sich auch Elisabeth von Schönberg-Taufers⁹², die sich als kinderlose Witwe 1316 zum Eintritt in die neue Meraner Niederlassung entschloss, nicht ohne umfangreiche Besitzungen aus ihrem reichen Erbe zu schenken. Sie wird als Mitstifterin häufig in einem Atemzug mit Eufemia genannt und bestimmte nach ihrer Wahl zur Äbtissin den Werdegang des Klosters in diesen ersten Jahren mit. Aber auch von landesfürstlicher Seite wurden die Klarissen eifrig gefördert, namentlich Heinrich von TirolGörz erwies ihnen häufig seine Gunst.⁹³ Auch als Tirol habsburgisch wurde, bestand die Verbindung zu den Landes- und Stadtherren weiter.

    Waldschwestern, Beginen und Augustinerinnen

    Das Meraner Klarissenkloster ist für lange Zeit die letzte Gründung eines Frauenklosters in Tirol. Erst Mitte des 15. Jahrhunderts entstand mit den Haller Waldschwestern neuerlich eine Kommunität – eine zunächst nur aus zwei Frauen bestehende Gemeinschaft, die aus dem schwäbischen Kloster Kürnberg nach Tirol gekommen war und eine verlassene Klause im Halltal als Rückzugsort wählte.⁹⁴ Schon bald zog diese auch andere gleichgesinnte Frauen an, die ein klosterähnliches Leben lebten, ohne sich einem Orden zugehörig zu fühlen. Die Gemeinschaft erfuhr von Anfang an maßgebliche Unterstützung von Seiten des zuständigen Brixner Bischofs.⁹⁵ Ein Teil der Schwestern übersiedelte dann um 1490 in das etwas freundlicher gelegene St. Martin in Gnadenwald und, nachdem diese zweite Niederlassung durch einen Brand zerstört worden war, 1520 nach Hall. Wegen mangelnden Nachwuchses musste der Konvent jedoch in den 1550er-Jahren aufgelöst werden. Die im Halltal verbliebenen Waldschwestern hatten es immerhin bis Anfang des 16. Jahrhunderts in der unwirtlichen Gegend ausgehalten. 1522 bezogen aber auch sie eine neue Bleibe in St. Martin östlich von Schwaz und überlebten als Augustinerinnen⁹⁶ bis 1782.

    Weniger Spuren haben die Beginen hinterlassen, die sich um 1430 in Bruneck niederließen. Als „petschwestern" bezeichnet, lebten sie im Wesentlichen von Schenkungen und Almosen. Nach einer vorübergehenden Schließung Anfang der 1460er-Jahre wurde die Gemeinschaft 1466 kurzzeitig wiederbelebt, um in der Reformationszeit endgültig zu verschwinden.⁹⁷

    Zuletzt sei hier noch die Gemeinschaft der Schwestern von Sant’Anna di Sopramonte erwähnt, die ebenfalls nach dem „ordo sancti Augustini" lebten und ähnlich wie die Haller Waldschwestern und die Brunecker Beginen keinem Orden inkorporiert waren.⁹⁸ Jedoch lebten sie in Gemeinschaft mit „fratres, die gleichzeitig mit den „sorores 1235 das erste Mal erwähnt sind. In den folgenden Jahren ist das Kloster mehrfach Empfänger von Schenkungen und Stiftungen und bekommt zweimal den päpstlichen Schutz verbrieft (1240 und 1264). Dennoch scheint die materielle Ausstattung für das Überleben der religiösen Frauen und Männer von Sant’Anna nicht gereicht zu haben. Auf ihr Bitten hin unterstellte sie daher Bischof Egno von Trient 1267 den Humiliaten⁹⁹ von San Luca di Brescia. Die Union scheint aber nicht lange funktioniert zu haben, denn bereits Ende des 13. Jahrhunderts gibt es keine Nachrichten mehr, die auf eine Verbindung mit San Luca schließen lassen würden. Ebenso hatte die zweite, Mitte des 13. Jahrhunderts genannte Niederlassung des Klosters in Trient im „borgo di Piedecastello (iusta [sic] castrum Tridenti) orografisch rechts der Etsch nicht lange Bestand. Bis Anfang des 14. Jahrhunderts ist das „monasterium sancte Anne Tridenti, das ebenfalls von Männern und Frauen bewohnt wurde, etliche Male in Zusammenhang mit diversen Schenkungen und Privilegien erwähnt. 1312 datiert der letzte Hinweis. Damals dürfte das Hauptkloster Sant’Anna di Sopramonte fast ausschließlich von Frauen bewohnt worden sein – 1312 sind zwölf Schwestern genannt –, allerdings geleitet von einem Prior. Nach 1312 fließen die Nachrichten noch seltener und im 15. Jahrhundert war der Niedergang der schon vorher wirtschaftlich kaum überlebensfähigen Gemeinschaft nicht mehr aufzuhalten. Das Kloster existierte bereits nicht mehr, als die Reste seines ehemaligen Besitzes 1449 dem Kloster San Lorenzo eingegliedert wurden.¹⁰⁰

    Zusammenfassung

    Zusammenfassend darf ich festhalten, dass sich die Entstehungsumstände der Tiroler Frauenklöster zum Teil deutlich unterscheiden. Grundsätzlich sind die Klöster, die auf eine landesfürstliche bzw. adelige Stiftung zurückgehen, besser dokumentiert als jene, an deren Anfang eine

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