Im Schatten der Mörder-Ranch: Cassiopeiapress Western
Von Pete Hackett
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Der Sheriff kniff kurz die Lippen zusammen, wie ein Mann, der sich nicht wohl fühlte in seiner Haut, dann presste er fast widerwillig hervor: „Tut mir leid, Virginia. Tom Ballard wurde ermordet, und es spricht viel dafür, dass es euer Bruder war. Ich muss ihn mit in die Stadt nehmen und arretieren, bis die Ermittlungen abgeschlossen sind. Sollte sich seine Unschuld herausstellen, wird er bald wieder bei euch sein. Wenn nicht, nun ...“
John Wagner brach vielsagend ab und zuckte mit den Achseln. In seinem Schweigen lag eine düstere Verheißung.
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Im Schatten der Mörder-Ranch - Pete Hackett
Im Schatten der Mörder-Ranch
Western von Pete Hackett
Ein CassiopeiaPress E-Book
© by Author (Peter Haberl alias Pete Hackett)
© 2012 der Digitalausgabe 2012 by AlfredBekker/CassiopeiaPress
www.AlfredBekker.de
Brad Winslow senkte die Axt, als er den Reiter wahrnahm, der sich langsam der kleinen Ranch näherte. Der Reiter kam von Osten. Die Sonne stand im Westen. Der Stern auf der linken Brustseite des Ankömmlings reflektierte das Sonnenlicht.
Brad wischte sich mit dem Handrücken den Schweiß von der Stirn. Eine Wolke von kleinen Stechmücken schwirrte um seinen Kopf herum. Es war heiß. Brads bloßer Oberkörper glitzerte feucht vom Schweiß.
Brad war ahnungslos. Dennoch fragte er sich, was den Sheriff veranlasste, zu ihm zu kommen. Er lehnte die Axt an den Hackklotz und ging zum Brunnen in der Hofmitte. Die Winde knarrte, als er einen Eimer voll Wasser in die Höhe hievte. Brad trank aus einer Schöpfkelle, die an einem Nagel am Gerüst der Winde hing. Dann warf er sich einige Hände voll Wasser in das Gesicht, prustete und strich sich die nassen Haare aus der Stirn.
Indes lenkte der Sheriff sein Pferd in den Ranchhof. Er wirkte angespannt und wachsam, seine Miene war seltsam verschlossen, und als er zwei Pferdelängen vor Brad anhielt, sagte er hart und ohne jede Freundlichkeit: „Man hat mir heute Tom Ballard in die Stadt gebracht, Winslow. Er war kalt und steif. Jemand hat ihm in der vergangenen Nacht ein Stück Blei zwischen die Schulterblätter geknallt."
Durchdringend musterte er, während er sprach, Brad. In dessen Gesicht zuckte es. Er zeigte Betroffenheit, schluckte hart und trocken. „Tom Ballard – tot?, entfuhr es ihm. „Gütiger Gott. Von hinten erschossen. Wie - wie hat es Nancy aufgenommen?
Der Sheriff legte die Hände übereinander auf den Sattelknopf. „Sie fand ihn. In den Bergen westlich ihrer Ranch. Er ritt gestern Nachmittag fort, um Rinder, die sich im Felsgewirr verlaufen hatten, zurückzutreiben. Als er heute morgen noch immer nicht zurück war, suchte Nancy ihn. Sie brachte ihn auch in die Stadt."
Brad blickte versonnen zu Boden. Er schüttelte den Kopf, als wollte ihm die Eröffnung nicht in den Sinn.
Der Sheriff fuhr fort. Seine Stimme klirrte wie zerspringendes Glas. „Nancy hält dich für den Mörder, Brad. Und nicht nur sie. Auch ich bin der Meinung, dass du als Mörder Toms in Frage kommst."
Brad japste nach Luft wie ein Erstickender. Seine Augen hatten sich ungläubig geweitet. Er stand beim Brunnen wie vom Donner gerührt. Die Worte des Sheriffs hallten durch seinen Verstand wie höllisches Geläut. Seine Gedanken wirbelten, er ächzte, seine Lippen bewegten sich, aber seine Stimmbänder versagten.
Knarrend schwang die Haustür auf und eine junge, blonde Frau von etwa fünfundzwanzig Jahren trat ins Freie. Verwundert und fragend fixierte sie den Sheriff, dann ließ sie ihre Stimme erklingen: „Hallo, Mister Wagner. Was führt Sie zu uns auf die Ranch? Und ohne eine Antwort abzuwarten, sprach sie sogleich weiter: „Ich bereite gerade das Abendessen. Wenn Sie unser Gast sein möchten ...
Ein blondhaariges, sommersprossiges Mädchen von etwa vierzehn Jahren und ein Junge von ungefähr zwölf drängten hinter der jungen Frau aus dem Haus. Das Mädchen lächelte unbefangen. Der Junge jedoch schaute verunsichert von Brad auf den Sheriff, und von diesem wieder auf Brad, als spürte er instinktiv, dass etwas nicht in Ordnung war.
Der Sheriff kniff kurz die Lippen zusammen, wie ein Mann, der sich nicht wohl fühlte in seiner Haut, dann presste er fast widerwillig hervor: „Tut mir leid, Virginia. Tom Ballard wurde ermordet, und es spricht viel dafür, dass es euer Bruder war. Ich muss ihn mit in die Stadt nehmen und arretieren, bis die Ermittlungen abgeschlossen sind. Sollte sich seine Unschuld herausstellen, wird er bald wieder bei euch sein. Wenn nicht, nun ..."
John Wagner brach vielsagend ab und zuckte mit den Achseln. In seinem Schweigen lag eine düstere Verheißung.
Das freundliche Lächeln des Mädchens erstarb. Virginias Herz übersprang einen Schlag, ihr Atem ging schneller, eine Bruchteile von Sekunden andauernde Blutleere im Gehirn ließ sie taumeln. Aus der Kehle des Jungen brach ein erschreckter Ton, maßloses Erschrecken prägte das Knabengesicht. Fassungslosigkeit griff um sich.
„Du bist verrückt geworden, John!, würgte Brad endlich hervor. „Ich - ich ...
„Was?", peitschte die Stimme des Gesetzeshüters.
Brad knirschte mit den Zähnen. Er duckte sich, und seine Haltung erinnerte an ein sprungbereites Raubtier. „Ich habe Ballard nicht erschossen, Wagner, rief er rau, und in seinem Tonfall lag jetzt erzwungene Festigkeit. „Sehe ich vielleicht aus wie ein Mörder? Traust du mir einen Mord zu?
„Meine Meinung ist unmaßgeblich, murmelte John Wagner. „Es zählen nur die Fakten. Fakt ist, dass du hinter Nancy her bist wie der Teufel hinter der armen Seele. Seit Monaten versuchtest du, Tom die Frau abspenstig zu machen. Tom kam dir auf die Schliche und verprügelte dich. Jetzt ist er tot, und eine Menge spricht dafür, dass du ihn auf dem Gewissen hast. Also zieh dir ein Hemd über. Dann sattelst du dir ein Pferd und reitest mit mir nach Middle Well. Du bist verhaftet, Brad. Im Namen des Gesetzes.
Brad schien den Worten hinterherzulauschen. Er starrte den Sheriff verständnislos an, es gelang ihm nicht, irgendeinen Gedanken zu formen oder sich auf irgendeine Weise zu artikulieren. Es hatte ihm die Sprache verschlagen. Sein Hals war wie zugeschnürt, wie Fieber rann es durch seine Adern, es überstieg sein Begriffsvermögen.
Brad spürte die Augen seiner Geschwister auf sich gerichtet. Entsetzen und Angst wühlten in ihnen. Nachdem ihre Eltern vor zwei Jahren an einer Infektionskrankheit gestorben waren, hatten er und Virginia die Verantwortung für Benny und Mary Ann übernommen. Doch nun ...
„Sheriff ... So kam es brüchig von Virginia. „Mister Wagner! Brad war den ganzen Tag auf der Ranch und hat Holz gehackt. Er kann es nicht gewesen sein.
Sie knetete ihre Hände, ihre Nasenflügel vibrierten, erregt pochte die Schlagader an ihrem schlanken Hals.
„Tom wurde in der vergangenen Nacht ermordet, Virginia", versetzte John Wagner eisig, und plötzlich zog er den Colt, schlug ihn auf Brad an, mit dem Daumen spannte er den Hahn.
Das metallische Knacken riss Brad aus der Betäubung. Er schaute den Sheriff an, als erwachte er aus einem Alptraum. Er fing sich und murmelte erstickt: „Ich bin unschuldig. Allerdings ist es wohl so, dass tatsächlich alles gegen mich spricht. Und darum wird dich meine Behauptung nicht interessieren, John. Du kannst den Ballermann wegstecken. Ich komme freiwillig mit dir. Denn meine Unschuld wird sich herausstellen. - Virginia, reite zu Hunter und berichte ihm alles. - Du - du glaubst doch an meine Unschuld, Virgy?"
Virginia nickte. In ihren blauen Augen sammelten sich Tränen. Ihr war das Flehen in seiner Stimme nicht entgangen. „Ja, Brad. Ich - ich weiß, dass du unschuldig bist. Und wir werden alles daransetzen, um deine Unschuld zu beweisen."
Aufweinend warf sich Mary Ann herum und rannte zurück ins Haus. Benny klammerte sich an seine große Schwester und kämpfte tapfer gegen die Tränen an. Seine schmalen Schultern erbebten wie unter einem inneren Krampf.
„Okay, John. Brad nickte entschlossen, ein Ruck durchfuhr ihn. „Du bist der Sheriff, und du erfüllst deine Pflicht. Keine Sorge. Ich mache dir keine Schwierigkeiten.
„Das möchte ich dir auch nicht geraten haben", versetzte John Wagner grimmig und unversöhnlich. In Situationen wie dieser schaltete er jegliches persönliche Gefühl aus. Es ging um gemeinen Mord - und er hatte dem Gesetz Geltung zu verschaffen.
Seine Unversöhnlichkeit berührte Brad wie eine eiskalte Hand. Sekundenlang blickte er in das willensstarke, hartkantige Gesicht des Sheriffs, in dessen dunkle, fordernde Augen, und er verspürte jähe Beklemmung. Von einer Minute zur anderen schien sein Schicksal sich in einer Sackgasse verfahren zu haben. Alles in ihm lehnte sich dagegen auf, er wollte seine Unschuld hinausschreien, aber die Erkenntnis, dass die Fakten eindeutig gegen ihn sprachen, versiegelte ihm die Lippen.
Brad setzte sich in Bewegung. Seine Schritte muteten hölzern, fast marionettenhaft an. Er ging zu dem Haufen Holz, den er am folgenden Tag noch zerkleinern wollte, und über den er achtlos sein Hemd geworfen hatte ...
Als er zwanzig Minuten später mit dem Sheriff von der Ranch ritt, drohte Virginia die Verzweiflung zu übermannen. Benny weinte jetzt bitterlich. Der innere Druck hatte ihn überwältigt. Mary Ann hatte sich irgendwo im Haus verkrochen. Sie wurde von ihren Gefühlen regelrecht weggeschwemmt. Angst und Verlorenheit griffen nach den Geschwistern.
*
Hunter Bailey unterbrach Virginia mit keinem Wort. Sie war, als sie den Aufruhr ihrer Empfindungen wieder unter Kontrolle hatte, sofort zu Hunter geritten. Hunters Brauen hatten sich finster zusammengeschoben, über seiner Nasenwurzel hatte sich eine steile Falte gebildet. Im Licht der Petroleumlampe mutete sein schmales, scharfgeschnittenes Gesicht düster und hohlwangig an.
„War Brad in der Nacht, als der Mord geschah, zu Hause?", fragte er, als Virginia geendet hatte.
Bedrückt schüttelte sie den Kopf. „Nein. Und als er am frühen Morgen kam, war nicht aus ihm herauszubekommen, wo er die Nacht verbracht hatte. Auf all meine Fragen erntete ich nur ein hintergründiges Lächeln."
Hunter nagte an seiner Unterlippe. Urplötzlich erhob er sich. Er war groß und hager, und als er jetzt eine unruhige Wanderung im Raum aufnahm, wirkten seine Bewegungen gleitend und geschmeidig. Hinter seiner Stirn arbeitete es. Das war deutlich von seinen Zügen abzulesen. Virginia beobachtete ihn erwartungsvoll, fast schon ungeduldig.
Als Hunter vor ihr stehenblieb, fiel sein Schatten auf sie. „Nancy Ballard taugt nichts, murmelte er. „Sie hat nicht nur deinem Bruder den Kopf verdreht, sondern einer ganzen Reihe anderer Burschen mehr. Vor einigen Wochen brüstete sich im Saloon Jim Russel damit, dass es ihm ein Lächeln kosten würde, Nancy ihrem Mann abspenstig zu machen.
„Jim Russel!, rief Virginia. „Er taugt nicht mehr als Nancy. Er ist der Sohn eines reichen und mächtigen Mannes, der nichts und niemand respektiert, der aber niemals das Format seines Vaters erreichen wird.
Hunter lächelte flüchtig. „Ich werde zu Nancy reiten und mit ihr sprechen. Brad mag ein oftmals leichtsinniger Bursche sein, aber er schießt keinen Mann in den Rücken. Irgend etwas stinkt