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Braunau am Ganges
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eBook110 Seiten2 Stunden

Braunau am Ganges

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Über dieses E-Book

Kann Religion unschuldig sein?

Adolf Holl begibt sich auf eine Zeitreise in Geisteswelten. Er sucht nach Passagen zwischen der realen und der Schattenwelt. Fündig wird er in Indien, dem Sehnsuchtsort so vieler Sinnsucher. Sie treffen dort auf das, was der Westen verloren hat - aber auch auf Blutiges, Blutrünstiges, ja auch das Böse schlechthin: auf Lord Shiva, die Göttin Kali und auf den wiedergeborenen Hitler … Wie ein Entdecker fremder Kontinente erforscht Holl die Berührungspunkte der sichtbaren und der unsichtbaren Welt, von westlichem Denken und östlicher Weisheit, von Herrschern und Propheten. Eine Einladung zu einer Expedition durch die unendlichen Weiten der Religionen.

Adolf Holl feiert am 13. Mai 2015 seinen 85. Geburtstag
SpracheDeutsch
HerausgeberResidenz Verlag
Erscheinungsdatum17. Feb. 2015
ISBN9783701745012
Braunau am Ganges

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    Buchvorschau

    Braunau am Ganges - Adolf Holl

    Adolf Holl

    Braunau am Ganges

    Residenz Verlag

    Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek:

    Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

    www.residenzverlag.at

    © 2015 Residenz Verlag

    im Niederösterreichischen Pressehaus

    Druck- und Verlagsgesellschaft mbH

    St. Pölten – Salzburg – Wien

    Alle Urheber- und Leistungsschutzrechte vorbehalten.

    Keine unerlaubte Vervielfältigung!

    ISBN eBook:

    978-3-7017-4501-2

    ISBN Printausgabe:

    978-3-7017-3352-1

    Inhalt

    Literatur

    Namenregister

    WENN DU in Delhi aus dem Flugzeug steigst, siehst du dort die Vögel. Sie haben auf dich gewartet. Einer von ihnen fällt dir ins Auge. Das ist Hitler.

    Unsinn.

    Hat er dir nicht seine Telefonnummer gegeben?

    Nur im Traum.

    Wie lang ist das her?

    Gute fünfzehn Jahre.

    Damals war Hitler schon lange tot.

    Dann ist er eben aus dem Schattensystem gekommen. Call the shade system. Auch diese Aufforderung habe ich geträumt. Aber der Vogel auf dem Flugplatz von Delhi stammt nicht aus dem Schattensystem.

    Das Schattensystem kann als paralleles Universum aufgefasst werden.

    Das glaube ich nicht.

    In Indien ist das Schattensystem ebenso wichtig wie das Realsystem. Warte ab.

    Neunhundertneunundneunzig Millionen Wiederverkörperungen?

    Mindestens. Der Vogel hat noch viel abzuarbeiten.

    Und dann?

    Findet er Ruhe.

    Wer sagt das?

    Neunhundertneunundneunzig Millionen Hindus. Vögel können nicht sprechen.

    Das spielt keine Rolle. Manche Vögel sind Halbgötter. Wenn sie sterben, müssen sie weiterwandern.

    Die Telefonnummer Hitlers hatte sechs Zahlen.

    Damit ist heute nichts anzufangen.

    Die Verbindung kann deswegen nicht funktionieren, weil das Schattensystem zeitlos ist.

    Was mache ich dann mit der Telefonnummer?

    Kannst du vergessen.

    Und Hitler?

    Bleibt.

    PROFESSOR AGEHANANDA BHARATI aus Wien (1923–1991) verfügte über keinerlei Erinnerung an frühere Existenzen. Er wusste lediglich, dass auf seinem katholischen Taufschein Leopold Fischer stand und dass er bereits als Gymnasiast anfing, Hindi, Bengali, Urdu und Sanskrit zu lernen. Seine freie Zeit verbrachte er gern mit indischen Medizinstudenten, die einen geselligen Klub frequentierten, im Hotel de France an der Ringstraße.

    Ja, und dann passierte etwas, als er zwölf Jahre alt war. Während des Einschlafens erlebte er sich plötzlich im Zentrum der kosmischen Alleinigkeit, während eines kurzen Augenblicks nur. Hernach kehrte sein Alltagsbewusstsein langsam zurück, mit der Gewissheit, das sei nicht zum letzten Mal geschehen.

    Reifeprüfung, Militärdienst. Letzteren absolvierte er wegen seiner Sprachkenntnisse in einer Einheit der deutschen Wehrmacht, die sich Indische Legion nannte und in der Nähe von Bordeaux stationiert war. Abrüstung, Gefangenschaft, ein paar Semester Indologie und Philosophie, Kirchenaustritt, Abreise nach Indien. Von 1949 bis 1951 Novize, dann Mönchsgelübde. Der neue Name: Agehananda (»unzugehörig«). Durchwanderung Indiens in der Nord-Süd-Richtung von Dorf zu Dorf im ockerfarbenen Kleid der Geistlichen, die überall als Seelsorger willkommen waren. Akademische Karriere zunächst in Indien, dann ab 1956 in den USA, wo das Buch geschrieben wurde, mit dem der Professor berühmt wurde. Es geht darin um die Überlistung der Geschlechtslust zum Zweck der endgültigen Befreiung aus dem Wiederholungszwang des Wanderns durch Millionen von Geburten. Auf einem anderen Blatt steht die Begegnung mit Exzellenz Bose Ende 1942 im Zusammenhang mit der Rekrutierung für die Indische Legion, die unter dem Oberkommando jenes Führers und Reichskanzlers stand, den Bharati bereits als Leopold Fischer in Wien verachten gelernt hatte, nicht nur wegen einer jüdischen Großmutter in Fischers Familie.

    Subhas Chandra Bose (1897–1945) trug im Gegensatz zu Gandhi gern Uniform und wird in indischen Tempeln bis heute häufig mit einem glückbringenden Elefantenkopf dargestellt, als Gottesbote. In seiner Verkörperung als militante Führungskraft gegen die Engländer saß er häufig im Gefängnis, auch als gewählter Bürgermeister von Kalkutta, bis ihn die Briten 1933 vorübergehend loswurden, wegen seiner angegriffenen Lungen, die er im damals noch roten Wien auskurieren wollte. Dort gründete er den Klub, in dem Bharati bald verkehrte, lernte seine spätere Gemahlin Emilie Schenkl (gest. 1996) kennen, schrieb ein Buch, besuchte Mussolini, erlebte den Ausbruch des Zweiten Weltkriegs in Indien, flüchtete über Moskau nach Berlin, wo er die Indische Legion organisieren durfte, und gelangte 1943 in einem japanischen Unterseeboot nach Tokio, wo er mit militärischen Ehren empfangen wurde. Der Absturz des Flugzeugs, mit dem er im August 1945 unterwegs war, beförderte ihn in die indische Erinnerungspflege, wo er nach wie vor anzutreffen ist, in vergleichbarer Position wie Gandhi, obwohl als dessen politischer Gegner. Für westlich imprägnierte Gemüter ist das schwer nachzuvollziehen. Dem schneidigen Bose wiederum blieben der christliche Judenhass und das Paranoid der arischen Rasse vollkommen fremd. Gegen seine Büste im Parliament House von Delhi ist wenig einzuwenden.

    Gleichwohl steht fest, dass die Swastika nicht vom Nordpol auf die Hitlerfahne geflogen ist, sondern aus Indien. Die Bezeichnung des Hakenkreuzes im Sanskrit lässt an Glück und Segen denken, nicht an Unheil Hitler. So stellt sich die Frage, ob Religion unschuldig bleiben kann.

    SCHATTENSYSTEM, REALSYSTEM. Passagen zwischen den Systemen sind möglich, wegen der Wiederverkörperungen.

    Da soll sich jemand auskennen.

    Ehrwürden Bharati war fromm. Während seiner Wanderung durch Indien bemerkte er einen verwahrlosten Tempel in einem Gehölz abseits der Straße, betrat ihn und erblickte die Statue einer Gottfrau, frisch mit Blumen geschmückt, die ihn anlächelte. Weihrauchduft wie nach einem eben beendeten Gottesdienst. Nirgendwo Menschen. Im nächsten Dorf erfuhr Bharati, der Tempel sei seit Generationen verlassen, kehrte zurück und musste feststellen, dass nur Schutt zu sehen war. Statt des Weihrauchdufts der Gestank von Fledermäusen. In Indien findest du die ältesten und nachhaltigsten Spuren des ewig Weiblichen.

    Von der katholischen Himmelskönigin habe ich noch nie geträumt.

    Auch nicht von deiner verstorbenen Mutter?

    Gelegentlich. Ich versuchte sie aus dem Urlaub telefonisch zu erreichen und hatte die Nummer verlegt.

    Call the shade system. To call heißt rufen. Du

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