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Ein Garten auf dem Mond
Ein Garten auf dem Mond
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eBook236 Seiten3 Stunden

Ein Garten auf dem Mond

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Über dieses E-Book

Bernd Breitbachs Debütroman erzählt die Lebensgeschichte eines Einzelgängers. Schon früh verlässt er seine Familie, in der er sich nie zuhause gefühlt hat. Er versteht die Frauen nicht, in die er sich verliebt, und jene noch viel weniger, die ihn lieben. Von einem Tag in den nächsten zu leben, das ist ihm in die Wiege gelegt, und nur wenn er nichts tut, scheint er alles richtig zu machen.

Die achtzehn Episoden handeln von angepassten und durchgedrehten Freunden, von Liebesbeziehungen und ihren sich ständig verschiebenden Machtverhältnissen, von der Schwierigkeit, sich zu binden, und der Unzumutbarkeit, in dieser Welt einen Platz einnehmen zu müssen. Jedes Kapitel glänzt dabei für sich und funktioniert auch als eigenständige Erzählung.

Bernd Breitbachs Beschreibungen sind frei von unnötigem Ballast, seine Sprache ist schnörkellos und direkt. Nichts stört das hochwirksame Nebeneinander von Melancholie und Situationskomik, von gnadenloser Offenheit und zärtlicher Zurückhaltung.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum22. Feb. 2013
ISBN9783902844101
Ein Garten auf dem Mond

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    Buchvorschau

    Ein Garten auf dem Mond - Bernd Breitbach

    mich

    1.

    Die Welt

    Ich schloss die Augen, und die Welt drehte sich um mich. „Du hast alles vollgekotzt. Meine Schwester starrte mich mit einem Auge durch die offene Seite ihrer zugeklebten Brille an. Neben meinem Bett stand ein Eimer mit Wasser. Die Decke fühlte sich ohne Laken kalt an. „Erst das Bad und dann auch noch das Bett. Sie legte den Kopf schief, um mich genauer zu betrachten, und nahm meine Hand. Für einen Moment dachte ich, sie will mich trösten, plötzlich fühlte ich einen stechenden Schmerz.

    „Bist du verrückt? Was soll das? Ich rieb meine Hand. „Ich blute!

    „Du bist krank. Ich musste dir eine Spritze geben." Sie hielt den Eierpicker aus der Küche in die Luft. Um ihren Hals hing ein Kinderstethoskop.

    „Lass mich in Ruhe." Ich drehte mich zur Wand.

    „Dann kann ich dich ja jetzt abhören." Sie schob meine Schlafanzugjacke hoch und ich ließ es zu, dass sie mit dem kalten Stethoskop meinen Rücken entlangfuhr.

    „Ich kann nichts hören." Sie ließ enttäuscht von mir ab und ging zu meiner Mutter ins Wohnzimmer.

    „Er ist jetzt wach, aber irgendetwas ist mit seinem Herz."

    „Was sagst du?" Meine Mutter stellte den Staubsauger ab.

    „Man hört nichts. Absolute Stille."

    „Dann ist ja gut. Und jetzt geh wieder spielen, sonst werde ich hier nie mehr fertig."

    „Meine Oma hat mir heimlich was in die Cola geschüttet."

    „Cola?"

    „Na sicher." Meinem Freund wurde nicht viel erlaubt. Sein Vater arbeitete als Polizist. Seine Eltern meinten, dass der Sohn eines Polizisten auch ein Vorbild sein müsse. Sie wohnten im Haus gegenüber. Seine Mutter verdiente sich nebenbei etwas dazu, indem sie meiner Mutter und anderen Nachbarinnen preiswert die Haare frisierte. Sie hatten eine Garage, unser Auto stand auf der Straße.

    Seine große Schwester ging zuweilen mit meinem Bruder in ein nahe gelegenes Wäldchen. Ich hatte noch nicht herausgefunden, was sie im Wald trieben. Ich nahm an, sie rauchten heimlich.

    „Cola mit Schuss!"

    „Alkohol?"

    „Klar. Warum nicht?"

    „Und deine Eltern erlauben dir das?"

    „Spinnst du? Wir gingen die Straße entlang, vorbei an den Wohnhäusern der Postangestellten. Im Erdgeschoss der Hausnummer vierundzwanzig wohnte ein Verrückter. Ich hob einen Stock auf und kratzte damit im Sand. Ich wollte „Mörder schreiben, aber der Stock brach ab.

    „Der Kindermörder!" Ich spuckte aus.

    „Das war ein Unfall."

    „Er hat das Kind umgebracht."

    „Das war nicht seine Absicht. Er ist nicht einmal dabei gewesen."

    Im letzten Sommer hatte der Verrückte hinter den Häusern auf dem freien Feld seinen Hausrat verbrannt. Einer der alten Farbeimer, die er zum Schluss noch in die Glut warf, explodierte, als er schon längst wieder zu Hause war. Der Deckel des Farbeimers schoss durch die Luft, traf ein Kind am Kopf und trennte die Schädeldecke ab. Es war sofort tot.

    „Es hätte auch deine Schwester treffen können."

    „Schön wäre es", sagte mein Freund. Bei ihm zu Hause auf dem Klo hatte ich im Wäschekorb einen BH und ein Höschen von ihr entdeckt.

    Ich schmiss den Stock achtlos auf den Balkon des Kindermörders.

    „Bist du verrückt?" zischte mein Freund und zog mich am Ärmel.

    „Was denn?" fragte ich leichthin, bis ich das leise Knirschen der Balkontür hörte und im Augenwinkel eine dunkle Gestalt sah. Wir spurteten los und rannten, ohne uns umzublicken. Hinter uns hörten wir ihn fluchen. Ich duckte mich aus Angst, er würde etwas nach uns werfen oder sogar auf uns schießen. Außer Atem ließen wir uns hinter dem Häuserblock in einen Kellereingang fallen.

    „Wenn der uns erwischt hätte", keuchte mein Freund atemlos.

    „Was glaubst du, was mein Vater mit dem macht, wenn er es wagt, mich anzufassen?"

    „Was denn?" Mein Freund sah mich fragend an. Ich ballte nur die Faust und hielt sie ihm drohend unter die Nase.

    „Dein Vater hat ihn ja laufen lassen", sagte ich.

    „Mein Vater ist bei der Verkehrsüberwachung, die bearbeiten solche Fälle nicht. Das ist eine ganz andere Abteilung."

    „Polizei ist Polizei! Dem Kindermörder sollte man auch den Kopf abschneiden."

    „So wie dem Kind?" fragte mein Freund traurig.

    „Ja, Auge um Auge." Am Tag nach dem Feuer waren wir in einem großen Bogen durch die Felder zu der Unglücksstelle geschlichen und hatten noch in der Asche gestochert.

    „Und hast du die neue Nachbarin jetzt gesehen?"

    „Nein."

    „Ich habe sie gestern auf der Straße gesehen, in einem Minirock!"

    „Vielleicht ziehen wir deswegen ja weg", sagte ich.

    „Ich kann einfach nicht mehr mit dieser ständigen Bedrohung leben! beschwerte sich meine Mutter auf dem Geburtstag meines Großvaters. „Diese Unperson läuft nackt mit ihrem Staubsauger durch die Wohnung. Ich lasse jetzt schon tagsüber die Rollos herunter. Wir sitzen nur noch im Dunkeln.

    „Und dein Mann, was sagt denn dein Mann dazu?" fragte mein Patenonkel.

    „Ich sehe die Hausarbeit jetzt mit ganz anderen Augen!" Alle lachten, prosteten einander zu und tranken auf das Wohl meines Großvaters, der am Ende der Festtafel vor sich hin dämmerte.

    Ich sah meinen Großvater selten, da wir nicht viel mit der Familie meines Vaters zu tun hatten. Meine Mutter gruselte sich davor, in seine Nähe zu kommen. Trotzdem feierten wir seinen achtzigsten Geburtstag bei uns zu Hause.

    „Wir müssen Präsenz zeigen! Wir dürfen den anderen nicht das Feld überlassen", lockte mein Vater sie mit einer zu erwartenden Erbschaft. Meine Mutter blickte skeptisch.

    „Du glaubst immer noch an den Weihnachtsmann, spottete sie. „Hast du es noch nicht begriffen? Die nutzen dich aus. Was glaubst du denn, warum wir bei uns feiern müssen? Wer ist denn auf diese glorreiche Idee gekommen? Mein Vater räusperte sich.

    „Schließlich bin ich der Älteste."

    „Ja, und der Dümmste." Mein Vater verließ das Zimmer.

    „Die haben ihn immer ausgenutzt!" schimpfte meine Mutter.

    „Wie hart dein Vater in deinem Alter schon gearbeitet hat, das kannst du dir nicht vorstellen. Im Winter musste er um fünf Uhr morgens, vor allen anderen, das Haus verlassen. In der eisigen Bude in seine starr vor Dreck und Kälte stehende Hose steigen, nur weil dein Großvater das Kohlengeld versoffen hatte! Dein Vater durfte nicht, so wie du, zur Schule gehen! Und spielen? Das Wort kannten wir nicht einmal."

    „Wir können ja zu dir gehen, vielleicht saugt sie ja gerade", schlug mein Freund vor.

    „Bist du irre? Meine Mutter bringt uns um! Wenn nur einer in die Nähe des Rollos kommt, ist er geliefert." Ich winkte ab und dachte an die Unterwäsche seiner Schwester.

    „Und zu dir?"

    „Meine Mutter hat Kundschaft." Wir saßen auf dem Bürgersteig und schoben Steinchen von links nach rechts.

    „Waren denn alle so besoffen wie du?" fragte mein Freund.

    „Die haben sogar getanzt."

    „Was der Junge sich hier anhören muss! sagte meine Tante und drückte mich fest an ihren Busen. „Ihr Männer verderbt das Kind noch mit eurem Gerede. Ich bekam an ihrem Busen keine Luft mehr. „Da! Seht her! Er hat schon einen hochroten Kopf. Er bekommt genau mit, was ihr da redet. Glaubt bloß nicht, dass so ein Kind doof ist." Sie wuschelte mir mit der Hand durch die Haare.

    „Hoch mit dir! Deine Tante muss mal für kleine Mädchen." Sie hob mich von ihrem Schoß.

    „Dieses ewige Pinkeln geht mir auf die Nerven. Überleg dir das genau mit den Kindern! warnte sie meine frisch verheiratete Cousine, die sich nichts sehnlicher wünschte als Kinder. „Danach ist alles anders. Selbst die Blase senkt sich. Mach dir bloß keine Illusionen! Sie torkelte am Großvater vorbei, der sie plötzlich am Arm packte und auf seinen Schoß zog.

    „Soll ich euch mal zeigen, wozu ein Mann in der Lage ist?! Sein Gebiss verrutschte. Er lutschte es wieder hinein. „Licht aus! Licht an! Er packte der Schwiegertochter an den Busen. Die kreischte um Hilfe. „Wenn es sein muss, zeige ich alter Bock es der Jugend hier auf dem Tisch!" Er fasste ihr zwischen die Beine, dann sich ans Herz.

    „Großmutter, komm schnell, der Großvater!" rief meine Cousine erschrocken. Die Tante entwand sich seinen zitternden Klauen und zog ihr Dekolleté wieder gerade.

    Meine Mutter verdrehte mir den Kopf und schob mich und meinen Cousin aus dem Wohnzimmer.

    „Willst du ihm nicht mal dein Zimmer zeigen?" fragte sie mich.

    „Ich hab nur ein Etagenbett. Ich schlafe unten", sagte ich zu meinem Cousin.

    „Was redest du da! Meine Mutter gab mir einen Klaps. „Jetzt zeig ihm dein Zimmer! Los jetzt! Ich ging vor, mein Cousin trottete hinterher.

    „Hier." Ich blieb an der Türschwelle stehen.

    „Schön. Mein Cousin blickte sich gelangweilt um. „Und wo ist dein Spielzeug? Sein Blick wanderte von dem riesigen Kleiderschrank über das Etagenbett zu dem Bett meiner Schwester.

    „Vielleicht bauen wir um, das Schlafzimmer meiner Eltern ist größer und es wird tagsüber ja nicht benutzt." Er nickte.

    „Na, spielt ihr schön? fragte meine Oma und schloss die Tür hinteruns. „Ihr sagt kein Wort! Sie quetschte sich am Schrank vorbei, stellte ihr Glas auf die Fensterbank und zog aus ihrer Handtasche eine Schachtel Zigaretten und ein Feuerzeug.

    „Du rauchst doch gar nicht", sagte ich.

    „Stimmt. Meine Oma nahm einen kräftigen Zug von ihrer Zigarette. „Ihr habt nichts gesehen und nichts gehört! Wir nickten beide. Sie hielt sich einen Finger vor den Mund. „Das ist unser Geheimnis." Sie zog mich zu sich, drückte mir unauffällig ein Geldstück in die Hand und zwinkerte mir zu. Dem Cousin gab sie kein Geld. Er gehörte, aus ihrer Sicht, als Neffe meines Vaters nicht zur Familie.

    „Darf ich einen Schluck von deiner Cola?" Meine Oma zog an ihrem Kleid und pustete sich Luft in den Ausschnitt.

    „Bin ich froh, wenn das Theater vorbei ist", sagte sie und hielt mir ihr Glas hin. Ich nahm einen großen Schluck und verzog das Gesicht.

    „Die schmeckt aber komisch." Sie hob erschrocken die Hand vor den Mund, drückte schnell die Zigarette aus und warf sie aus dem Fenster.

    „Sag bloß nichts deiner Mutter, sonst komme ich in Teufels Küche!" Sie versuchte den Rauch aus dem Zimmer zu fächeln.

    „Darf ich auch einen Schluck Cola?" fragte mein Cousin.

    „Das ist nichts für dich."

    „So, ich muss jetzt weiter deiner Mutter helfen." Sie zog noch einmal ihr Kleid über die Knie und ging wieder ins Wohnzimmer.

    „Wir könnten ja Karten spielen", schlug mein Cousin vor.

    „Nein." Ich lief meiner Oma hinterher.

    „Treue ist ein Mangel an Gelegenheit", sagte meine Mutter in der Küche. Alle schauten sie nachsichtig an.

    „Das kann ich nicht sagen", erwiderte meine Patentante.

    „In meinem Leben gab es sowohl Männer als auch Gelegenheiten." Mein Patenonkel betrat die Küche.

    „Was herrscht denn hier für eine Grabesstimmung?"

    „Der Großvater hat sich wieder einmal danebenbenommen", erklärte meine Mutter pikiert.

    „Ach, Schwesterherz! Scheiß der Hund drauf. Heute wird gefeiert! Der Tanz ist eröffnet!" brüllte er. Auf seiner Hose, vorn am Reißverschluss, sah ich einen dunklen, feuchten Fleck. Er riss seine Frau hoch und wirbelte sie durch die Küche bis ins Wohnzimmer. Schwärmerisch zog er sie an sich, vergrub seine Nase in ihrem Busen und atmete sie ein wie lebensrettenden Sauerstoff. Er zeigte ein paar Rock-’n’-Roll-Tanzschritte, bis er sich erschöpft zu meinem Vater und mir ins Sofa fallen ließ.

    Er schenkte sich einen Schnaps ein und bot meinem Vater auch einen an, der lehnte ab.

    „Du kannst dir nicht vorstellen, was dein Vater früher saufen konnte! Er beugte sich zu mir vor. „Mehr, viel mehr als die anderen. Nach zwei, drei Flaschen Schnaps, während wir schon halb tot herumlagen, stand er immer noch! Er blickte verträumt ins Leere. Dann verstummte er und wurde melancholisch. „Ihn jetzt so mit einem Wasser zu sehen. Das ist traurig, sehr traurig. Merk dir das für dein ganzes Leben: Frauen, Frauen können einem alles vermiesen! Den ganzen Spaß. Vor allem die, er schaute auf meine Mutter. „Die vermiest deinem Vater alles. Schau dir nur diese Leichenbittermiene an. Du tust mir auch leid! So aufwachsen zu müssen. Er spülte seine Gedanken mit einem neuen Schnaps hinunter.

    „Hör auf, Märchen zu erzählen." Meine Tante kehrte vom Klo zurück.

    „Für deinen Schwager ist es besser so. Diese Sauferei bringt uns alle um. Dich auch!"

    „Was ist dir denn über die Leber gelaufen? Du bist selbst keine Kostverächterin."

    „Ach, manchmal, manchmal ist mir alles über." Sie zog mich wieder auf ihren Schoß. Ihr Atem war süßlich, ihre Hände kalt. Sie rochen nach Kernseife.

    „Hier, trink noch einen."

    „Nein."

    „Na, komm." Mein Patenonkel füllte ihr Glas auf und sie trank es wie eine bittere Medizin. Danach sah sie mich zärtlich an, strich mir die Locken aus dem Gesicht und malte mit ihren Fingern mein Gesicht nach. Augen, Augenbrauen, Nase und Mund, als würde sie mich gerade erfinden.

    „Schade, dass wir keine Mädchen sind", sagte mein Freund.

    „Als Mädchen könnten wir Seilspringen, Gummitwist hüpfen oder Himmel und Hölle spielen."

    „Spinnst du? Er ging mit gesenktem Kopf neben mir. „Ich habe Zigaretten. Ich vergrub die Hände in den Taschen.

    „Bloß nicht, meine Mutter riecht den Rauch zehn Kilometer gegen den Wind."

    „Sie wird schon nichts merken."

    „Da kennst du aber meine Mutter schlecht! Was glaubst du, was mein Vater für Ärger bekommt, wenn er heimlich raucht? Ich bin Nichtraucher!"

    „Deine Schwester raucht auch."

    „Nie im Leben!"

    „Und wieso geht sie dann mit meinem Bruder in den Wald?" Er wurde rot.

    Wir gingen zu meinem Zigarettenlager. Ich hatte die halbe Schachtel Zigaretten, die meine Oma in unserer Couch verloren hatte, gefunden, aus der Wohnung geschmuggelt und in der Nähe einer Garage unter einem Stein versteckt.

    Ich sagte ihm, dass er Schmiere stehen und Bescheid geben soll, falls jemand vorbeikommt.

    „Wer soll denn kommen?"

    „Egal! Du passt auf!" Er stellte sich an die Ecke und rupfte sich einen Grashalm aus. Ich schlich zum Versteck und fischte eine völlig durchweichte Zigarettenpackung unter dem Stein hervor. Ich blickte mich zu meinem Freund um. Er sah in eine andere Richtung, ich schmiss die Packung hinter einen Zaun und lief zu ihm.

    „Geklaut!" brüllte ich.

    „Die Schweine!"

    „Wer denn?"

    „Bestimmt die vom Spielplatz." Am Spielplatz lungerten manchmal ältere Jugendliche herum, die uns ärgerten.

    „Und jetzt?"

    „Wir müssen uns rächen!"

    „Wie denn?"

    „Wir gehen hin, und dann sehen wir weiter."

    Der Spielplatz war leer.

    „Und?" Er sah sich ängstlich um.

    „Die sitzen meistens auf der Bank, sagte ich. „Wir pinkeln gegen die Bank!

    „Ich muss gar nicht." Mein Freund zog seine Jacke enger um sich.

    „Quatsch, man kann immer. Ein Hund kann alle paar Meter."

    „Ich bin kein Hund."

    „Los jetzt! Stell dich nicht so an!"

    „Und wenn uns jemand sieht?"

    „Wer soll uns denn sehen? Es kommt schon keiner!" Ich zog ihn an der Jacke.

    „Das sind wir unserer Ehre schuldig."

    „Ich wollte gar nicht rauchen. Er weinte fast. Ich schubste ihn gegen die Parkbank. „Ich kann nicht! heulte mein Freund.

    „Mach jetzt!" zischte ich. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie er seinen Reißverschluss öffnete und ohne zu zögern pinkelte. Ich schloss sofort wieder meinen Reißverschluss.

    „Höher! feuerte ich ihn an. „Versuch die Lehne zu treffen! Er bog sich zurück. Ich jubelte. Dann sprinteten wir gemeinsam los. Er mit offenem Reißverschluss. Wir lachten unbändig.

    „Denen haben wir es gezeigt! Ich klopfte ihm auf die Schulter. „Wir werden eine Bande gründen! rief ich.

    „Ja, eine Straßengang." Wir legten einander die Arme auf die Schultern. In allen Einzelheiten malten wir uns unser Leben als gefährliche Bandenführer aus.

    Ich hörte durch die Haustür, wie sich meine Eltern stritten. Leise schloss ich die Tür auf und schlich langsam durch den Flur. Die Schlafzimmertür war nur angelehnt.

    „Ich fahr das Auto gegen die Wand!" brüllte meine Mutter meinen Vater an.

    „Jetzt beruhige dich."

    „Nein! Gib mir sofort den Autoschlüssel!"

    Ich hörte, wie mein Vater mit meiner Mutter rangelte. Ich ging auf Zehenspitzen ins Kinderzimmer. In der Tür stand meine Schwester mit ihrer Puppe in der Hand und weinte.

    „Komm", flüsterte ich, nahm sie bei der Hand und zog sie in mein Bett. Wir legten uns mit Anziehsachen unter die Decke.

    „Was ist passiert?" flüsterte ich.

    „Das Auto ist kaputt."

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