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Als Kriegsgefangener in Sibirien
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eBook117 Seiten1 Stunde

Als Kriegsgefangener in Sibirien

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Über dieses E-Book

Als Strafe für zwei Fluchtversuche aus Kriegsgefangenenlagern war Wilhelm Becker zu Zwangsarbeit verurteilt und nach Ostsibirien in das sowjetische Goldbergbaugebiet Kolyma am Ochotskischen Meer verbannt worden. Unter 800 russischen Zivilgefangenen hatte er dort als Goldwäscher arbeiten müssen. Er sprach in dieser Zeit nur russisch.

Ab und zu traf er in Ostsibirien Landsleute, darunter auch Frauen, die zu Zwangsarbeit verurteilt worden waren, weil sie illegal die Zonengrenze überschritten hatten. Die Frauen mußten, ebenso wie die Männer, bei 50 bis 60 Grad Kälte hart körperlich arbeiten.

Jeder, der glaubt es ginge ihm schlecht sollte dieses Buch gelesen haben.
SpracheDeutsch
HerausgeberXinXii
Erscheinungsdatum5. Jan. 2011
ISBN9781458089670
Als Kriegsgefangener in Sibirien
Autor

Ralf Becker

Born at 20.May 1956 at Frankfurt a.M. Germany.

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    Buchvorschau

    Als Kriegsgefangener in Sibirien - Ralf Becker

    auf:

    Brot wird nicht gestohlen.

    Selbst der gemeinste Platnoj würde sich nie an der Brotration seines Mitgefangenen vergreifen.

    Ich erlebte einmal, dass zwei Platnojs einen Schalmann (Dieb) halb tot schlugen, weil er einem Zellengenossen eine Scheibe Brot gestohlen hatte. „Brrott ist heilig", sagte mein ukrainischer Dolmetscher schon in der Minsker NKWD-Zelle, als ich an der grünlich-schwärzlichen,

    klebrigen Masse herumkaute, die als „Brot" an die Gefangenen verteilt wird.

    Nach der ersten Nacht in der stickigen, dunklen Zelle hatte ich ein interessantes Erlebnis. „Der Doktor kommt!" rief einer der Russen, der schon die ganze Zeit an der Zellentür gelauert hatte.

    Sämtliche Zellengenossen sprangen von den Holzpritschen und drängten zur Tür. Nur ich blieb liegen. Ich fühlte mich zwar schwach und vor Heimweh totunglücklich – aber krank war ich doch nicht. „Komm auch zum Doktor! rief mir mein ukrainischer „Dolmetscher zu. Ich sagte ihm,

    mir fehle nichts. „Macht nix, Brüderchen, komm sag’ dem Doktor, du hättest Kopfschmerzen."

    Durch den geöffneten Schalter der Zellentür sah ich einen Russen mit weißem Arztkittel. Er trug vor sich eine Art Bauchladen, wie ihn Zigarettenboys haben. Jeder der fünfundzwanzig

    Zellengenossen kam an die Reihe. „Mein Kopf..", wimmerte der eine. „Bei mir ist es der

    Bauch.. klagte der nächste. „Ich habe Brustschmerzen, oh, wie tut das weh..

    Ohne den Patienten anzuschauen reichte der „Doktor" jedem der Gefangenen ein paar Gramm

    Pulver, eingewickelt in ein Stückchen zusammengefalteten Papiers. Auch ich bekam mein Pulver aus dem Bauchladen, nachdem ich an den Kopf getippt hatte. „Noch jemand?" fragte der Doktor.

    Wir waren alle versorgt. „Schwupp", flog die Klappe in der Zellentür zu.

    Im gleichen Moment waren die „Todkranken" wieder kerngesund. Sie gingen zum

    Toilettenkübel, schütteten ihre Pulver hinein. Das Stückchen Papier aber glätteten sie sorgfältig, fast zärtlich.

    Papier! Kostbarstes Kleinod für jeden Zwangsarbeiter. Es ist gleichbedeutend mit dem Begriff

    „Zigarettenrauchen" – der einzigen kleinen Freude im trostlosen Dasein der Verdammten.

    Ein Russe aus der Gegend von Minsk, wegen „Sabotage" zu 3 Jahren Zwangsarbeit verurteilt,

    weil er dreimal hintereinander ein paar Minuten zu spät auf seiner Arbeitsstelle war, hatte am Vortage ein Basilka (Paket) mit Machorka bekommen. So trug jeder der Zellengenossen ein paar Gramm jenes hellen, brotkrümel-ähnlichen Rippentabaks in der Tasche, den man überall in

    Rußland raucht. Aus den Schmerzpulver-Papierblättchen ließen sich die schönsten Zigaretten

    drehen.

    Keiner besaß Streichhölzer.

    Aber das störte die Russen nicht. Sie sind erfinderisch. Ich sah, wie einer von ihnen aus dem Futter seiner wattierten Jacke etwas Watte zupfte und diese zu einer festen, kleinen Rolle drehte.

    Dann holte er unter seiner Pritsche ein kleines Holzbrettchen hervor. „Igor ist heute dran", sagte einer der Platnojs. Igor, ein großer Mann mit Schlitzaugen und breitem Mongolengesicht begann, die kleine Watterolle zwischen dem Holzbrett und den Holzsohlen seiner Schuhe hin- und

    herzureiben. Das gab ein seltsames Geräusch. Jeder Zwangsarbeiter kennt dieses Rollen. Tag und Nacht ist es in den NKWD-Gefängnissen irgendwo zu hören. Das Geräusch dringt vom

    Dachgeschoß bis zum Keller. Es war lange Zeit mein Schlummerlied: „Irgendwo macht einer

    Feuer!"

    Bei der Roll-Prozedur kommt es darauf an, den richtigen Zeitpunkt herauszufinden, in dem das Innere der Rolle so heiß ist, dass man die Watte auseinanderzupfen und durch kräftiges Blasen zum Glimmen bringen kann. Wartet man ein paar Sekunden zu lange, dann ist die Watte verkohlt und die ganze Rollerei muß erneut beginnen.

    Um das Feuer recht lange anzuhalten, zünden nur zwei oder drei Gefangene ihre Zigaretten an der glimmenden Watte an. Mit dem letzten Stückchen „Kippe" holt sich dann der Nächste

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