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Die Bastion des Wahnsinns: Dritter Teil des Drachenreiter Epos, spannende Fantasy
Die Bastion des Wahnsinns: Dritter Teil des Drachenreiter Epos, spannende Fantasy
Die Bastion des Wahnsinns: Dritter Teil des Drachenreiter Epos, spannende Fantasy
eBook339 Seiten4 Stunden

Die Bastion des Wahnsinns: Dritter Teil des Drachenreiter Epos, spannende Fantasy

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Über dieses E-Book

Etwas Dunkles steckt in dir.
Es dringt an die Oberfläche.

Der Angriff auf Alberdon ist abgewehrt. Doch während des Kampfes um die Stadt verfolgt
Sirala weiter ihren finsteren Plan. Der Preis, den die Gruppe von Abenteurer zahlen muss,
um die Zauberin aufzuhalten, ist hoch und verlangt ihnen alles ab.

Unterdessen macht sich Kommissar Derek auf, um Roslyn aus der Hand der Inquisition zu
befreien. Denn nur sie ist vermutlich in der Lage, zu Rubilon durchzudringen, und damit
Elias endlich einen Weg nach Hause aufzuzeigen.

Im dritten Teil der Fantasy-Reihe lernen Elias und Jiana mehr über die Natur der
Drachenkörper. Doch wird ihnen das, was sie erfahren, gefallen?
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum14. Apr. 2024
ISBN9783384200266
Die Bastion des Wahnsinns: Dritter Teil des Drachenreiter Epos, spannende Fantasy
Autor

Matthias Lange

Matthias Lange wurde 1983 geboren. Er lebt mit seiner Frau und seinen Hunden in Schleswig-Holstein. Hauptberuflich ist er im sozialen Bereich tätig und unterstützt Menschen mit Behinderung in ihren Lebenslagen. Schon in seiner Jugend liebte er Fantasy, Horror und Science-Fiction. Seit geraumer Zeit widmet er sich dem Schreiben. Nach seinem ersten Roman "Die Ankunft des Drachen" folgen jetzt weitere, mit denen er die Leserinnen und Leser dazu einladen möchte, ihm in andere Welten zu begleiten.

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    Buchvorschau

    Die Bastion des Wahnsinns - Matthias Lange

    Teil IV

    Rubilon

    Ein Bild, das Unschärfe enthält. Automatisch generierte Beschreibung

    Elmund Rubilon

    Prolog

    A

    uf den langen und dunklen Fluren hörte man das Schreien der Insassen. Von den Gängen gingen in regelmäßigen Abständen die Zellen ab. Eine kleine vergitterte Öffnung in den Türen ermöglichte einen Blick in das Innere der Räume. Zum Teil waren sie fensterlos und mit gepolsterten Wänden ausgestattet. Viele der Insassen waren katatonisch. Sie schlugen mit ihrem Kopf immer wieder gegen die Wände oder wippten verloren hin und her. Ihre Blicke waren leer.

    Bis auf das Wimmern und Schreien dieser verlorenen Geschöpfe war die Bastion still. Eine Decke aus Angst und Tod hatte sich über das riesige Gebäude gelegt. Selbst die Winde der Bucht, in der dieses Gefängnis lag, drangen sonderbarerweise nicht in das Innere vor.

    Sirala schritt langsam den Flur entlang. Ihre Stiefel verursachten ein grelles Echo in den verwaisten Fluren. Scheinbar endlose Gänge ohne ein erkennbares System. Sie kannte jedoch ihr Ziel. Die Insassen interessierten sie nicht, zumindest bis auf einen.

    Eine Tür stand offen. Licht schien aus dem Raum dahinter. Als sie sich näherte, erkannte sie den Zweck des Raumes. Es handelte sich um eines der Dienstzimmer der Pfleger und Pflegerinnen.

    Auf ihrem Weg in das Gebäude war sie einigen Menschen begegnet. Sie hatten versucht, sie aufzuhalten und waren gescheitert. Ihre Körper lagen nun auf dem kalten Boden, ihre Augen starrten ins Leere. Wenn sie ihr Ziel erreicht hatte, dann würde es bald keine Menschen mehr geben.

    Sie blieb vor der offenen Tür stehen. Eine Frau war damit beschäftigt, die Medikamente für die Insassen bereitzustellen. Sie trug eine graue Uniform. Anscheinend zeichnete sie das als Pflegerin aus. Warum diese erbärmlichen Kreaturen nur am Leben erhalten? Sie verschlangen Ressourcen und kosteten Zeit und Aufwand. Einige von ihnen waren anscheinend zudem noch recht gefährliche Geschöpfe.

    Als die Pflegerin über ihre Schulter blickte, erschrak sie. »Wer bist du? Du darfst nicht hier sein.«

    Sirala antwortete nicht, sondern betrat den Raum. In ihm befanden sich einige Schränke. Sie näherte sich dem ersten. Die Pflegerin sah sie nur weiter verständnislos an. Ein Gesichtsausdruck, der Sirala nur zu bekannt vorkam. Sie hasste ihn, wie alles an den Menschen.

    »Ich alarmiere die Sicherheit, wenn du nicht sofort das Büro verlässt!«, sagte die Pflegerin und bewegte sich in Richtung Tür.

    Sirala hob ihre Hand und machte eine scheinbar wahllose Bewegung. Die Frau erstarrte. Langsam drehte sich ihr Kopf in Siralas Richtung. Die Bewegung war langsam, als ob sie die Frau unglaublich anstrengte. Dann kippte sie nach hinten und fiel erst gegen den Tisch und dann zu Boden. Ein schmerzhaftes Stöhnen entglitt ihrem Mund. »Was geschieht hier? Was hast du mit mir gemacht?«, stammelte sie.

    Sirala ignorierte die Worte und öffnete den Schrank vor sich. Die oberste Schublade ging schwer. Sie war voll beladen mit unzähligen Akten. Es waren die Dokumente der Insassen dieser Etage. Ihr Zeigefinger glitt auf den Rückseiten der Unterlagen entlang.

    »Was … was passiert hier? Nein!«, schrie die Frau neben ihr.

    Sirala sah von den Akten auf. Die Füße der Frau begannen sich um sich selbst zu drehen. Der Vorgang ging unglaublich langsam vonstatten. Sirala schloss die oberste Schublade und öffnete die nächste. Auch diese war vollgestopft mit Akten. Wieder durchsuchte sie beide Reihen.

    Die Pflegerin fing an zu schreien. Ihre Füße verdrehten sich immer weiter und ihre Knochen knackten. Die Drehung ging weiter zu ihren Beinen. Sie sah mit Entsetzen an sich herab. Ihre Augen waren aufgerissen. Ihre Atemzüge gingen stoßweise.

    »Es ist gleich vorbei. Du wirst sehen«, sagte Sirala, ohne ihren Blick vom Inhalt des Aktenschrankes abzuwenden.

    Sie zog eine Akte aus der Schublade und legte sie auf die anderen. Dann schlug sie den dicken Umschlag auf. Die ersten Seiten enthielten Berichte über die Identität des Patienten.

    »Elmund Rubilon, Geschlecht: männlich, Alter: unbekannt, Grund der Einweisung: Anwendung komplexer Magie mit Todesfolge«, las Sirala laut vor.

    Sie sah zur Pflegerin. Diese blickte immer noch an sich herab. Die Drehung ihres Körpers schritt langsam, aber kontinuierlich fort. Ihre Beine waren bereits so weit verdreht, dass ihre Knochen gebrochen waren und spitze Splitter durch ihre Haut und die Hose traten. Eine Blutlache sammelte sich unter ihr. Sie sah panisch dem Fortschreiten der Drehung zu.

    »Du solltest keine Schmerzen spüren. Also hab keine Angst«, sagte Sirala emotionslos.

    Die Frau hob den Kopf. Schweiß lief ihr über das Gesicht. Ihre Atmung ging immer schneller. Sirala widmete sich wieder der Akte und blätterte weiter.

    »Patient ist nicht in der Lage, sich selbstständig zu versorgen. Er muss gefüttert werden. Die Körperhygiene muss durch geschultes Personal erfolgen. Es ist Vorschrift, dass ein Bannzauber, bei jeder Konsultation durch einen zuständigen Zauberkundigen aufrechterhalten wird«, las Sirala weiter vor. »Was haben sie nur mit dir gemacht, Elmund?«

    Ein Röcheln war zu hören und Sirala blickte wieder zur Pflegerin. Ihre Hüfte war verdreht und ihr Unterleib platzte auf. Sie begann zu zittern, schien jedoch ihr Bewusstsein bisher nicht zu verlieren.

    Sirala überflog die restlichen Seiten. Sie stoppte bei einem Arztbericht. Auf dem Briefkopf war die Nummer von Rubilons Zelle eingetragen. Zelle 102. Sie klappte die Akte wieder zu und steckte sie zurück. Dann schloss sie die Schublade und erhob sich aus der Hocke.

    Die Verdrehung der Gliedmaßen war nun so weit fortgeschritten, dass sich die Arme der Frau um ihren Brustkorb schnürten. Sie zuckte immer noch und dann hörte man ein dumpfes Geräusch.

    »Deine Lungen sind gerade geplatzt«, sagte Sirala der Frau.

    Aus unbegreiflichen Gründen sah die Pflegerin sie immer noch an. Als Sirala das Büro verließ, verdrehte sich gerade der Schädel der Frau in sich selbst und platzte.

    Der Gang machte eine Biegung nach links. Eine Doppeltür führte anscheinend nach draußen. Sirala sah sich um. Genau an der Ecke des Flurs entdeckte sie die gesuchte Zelle 102. Sie trat näher und machte wieder eine Handbewegung. Die Tür gab ein knarrendes Geräusch von sich, dann brach das Schloss und sie wurde aufgerissen. Als Sirala nähertrat, erkannte sie die dahinter liegende Zelle. Sie war, wie viele der anderen, an den Wänden gepolstert. In ihr befanden sich keinerlei Möbel. In der Mitte des kleinen Raumes kauerte ein Mann. Er war in Schwarz gekleidet. Anscheinend die Bekleidung von Patienten, vermutete Sirala. Er hatte lange dunkle Haare, in der eine weiße Strähne zu sehen war.

    Langsam sah er zu Sirala auf.

    »Du erkennst mich? In den Akten stand etwas anderes«, kommentierte Sirala das Bild.

    Rubilon verharrte in seiner kauernden Position und starrte weiter in Siralas Augen.

    Diese runzelte die Stirn. »Keine Begrüßungsworte für eine alte Freundin, Elmund? Was ist los mit dir? Ich hatte gehofft, du würdest freiwillig mit mir kommen«, sprach Sirala weiter.

    Rubilons Lippen bewegten sich lautlos. Siralas Augen verengten sich. »Sei kein Narr. Du willst mich mit einem Zauber davon abhalten, dich mitzunehmen? Warum verweilst du weiterhin an diesem Ort? Du hättest dich doch bereits selbst entlassen können. Jetzt ist es zu spät dafür.«

    Rubilon reagierte nicht auf Siralas Worte. Er sprach weiter die lautlosen Worte. Die Zauberin machte eine Handbewegung und Rubilon wurde zur Seite geworfen. An der Stelle, wo er gehockt hatte, war etwas zu sehen. Sirala musste einen Schritt weiter in die Zelle treten, um es genauer zu erkennen. Es war eine Rune, die auf der Polsterung des Bodens leuchtete.

    »Was ist das? Wie kannst du solch eine Magie allein wirken? Das wäre selbst mir nicht möglich«, stellte Sirala erstaunt fest.

    Ihr Gesichtsausdruck war nun nicht mehr so ausdruckslos. Sie schien sichtlich überrascht zu sein. Sie drehte sich um und ging zur Doppeltür. Mit einer erneuten Handbewegung riss die Tür auf. Sie führte direkt nach draußen. Im ersten Moment konnte Sirala nichts Ungewöhnliches erkennen. Als sie in den Himmel sah, wurden ihre Augen größer. Die Sonne bewegte sich in solch einer Geschwindigkeit, dass sie den Fortlauf des Tages direkt sehen konnte. Die Zauberin drehte sich wieder um und eilte zurück zu Rubilons Zelle.

    Ein rötlicher Blitz entfuhr ihrer Hand und schlug in die Rune auf dem Boden ein. Sie wurde verkohlt. Durch den Raum ging eine merkliche Schockwelle, die Sirala ins Taumeln brachte, sodass sie sich am Türrahmen festhalten musste.

    Rubilon richtete sich auf und starrte Sirala an.

    »Du bist nicht Rubilon. Was bist du? Sprich!« Das letzte Wort schrie sie Rubilon entgegen.

    Sein Gesichtsausdruck war wie versteinert. Aus seinem Munde kamen Laute. Sirala verzog das Gesicht. Sie konnte die Wörter, die er sprach, nicht verstehen. Was für eine Sprache war das? Und diese Stimme. Es war nicht die Rubilons. Sie war dunkel und man hörte ein leichtes Echo der Worte im Nachhall. Dann brach er zusammen. Sein Kopf bewegte sich hin und her. Seine Stimme war nun wieder seine eigene.

    »Der Wind ist durch die Halter der Meere in das Horizont für ein Wald«, stammelte er.

    Sirala starrte den Mann an. Diesmal hatte es ihr tatsächlich die Sprache verschlagen. Hinter sich bemerkte sie einen Schatten. Mit einem Ruck drehte sie sich um.

    1

    A

    uf dem Platz vor der Kathedrale herrschte reges Treiben. Die Inquisition war dabei, die Überreste der Gestaltwandler abzutransportieren. Bürger weinten, lagen verletzt am Boden oder hatten sich in kleine Grüppchen zusammentreiben lassen. Die Kämpfer auf dem Feld beachteten sie augenscheinlich nicht weiter. In ihren Gesichtern war immer noch der Schrecken des vergangenen Kampfes abzulesen. Schmutzig und erschöpft verrichteten die Inquisitoren ihre zugewiesenen Aufgaben. Alles wirkte wie ein heilloses Durcheinander.

    Jiana sah Roslyn hinterher. Sie kannte sie nicht gut, aber sie konnte sich in ihre Lage versetzen. Abtransportiert wie ein Stück Vieh, dachte die junge Drachenreiterin. Das hatte die Frau nicht verdient. Auch ihre Welt lag jetzt in Scherben. Dieser Derek und sie schienen sich nahezustehen. Roslyn war zumindest diesbezüglich nicht allein. Und auch Remstieg wollte sich für sie einsetzen. Aber Jiana selbst konnte momentan mit am wenigsten für die Inquisitorin tun. Sie sah zu ihrer Mutter. Ella entfernte sich von der Gruppe und ging in Richtung der Überreste des schwarzen Drachen. Dieser wurde bereits von Männern der Inquisition begutachtet.

    Varrs, der Großmeister der Inquisition, hatte Roslyn nicht weiter begleitet, das hielt er allem Anschein nach nicht für nötig und gab einigen Soldaten auf dem Platz Instruktionen.

    Was hatte ihre Mutter jetzt vor? Außerhalb des Kampfes hatte Jiana noch kein Wort mit ihr gewechselt. Die Beziehung zu ihrer Tochter und ihr plötzliches Verschwinden schienen momentan nicht ihr priorisiertes Thema zu sein, dachte Jiana. Sie überlegte kurz und horchte in sich hinein, welche Gefühle sie verspürte. Sie hatte lange mit ihrem Vater und Elias über ihre Mutter gesprochen und wie sie sich gefühlt hatte, als Ella einfach verschwunden war. Diese hatte Jiana und die anderen einfach alleingelassen. Auch ohne Ellas Hilfe hatten sie Jorick überwältigt und Sirala in die Flucht geschlagen. Doch mit ihrer Mutter wäre es wesentlich einfacher gewesen. Jiana und ihre Begleiter hätten dabei sterben können.

    In den Gesprächen mit ihrem Vater hatte Gustav um Verständnis für ihre Mutter gebeten. Doch das konnte Jiana nicht aufbringen. Ihr Leben lang hatte sich Ella liebevoll um sie und ihre Brüder gekümmert und just als sie ihr wahres Ich offenbart hatte, verhielt sie sich vollkommen anders. War alles nur ein Spiel für sie gewesen? Ein Zeitvertreib? Ella schien sehr viel älter zu sein als Jiana und alle anderen es geglaubt hatten. Vielleicht bedeutete ihr der kurze Lebensabschnitt, den sie mit Gustav, Jiana und ihren Brüdern verbracht hatte, nichts mehr.

    Jiana atmete einmal tief durch und folgte ihrer Mutter. Balduin sah ihr nach, blieb jedoch bei Remstieg und Derek stehen.

    »Hey! Hast du mir nichts zu sagen und gehst einfach als ob nichts gewesen wäre?«, rief Jiana ihrer Mutter hinterher.

    Diese drehte sich kurz um, ging aber weiter. »Gleich Jiana, ich habe noch etwas zu erledigen.«

    Jianas Miene verfinsterte sich. »Nein, wir reden jetzt! Ich bin kein kleines Kind mehr, das du einfach in eine Ecke stellen kannst, wenn dir gerade etwas nicht passt. Du hast mich im Stich gelassen, Mutter! Du bist einfach verschwunden, ohne ein Wort zu sagen. Und jetzt tauchst du plötzlich wieder auf, hilfst dabei, diesen schwarzen Drachen zu töten und gehst wieder, weil du etwas zu erledigen hast?«

    »Ich habe dich nicht im Stich gelassen. Das heute war wohl der Beweis! Ich bin deinetwegen zurückgekommen. Aber es gibt nun einmal Dinge, die ich erledigen musste und die keinen Aufschub duldeten. Ich weiß, dass du das jetzt noch nicht verstehen kannst, aber irgendwann wirst du es vielleicht«, antwortete Ella.

    Sie erreichten die Überreste des schwarzen Drachen. Als die Soldaten der Inquisition auf sie aufmerksam wurden, reagierten sie alarmiert. Varrs unterbrach sein Gespräch mit einem Mann und kam schnellen Schrittes näher. Ella begutachtete einige der Bruchstücke.

    »Was machst du hier? Ich hatte mich doch klar ausgedrückt. Ich kann nicht gestatten, dass du dich den Überresten dieser Kreatur näherst. Es gab bereits die Anweisung, …«, sagte Varrs empört und wurde von Ella unterbrochen.

    »Ja, Sie werden die Überreste zur Inquisition bringen, um sie weiter zu untersuchen. Ich brauche nicht lange.«

    Varrs gab seinen Männern ein Zeichen und diese zogen ihre Waffen. Ella sah auf.

    »Ist das Ihr Ernst? Glauben Sie wirklich, dass Ihre Männer auch nur blinzeln könnten, bevor ich sie in die nächstgelegene Wand teleportiert habe? Also lassen Sie den Unfug. Sie können die Überreste haben, nachdem ich ein Stück geborgen habe.«

    Varrs hielt seine Männer zurück. »Was willst du damit? Was interessiert dich an dieser Kreatur? Du verschweigst uns etwas.«

    »Ja, das tue ich. Die Inquisition hat kein Recht auf alle Informationen. Wenn ich es für nützlich halte, dann werde ich Ihnen Auskunft geben. Und wenn es Sie beruhigt, ich werde ein Stück der Masse aufbewahren. Sie hat einige seltene Eigenschaften, die es ermöglichen werden, Verwundungen bei den Drachen zu heilen. Das ist alles.«

    Varrs schüttelte verwirrt den Kopf. »Was? Weshalb kann das nicht mit konventionellen Mitteln erfolgen?«

    »Weil es Drachen sind, deshalb! Genügt das als Antwort, oder wollen Sie, dass ich diesbezüglich nähere Untersuchungen anstelle. Dafür benötige ich dann aber die kompletten Überreste des Schwarzen«, antwortete Ella spitz.

    Sie griff in ihre Tasche und zog ein großes Glas heraus, dessen Deckel mit einem riesigen Korken verschlossen war.

    »Wie hast du das gemacht? Das passt doch gar nicht in die Tasche!«, entfuhr es Varrs.

    Ella sah zu ihm auf und grinste. »Großmeister, Sie sollten keine Fragen stellen, deren Antwort Sie nicht wissen wollen. Ich bin Zauberin, das muss reichen.«

    Ella öffnete das Gefäß und füllte es mit einigen kleineren Stücken des schwarzen Drachen. Dann erhob sie sich wieder.

    »Ich bin hier fertig. Wenn Sie wollen, können Sie den Rest behalten«, erklärte sie dem Großmeister zum Abschied und ging.

    Jiana folgte ihr. »Ich dachte, dass Frasla auf normalem Wege geheilt werden könnte. Ist das nicht so?«

    Ihre Mutter sah zu ihr. »Ja, das kann sie. Aber hätte ich nur von Elias gesprochen, dann hätte Varrs noch mehr Fragen gestellt.«

    Jiana verstand und nickte. Sie gingen über den Platz und näherten sich Elias und Frasla, die ein wenig verloren wirkten und aufmerksam dem Treiben der Menschen zusahen. Die Soldaten der Inquisition hatten begonnen, die Überreste der Gestaltwandler zu bergen. Leichen der Bürger ließen sie unbeachtet. Das war merkwürdig, dachte Jiana. Als sie zu den Straßen sah, die vom Platz führten, waren diese immer noch von der Inquisition abgeriegelt.

    »Was ist mit Roslyn? Sie wurde von den Soldaten abgeführt«, fragte Elias und wandte sich Ella und Jiana zu.

    »Meine Befürchtung hat sich bestätigt. Sie ist ein Gestaltwandler«, antwortete Ella.

    Elias und Frasla sahen sie erschrocken an. Ella winkte ab. »Na ja, kein klassischer Gestaltwandler, gegen die wir gekämpft haben. Roslyn erzählte doch, dass sie spezielle Fähigkeiten hätte.« Ella sah zu Jiana und sprach weiter. »Sie erzählte uns, dass sie in den Geist von Menschen eindringen und Informationen extrahieren könnte. Das schien sie sehr wertvoll für die Inquisition zu machen. Ich kenne solche Mutationen.«

    »Ist das eine Art Zauber?«, fragte Jiana.

    »Nein, es ist eine Gabe. Sie wird dafür keine Magie aus dem Äther nutzen müssen, so wie ich. Deswegen ist das auch sehr gefährlich. Sie kann mit relativ wenig Aufwand tief in ein Wesen blicken«, erklärte Ella.

    »Du hast das doch auch gemacht. Bei Elias«, stellte Jiana fest.

    »Ja, das ist ein Zauber, den ich verinnerlicht habe. Aber das ist kaum zu vergleichen. Um Roslyns Fähigkeitspotenzial zu erreichen, müsste mein Zauber zehnmal stärker sein, mindestens. Deshalb vermute ich, dass sie während des Angriffs des Gestaltwandlers, von dem sie erzählte, ihre Fähigkeiten unbewusst eingesetzt hat. Sie lag anscheinend im Sterben. Solch ein Zustand kann die Beschränkungen dieser Fähigkeiten ausdehnen, da der Geist nur noch instinktiv handelt. Roslyn muss sich selbst in eines dieser Wesen übertragen haben. Diese Vermutung wird dadurch gestützt, dass ich in ihrem Geist Erfahrungen und Erinnerungen gesehen habe, die eine menschliche Signatur aufwiesen. Da sie jedoch offensichtlich einen drakuiden Körper hat, müssten diese auch in dieser Form gespeichert worden sein«, erklärte Ella weiter.

    »Du erinnerst dich, Elias, als du mir von den Unterschieden deiner Erinnerungen als Mensch und als Drache erzählt hast«, sagte Frasla.

    »Ja. Meine Erinnerungen aus meiner Zeit als Mensch sind ungenauer.«

    »Genau. Das nennt man Signatur. Man kann sie mit viel Übung erkennen, wenn man in den Geist eines Wesens blickt. Meine Kenntnisse mögen für eure Ohren sehr komplex erscheinen, aber Rubilon war in dieser Sache der Experte. Er ist dazu in der Lage, wesentlich tiefer ins Detail zu gehen. Und da sind wir auch wieder beim Anfang dieser ganzen Geschichte. Ihr hattet eigentlich vor, Rubilon ausfindig zu machen.«

    »Ja. Roslyn erzählte, dass er in einem Gefängnis einsitzt. Er soll verrückt geworden sein. Was auch immer das bedeutet. Aber da du anscheinend keinen sehr guten Eindruck bei der Inquisition hinterlassen hast, würde es mich wundern, wenn sie uns Zugang zu ihm gewähren würden«, sagte Jiana.

    Ella sah sie an und hob eine Braue. »Sie sind anmaßend und wichtigtuerisch, haben aber noch keinen nennenswerten Beitrag geleistet, diese Welt hier sicherer zu machen. Sie trauen mir nicht und ich ihnen noch weniger. Am besten, wir gehen ihnen aus dem Weg.«

    Jiana runzelte die Stirn. »Du hörst dich an wie Balduin. Er scheint auch nicht viel von der Inquisition zu halten. Aber wie beabsichtigen wir das anzustellen? Es ist ein Gefängnis der Inquisition. Wenn wir dort einbrechen, dann werden wir wieder gejagt und sehen uns dem nächsten Feind gegenüber.«

    Vier Personen traten hinter Frasla hervor. Anscheinend hatten sie sich unbemerkt genährt und die Situation ausgenutzt, damit das Gespräch nicht unterbrochen wurde. Frasla wandte erschrocken den Kopf und versuchte sich nicht zu bewegen, damit sie nicht aus Versehen jemanden wegstieß oder Schlimmeres. Ella sah misstrauisch in die Gesichter. Es waren zwei Frauen und zwei Männer. Sie trugen bestickte Roben mit hohen Kragen.

    »Wir wollten dem Gespräch nicht lauschen, aber ihr wart so vertieft in eurem Problem, dass ihr mein Räuspern überhört habt«, sagte einer der Männer.

    Er wirkte so alt wie Ella, also dem Aussehen nach, schätzte Jiana. Ein spitz zulaufender Ziegenbart zierte sein Kinn.

    »Wer seid ihr? Zauberer der Inquisition?«, fragte Ella.

    Die Frauen lachten. »Du meine Güte, nein! Wir sind freiwillig dem Kampf beigetreten, um unsere Stadt zu verteidigen. Würden nur mehr Magister unserem Beispiel folgen. Ich bin Tajiel. Ich lehre am Institut für Magie. Das sind Fritz, Kolbin und Bess. Sie sind Magister an der Universität.«

    »Die Inquisition macht sich wieder wichtig und wir dürfen den Platz nicht verlassen, so wie ihr. Und das, obwohl wir unser Leben riskiert haben. Eine Unverschämtheit«, erklärte Kolbin.

    Fritz nickte. »Das, was du über die Fähigkeiten der Inquisitorin erzählt hast, ist sehr faszinierend. Ich widme mich schon einer geraumen Zeit der Erforschung von Mutationen. Ich habe gehofft, dass wir uns einmal darüber austauschen könnten«, schilderte er.

    Ella machte nicht den Eindruck, dass sie seine Hoffnung wahr werden lassen wollte. Als er ihren Blick sah, hob er beschwichtigend die Hand. »Das hat jedoch Zeit. Wir haben mitgehört, dass ihr Elmund Rubilon sucht. Es ist tatsächlich nahezu unmöglich, in das Gefängnis einzubrechen. Es ist magisch gesichert und wird von sehr fähigen Zauberern der Inquisition bewacht.«

    »Was sollte euch dieses Thema interessieren? Was wollt ihr?«, fragte Ella.

    Jiana sah ihre Mutter an. Ihr Verhalten war abweisend. Sie hätte sich von ihr ein wenig mehr diplomatischere Züge gewünscht.

    Fritz atmete tief ein und sah seine Kameraden an. »Als Elmund nach Alberdon kam, hat er mich aufgesucht. Er wollte wissen, ob es in der Stadt Individuen mit einem bestimmten Marker gibt, die ein hohes Fähigkeitspotenzial besitzen.«

    »Warum sollte er das tun? Zu dir gehen, meine ich«, fragte Ella.

    »Wie ich schon sagte. Meine Forschung dreht sich im Kern um unterschiedlichste Mutationen bei der örtlichen Bevölkerung. Er hat mir seine Beweggründe nicht genannt, aber als sich sein Zustand verschlechterte, konnte ich meine eigenen Schlüsse ziehen.«

    »Er wurde immer unzurechnungsfähiger, schätze ich mal«, sagte Elias.

    Fritz sah zu Elias hoch. »Ja. Zuerst waren es nur Absenzen. Sie wurden jedoch immer länger. Dann begann er wirres Zeug zu reden. Zum Schluss wanderte er immer öfter orientierungslos umher. Eines Nachts wurde er anscheinend von Banditen gestellt. Er hat sie alle in die umliegenden Strukturen teleportiert. Die Inquisition wurde daraufhin auf ihn aufmerksam und sperrte ihn weg.«

    »Ich verstehe. Also ist es reines Forschungsinteresse, was ihr habt«, sagte Ella.

    Fritz Miene verfinsterte sich. »Ich gebe zu, dass mich interessiert, was mit ihm ist. Aber was uns wirklich an der Sache stört, ist der Umgang der Inquisition mit einem Menschenleben. Wir hätten versuchen können, ihm zu helfen. Aber diese selbst ernannten Hüter der Magie glauben, über allem und jedem zu stehen. Sie haben sich nicht einmal die Mühe gemacht, seinen Zustand näher zu untersuchen. Das Einzige, was man ihnen zugutehalten kann, ist, dass sie ihn nicht gleich getötet haben.«

    »Ihr seht also, unser Interesse an ihm ist von humanitärer Natur«, sagte Bess.

    »Und welche Vermutung hast du, was mit ihm los ist?«, fragte Elias.

    »Ich vermute, und dabei stimmen mir meine Kollegen hier zu, dass er einen zweiten Geist in sich aufgenommen hat. Frage mich nicht, wie er das angestellt hat. Aber nach deiner Aussage scheint er ein Experte auf diesem Themengebiet zu sein. Vielleicht war es ein fehlgeschlagenes Experiment, wer weiß. Was meinst du?«, fragte Fritz an Ella gewandt.

    »Das ist gut möglich. Wir stehen jedoch immer noch vor dem Problem, dass er in diesem Gefängnis festsitzt«, antwortete sie.

    »Ja. Aber die Inquisition hat momentan den Großteil ihrer Zauberer von der Insel abgezogen, damit sie die Truppen beim Kampf hier unterstützen konnten. Das …«, sprach Tajiel und wurde von Frasla unterbrochen, die erschrocken zu Ella hinuntersah. »Es war ein Ablenkungsmanöver. Es geht Sirala um Rubilon!«, entfuhr es ihr.

    Ellas Augen weiteten sich. »Verdammt, das hätte ich wissen müssen. Ich habe mich zu sehr auf meine Person fixiert. Wenn sie Rubilon in ihre Finger bekommt, dann fürchte ich, dass sich unsere Situation rapide verschlechtern wird.«

    Elias senkte seinen Kopf. »Könnte sie nur mit Rubilon allein ein Portal öffnen? Was würde dann passieren?«

    Ella sah ihn an. »Ich weiß es nicht. Die Situation hat sich grundlegend verändert, da alle Zauberer, die damals an dem Projekt beteiligt waren, jetzt sehr viel mächtiger sind. Jiana, nachdem ich euch so plötzlich verlassen hatte, versuchte ich Kontakt zu meinen Kollegen von damals aufzunehmen. Ich konnte nur einen von ihnen ausfindig machen. Den Zauberer Zarn. Doch er schenkte meinen Warnungen wenig Beachtung.«

    Elias sah aus, als ob er kurz überlegte. »Dieser schwarze Drache muss doch irgendwo hergekommen sein? Vielleicht hat sie es bereits bewerkstelligt, ein Portal zu öffnen.«

    Ella zuckte mit den Schultern. »Ich weiß es nicht. Sie kann ihn auch auf anderen Wegen in diese Welt gebracht haben. Wenn sie wirklich bereits einen eigenen Übergang geschaffen hat, warum ist sie dann noch hinter mir her?«

    Elias schnaufte und blickte abschätzend in Fraslas Miene.

    Jiana verstand nicht, wovon ihre Mutter da eigentlich redete, doch Elias und Frasla konnten ihr anscheinend folgen. »Klärt ihr mich auf? Was bedeutet das alles?«, fragte sie und schien damit auch die Frage gestellt zu haben, die den anderen Zauberern auf ihren Zungen brannte.

    »Ich werde es dir erklären, wenn die Zeit da ist. Das können auch Frasla oder Elias machen, aber ich muss jetzt aufbrechen«, sagte Ella.

    »Dann lass uns mit dir gehen. Zusammen haben wir bessere Chancen, als wenn du allein gehst«, warf Jiana ein.

    »Nein, das ist indiskutabel. Elias und Frasla können nicht mit. Sie würden viel zu viel Aufmerksamkeit erregen, wenn sie den Platz hier verlassen. Die Inquisition würde sofort Männer zur Insel schicken, wenn sie dort gesehen werden«, erwiderte Ella.

    »Das kannst du unmöglich allein

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