Zeitschrift Polizei & Wissenschaft: Ausgabe 4/2023
Von Clemens Lorei
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Über dieses E-Book
Die Zeitschrift Polizei & Wissenschaft bietet die Möglichkeit zur wissenschaftlichen Kommunikation polizeirelevanter Themenbereiche. Sie versteht sich als Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Polizei. Durch ihre interdisziplinäre Ausrichtung werden unterschiedlichste wissenschaftliche und praktische Perspektiven miteinander vernetzt. Dazu zählen insbesondere die Bereiche Psychologie, Rechtswissenschaft, Soziologie, Politikwissenschaft, Medizin, Arbeitswissenschaft und Sportwissenschaft. Aber natürlich wird auch polizeirelevantes Wissen der Disziplinen genutzt, die nicht klassisch mit dem Begriff Polizei verknüpft sind, wie z.B. Wirtschaftswissenschaften, Sprachwissenschaften, Informatik, Elektrotechnik und ähnliche.
Polizei & Wissenschaft regt als breit angelegtes Informationsmedium zur Diskussion an und verknüpft Themenbereiche. Sie erscheint vierteljährlich und geht mit ihrer interdisziplinären Interaktivität über einen einseitigen und fachlich eingeschränkten Informationsfluss hinaus. Dazu nutzt sie die Möglichkeiten des Internets und fördert durch die Organisation von Veranstaltungen auch eine direkte Kommunikation.
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Buchvorschau
Zeitschrift Polizei & Wissenschaft - Clemens Lorei
Inhalt
Inhaltsangabe
Helen Behn & Sönke Schwart
Der Begriff Polizei i .w. S. in deutschsprachiger Musik
Natalie Reinhardt, Josephin Wandt, Clara Sofie Hemshorn de Sanchez & Nils Sauer
Kritik ist nie einfach, aber notwendig: Die Rolle von Fehlerkultur und Gender in Einsatznachbesprechungen von Polizeiteams
Karoline Roshdi & Hannah Deuse
(Vereitelte) Taten durch sog. Reichsbürger – Warnsignale anhand der TRAP-18 und Erkenntnisse für die Prävention
Buchbesprechung
Impressum
Content
Content
Helen Behn & Sönke Schwart
The term police
in German-language music
Natalie Reinhardt, Josephin Wandt, Clara Sofie Hemshorn de Sanchez & Nils Sauer
Criticizing is Never Fun – But Necessary: The Role of Error Management and Gender in After-action Reviews of Police Teams
Karoline Roshdi & Hannah Deuse
(Prevented) attacks by so-called Reichsbürger (citizens of the empire or sovereign citizens)-warning signals based on TRAP-18 and findings for prevention
Book review
Impressen
Der Begriff Polizei i .w. S. in deutschsprachiger Musik
Helen Behn & Sönke Schwart
Einleitung
Die zeitgenössische Musik spiegelt in gewisser Weise die Lage der Gesellschaft wider.¹ Melodie, Text und Rhythmus können dabei nicht getrennt werden; im Bereich der Musikwissenschaft werden diese Elemente als ein Gesamtbild für die darstellenden Inhalte, die an den Konsumenten² bewusst herangetragen werden sollen, bewertet.³ Farin steckt den Wirkungskreis von Musik deutlich weiter, indem „es nie nur um Melodie und Rhythmus, sondern immer auch um Geschichte, Politik und grundlegende Einstellungen zur Gesellschaft, die nicht nur die Texte und Titel der Songs vermitteln, sondern auch Interviews, Kleidermarken, nonverbale Gesten und Rituale der jeweiligen Künstlerinnen und Künstler [geht]."⁴ Hinsichtlich einer strafrechtlichen Bewertung hingegen steht der Text ausschließlich im Fokus bei der Beurteilung zwischen Strafbewehrung und vor allem der Kunstfreiheit (gem. Art. 5 Abs. 3 GG⁵)⁶, denn so „[…] dürfen [b]ei der strafrechtliche[n] Würdigung des Liedes […] diese Elemente der künstlerischen Einkleidung dem Aussagekern nicht zugerechnet werden.⁷
Zusammenfassung
Das Thema des Begriffs der Polizei i .w. S. in der deutschsprachigen Musik, vor allem in der Popularmusik, zeichnet sich durch ein Forschungsdesiderat aus. Dieser Umstand legte den Grundstein, um den Begriff der Polizei i .w. S. in der deutschsprachigen Musik als Untersuchungsgegenstand in den Fokus zu nehmen. In einem kleineren, empirisch ausgerichteten Projekt wurden jeweils 44 Titel des Genre Hip-Hop/Rap und anderen Musikgenres, wie u. a. Pop, Schlager/Volksmusik, zusammengetragen und hinsichtlich der Verwendung des Begriffs der Polizei i .w. S. vergleichend analysiert. Die Methodenanwendung ist aufgrund des Zusammenspiels von Melodie, Rhythmus und Text, ergänzend durch sprachlichen Facettenreichtum, mit einem hohen Grad an Interpretationsspielraum mit Herausforderungen verbunden. Die Ergebnisse tragen dennoch dazu bei, wenn auch in kleinerem Umfang, die vorhandene Forschungslücke zu schließen.
Ansehen der Polizei, empirische Forschung, Musik, Polizei, Polizeiwissenschaft.
Abstract
The theme of the concept of the police in German-language music, especially in popular music, is characterized by a gap of research. This circumstance was the impulse to focus on the object of research, the concept and term of the police in German-language music. In a smaller, empirically oriented project, 44 titles each of the genre hip-hop/rap and other music genres, such as pop, pop/folk music, were compiled and comparatively analyzed with regard to the use of the term police in the broadest sense. Due to the interplay of melody, rhythm and text, supplemented by linguistic diversity, the application of methods is associated with challenges with a high degree of scope for interpretation. Nevertheless, the results contribute, albeit to a lesser extent, to closing the existing research gap.
Empirical research, music, police science, police, reputation of the police.
Während die Art der Musik die Lage innerhalb einer Gesellschaft, z. B. in Bezug auf einen Generationenkonflikt⁸, widerzuspiegeln vermag, kann die Thematisierung der Polizei in der Musik durch einen Wandel in polizeistrategischen Ausrichtungen geprägt sein. Polizeistrategische Konzepte, wie Zero Tolerance und/oder Community Policing, können Wirkungen entfalten⁹, auch, wenn diese empirisch nicht messbar sein dürften.¹⁰ In Bezug auf die Betrachtung des Begriffs Polizei i. w. S. in der deutschsprachigen Musik klafft vor allem in der Popularmusik eine Forschungslücke. Liegen entsprechende Abhandlungen und Studien zum Thema vor, beziehen sich diese einerseits fast ausschließlich auf das Genre des deutschsprachigen Hip-Hop/Rap oder haben andererseits eine thematische Ausrichtung im Kontext des Phänomenbereichs der politisch motivierten Kriminalität.
Die Themenwahl eines Projektes, die Betrachtung der Verwendung des Begriffs Polizei i .w. S. in deutschsprachiger Musik, begründet sich in dem festgestellten Forschungsdesiderat. Die Untersuchung von Liedtexten in der Form wie der hier durchgeführten ist sowohl dem Bereich der Polizeiwissenschaft (nach Liebl)¹¹, hier dem Themenfeld Polizei und Musik, als auch dem Wissenschaftsbereich der sog. auditiven Kriminologie¹² zuzuordnen.
Forschungsstand
Wie erwähnt, finden sich themenspezifische Untersuchungen im Kontext der Phänomenbereichs der politisch motivierten Kriminalität. Da es sich um deutschsprachige Texte handelt, werden die Inhalte zu rechts- und linkspolitischer Musik, orientiert an den Texten, zugeordnet. Hier wiederum stehen ausschließlich die rechts- und oder linksorientierten Schwerpunktlegungen oder vergleichende Betrachtungen zwischen den Ideologiebereichen im Fokus.¹³ Einzelne Untersuchungen, losgelöst von politischer Fokussierung, lassen sich singulär finden, z. B. bei Wickert in Bezug auf das Genre Rap.¹⁴ Wickert orientierte sich an der Album-Hip-Hop-Chartliste der Kalenderwochen 12/2015 bis 51/2016 (Top 20 der Hip-Hop-Charts). Der bereinigte Datensatz ergab eine Grundgesamtheit von 228 Alben mit 3.753 Liedern von 182 Künstlern. In 89,6 % der Fälle konnten Songtexte erhoben werden, die sowohl einer quantitativen Auswertung (Anzahl an Nennung verschiedener Polizeibegriffe) als auch einer qualitativen Auswertung (Bewertung polizeiliches Handeln) unterzogen wurden.¹⁵ Das zentrale Ergebnis ist, „dass die Polizei in den Liedtexten des deutschsprachigen Rap einen großen Stellenwert einnimmt [und dass] die Charakterisierung der Polizei überwiegend negativ [ausfällt].¹⁶ Aktuell befindet sich ein von Wickert durchgeführtes Projekt, das den o. a. Zeitraum wiederum mit einschließt und von der Methodik her gesehen recht analog ausgerichtet ist in der Auswertungsphase.¹⁷ Das Genre Rap, speziell den Subbereich des sog. Gangster-Rap¹⁸ (auch von Wickert synonym als Gangsta-Rap bezeichnet¹⁹), analysieren Schneider et al. in Bezug auf die kriminologischen Themen Straftaten, Gewalt und Misogynie.²⁰ Neben einer Inbezugsetzung von Textfragmenten zu klassischen Kriminalitätstheorien, wie der Anomietheorie von Merton²¹ oder der Subkulturtheorien (u. a. von Cohen²²), wurde ein offene Online-Befragung durchgeführt. 400 Personen (Hörer und Nicht-Hörer in einem Lebensalter von 12 bis 24 Jahren) wurden mittels eines Fragebogens (28 Fragen, unterteilt in sechs Blöcke) zu verschiedenen Themenbereichen befragt. Zu diesen zählten u. a. die „Akzeptanz von dominantem Verhalten und Einstellung zu Gewalt[, …] Erfahrungen und Einstellungen zu Drogen, insbesondere Kokain, Marihuana und Alkohol[, …] Wertevorstellungen[, …] Hörverhalten und Einstellungen bezüglich deutschen Gangster-Raps.
²³ Ein zentrales Ergebnis der Befragung ist, dass die befragten Personen in der Regel sehr gut zwischen der in der Musik präsentierten Lebenswelt und der realen unterscheiden können. Rezipienten (des Gangster-Rap) und Nicht-Rezipienten unterscheiden sich vor allem dahingehend, dass negativen Eigenschaften und Attributen von Rezipienten (tendenziell) eher zugestimmt wurde²⁴, z. B. „[fiel] die positive Einstellung hinsichtlich der Polizei […] rund 20 % geringer aus, [sic] als bei der Grundgesamtheit."²⁵
Einen inhaltlichen Beitrag zum Forschungsgegenstand bietet Dams²⁶; hierbei handelt es sich allerdings nicht um die Darstellung eines empirischen Projektes. Dams skizziert die Verwendung einzelner Polizeibegriffe beispielhaft dargestellt an einer Auswahl an deutschsprachigen Liedern und webt diese Darstellung in die polizeigeschichtliche Entwicklung ein.²⁷ Der Beitrag „erhebt […] keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder abschließende Urteile, sondern ist eine erste Annäherung an das Phänomen der Polizeikritik in der Popularmusik."²⁸ Auch wird deutlich, dass polizeigeschichtliche Ereignisse und kriminalpolitische Entwicklungen Wirkungen auf die Musik entfalten können, wenn auch der Kausalzusammenhang ohne eine konkrete Stellungnahme des Musikers und Interpreten, die über die Darstellung des Songs hinausgeht, nicht final zu bestimmen ist. Interpretationen von Texten sind grundsätzlich möglich, wie das Beispiel des Songs Ulrike des Rappers Crument²⁹, der die RAF-Terroristin Ulrike Meinhof und ihre Taten in dem Lied verherrlicht³⁰, verdeutlicht.
Eine offenere Untersuchung im Hinblick auf etwaige neutrale bis gar (eher) heitere Darstellungen (z. B. Henry Valentino (Hans Blum (geb. 1928) zusammen mit Ursula Peysang: Im Wagen vor mir, (1977))³¹ lässt sich, soweit ersichtlich, nicht finden.
Methodik
Die Fokussierung auf die deutschsprachige Musik im hiesigen Projekt begründet sich somit einerseits in dem „zeitgemäße[n] Sound und de[m] deutlich gewachsene[n] Anteil deutschsprachiger Titel innerhalb der Genres Rock und Hip-Hop – auch wenn das internationale, englischsprachige Pop-, Rock- und Dance-Repertoire im deutschen Musikmarkt immer noch dominant vertreten ist."³² Andererseits sollte das Projekt im Rahmen eines Wahlpflichtkurses³³ einen überschaubaren Rahmen