Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

Versuche dein Glück zu erlangen: Der Werdegang eines Arztes
Versuche dein Glück zu erlangen: Der Werdegang eines Arztes
Versuche dein Glück zu erlangen: Der Werdegang eines Arztes
eBook154 Seiten1 Stunde

Versuche dein Glück zu erlangen: Der Werdegang eines Arztes

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

Das Buch berichtet über die Studienzeit des Autors in den kleineren, sehr vom akademischen Leben geprägten Universitätsstädten Erlangen und Tübingen. Es sind Erinnerungen an die persönlichen Erlebnisse eines Studenten der Medizin, gemeinsam in Freundeskreisen verbracht. Es wird Einblicke in das oft so gerühmte und viel besungene Studentenleben geben, sowohl in seine freudigen, als auch in seine schwierigen Facetten.
Ein weiteres Anliegen war es, ein Bild des akademischen Lebens mit seinen typischen Gepflogenheiten in jener Zeit erstehen zu lassen, in Teilen mag dieses heute noch in der Art ablaufen, manches hat sich geändert. Auch kritische Betrachtungen wird es geben, darüber hinaus sollen auch makabre Ereignisse, die in Form kleiner Anekdoten erzählt werden, ihren Platz haben. Schließlich wollen wir zeit- und geistesgeschichtliche
Gesichtsunkte nicht vergessen, wie sie die 60er Jahre mit all ihren Umbrüchen hervorbrachten und werden die Wechselwirkungen jener Ereignisse auf den bzw. die Protagonisten beachten. Bei aller Notwendigkeit, Leistung zu erbringen, erlebten wir die Jahre in einer großen Freiheit. Wir können nachempfinden, wie trotz mancher Anfechtungen eine erfolgreiche Entwicklung ihren Abschluss fand. Alles in allem eine schöne Zeit, an die es sich zu erinnern lohnt.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum31. Juli 2017
ISBN9783960144298
Versuche dein Glück zu erlangen: Der Werdegang eines Arztes

Ähnlich wie Versuche dein Glück zu erlangen

Ähnliche E-Books

Allgemeine Belletristik für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Rezensionen für Versuche dein Glück zu erlangen

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    Versuche dein Glück zu erlangen - Gottfried Horbaschk

    Angekommen! 

    Angekommen in Westberlin. Zunächst auf einer Parkbank in der Nähe des Kurfürstendammes. Es war bereits dunkel. Ich war aus der U-Bahn ausgestiegen, als ich an den Werbeflächen der Bahnhöfe HB-Zigaretten und Jonni Walker als westliche Reklame eindeutig identifizieren konnte. An sich war ich glücklich über die gelungene Flucht, wusste allerdings nicht wohin und hatte es mir hier ziemlich erschöpft und in Erwartung dessen, was nun auf mich zukommen würde, leidlich bequem gemacht. 

    Am Morgen – es war ein Sonntag im September 1958 – hatte ich noch die Orgel im gut besuchten Gottesdienst der Stadtkirche in Tharandt gespielt und mich -allerdings nur virtuell - mit einem gelungenen G-Dur Präludium von J.S. Bach von meinem Nebenjob in der Kirche verabschiedet. Ein bisschen mit Wehmut von der mir zugetanen Gemeinde und der mich in der Fremde wohl umsorgenden Pfarrersfamilie samt ihrem mir sehr geneigten Töchterchen Angelika, die es mit ihren 14, 15 Jahren wohl am meisten traf. Über meinen spontanen Entschluss, die DDR „illegal zu verlassen, hatte ich natürlich mit niemandem, nicht einmal mit meiner Familie, gesprochen. Mitwisserschaft war strafbar. Auch bei der Post, wo ich einen weiteren Nebenjob hatte und natürlich an der Musikschule in Dresden würde man mich morgen vermissen. Man würde - wie in der Zeit so häufig – feststellen: Auch der ist „abgehauen

    Ein Polizist weckte mich aus meinen Gedanken, vielleicht auch aus einem kleinen Schlummer, und wusste sofort Bescheid. Ich könne hier nicht bleiben, müsste in das Flüchtlingslager nach Marienfelde. Ich solle auf keinen Fall die U- oder S-Bahn nehmen, sondern die Straßenbahn, die in West und Ost getrennt sei, ansonsten würde ich vielleicht wieder dort landen, wo ich hergekommen sei. Westgeld besaß ich nicht. Der freundliche Beamte hatte für solche Zwecke Freifahrscheine bei sich, übergab mir ausreichend davon und beschrieb mir den (weiten) Weg in das Aufnahmelager, wo ich so gegen zwei Uhr nachts vor der Pforte stand. Man empfing mich sachlich, nicht unfreundlich und wies mir ein Bett in einem Block des weitläufigen Geländes an in einer eigenen Abteilung für männliche Jugendliche, von denen sechs bis acht in einem Zimmer in Doppelstockbetten untergebracht waren. Am nächsten Tag machte man uns mit der Hausordnung bekannt und informierte uns über das weitere Procedere. Man bekam einen Laufzettel, mit dem man sich bei ca. einem Dutzend Behörden – alle innerhalb des Lagers – vorstellen und einen Stempel abholen musste, u. a. bei mehreren Geheimdiensten, dem Arzt und schließlich auch beim Pfarrer der jeweiligen Konfession. Wenn man alle Stellen erfolgreich absolviert hatte, erhielt man einen Flugschein in die Bundesrepublik. Es galt, sich nun täglich morgens zeitig auf den Weg zu machen und sich bei einer Behörde anzustellen, meist stundenlang. Hier herrschte ein sachlicher Beamtenton, allerdings wurde einem sehr wohl klar gemacht, wer hier der Bittsteller ist. Als angenehmste Vorstellung habe ich die beim evangelischen Pfarrer in Erinnerung, der mir zehn DM gab, als er erfuhr, dass mein Vater ebenfalls Pfarrer war. Das war ein reicher Schatz, mein erstes Westgeld und ich kaufte mir dafür eine Jeans und es blieb noch Geld für eine kleine Schachtel Zigaretten (Sorte Kurmark). 

    Einer der Zimmergenossen - er kam am Tag nach mir an - wurde mein Freund, Soni und ist es bis heute geblieben. Er war mit einem großen, gut mit Kleidung bestückten Koffer angereist, der bereits vor seiner Flucht nach Westberlin gebracht worden war. Ich hingegen hatte aus Sicherheitsgründen nur eine Kollegmappe mit meinem unter dem Futter versteckten Abiturzeugnis, das Nötigste für eine Nacht und einen Füllfederhalter dabei. Wir saßen an unserem ersten Tag im Lager an dem großen Tisch und Soni meinte, er wolle seinem Vater das Gelingen seiner Flucht mitteilen, wozu ihm ein Stift fehlte. Was mich betraf, wurde von den Mitbewohnern des Saales moniert, dass meine Socken „riechen. Ich sah die vielen Kleidungsstücke, die der Soni in seinem Koffer hatte, und tauschte meinen Füller gegen ein Paar Socken, um meine einzigen zu waschen. Soni schrieb unterdessen seine Karte. Als wir damit fertig waren, meinte ich: „Leih mir mal deinen Füller, ich muss auch nach Hause schreiben. Hat er auch und - wie man sieht - ich habe es (ihm) nie vergessen. 

    Mauersegeln nannte man das, wenn man das Lager außerhalb der offiziellen Öffnungszeiten heimlich verließ. Das war vor allem nötig, wenn man sich etwas Geld verdienen wollte. Zu diesem Zwecke kletterte man frühmorgens an bestimmten, dazu geeigneten Stellen meist zu mehreren über die hohe Einfriedung. Außerhalb des Lagers befanden sich kleine Büros, die meist eher unangenehme Ein-Tag-Jobs für sehr wenig Geld vermittelten, z.B. Lastzüge mit tiefgekühltem Fleisch zu entladen. 

    Wenn nun bei den Lagerbehörden alles gut lief, der Fluchtgrund ersichtlich (z.B. kein Studienplatz aus politischen, weltanschaulichen oder gesellschaftlichen Gründen), die Flucht erstmalig war (es gab eine Menge sogenannter Pendler, die sich weder für Ost noch West entscheiden konnten und dann monate- ja sogar jahrelang im Lager zubrachten, auch nicht wenige Kriminelle waren darunter, angeblich auch Spione) hatte man in zwei bis drei Wochen alle Stempel zusammen, erhielt einen Flüchtlingsausweis A, B oder C und ein Ticket für einen Flug in einer zweimotorigen Propellermaschine gewöhnlich nach Hannover, in meinem Fall nach Hamburg. 

    Von Hamburg ging es wieder in ein Lager, in eine ehemalige KZ-Außenstelle bei Bremerhaven, der Umgangston war hier militärisch streng (geblieben). Man wurde früh lautstark geweckt, musste Zimmer, Säle und Schränke putzen, lernte sein Bett ordentlich zu bauen, andernfalls wurde es wieder eingerissen. Tagsüber beschäftigte man uns mit Lagerarbeiten, z.B. Streichen der Baracken. Schließlich wurde einem mitgeteilt, dass man mit dem Abiturzeugnis aus der DDR nicht studieren könne, man müsse das Abitur in fünf Hauptfächern nach einem halben Jahr Vorbereitungszeit in speziellen Kursen noch einmal ablegen. In Bayern gebe es noch freie Plätze. Bis zu Beginn dieses Kurses kamen wir noch in ein weiteres Zwischenlager nach Oberbayern, dann in ein Schülerheim nach Bamberg und schließlich in eines nach Forchheim. Von da aus pendelten wir täglich zum Unterricht nach Erlangen.  

    Die schulische Umerziehung erlebten wir alle nicht als unangenehm. Es war dies einerseits den überwiegend jungen, engagierten, speziell für uns abgestellten Lehrkräften eines honorigen Erlanger Gymnasiums zu verdanken, andererseits aber auch unserem Drang, die freie Welt verstehen zu lernen. Blieb uns doch jetzt die so sehr verhasste tendenziöse Stellungnahme bzw. Parteinahme erspart. Allerdings waren nun eigene Gedankengänge und Betrachtungen gefordert. Aus diesem Grunde wurde das Fach Deutsch für viele von uns zur Hauptbelastung. Diese unsere eigene gedankliche Arbeit zu Papier zu bringen, war nicht so einfach, da wir in der DDR daran gewöhnt worden waren, alles nachzureden, was uns vorgegeben wurde. 

    Fast die Hälfte der Aspiranten fiel beim ersten Versuch durch. Die Angst, nicht zu bestehen, war groß. Dabei muss man allerdings sehen, dass bei nicht wenigen das in der DDR abgelegte Abitur schon einige Zeit zurück lag und vieles vergessen war, v.a. Fremdsprachen, die außer Russisch ohnehin keinen hohen Stellenwert hatten. In der Mathematik und den Naturwissenschaften war es um unsere Vorbildung besser bestellt. Manch einer hatte sich allerdings schon eine Zeit lang anderweitig durchgeschlagen, z.B. bereits in der DDR studiert oder einen Beruf erlernt. Einige hatten im Gefängnis gesessen wegen Staatsgefährdung, versuchter Republikflucht ober Sabotage. Einer unserer Mitschüler erschien noch mit eben nachwachsender Gefängnisglatze zum Abiturkurs. Da er sich - wie die meisten von uns - vergeblich um einen Studienplatz beworben hatte, stellte man ihn in einem Volkseigenen Industriebetrieb an einen Hochofen und als dieser aus irgendwelchen, nicht näher bezeichneten Gründen explodierte, verschwand unser Freund wegen Sabotage für 3 Jahre im berüchtigten Zuchthaus Waldheim. 

    Als wichtiges Fach war für uns Staatsbürgerkunde vorgesehen. Kannten wir ja schon. Allerdings lief das hier im informativen Rahmen ohne ideologische Beeinflussung und wir waren wohl besser als jeder normale Schüler an den Gymnasien der Bundesrepublik über Staatsorgane, Parlament, Verfassung und Gewaltenteilung informiert, eben weil daran interessiert. 

    Zu meinem Glück lag mein Abitur in der DDR noch nicht lange zurück, Naturwissenschaften und Sprachen gingen gut, aber Deutsch … Der Aufsatz! Manchmal gibt es glückliche Fügungen und hier insbesondere in meinem Falle: Ich weiß das Zitat eines klassischen Philosophen nicht mehr, das zu einem der letzten Übungsaufsätze während der Schulzeit als Thema diente. Ich gab mein Bestes, aber es erschien unserem Deutschlehrer nicht gut genug. Allerdings wählte er gerade meinen Aufsatz in der Korrekturstunde als Beispiel dafür, wie man ihn verbessern bzw. in eine brauchbare Version bringen kann. Ich schrieb alles schön säuberlich mit und überarbeitete ihn danach, sagen wir, zu Lernzwecken. Der gefürchtete Tag des Abiturs im Fach Deutsch war gekommen und der Lehrer schrieb die vier von übergeordneter Stelle frisch eingetroffenen Themen an die große Tafel und ich denke, ich sehe nicht recht, das erste Thema war genau jenes (geübte) Zitat und ich brauchte den Aufsatz nur in meinem Kopf abzurufen. Die Sache und mithin das Abitur war damit gelaufen. 

    Das Heimleben 

    Man gewöhnt sich als Jugendlicher schnell an das Leben im Heim. Das Internat in Forchheim war in einer von Balthasar Neumann errichteten Dragonerkaserne historienträchtig untergebracht. Außer unserer Gruppe von ca. zehn Abiturienten waren dort noch Jugendliche im Alter bis zu 18 Jahren aus verschiedenen Gründen und sozialen Indikationen untergebracht, vor allem Mädchen. An einige erinnere ich mich gut, mit einer davon war ich auch noch für die Zeit nach dem Heim freundschaftlich verbunden. Dagmar war die Enkelin der Herzogin

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1