Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

Meine Sehnsucht tict anders
Meine Sehnsucht tict anders
Meine Sehnsucht tict anders
eBook270 Seiten3 Stunden

Meine Sehnsucht tict anders

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

Der 13 jährige Kelvin ist ein schüchterner Junge. Er hat nicht nur im Umgang mit Schulkameraden gewisse Probleme. Er zieht sich oft in sein Zimmer zurück und verkriecht sich in seine Bücher. Er hat eine eigene Art mit seiner Umwelt umzugehen. Kelvin hat Tourette. Er kämpft mit seinen Tics und Zwängen. Für seine Eltern ist er nur ein kleiner Spinner.
In den Jugendferien in Holland wird der 16 jährige Kelvin von einem Gefühlschaos in das nächste gestürzt. Seine erste große Liebe scheint unerfüllt zu bleiben. Doch das Leben geht seinen eigenen Weg, auch mit Tourette.
Kelvin wird 18 Jahre und ist mittlerweile ein stattlicher junger Mann. Sein Geburtstag wird zu einem Fiasko. Das Mädchen, in das er sich verliebt hat, ist nicht gekommen und die Mädchen, die ihn wollen, machen es ihm auch nicht gerade leicht nein zu sagen. Kelvin fühlt sich mehr und mehr in seinen Gefühlen eingeengt und sein Tourette macht ihm immer mehr zu schaffen. Es verlangt ihn nach einer festen Beziehung, nur den Weg dorthin können selbst seine ausgeprägten kognitiven Fähigkeiten nicht bestimmen.
SpracheDeutsch
HerausgeberXinXii
Erscheinungsdatum21. Dez. 2013
ISBN9783957450210
Meine Sehnsucht tict anders

Ähnlich wie Meine Sehnsucht tict anders

Ähnliche E-Books

Beziehungen für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Rezensionen für Meine Sehnsucht tict anders

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    Meine Sehnsucht tict anders - Kelvin Waiden

    Curie)

    Mein Weg zur Schule

    6.30 Uhr, das Radio geht an. Schon wieder mal Montag. Jetzt sind es noch 4 Wochen bis zu den Sommerferien. Nah ja, die werde ich auch noch rumbekommen. Am meisten macht mir die zweite Fremdsprache Französisch zu schaffen. Und der blöde Name Arthur. Unsere Französischlehrerin hatte den doofen Einfall, dass jeder von uns während des Unterrichts einen französischen Vornahmen bekommt. Unter diesem Namen müssen wir uns gegenseitig ansprechen. Mir hatte sie Arthur zugewiesen.

    Die anderen Schüler lachten immer, wenn sie mich unter diesem Namen aufruft.

    In meinem Zimmer, direkt gegenüber vom Bett, sind das Waschbecken und darüber eine Ablage. Erst mal Zähne putzen. Oh man, der Zahnbecher steht wieder links. Ich habe den doch gestern rechts neben den Kamm gestellt. Ich kann es nicht leiden, dass der Becher am falschen Ort steht. Muss meiner Mutter das noch mal sagen. Ich müsste eigentlich die Haare wieder waschen. Aber heute nicht. Kämmen reicht erst mal. Es dauert schon lange genug die schulterlangen Haare zu kämmen. Meine Hose, Strümpfe und das frische Hemd liegen genau da, wo sie auch sein sollten; über dem Schreibtischstuhl. Gut.

    Ich muss mich jetzt beeilen. Um 7.10 Uhr geht der Bus. Und ich muss noch frühstücken.

    Ich zucke mit meinem Kopf ruckartig nach oben. Mit „öff, öff und fu, fu", gehe ich die Treppe runder Richtung Küche. Meine Mutter hat schon ein Geleebrot geschmiert und der Kaffee steht auch schon auf dem Tisch.

    Den Ranzen hatte ich schon gestern Nachmittag, nach den Hausaufgaben, gepackt. Punkt 7.00 Uhr verlasse ich unser altes Haus. Ich muss jetzt schneller laufen. Die Straße runter zur Hauptstraße und dann Richtung Bahnhof. Der Bus wartet nicht. Ich fange an zu schwitzen.

    Wenn ich zu spät komme, ist er weg. Mein Vater ist bereits auf der Arbeit. Er hat unser Auto mit. Wenn ich den Bus verpasse, muss ich sehen, dass ich den nächsten bekomme. Aber dann habe ich  in Stockheim wahrscheinlich keinen direkten Anschluss zur Bahn nach Nidda. Ich weiß auch gar nicht welchen Bus ich dann nehmen müsste. Ich kenne mich mit den Verbindungen nicht so richtig aus.

    Oh man, ich hasse es so alleine zu sein. Und überhaupt bekomme ich Angst, wenn ich von meinem Zuhause weg bin und mich nicht mehr zu Recht finde. Immer diese möglichen Veränderungen. Ich hasse Veränderungen. Alles Neue und Ungewohnte macht mir Angst.

    „Fu, fu, fu, mmmmmmh." Endlich an der Bushaltestelle angekommen. Der Bus ist noch nicht da. Puh, vor lauter Erleichterung zische ich nochmals laut. Erschrocken sehe ich mich heimlich um. Nur eine ältere Frau steht einige Meter links von mir. Die hat nichts mitbekommen. Drei weitere Mitschüler aus meinem Dorf kommen gerade anmarschiert. Gabi, Michael und Torsten. Die schaffen es immer wieder, genau mit dem Bus einzutreffen. Und, ja richtig, der Bus kommt gerade um die Kurve auf uns zugefahren.

    Und wieder total überfüllt. Wir müssen stehen. Das kenne ich schon. Selters ist die letzte Ortschaft vor Stockheim, dem Endziel des Busses. Wenigstens hat er heute keine Verspätung. Das ist immer so ein Problem. Man muss dann immer vom Bus zum Anschlusszug hetzen. Der wartet nämlich nicht. Da hetzt man dann durch die Unterführung am Bahnhof zu dem richtigen Gleis. Es ist schon geschehen, dass der Zug dann auch noch an einem anderen Gleis gestanden hat. Und ich natürlich am falschen Gleis. Ich habe immer Angst in den falschen Zug zu steigen und nicht mehr nach Hause zu kommen.

    Aber dieses Mal war alles klar. Außerdem waren da ja noch Gabi, Michael und Torsten.

    Der Anschlusszug in Stockheim wartete, wie meistens, an Gleis 3. Als wir aus der Unterführung kamen, stand der Schaffner wie immer am letzten Waggon.

    Hier stiegen wir ein und liefen durch, bis zum ersten Waggon. Der Zug hielt genau mit dem ersten Waggon in Nidda an der Treppe zur Unterführung Richtung Ausgang. Da brauchten wir nicht  so weit zu laufen.

    Nach zwei Haltestellen kamen wir um 7.50 Uhr in Nidda an. Der Zug war ziemlich voll mit Schülern aus allen möglichen Ortschaften. Von der 5. Klasse bis zur 11. Klasse war alles vertreten. Als wir aus der Bahnhofshalle traten und in Richtung Gymnasium liefen, wälzte sich bereits eine Menschenmasse durch die Hauptstraße von Nidda. Es müssen Hunderte und Aberhunderte von Schülern sein, die jetzt hier einfallen. Und ich mitten drin.

    Um 8.15 Uhr beginnt die erste Schulstunde. Der Weg führte noch etwa 4 Kilometer quer durch die Stadt. Man musste da schon zügig gehen, um rechtzeitig anzukommen.

    Michael war letztes Jahr auf die Realschule gewechselt. Er ging, als wir den Marktplatz erreichten, einen anderen Weg weiter. Die Realschule lag etwas  Abseits vom Gymnasium.  

    Über den Marktplatz, vorbei an kleinen Geschäften, durch das Tor einer alten Festungsmauer und dann noch 500 Meter. Es wurde langsam eng mit der Zeit.

    Heute Mittag, nach Schulschluss, wollte ich mir bei dem Fotogeschäft an der Ecke die Auslagen im Schaufenster genauer ansehen.

    Ich habe vor kurzem eine Super 8 Filmkamera geschenkt bekommen. Und hier gab es eine ganze Menge von Zubehör. Von Filmbetrachter über Schneidemaschinen zu Überblendungsfolien und vieles mehr. Auch fertige Filme zum Kauf wurden angeboten.

    8.10 Uhr, ich ging gerade durch die Eingangstür des rechten Flügels in Richtung Klassenzimmer der 7b. Wir hatten zuerst zwei Stunden Mathe, dann zwei Stunden Franz.

    Für Franz waren als Hausaufgabe Vokabeln zu lernen. Ich hasse Vokabeln. Mit der Grammatik hatte ich keine großen Probleme. Auch in Englisch nicht. Aber Vokabel lernen, das werde ich wohl nie richtig können. Ich tat mich hier immer sehr schwer.

    Ich hatte gerade meinen Ranzen vom Rücken geschnallt und wollte mich an meinen Tisch setzen, als bereits der Lehrer den Raum betrat.

    Neben mir am Tisch saß Udo. Den konnte ich überhaupt nicht leiden. Er hatte sich am Anfang des Schuljahres einfach neben mich gesetzt. Er hatte ein richtiges Schlägergesicht. Und so benahm er sich auch. Immer nur auf Ärger aus. Hänseln war seine Lieblingsbeschäftigung.

    Als ich mich hinsetzten wollte, zog er mir den Stuhl weg. „Blödmann", sage ich und ziehe den Stuhl zu mir.

    „Sag das noch mal, sag das nur noch mal", gab er zurück und schlug mir auf den rechten Arm.

    „Du Arschloch. Das war zu laut. Der Lehrer schaut in meine Richtung. „Was ist denn schon wieder los, da hinten?

    Ich sage nichts und hole meine Hefte und das Mathebuch aus dem Ranzen. Udo schaut mich richtiggehend schadenfroh an. Neben ihm zu sitzen, ekelte mich an. Er hat überall Schorf und kleine Wunden auf der Haut. Ob an den Armen oder im Gesicht. Er pickt dann immer daran, bis es wieder blutet. Hoffentlich ist der Tag bald rum.

    Heute Abend kommt ‚Ein Cold für alle Fälle’ im Fernsehen. Bis dahin muss ich durchhalten. Das ist meine Lieblinkssendung. Ich habe natürlich noch einige andere Fernsehserien, die sich über die ganze Woche verteilen und die mich über Wasser halten.

    Na ja, die Doppelstunde geht auch rum. Nachher noch Französisch, da bin ich in einem anderen Kurs als Udo. Und als letzte Doppelstunde Kunst.

    Das ist mein Lieblingsfach. Heute ist Abschlussbesprechung der Bilder.

    Ich muss in der Pause davor noch in den Asservatenraum, um den Filmprojektor zu holen und ihn im Kunstraum aufbauen. Ich hatte etwas Besonderes vorbereitet.

    Wir hatten als Abschlussarbeit die Aufgabe, ein räumliches Bild mit weichen und harten Formen zu malen. Wichtig hierbei waren der richtige Lichteinfall und die Schattenbildung. Und natürlich die Ausrichtung und Einhaltung des Fluchtpunktes.

    Ich hatte gerade den Filmprojektor auf einen der letzten Tische gestellt und auf die weiße Wand gegenüber ausgerichtet. Da kamen schon die ersten Mitschüler herein. Unser Kunstlehrer war als einziger über meine Vorstellung informiert. Er hatte dem auch begeistert zugestimmt. Ich hatte nämlich das Bild zu Hause gemalt und jeder Pinselstrich wurde mit meiner Super 8 Filmkamera im Einzelbildverfahren aufgenommen. Das Ergebnis war ein 3 Minutenfilm von einem sich selbst malenden Bild.

    Der Raum füllte sich. Wir waren in diesem Kurs nur 12 Schüler. Der Raum fasste bis zu 30 Schüler. So kam es, dass man sich wild im ganzen Raum an die Tische verteilte. In meinem Bild schaute ich durch ein Fenster nach draußen. Hier flogen Bücher wild in der Luft herum und Pflanzen versuchten über eine Außenmauer zu gelangen. Gleichzeitig gab es einen riesigen Bleistiftspitzer, der versuchte, von innen aus dem Bild zu gelangen. Das ganze war sehr surrealistisch.

    Unser Kunstlehrer, Herr Grunwald, begutachtete erst einmal alle Bilder. Diese wurden dafür auf dem Tisch ausgebreitet. Dann gab es Noten.

    Ich bekam wieder 15 Punkte. Dann erklärte er was ich vorbereitet hatte. Die Jalousien wurden vorgezogen und ich beschrieb kurz, wie es zu dem Film gekommen war. Dann begann der Projektor zu laufen. 18 Bilder pro Sekunde ratterten vor sich hin.

    Man erkannte zuerst die Strichzeichnung als Grundlage und Muster. Die Linien zeichneten sich selber. Dann die Farbe. Von Dunkel ins Helle und in die Fläche. Die drei Minuten waren viel zu schnell zu Ende. Ich hätte noch länger zuschauen können. Es war ja auch eine ziemlich zeitaufwendige Angelegenheit. Ich hatte etwa 3000 Bilder geschossen. Und das an 3 Wochenenden. Das Ergebnis konnte sich meiner Meinung nach sehen lassen.

    Bei meinen Mitschülern kam es nicht so gut an. „Hast du sonst nichts zu tun, war noch die mildeste Anmache, mit der ich bedacht wurde. Herr Grunwald meinte, es war eine gelungene Vorstellung von einer  Pinselführung, die schließlich mit einer 1 benotet wurde. Er dankte mir, was nochmals zu Buhrufen führte. Daraufhin sagte er kurzerhand: „Kelvin, damit startest du im neuen Schuljahr mit einem dicken Plus. Das war dann der Zeitpunkt, als alle schwiegen.

    Ich hatte nach dem Unterricht noch etwa 1 Stunde, bis mein Zug kam. Ich erinnerte mich an das kleine Fotogeschäft an der Ecke zum Marktplatz. Dort wollte ich jetzt doch noch einmal vorbei gehen.

    Als ich durch das Tor der alten Stadtmauer in Richtung Marktplatz ging, sah ich, dass Sabine aus unserem Dorf, ebenfalls auf dem Weg zum Bahnhof war. Wir sahen uns oftmals am Bahnhof oder auf dem Weg durch die Stadt zur Schule. Ich wollte sie eigentlich mal ansprechen. Es ging um mein Filmprojekt. Ich hatte bereits mit Gabi und Michael darüber gesprochen. Aber schöner wäre es, wenn auch Sabine mitmachen würde.

    Manchmal ging sie mit anderen Mädchen zum Bahnhof und vom Bahnhof zur Schule. Manchmal auch alleine. So wie jetzt. Ich überlegte. Sollte ich jetzt mit ihr sprechen oder nicht. Ich entschied mich dagegen. Ich werde Gabi fragen, ob sie nicht mal Sabine ansprechen kann. Ich sah ihr noch etwas nach, bis sie in der nächsten Kurve aus meiner Sicht verschwand.

    Neben dem Marktplatz und dem Brunnen sah ich bereits das Fotogeschäft. Im Schaufenster steht auch noch der Filmbetrachter, der mir so gut gefiel. Und das Filmscheidegerät. Das war eigentlich das wichtigere Zubehör, welches ich dringend benötigte. Momentan klebte ich die einzelnen Filmszenen noch mit den Fingern zusammen, nachdem ich mit einer Schere das Zelluloid des Films zerschnitten hatte.

    Über die Schnittstellen wurden kleine Folien geklebt. Ich musste mir unbedingt ein Filmschneidegerät zulegen, da hiermit auch eine mechanische Verklebung erfolgen konnte.

    Solange ich das noch mit den Fingern machte, waren die Abdrücke teilweise auf der Folie und damit auf dem Film. Auch klebte die Folie nicht so dicht, dass sich kein Staub darunter ansammelte. Da der Film mit einem Filmprojektor an die Leinwand projiziert wurde, sah man bei Szenenwechsel diese Unfeinheiten.

    Jetzt erkenne ich neben dem Schneidegerät etwas, was ich schon lange suchte. Es sieht jedenfalls so aus. Es sind Überblendfolien. Diese klebte man bei Szenenwechsel über die betreffende Stelle. Damit wurde ein Spezialeffekt erzeugt, so dass es aussah wie im Kino. Szenenüberblendungen sind  ebenso möglich, wie Verdunklung und Erhellung oder Kaleidoskop Effekte. Aber auch nicht gerade billig, wie ich jetzt erkennen  musste. Ein einziger, 3 Minuten Film, kostet schon so viel, wie ein Monat Taschengeld.

    Außerdem habe ich ja noch die wöchentlichen Ausgaben für meine Science Fiction Hefte und Taschenbücher. Bis Weihnachten ist noch ein halbes Jahr. Und mein Geburtstag war erst vor einigen Monaten. Aber ich möchte schon noch den einen Film drehen, mit Gabi, Sabine und Michael. Ich werde mir da was einfallen lassen müssen.

    Ich gehe weiter in Richtung Bahnhof. Da ist die Buchhandlung. Hier kaufe ich jeden Donnerstag meine Taschenbücher und Hefte. Die Verkäuferin legte sie mir immer gleich weg, wenn die erste Sendung morgens eintraf.

    Sollte ich da jetzt noch mal reingehen und nach andern Büchern schmökern. Nein, lieber nicht. Es ist noch ein Stück zu laufen. Und der Zug wartet nicht auf mich.

    Ich komme am Kino vorbei. An einem Eiskaffee. Ich muss mein Taschengeld zusammen halten. Endlich, nach weiteren 10 Minuten komme ich am Bahnhof an. 13.15 Uhr steht an der Außenuhr. Ich gehe durch den Hauptraum zu den Gleisen. Ja, jetzt sehe ich schon Michael am Gleis stehen. Dort kommt also unser Zug an. Noch durch die Unterführung und ich bin da. Etwas weiter hinter Michael, auf einer Bank, saß Sabine. Sie war am Lesen. Da kommt auch schon die Durchsage über Lautsprecher: „Achtung an Gleis 3. Einfahrt hat der Nahverkehrszug von Schotten über Nidda nach Stockheim. Vorsicht an der Bahnsteigkante." Anstatt dass jetzt alle zurücktreten, bewegt sich die Menschenmenge auf die Kante des Bahnsteigs zu. Ich schaue noch schnell in Richtung Bank. Da steht Gabi bei Sabine. Sie ist gerade aufgestanden und beide gehen langsam zu den Zugtüren. Erst als der Zug zum Halten gekommen war, werden diese vom Schaffner geöffnet. Wir stehen links und recht, wie im Spalier. Die Ankommenden mussten sich hier nun durchzwängen.

    Michael und ich fanden sogar noch ein leeres Abteil. Super. Wir stellen unsere Ranzen ab und schauen aus dem Fenster. Da höre ich neben mir die Schiebetüre aufgehen.

    „Hallo", vernehme ich die Stimme von Gabi. Als ich mich umblicke, hatte sich bereits neben mich gesetzt. Und Sabine war gerade dabei, sich auf den freien Platz neben Michael zu setzen. Ich schaue Sie kurz an und sage auch Hallo.

    „Mmmmmffffuuf", kommt es ganz leise aus meinem Mund. Ich schaue schnell wieder zum Fenster hinaus. Wieso hatte ich immer wieder diesen Druck im Kopf, unbedingt diese dummen Schimpfwörter zu sagen.

    Kurz vor Ankunft des Zuges in Stockheim, erhoben wir uns von den Plätzen. Sabine war etwas unachtsam und ein Buch fällt ihr aus der Tasche. Sie merkte es nicht. Sie und Gabi verließen als erstes das Abteil, da sie auf der Gangsseite saßen. Ich bückte mich, als Michael ebenfalls bereits draußen war und hob das Buch auf. ‚Ferien auf Immenhof’ war der Titel. „Kommst du jetzt, wir sind schon fast angekommen." Michael wurde ungeduldig. Ich schulterte meinen Schulranzen, nahm das Buch in die eine Hand und verließ das Abteil. Der Zug hielt bereits mit quietschenden Bremsen. Der Schaffner wartete, bis der Zug vollständig hielt. Dann öffnete er die Zugtüre und stieg aus. Wir hinterher.

    Jetzt schnell durch die Unterführung zum Bahnhofsausgang. Der Anschlussbus hielt immer auf der Freifläche vor dem Bahnhof. Gabi und Sabine hatten einen schnellen Gang drauf. Ich holte sie nicht ein. „Fffuupppd. Als ich den Bus erreichte, musste ich erst einmal Laute von mir geben. Die Wörter mit F… versuchte ich so gut wie möglich zu unterdrücken. Der Bus war schon voll. Wir mussten wieder stehen. Ich konnte Sabine nicht sehen. Auch gut. Dann eben warten, bis wir in Selters angekommen sind. Der Bus fuhr los. Gut, dass es die Haltegriffe gab. Und mit den Schulranzen auf dem Rücken eckte man überall an. Zuhause angekommen, stiegen Michael und ich als erstes aus. Er wollte schon weitergehen, als ich ihn bat zu warten. „Warum?

    „Wirst du gleich sehen. Als Sabine den Bus verließ, ging ich ihr entgegen. Das Buch hatte ich immer noch in der rechten Hand. „Sabine, warte mal. Sie dreht sich in meine Richtung. „Du hast dein Buch verloren. Vorhin schon, im Zug. Ich hielt es ihr entgegen. „Oh, ist mir gar nicht aufgefallen, sie schaute mich an und lächelte. „Danke, du kannst loslassen." Ich wurde etwas rot und mein Kopf wollte zucken. Ich hielt aber dagegen und zwang mich ruhig zu bleiben. Das löste sofort eine leichte Schweißschicht auf meinem Kopf aus. Sie nahm dass Buch und wir gingen schweigend nebeneinander hinter Michael und Gabi her. Die waren schon weiter gegangen.

    Kurz vor ihrem Haus gabelte sich die Straße und ich sagte: „Tschüß." Dann ging ich die andere Richtung weiter.

    Hausaufgaben

    Ich sitze am Mittagstisch. Es gibt Bratwurst mit Salzkartoffel und Spinat. Es ist jetzt kurz nach 14.00 Uhr. Ich muss daran denken, dass noch 2 – 3 Stunden Hausaufgaben auf mich warten. Und heute bin ich so richtig geschlaucht. Physik, Mathe, Franz und Englisch. Das sind die Fächer. Allein, wenn ich daran denke, bekomme ich schon wieder so einen Zwang, die Wörter mit F… zu sagen. Ich versuche ruhig zu bleiben und die Wörter zu unterdrücken.

    „Effguugsdmn", kommt es aus meinem Mund. Und ein kleines Stück Wurst fliegt auf den Teller zurück. Auch gut. Ich stehe auf, nehme meinen Ranzen und gehe in mein Zimmer. Hier steht mein Schreibtisch gegenüber vom Bett. Direkt neben dem Fenster. Ich setze mich vor den Tisch, hole meine Hefte aus dem Ranzen und überlege. Mit was sollte ich anfangen. Mathematik und Physik machten mir Spaß. In Physik wurde gerade der Elektromagnetismus behandelt. Ich denke, das mache ich zuerst. Dann Mathe. Mit Zahlen konnte ich schon immer gut umgehen. Die Zeit vergeht wie im Fluge. So, und nun zu Französisch. Vokabellernen. Und die neuen Vokabeln sauber in das Vokabelheft schreiben. Ich hatte schon immer Probleme, Vokabel auswendig zu lernen. Nah ja. Erst einmal ins Heft schreiben. Hierauf gibt es immer Noten.

    Es sollte ganz sauber mit Füller eingetragen werden. Gut, das Abschreiben war kein Problem. Auf die eine Seite das französische Wort und auf die andere Seite die deutsche Bedeutung.

    Nachdem die halbe Seite bereits beschrieben ist, zuckt meine Hand mit dem Füller. Ich muss zwei, drei Mal kräftig drücken und schütteln. Mist, jetzt ist ein dicker Tintenklecks auf dem Papier. Wie bekomme ich den jetzt weg. Ich versuche es mit Tintenentferner. Aber jetzt kann ich darauf nicht mehr mit dem Füller schreiben. Da muss ich jetzt den Kugelschreiber nehmen. Sieht zwar komisch aus, aber ich denke es geht.

    Die nächsten Vokabeln wieder mit Füller. Ich bin gleich fertig. Da muss ich wieder feste zudrücken. Ein Schlag mit der rechten Hand und die Spitze ist abgebrochen. Und die ganze Patrone hat sich auf dem Blatt verteilt.

    Oh man! Gut, dass ich immer einige Ersatzspitzen habe. Ausgewechselt ist schnell. Aber die Seite muss ich jetzt neu schreiben. Ich reise sie ganz vorsichtig aus dem Heft. Hoffentlich merkt das die Lehrerin nicht. Nun geht es von vorne los. Nach fünf Zeilen merke ich wieder, dass ich mich verkrampfe. Ich glaube, ich mache eine Pause. Es hat ja keinen Sinn, wieder alles zu verschmieren. Ich gehe zum Waschbecken und lasse mir kaltes Wasser über das Gesicht laufen. Dann schreibe ich weiter.

    Nach drei

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1