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Hier fließt die Liebe. Persische Küche: Gerichte. Gastfreundschaft. Geschichten
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eBook393 Seiten2 Stunden

Hier fließt die Liebe. Persische Küche: Gerichte. Gastfreundschaft. Geschichten

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Über dieses E-Book

"Entweder mit Liebe oder lieber nicht" ist das Motto der Zwillingsschwestern Forough und Sahar Sodoudi. Wer bei ihnen in Berlin zu Gast ist, taucht in die Leichtigkeit, Fülle und Frische der persischen Küche ein: Jeder Bissen ist ein Stück Kultur. Neben cremigen Mezze und knackigen Salaten haben auch beliebte Klassiker ihren Weg in ihr erstes Kochbuch gefunden – nicht ohne raffinierten Twist: So mischen sich etwa Linsen, Gewürze und goldene Sultaninen unter den Safranreis, während persische Frikadellen von einer Tomaten-Zitronen-Sauce ummantelt werden. Die Gastgeberinnen aus Leidenschaft sind eigentlich Doktorinnen, die karrieretechnisch alles erreicht hatten. Dann tauschten sie Klimawissenschaft und Geophysik gegen Kochlöffel und Schürze – aus purer Leidenschaft. Heute begeistern die Gastro-Gründerpreisträgerinnen in ihrem Berliner "Culture and Food Lab" Tausende.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum26. Feb. 2024
ISBN9783710607936
Hier fließt die Liebe. Persische Küche: Gerichte. Gastfreundschaft. Geschichten
Autor

Forough Sodoudi

Forough und Sahar Sodoudi sind aus dem Iran stammende promovierte Zwillingsschwestern mit langjähriger Erfahrung in Forschung, Lehre und Wissenschaftsmanagement. Zusammen gründeten sie Dr & Dr Middle Eastern Culture and Food Lab mit der Vision, die persische Kultur, die meist hinter Politik und Religion versteckt ist, kulinarisch erfahrbar zu machen.

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    Buchvorschau

    Hier fließt die Liebe. Persische Küche - Forough Sodoudi

    DAS SIND WIR:

    Sahar und Forough

    In einer Januarnacht 1975 erblickten wir in einem Westberliner Krankenhaus das Licht der Welt. Dicke Flocken rieselten vom Himmel, die ganze Stadt schneebedeckt. Zuerst kam Forough, auf Persisch »Morgendämmerung«. Zwölf Minuten später Sahar, deren Name »frühmorgens« bedeutet. Unser Vater, ursprünglich aus Teheran, und unsere Mutter, aus dem nordiranischen Rasht, hatten sich während des Studiums in Berlin kennengelernt. Junge Leute aus nichtreligiösen Familien, die Freude an ihren Auslandsaufenthalten hatten – und nun glückliche Eltern geworden waren.

    Die ersten fünf Jahre unseres Lebens verbrachten wir in der Pfalzburger Straße in Berlin-Charlottenburg. Dann graduierten unsere Eltern und beschlossen, in den Iran zurückzukehren. Wir zogen nach Teheran – ohne Farsi zu sprechen. Deutsch war bis dahin unsere Muttersprache gewesen, also sangen wir in der Schule deutsche Lieder und unterhielten uns weiterhin wie gewohnt. Unserer Lehrerin gefiel das nicht. Sie bat unsere Eltern, fortan ausschließlich Farsi mit uns zu sprechen. Ein Jahr später beherrschten wir die Landessprache perfekt – und konnten keinen deutschen Satz mehr sagen.

    Es waren die ersten Jahre der Revolution, und der Iran erlebte während dieser Zeit viele gravierende Veränderungen. Die Versprechungen von Freiheit, Demokratie und kostenlosem Wohnraum entpuppten sich als leer und das Konzept der kulturellen Reform unterwanderte den Alltag.

    Der verpflichtende Hijab wurde eingeführt, die Universitäten mehr als zwei Jahre lang geschlossen, hunderte Professor*innen und tausende Student*innen mit nichtislamischer Weltanschauung ausgewiesen. Schul- und Wissenschaftsbücher wurden gemäß der kulturrevolutionären Sichtweise geprüft und Inhalte, die als liberal oder links deklariert wurden, aus den Universitäten und Bibliotheken verbannt. Alles Maßnahmen zur Bekämpfung »westlicher Agenda« im Iran.

    Diese Reihe von Säuberungsprogrammen hatte erhebliche Auswirkungen auf Kultur und Wissenschaft, weshalb viele Akademiker*innen und Intellektuelle den Iran verließen. Und jene, die blieben und es wagten, sich oppositionell zu positionieren, wurden verhaftet. Öffentliche Festnahmen waren an der Tagesordnung.

    Dann, im September 1980, begann der Iran-Irak-Krieg und es wurden Sanktionen verhängt. Hühner, Fleisch, Öl und Milch wurden knapp und die Warteschlangen immer länger. Diejenigen, die bis dahin noch Hoffnung auf eine positive gesellschaftliche Veränderung gehabt hatten, verloren sie jetzt. Für sie gab es nun zwei Optionen: ebenfalls das Land verlassen – oder mit den Bedingungen leben lernen und für schöne Momente hinter verschlossenen Gardinen und im Kreise der Familie sorgen.

    Unsere Eltern entschieden sich für Zweiteres, und für uns Kinder wurde das Leben von Tag zu Tag schöner. Es scheint paradox, aber wir hatten nicht nur Mama und Papa an unserer Seite, sondern auch unsere geliebte Oma, und alle drei hatten es sich zum Ziel gesetzt, uns glücklich zu machen. Unser Familienleben war von Zuneigung und Freude geprägt und von aktiv initiierten, denkwürdigen Erlebnissen, an die wir uns noch heute dankbar zurückerinnern. Gleiches gilt für das Beisammensein mit unseren vielen, vielen Freund*innen – manchmal versammelten wir uns mit mehr als 50 von ihnen an einem Fleck. Die Verbindungen untereinander waren tief und aufrichtig.

    Es war ein Leben voller Liebe.

    Das Einfrieren von Sauerkirschen im Sommer, damit wir zu jeder Jahreszeit »Albaloo Polo« essen konnten. Oder das Trocknen von Orangenschalen, die wir erst auf Zeitungspapier und anschließend auf Heizkörper legten und die sich dann lustig kräuselten. Das Einkochen von Moosbeermarmelade im Sommer und von Quittenmarmelade im Winter. Und das Verschenken von Eingemachtem an unsere Nachbar*innen, die in Kriegszeiten wie Verwandte geworden waren.

    Die Erwachsenen – und später auch wir Jugendlichen – tranken mit Vorliebe hausgemachten Wein und »Aragh« (Rosinen-Wodka), die vor allem von der armenischen Gemeinschaft in privaten Kellern hergestellt, in Plastikkanister abgefüllt und anschließend bis vor die Haustür geliefert wurden. Nächtliche Feste mit Tanz und Gesang, üppig gedeckte Tafeln mit bunten Speisen und schier endlose Diskussionen über den Sturz der islamischen Regierung waren fester Bestandteil der Wochenenden.

    Und auch unter der Woche waren die Mahlzeiten von ritueller Hingabe geprägt: Sobald unser Vater nach Hause kam, bewässerte er den Hof, während unsere Mutter den Tisch im Garten deckte. Im Haus köchelten, backten und zogen die köstlichsten Speisen vor sich hin, und bevor wir uns setzten, schmückte unser Vater die Tafel mit gepflückten Jasminblüten.

    Dann brachte unsere Mutter die Vorspeisen, unser Vater mixte Wodka Lime. Anschließend legte er »Kabab Torsh« auf den Grill, während unsere »Madar« den Safranreis stürzte. Der Tisch, der sich leerte und wieder füllte, war stets von Schönheit und Anmut geprägt, und der sanfte Wind, der vom Alborz-Gebirge herüberwehte, verteilte den Duft des frischen Jasmins in unserem Zuhause.

    In der Zwischenzeit waren wir zu Musterschülerinnen herangewachsen, die gerne lernten und überaus gute Noten schrieben. Unsere Leidenschaft galt westlicher Musik und Tanz, vor allem Breakdance. Die Wände in unseren Zimmern waren zugekleistert mit Postern von Popikonen wie Michael Jackson, George Michael, Modern Talking und Depeche Mode. An den Wochenenden und bei Geburtstagen – oft mit mehreren Dutzend Gästen – performten wir ihre Songs gemeinsam mit Klassenkamerad*innen, manchmal bis in die Nacht hinein, um zu Wochenbeginn wieder in unseren Schulbüchern zu versinken.

    Bei allem Fleiß und aller Freude lehrte uns unser Vater, stets für unsere Rechte einzutreten, und unsere Mutter, lösungsorientiert zu denken. Sie beide lebten uns vor, was es heißt, stark zu sein, für die eigenen Ziele und Visionen zu kämpfen – und gleichzeitig den Moment zu genießen und das Leben in all seinen Facetten zu schätzen.

    Es gibt ein Gedicht (»Rubai«) des persischen Dichters Omar Khayyām, das unser Vater uns regelmäßig vorlas und das die Lebensweise unserer Eltern gut einfängt:

    Wenn Du, vom roten Wein berauscht, Der Liebsten Zärtlichkeiten lauschst, Genieß’ es jetzt in dieser Zeit, Das große Nichts liegt gar nicht weit.

    Während wir erwachsen wurden, haben wir die persische Kultur mit ihre vielen Traditionen und Bräuchen mehr und mehr einen Teil unseres Selbst werden lassen. Wir gründeten eine Girl-Band, die einmal in der Woche persische Musik einübte, wir reisten in die verschiedensten Ecken des Landes, lernten lokale Rituale kennen und formten so mehr und mehr unsere Identität als junge iranische Frauen.

    Nach unserem Universitätsabschluss in Physik absolvierte Sahar ihren Master in Meteorologie und Forough setzte ihr Studium in Geophysik fort. Eine von uns wusste alles über den Himmel, die andere über die Erde. Das faszinierte uns.

    Unsere Eltern bestärkten uns und wünschten sich gleichzeitig, dass sich unser Horizont auch im übertragenen Sinne erweiterte. Sie wollten, dass wir ins Ausland gingen, um andere Erfahrungen zu sammeln – so, wie sie es selbst einst getan hatten. Auch wir waren von der Idee begeistert. Im Jahr 2000 gingen wir deshalb nach Berlin und begannen an der Freien Universität zu promovieren.

    Als wir schließlich unsere Doktortitel erworben hatten, setzte Forough nach 14 Jahren Forschung am GeoForschungsZentrum Potsdam sowie zahlreichen Projekten zur seismischen Struktur der Erde – einschließlich im Iran – ihre Expertise als Geschäftsführung eines Graduiertenprogramms in Mathematik zwischen drei Berliner Universitäten ein.

    Sahar übernahm eine Professur im Bereich Stadtklima und Nachhaltigkeit, leitete eine erfolgreiche Arbeitsgruppe sowie eigene Projekte und etablierte Stadtklima-Labs an 18 Universitäten im Nahen Osten. Forough half bei der Umsetzung: Gemeinsam bereisten wir zahlreiche nahöstliche Länder, förderten den kulturellen Austausch zwischen den Student*innen, richteten diverse Summer Schools aus, kochten mit Einheimischen, kauften auf lokalen Märkten und Basaren ein, lernten Künstler*innen und Designer*innen kennen – und ermöglichten uns, Nahost in all seiner Fülle zu erfahren.

    Dazu kamen etliche Vorträge auf internationalen wissenschaftlichen Konferenzen, zig Promotionsbetreuungen, unzählige wissenschaftliche Veröffentlichungen – und doch vergaßen wir nie, das Leben zu genießen. So hatten unsere Eltern es uns beigebracht.

    Nach einem langen Tag gab es für uns nichts Schöneres, als den Tisch zu decken, kreative Rezepte zu testen, Speisen zu garnieren, den passenden Wein zu wählen und Menschen zusammenzubringen. Allmählich etablierten wir uns über das private Umfeld hinaus als Organisator*innen von Festen wie Weihnachten und »Nowruz« (Persisches Neujahr), sowohl zuhause in Deutschland als auch in den Ländern, die wir bereisten.

    Durch die zahlreichen wissenschaftlichen Reisen wurde uns bewusst, dass die Kultur des Nahen Ostens, insbesondere des Irans, in Deutschland keine angemessene Repräsentanz genoss – und hinter politischen und religiösen Narrativen verborgen lag. Das Wissen der Menschen über den Iran schien hierzulande sehr begrenzt. Und so auch das Interesse.

    Am 2. November 2018 sollte sich unser Leben schließlich für immer verändern. Forough betrat um 14 Uhr den Raum einer Vorstandssitzung, bei der über Förderungen verschiedener Projekte entschieden werden sollte. Sahar verbrachte den Abend in einer Galerie, um ihren Ehemann – Besitzer eines erfolgreichen Berliner Restaurants – bei einem Private Fine Dining zu unterstützen. Sie war zunächst nervös gewesen, da sie alleine mit zwei Mitarbeiter*innen für alle Gäste zuständig gewesen war, und fiel aber um drei Uhr morgens über beide Ohren strahlend ins Bett: Das Abendessen war fantastisch gelaufen und von vielen besonderen Begegnungen geprägt gewesen.

    Forough traf zur selben Uhrzeit bei sich zuhause ein. Sie hatte 13 Stunden Sitzung hinter sich, währenddessen eine Erkenntnis gewonnen und einen wichtigen Entschluss gefasst. »Ich kündige.« Die Arbeit erfüllte sie nicht mehr. Im Gegenteil, sie raubte ihr Energie.

    Am nächsten Morgen, einem Samstag, telefonierten wir miteinander. Innerhalb von 15 Minuten stand die Entscheidung fest: Unsere individuelle und gemeinsame Zukunft würde mit diesem Tag einen gänzlich neuen Weg einschlagen. Forough reichte die Kündigung gleich Montagfrüh ein. Sahar verabschiedete sich einige Monate später, nach Semesterende im April, von der Arbeit an der Universität.

    Diese Viertelstunde, die wir gemeinsam am Telefon verbracht hatten, markierte den Startpunkt unseres Culture and Food Labs und somit den Beginn einer neuen und nie dagewesenen Repräsentanz nahöstlicher und persischer Kultur, fern von Politik und Religion. Dieses Gespräch war die Geburt von »Dr & Dr«.

    Konzeption und Organisation von Private Dinings, Kochkursen und kulinarischen Reisen in den Nahen Osten standen nun auf der Agenda. Wir spürten Euphorie und Ungeduld, wollten sofort loslegen. Unser Umfeld hingegen war zunächst irritiert: »Wie könnt ihr eure hochrangigen akademischen Karrieren einfach so an den Nagel hängen?« Dann hätten wir ja völlig umsonst studiert, sagten viele.

    Nur unsere Ehemänner und unsere Mutter standen hinter uns – für sie machte diese Entscheidung ebenso viel Sinn wie für uns. Das Rubai von Omar Khayyām war in dieser Lebensphase wieder sehr präsent geworden. »Wir haben nur ein Leben – und wir möchten es auf die schönste Weise erfahren.« Also schrieben wir unsere Geschichte um, geleitet von unserer inneren Stimme.

    Der Erfolg sollte uns Recht geben.

    DR & DR:

    Middle Eastern Culture and Food Lab

    Mit »Dr & Dr« haben wir ein konkurrenzloses Konzept geschaffen, das die faszinierenden und mannigfaltigen Nuancen von Nahost in den Mittelpunkt rückt – und dabei Essen, Kunst und Kultur nonchalant miteinander verwebt. Unsere Vision, damals wie heute: Offenheit und Toleranz für interkulturellen Austausch fördern und unsere Heimat von politischen und religiösen Narrativen befreien.

    Mit dieser starken Idee im Gepäck taten wir das, was wir am besten können: Wir forschten. An Rezepturen und Ingredienzen für Longdrinks mit persischen Zutaten zum Beispiel. An herzhaften Klassikern unserer Kindheit, denen wir mutig den ein oder anderen Twist verliehen. Und an Gewürzen aller Art – sowie an neuen Kombinationen derer.

    Dabei war uns der umweltbewusste Umgang mit Ressourcen stets ein großes Anliegen. Lebensmittelreste wurden zu »Torshi« (Eingelegtem) verarbeitet, die wiederum – in große Gläser gefüllt – die Vitrine unseres Food Labs schmückten. Daneben reihte sich handgefertigtes Keramikgeschirr an antike iranische Artefakte, Termeh-Stoffe sowie schlichte Dekorationsstücke, die wir über Jahre auf den verschiedensten Basaren gesammelt hatten.

    Einige Wände

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