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eBook187 Seiten2 Stunden

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Über dieses E-Book

Der Investmentmanager Cornelius Mayer liebt Karriere, Sex, Erfolg und das große Geld. Bis er sich in das schöne Hippiemädchen Elina verliebt. Die will aber mit Mayers kaltblütigen Machenschaften und seiner korrupten Vorgehensweise nichts zu tun haben. Als sie spurlos verschwindet, wird er zum Jäger und Rächer im gnadenlosen Sumpf des Globalisierungs-Imperialismus der modernen Weltwirtschaft.

 

"Springers kritische Betrachtung der ökonomischen, sozialen, kulturellen und ökologischen Auswirkungen der Globalisierung sollte zur Selbstverständlichkeit im Denken des heutigen Menschen werden."
"Diese Anklage in Form eines furiosen Romans über den atemberaubenden Rachefeldzug eines Insiders ist packende Spannung und faktisches Mahnmal gleichermaßen."
"Beeindruckend sind sowohl faktisches Wissen als auch die Sprachbeherrschung der Autorin"

"Eine hauchzarte Liebesstory ist hier mit der Schilderung des globalen Terrors so eindringlich zu verknüpfen, dass die geschilderten Ereignisse universelle Bedeutung erlangen."

SpracheDeutsch
HerausgeberBookRix
Erscheinungsdatum7. Dez. 2016
ISBN9783730992630
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    Buchvorschau

    Vernichtung - Valerie Springer

    T E I L I

    Montag, 26. März

    IM LIFT

    Einen kurzen Moment lang, nur für den Bruchteil dieses Moments, erlaubte er sich einen Blick in eine Welt, die er für sich nicht in Anspruch nehmen wollte. Dann überlegte er, ob jeder für sein Tun alleine verantwortlich sei, oder ob es nicht doch außerhalb des Einzelnen stehende Begründungen, Rechtfertigungen gäbe, die die Schuld nehmen könnten, getan zu haben oder unterlassen zu haben.

    Er betrat den eleganten alten Aufzug, das leichte Schwanken des Bodens der Kabine ignorierte er. In der verspiegelten Rückwand des Lifts sah er sich selbst, bevor er sich umdrehte, um den Knopf für den vierten Stock zu drücken.

    Er hielt einen großen flachen Karton mit seinem linken Ellbogen leicht an seinem Körper fest, in der linken Hand hielt er ein kleines Päckchen. Der große Karton war von gebrochenem Weiß, cremefarben, mit matter Oberfläche und sorgfältig mit einem silbernen Chiffonband zusammengehalten. Das kleine Päckchen war nicht lieblos, aber sichtbar professionell in Geschenkpapier eingeschlagen und mit einer vorgefertigten Masche beklebt.

    Mit seiner freien Rechten strich er seinen Regenmantel glatt, rückte den Knoten seiner Krawatte zurecht, wartete darauf, dass der Lift mit dem kleinen Ruck nach oben losfuhr, den er als Kind geliebt hatte und der ihm jetzt gleichgültig war. Dann hörte er dem Knirschen und Summen der Mechanik zu und verfolgte das Wandern der Stockwerke.

    Im vierten Stock stieg er aus und ging ruhigen Schrittes über den gepflegten Marmorboden nach rechts, zu der Tür des Appartements, in dem seine Geliebte wohnte. Wie wenn er sein eigenes Tun auf mögliche Fehlinterpretationen untersuchen und gegebenenfalls korrigierend eingreifen müsste, sagte er zu sich, dass Klara nicht seine Geliebte war, sondern seine Liebende, denn nicht er liebte sie, sondern sie liebte ihn. Er sperrte die hohe dunkle Tür auf und trat ein.

    Cornelius Mayer traf Klara heimlich, hinter dem Rücken seiner Frau Grete. Er hielt es für möglich, dass Grete seine Affären erahnte, obwohl sie ihn nie darauf ansprach. Vielleicht, so vermutete er, erschien es ihr weniger irritierend, das gut funktionierende Gleichgewicht der Zugeständnisse, die sie und er einander zubilligten, weiter aufrecht zu erhalten, als die Gewissheit zu haben, eine so genannte Betrogene zu sein.

    DAS GESPRÄCH MIT DER GELIEBTEN

    Klara schenkte die zwei vor ihr, auf dem etwas zu niederen Couchtisch stehenden Sektgläser ein, nur etwas weniger als die Hälfte in jedes Glas. Sie stellte die noch halbvolle kleine Babysekt-Flasche zurück in den Kühler, der neben ihren Füßen auf dem Boden stand, und verwischte abwartend, fast gedankenverloren mit den Fingerspitzen ihres Zeige- und Mittelfingers das Nass des Eiswassers, das auf der Flasche gehaftet und auf die gläserne Tischplatte getropft war. Mayer nahm das Glas, das sie ihm schließlich zuschob, in die Hand, stieß mit ihr an, trank die zwei Schluck aus. Er beugte sich über sie, griff nach der Flasche und schenkte sich den letzten Rest ein, er bemerkte, dass Klara ihr Glas an ihren Lippen hielt, hineinblickte, den Sektperlen zusah, sie schielte dabei leicht. Sie trank nicht. Er beugte sich erneut zu ihr hinüber, gab die leere Flasche in den Kühler zurück, zu der zweiten kleinen Flasche, die diesmal ungeöffnet bleiben würde. Er stützte sich mit einer Hand leicht auf dem Tisch ab und küsste die nackte Haut ihres Oberschenkels.

    Er hatte den speziellen Duft ihres Schoßes immer gemocht, besonders jetzt, nach dem Akt, wenn er seinen eigenen Geruch in ihrem wahrnehmen konnte. Unmerklich zog er das Badetuch zurecht, das seine Blöße kaum bedeckte, er wollte nicht, dass sie sah, wie sein Glied sich erneut aufrichtete.

    Nun endlich trank Klara, lächelte Mayer zu, mit einem Lächeln, das man in früheren Zeiten schelmisch genannt hatte. „Willst du es nicht öffnen?, fragte er, deutete auf den großen flachen Karton, der neben ihr auf der Couch lag. Das kleine Päckchen hatte sie bereits im Schlafzimmer geöffnet gehabt, es hatte ihr Lieblingsparfum enthalten, was sie nicht überrascht, aber dennoch erfreut hatte. „Nein, antwortete sie und erklärte ihm, dass sie wüsste, was es enthielte, nämlich ein Abschiedsgeschenk. Er wollte wissen, wie sie darauf käme, sie antwortete, dass sie kein kleines Mädchen mehr wäre. Das Schelmische verschwand aus ihrem Lächeln, machte einem Wissen Platz, das er nicht erwartet hatte. Wieder glaubte er, einen Blick in eine Welt tun zu können, die weit weg von seiner eigenen lag, er spürte, dass ihr Wissen kein heiteres war, trotzdem war er erleichtert.

    „Ich werde es dir nicht schwer machen, obwohl ich das könnte", sagte sie. Ein Schwall warmer Zuneigung durchflutete ihn, plötzlich hätte er ihr gern gesagt, dass es ein Missverständnis wäre, dass er sich nicht von ihr trennen wollte. Aber er hatte vor langer Zeit einmal einer solchen Neigung nachgegeben, er wusste, dass das nur eine Verschleppung des Unweigerlichen bedeutete, das dann noch tiefer greifend verlief, für beide, für sie und für ihn.

    Schlussendlich öffnete sie den Karton aber doch und entnahm ihm ein Negligé aus fließender Seide und zarten Spitzen, es handelte sich um Mayers übliches Abschiedsgeschenk, gekauft in einem kleinen, luxuriösen Geschäft in den verwinkelten Gässchen der Wiener Altstadt. Derlei außergewöhnliche Stücke kosteten viel, aber Cornelius konnte sich das leisten.

    Klara stand auf, streifte das teure Nichts über ihren Körper und ging in die Küche, um Mineralwasser und ein paar Canapés zu holen. Letztere hatte sie auf dem kurzen Weg von der Bank nach Hause, wo sie ihre Mittagspause recht oft verbrachte, besorgt. Manchmal hatte sie sich zu Hause nur ausgeruht, manchmal ein paar Unterlagen durchgesehen, in den letzten zwei Monaten hatte sie fast immer Cornelius in ihrer Wohnung getroffen.

    Während sie aßen und plauderten, kamen sie auf die geschäftliche Angelegenheit zu sprechen, über die sie einander kennen gelernt hatten: die Fusionsverhandlungen zwischen dem mächtigen Schwering-Konzern und dem renitenten Rudi Murauer, dem Betreiber einer mittelgroßen Biolebensmittel-Kette. „Habt ihr Murauer inzwischen weich gekriegt?, fragte Klara. „So gut wie, antwortete Cornelius. Klara arbeitete für die Bank, die Treuhandschaften über Schwerings Konten-Labyrinth abwickelte. Mayer war die rechte Hand des Firmeninhabers der Agentur Singer, die den Schwering-Konzern beriet und vertrat.

    Cornelius stellte mit Überraschung fest, dass dem Gespräch mit Klara eine Leichtigkeit und Distanziertheit innewohnte, wie wenn sie sich zu einem so genannten Business-Lunch getroffen hätten, als seien sie einander zwar sympathische, aber nicht näher bekannte Geschäftsleute. „Warum machst du mir keine Szene?", hätte er sie gerne gefragt, aber er ahnte, dass sie ihm eine routinierte Antwort gegeben hätte, die auch von ihm stammen könnte, dass nämlich sie sich wie er keine Sentimentalität erlauben konnte und wollte, dass sie ihrer Karriere denselben hohen Stellenwert einräumte, den er der seinen gab.

    DIE FAHRT ZUR AGENTUR

    Schockartig bremste er seinen Sportwagen, fühlte, wie die Reifen auf der regennassen Straße kurz schlierten und dann doch griffen. Seine Hände krallten sich wie Schraubstöcke um das lederbezogene Lenkrad, er stemmte sich dagegen, um nicht nach vorn geschleudert zu werden, spürte, wie die Muskeln in seinem trainierten Körper jäh reagierten, sich spannten und ihn schützten, dem möglichen Aufprall mit dem plötzlich vor ihn ausscherenden Motorrad entgegenwirkten.

    Der Biker, ohne Helm, bekleidet nur mit Jeans und Hemd, drehte sich knapp um, blickte durch die Windschutzscheibe direkt in Cornelius’ Augen, ausdruckslos, während die Scheibenwischer sich hin und her bewegten, das leise Nass des Nieselregens und die sich in ihm spiegelnden Lichter verwischten, dann brauste er aufheulend über die Kreuzung, kurz bevor die Ampel vor Mayer wieder auf Rot schaltete. Der schüttelte den Kopf und nahm aus dem Handschuhfach eine Packung Papiertaschentücher, wischte sich über die Stirn. Ihm war heiß, er schwitzte. Er nahm seine Sonnenbrille ab, die er des frühlingshaften Zwielichts wegen gerne auch bei Regen trug, tastete zwischen seinen Füßen nach seinem Telefon. „Was war denn das?, hörte er Gretes erschrockene Stimme, als er das Telefon wieder an sein Ohr hielt. „Nichts, meinte er, „mir ist nur das blöde Telefon runtergefallen."

    Grete sagte, dass sie ab jetzt, am Nachmittag, nicht erreichbar sein würde, wegen der drei zeitgleichen Bombenanschläge in New York, Genf und Nairobi hätte der Herausgeber mit dem Außenpolitik-Ressort eine Sonderbeilage für die kommende Ausgabe vereinbart, die gesamte Redaktion stünde Kopf, an ein normales journalistisches Arbeiten sei nicht zu denken, sie wüsste nicht einmal, ob sie heute noch mit ihrer Gesellschaftskolumne fertig würde.

    Er hörte ihr zu, warf hie und da einen Kommentar ein und sah vor seinem inneren Auge die vorangegangene Episode in Zeitlupe, er sah den Motorradfahrer quälend langsam ausscheren, das Mobiltelefon schwebte in einer elliptischen Linie dem Boden entgegen, seine Hände bewegten sich wie gleitende Vögel zum Lenkrad, seine Finger schlossen sich eisern um das Leder, mit fast unerträglicher Langsamkeit lief die Szene auf seiner imaginären Leinwand ab, wieder und wieder. Während Grete von ihrem Ekel über die Live-Bilder von den Schauplätzen des Terrors erzählte, zwang Cornelius ein Trugbild nieder, das sich störend in sein Denken schob, der junge Biker als Schlachtfleisch mit Stofffetzen, herausragenden Knochensplittern auf der Straße liegend, Metallteile auf der nassen Straße um ihn herum.

    Mayer mochte es, im Auto zu telefonieren, er schätzte die lückenlose Nutzung seiner Zeit, nichts zu tun war in seinen Augen eine Vergeudung. Er rief, nachdem er das Gespräch mit Grete beendet hatte, in der Agentur an, gab seiner Mitarbeiterin ein paar Anweisungen und sagte ihr, dass er in Kürze dort sein würde, dann ließ er sich mit der Rechtsabteilung verbinden und besprach ein paar neue Gedankenansätze bezüglich des Schwering-Murauer-Deals mit dem Firmenanwalt. „Genial, meinte der über Mayers Idee, „wir besprechen das weiter, wenn Sie dann da sind. Guter Sex klärt das Denken, ging es Cornelius durch den Kopf.

    Er fuhr in die Tiefgarage des Gebäudes, in dem sich sein Arbeitsplatz befand, schloss seinen Wagen ab, ging durch das Halbdunkel des flackernden Neonlichtes. Der Geruch nach Fahrzeugen und Benzin kam ihm unaufdringlich zu Bewusstsein, das Klicken der Autos mit heißen Motoren, an denen er auf seinem Weg zum Aufgang vorbeiging, mischte sich mit dem Summen der Abgasentlüftung und vereinzeltem entfernten Hupen von draußen, die Geräusche waren ihm vertraut und heimelig. Auf dem Betonboden sah er wie stets die Bremsspuren und Ölflecken an, alte und neue, ein zufälliges Muster, das ihn an die Abstraktionen von Wassily Kandinsky erinnerte, als Kind hatte er einmal tagelang einen Umweg zur Schule in Kauf genommen, um immer wieder an einem Plakat zu einer Ausstellung Kandinskys vorbeizukommen, er hatte dessen unverständliche Anordnung von Farbflecken und Linien zu entschlüsseln versucht, bis das Plakat schließlich von einem anderen überklebt worden war.

    Er warf den Schlüssel zu Klaras Appartement in die Luft, fing ihn wieder auf, er hatte vergessen, ihn ihr zurückzugeben. Sie hatte ihn nicht darauf angesprochen, er deutete das als möglichen Wunsch ihrerseits, doch noch einmal ein intimes Treffen zu initiieren, falls dem so wäre, dachte er, hätte sie sich in ihm getäuscht. Der Schlüssel fiel ihm aus der Hand, er kickte ihn ein wenig vor sich her, schob ihn dann mit der Spitze seines handgefertigten Schuhs vorsichtig in den Abfluss-Gully, lauschte dem Echo des Klirrens.

    CORNELIUS MAYER IN SEINEM BÜRO

    Die Räumlichkeiten der Agentur Singer belegten die oberen zwei Stockwerke eines gepflegten Patrizierhauses im Zentrum Wiens. Die beiden unteren Stockwerke waren an eine Schönheitschirurgin und an einen Fotografen vermietet. Die Einfahrt zur Tiefgarage befand sich in einer wenig befahrenen Seitenstraße, der Haupteingang des Hauses war über die Fußgängerzone der Kärntnerstraße erreichbar. Mayers Büro und das seines Chefs lagen zuoberst. Im darunter liegenden Stock, an der einzigen Eingangstür zu der Agentur, hing ein schlichtes Messingschild: „Singer & Partner, Investmentagentur". Mehr stand nicht darauf, genauso wenig wie neben der Gegensprechanlage unten, am Hauseingang auf der Straße. Die Agentur Singer war berühmt und berüchtigt gleichermaßen, Manfred Singer hatte den Ruf, über Leichen zu gehen, Cornelius, sein Angestellter, stand dem in nichts nach. Mayer hatte gelernt, keine Schwächen zu zeigen, hingegen die der anderen ohne Bedenken für seine Zwecke und die der Agentur zu nutzen.

    Die schweren Teppiche, die extravagante Möblierung, das gediegene Styling der gesamten Einrichtung des Büros mit den hohen Räumen und den zurückhaltenden Stuckdecken, all das fiel Cornelius nicht mehr auf, es war ihm diese Umgebung zur Selbstverständlichkeit seines Alltagslebens geworden. Schlürfend schloss sich die schwere hohe Tür hinter seinem Rücken, er nickte dem jungen Mann hinter der Rezeption zu, ging über die Wendeltreppe, die sich in der Mitte des Empfangsbereichs nach oben drehte, in das darüber liegende Stockwerk.

    Vor Singers Büro hielt er an, er hörte durch dessen geschlossene Tür kaum wahrnehmbare Gesprächsfetzen. Er blieb ein paar Sekunden unschlüssig stehen, versuchte, aus den Lauten, die zu ihm drangen, auf die zweite anwesende Person zu schließen, es gelang ihm nicht. Er war von Natur aus neugierig, im wahrsten Sinne des Wortes gierig nach Neuem. Rätseln auf den Grund zu gehen, menschliches Verhalten zu deuten und zu verwerten, neue Erkenntnisse über das Menschliche, das Aktionsmuster anderer zu erlangen und ihnen damit einen Schritt voraus zu sein, war ihm Lebensinhalt und Genuss. Er war der geborene Jäger, umkreiste seine Beute mit Akribie und Ausdauer, mit Intelligenz und Kaltblütigkeit. Grete hatte oft zu ihm gesagt, dass er als Aufdeckungsjournalist Weltklasse sein könnte, das

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