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Verdrängt
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eBook228 Seiten3 Stunden

Verdrängt

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Über dieses E-Book

Meine Mutter hätte mich am Tag meiner Geburt töten sollen.

Ein Zwilling zu sein, verkompliziert die evianische Erbfolge, doch Chancery Alamecha hat kein Problem damit, ihrer Schwester Judica den Thron zu überlassen. Immerhin ist Judica die Stärkere – unerbittliche Kriegerin, skrupellose Politikerin, zur Thronerbin erzogen. Aber als Chancery den Staridium-Ring ihrer Mutter anprobiert, geschieht etwas Unerwartetes. Plötzlich wird sie in eine Rolle gedrängt, die sie nie wollte – in die der prophezeiten Herrscherin, die den Untergang der Erde verhindern wird.

Jetzt muss ich meine Schwester töten.

Die über diese Wendung wutentbrannte Judica gelobt, alles zu tun, um sich ihren rechtmäßigen Platz als Kaiserin zurückzuholen. Dazu gehört, Chancery zu einem Kampf auf Leben und Tod herauszufordern. Während sich Chancery in der Fremde darauf vorbereitet, erhält sie eine Kostprobe von der Welt der Menschen. Dort könnte sie tun, was immer sie will, ohne genetische Verpflichtungen. Hin- und hergerissen zwischen dem Leben, in das sie hineingeboren wurde, und jenem, das sie glücklich machen könnte, muss sie sich entscheiden. Entweder stellt sie sich ihrer verräterischen Schwester – oder sie nimmt das Ende der Welt in Kauf.
SpracheDeutsch
HerausgeberTranscre8 OÜ
Erscheinungsdatum17. Nov. 2023
ISBN9789916737088
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    Buchvorschau

    Verdrängt - Bridget E. Baker

    1

    Meine Mutter hätte mich am Tag meiner Geburt töten sollen. In ihrer fast neunhundertjährigen Herrschaft als Kaiserin der Ersten Familie war ihr einziger Akt der Gnade, dass sie mein Leben verschont hat.

    Evianer überall auf der Welt bezeichnen mich als »Enoras Torheit«.

    Kein Wunder, dass ich ein Fehler bin, ein Makel in der glänzenden Population der Evianer, die Mama regiert. Meine Kindheit habe ich auf der Flucht vor den Sticheleien meiner Zwillingsschwester verbracht. Vielleicht ist deshalb niemand auf der Insel in der Lage, mich zu fangen. An Tagen, an denen sich das Leben zu schwer anfühlt und sich Wehmut in mein Herz schleichen will, erinnert mich der in mein Gesicht wehende Kona-Wind daran, dass die Welt riesig und voller Möglichkeiten ist. Und wenn ich jenen Wind brauche, meine Mutter jedoch zu beschäftigt ist, um mit mir zu laufen, habe ich immer noch Lark.

    »Warte«, ruft sie zig Meter hinter mir.

    Ich halte an den nordöstlichen Klippen inne, dem höchsten Punkt von Ni’ihau. Während ich meine Freundin aufholen lasse, betrachte ich den Horizont. In der Ferne zeichnen sich putzmunter im Wasser springende Delfine ab. Ich habe den Großteil meines Lebens auf dieser Insel verbracht. Aber jedes Mal, wenn ich mir die Zeit nehme, die sattgrüne Insel Kauai in der Ferne zu betrachten und dabei auf der höchsten Stelle von Ni’ihau stehe, verblüfft mich die Erhabenheit der Umgebung aufs Neue. Als Lark endlich bei mir eintrifft, saugt ihre Lunge gierig und geräuschvoll die Luft ein. Sie krümmt sich vornüber. »Wir hätten die Pferde nehmen sollen.«

    »Geht’s dir gut?« Ich ziehe eine Augenbraue hoch.

    Abwiegelnd schwenkt sie die Hand, während sie keucht. »Alles gut, du Idiotin. Wir sind nicht alle Maschinen. Nimm gefälligst ein bisschen Rücksicht auf Schwächere.«

    »Du hast doch vorgeschlagen, diesen Weg zu nehmen.«

    »Dann bin wohl ich die Idiotin.« Als sich ihr Herzschlag allmählich normalisiert, richtet sie sich neben mir auf.

    »Als deine beste Freundin muss ich dir offiziell widersprechen.« Ich grinse. »Du bist klug und talentiert, Lark. Die Leute mögen dich. Jetzt wiederhol das, bis du es glaubst.«

    »Wo wir gerade davon reden, wie sehr du mich liebst ...« Lark meidet meinen Blick.

    »Was ist los?«, frage ich sie.

    »Ich brauche Hilfe.«

    Die meisten Evianer erweisen keine Gefälligkeiten – jedenfalls nicht ohne Verhandlungen und Gegenleistung oder zumindest eine kurze Analyse, um Auswirkungen und Risiken für sie abzuwägen. Aber ich bin die gebrochene Erbin, das fehlerhafte Zwillingskind, das Freundschaft nicht als Handelsgut betrachtet, wie ich es sollte.

    Deshalb erwidere ich auf Anhieb: »Worum es auch geht, du kriegst sie. Das weißt du doch.«

    Lark senkt ihre Stimme auf Flüsterton. »Es wird jedes Jahr schwieriger, in die nachrichtendienstliche Untersektion reinzukommen.«

    Lark ist ein Jahr älter als ich und hat unlängst ihre Ausbildung abgeschlossen. Das bedeutet, sie wird in den nächsten Tagen zu ihrem ersten Arbeitseinsatz eingeteilt.

    »Stimmt«, bestätigte ich. »Balth meinte, dass es recht populär geworden ist.« Auch wenn es mich nicht tangiert, denn ich werde nie irgendwo zugeteilt werden. Ich sitze für immer hier fest.

    »Noch vor ein paar Jahren hätte Mama mir sicher einen Platz besorgen können.«

    »Und jetzt?«

    »Na ja ...« Lark räuspert sich. »Jetzt kann sie nicht mehr viel tun. Aber wenn ich jemanden der siebten Generation bei einer Herausforderung besiegen könnte ...«

    Lark will gegen mich kämpfen. Und mehr als das, sie muss mich besiegen. Öffentlich.

    »Willst du mich vor allen, die wir kennen, mit einem Schwert durchbohren?« Das ist ziemlich viel verlangt. Gut, ich heile zwar blitzschnell, trotzdem schmerzt es. Außerdem gehört Lark der zehnten Generation an. Gegen sie zu verlieren, wäre ein neuer Tiefpunkt, sogar für mich.

    »Ich will wirklich nicht für Onkel Max arbeiten.«

    »Ach, jetzt hab dich nicht so. Er fördert mit Begeisterung junge Köpfe. Davon redet er ständig.«

    »Das stimmt.« Lark stöhnt. »Die Vorstellung, tagein, tagaus Konzerne umzustrukturieren ...« Sie schließt die Augen. »Ich werde vor Langeweile sterben.«

    Lark ist schon immer melodramatisch gewesen. »Reich einfach deine DNA ein, dann wirst du automatisch in den Nachrichtendienst aufgenommen. So umkämpft ist er nun auch wieder nicht. Gut, du bist mies bei der Anpassung deines Erscheinungsbilds, und deine Mutter ist ziemlich bekannt. Also wird man dich anfangs wohl auf die menschliche Seite verfrachten. Aber du kannst dich reinknien, deine Anpassungen üben und irgendwann den Posten wechseln.«

    »Wenn ich dich besiege, wäre ich automatisch die Nummer eins in Alamechas Klasse.«

    Und ich würde erbärmlich dastehen, wenn ich gegen jemanden mit drei Generationen mehr genetischer Abweichungen verliere. Ich öffne den Mund, um abzulehnen. Ein japsender Atemzug von ihr hält mich davon ab. Mit einer schlichten Blutprobe kann sie geradewegs auf einem hochrangigen Sicherheitsposten landen. Normalerweise greifen nur Anwärter der fünfzehnten Generation und darunter zu so dramatischen Mitteln wie einer öffentlichen Herausforderung. Warum verlangt sie von mir, meinen Ruf für etwas zu ruinieren, das sie gar nicht braucht?

    »Bist du dir ganz sicher, dass du einen Sicherheitsposten willst?«, frage ich.

    Ihre grauen Augen werden groß, ihr Atem stockt erneut. Die Sache ist ihr wirklich wichtig. Vielleicht wollte sie nur deshalb so weit rauslaufen, um mir die Frage ungestört stellen zu können. Sie wollte noch nie laufen gehen, also kam dieser Vorschlag aus heiterem Himmel. Meine älteste Freundin hat mich in siebzehn Jahren noch nie um etwas gebeten. Sie weiß wohl besser als jeder sonst, wie schwer es für mich ist. Und jetzt verlangt sie von mir etwas, das nicht wirklich nötig ist, obwohl sie weiß, dass Judica mich die Niederlage nie vergessen lassen wird.

    Warum?

    Ich will die Gedanken verdrängen und das nagende Unbehagen in meinem Hinterkopf ignorieren. Aber das kann ich nicht. So ticke ich nicht, und ich gelange immer wieder zum selben Schluss. »Mir fällt nur ein Grund ein, warum du mich um eine Herausforderung bitten könntest.«

    Larks Herzschlag beschleunigt sich, und ihr Schweißgeruch wird beinah so stark, als wäre sie aus Leibeskräften gerannt.

    Leider liefert mir das die Bestätigung. »Du kannst den Bluttest nicht machen.«

    Ihre Nasenflügel blähen sich. »Natürlich kann ich.«

    Sie belügt mich, doch ich hoffe, dass ich den falschen Grund dahinter vermute. Ich glaube nämlich, sie hat gerade von mir verlangt, Hochverrat zu begehen. Und sie wollte, dass ich mich unwissentlich darauf einlasse.

    Warum braucht sie mich für einen Kampf? Ich trainiere selten richtig. Sie hingegen verbringt jeden Morgen mehrere Stunden mit ihrer Mutter. Angeblich gehört sie zu den besten Kämpfern in der Anlage. »Warum forderst du mich nicht einfach heraus?«

    Larks graue Augen weiten sich.

    »Komm schon, Lark, du kannst es mir sagen. Was ist los?« Bitte, bitte rück damit heraus.

    »Vergiss es. Passt schon.« Lark wendet sich von mir ab und zupft an nicht vorhandenen Fusseln auf ihrer Hose.

    Als ich ihre Hand ergreife, zuckt sie zusammen, als hätte ich ihr einen Stromschlag verpasst. »Erzähl es mir.«

    Mit gekränktem Blick reißt sie die Hand zurück. »Da gibt’s nichts zu erzählen.«

    »Du bist halb menschlich.« Meine Worte hängen wie ein dichter Mückenschwarm in der Luft, der mir den Blick auf die Zukunft versperrt, meine Erinnerung an die Vergangenheit trübt und mein Herz wie eine Geißel befällt. Nur zu gern würde ich die Realität meiner Anschuldigung mit einer Handbewegung wegwischen, aber das kann ich nicht. Das kann nur Lark, indem sie die wilde Behauptung zurückweist.

    Sie muss es abstreiten.

    Nur fürchte ich, das kann sie nicht.

    Als sie kein Wort von sich gibt, fällt es mir plötzlich schwer zu atmen. Larks Vater muss ein Mensch gewesen sein. Sie ist nur eine halbe Evianerin. Jeder Augenblick unserer siebzehn Jahre als beste Freundinnen erscheint mir durch die Erkenntnis in einem neuen Licht. Ihr schweres Atmen, wenn wir laufen, ihr Training in Abgeschiedenheit, ihre Scheu davor, mit mir zu reisen. Der Boden unter meinen Füßen fühlt sich so wackelig an, als würde die Erde beben.

    »Warum hast du es mir nicht gesagt?«, flüstere ich. »Warum hast du es nicht schon vor Jahren gestanden?« Die Erkenntnis, dass sie es mir nicht einmal jetzt anvertraut hat, trifft mich hart. Ich musste es selbst über meine beste Freundin herausfinden.

    Eine Träne kullert ihr über die Wange. Unwirsch wischt sie den Tropfen weg. »Was hast du mit diesem Wissen jetzt vor?«

    »Sieh mich an.«

    Sie weigert sich.

    »Ich kann nicht fassen, dass du mich das ausgerechnet jetzt fragst. Ich würde dich nie ausliefern. Glaubst du etwa, ich könnte den Anblick deiner Hinrichtung ertragen? Lark, sieh mich an

    Ihre Unterlippe bebt. »Ich hätte gar nicht erst fragen sollen. Mama hatte schon recht. Warum hab ich bloß versucht, schlauer als du zu sein? Dafür bin ich unzulänglich.«

    Ich kann mir nicht mal vorstellen, mit einer solchen Angst zu leben. Warum ist ihre Mutter nicht mit ihr weggezogen oder hat sie zur Adoption freigegeben? Beim Gedanken an ein Leben ohne Lark zersplittert mein Herz. So lange Zeit konnte sie es nicht einmal riskieren, ihrer besten Freundin davon zu erzählen. Das ist für mich Grund genug, mich einem Kampf zu stellen. Niemand sollte so leben müssen wie sie, und wenn ich für sie einen sichereren Platz in unserer Welt schaffen kann, werde ich es tun.

    Diesmal klingt meine Stimme zittrig. »Dein Fehler war nicht, dass du gefragt hast, sondern dass du wichtige Informationen zurückgehalten hast. Natürlich tue ich alles, was du brauchst. Du kommst in die Sicherheitsabteilung rein, entscheidest dich dort für den Nachrichtendienst und verschwindest dann.« Mir wird klar, dass ich ihr zuvor unter anderem deshalb nicht helfen wollte, weil ihr Onkel Max hier lebt, und ich nicht wollte, dass sie weggeht.

    Aber das muss sie.

    Wenn sie auf der Insel bleibt, ist es nur eine Frage der Zeit, bis jemand anders es herausfindet. »Dann wird es nie jemand erfahren.«

    Sie schüttelt den Kopf. »Wenn du dir zusammengereimt hast, warum ich dich darum gebeten habe, dann könnte es auch jemand anders.«

    »Dann inszenieren wir deine Herausforderung. Ich erhalte mindestens zweimal im Jahr eine von Optimisten, weil ich ja als der nutzlose Zwilling betrachtet werde. Normalerweise lehne ich sie rundheraus ab. Aber bei dir könnte man nachvollziehen, dass ich wütend genug darüber wäre, um sie anzunehmen. Immerhin wissen beste Freundinnen genau, welche Knöpfe man drücken muss, nicht wahr?«

    Larks Mundwinkel heben sich leicht. »Balthasar könnte es trotzdem durchschauen«, meint sie. »Während des Kampfs, meine ich. Es ist gefährlich. Zu gefährlich. Deshalb hat Mama mir davon abgeraten, dich überhaupt zu fragen.« Sie vergräbt das Gesicht in den Händen. »Mama wird mich umbringen, wenn ich ihr das alles erzähle.«

    »Sag ihr einfach, dass du jetzt eine Verbündete hast.« Lächelnd ergreife ich ihre Hand. »Ich mag nicht die Erbin sein, aber ich bin eine Erbin. Mich zu schlagen, wird reichen. Und sobald du im Außeneinsatz auf der menschlichen Seite arbeitest, bist du weit weg von EvianischerPolitik. Dann bist du in Sicherheit.«

    »Das ist der Plan«, sagt sie. »Aber wenn Mama erfährt, dass du Bescheid weißt ...«

    »Erzähl es ihr einfach nicht.«

    Lark schüttelt den Kopf. »Ich kann meine Mutter nicht belügen. Das geht nicht. Ich belüge ohnehin schon alle anderen.«

    Ihr Leben ist härter gewesen, als mir bewusst war. »Wie langsam bist du genau?«

    Lark ballt die Finger zur Faust und entfesselt einen Schwinger gegen mich. Ich weiche mühelos aus. Einen Menschen stellen ihre Reflexe wahrscheinlich in den Schatten, trotzdem sind sie merklich langsamer als meine. Herrje. Wie sollen wir das glaubhaft über die Bühne bringen?

    »Die einzige Möglichkeit, über deine Geschwindigkeit hinwegzutäuschen, besteht wohl darin, dass ich mich stümperhaft anstelle«, sage ich. »Sollte nicht allzu schwierig sein. Aktiver Kampf ist noch nicht Teil meiner Ausbildung, also sollte ich recht überzeugend schlecht rüberkommen.«

    »Soll das heißen, es könnte meine Rettung sein, dass deine Mutter darauf besteht, dich in altmodischer Melodik auszubilden?« Diesmal erreicht Larks Lächeln ihre gewittergrauen Augen, und als sie funkeln, gelange ich zu dem Schluss, dass wir es schaffen können.

    Wir haben ohnehin keine andere Wahl.

    2

    »D u hast es mir leicht gemacht«, wirft Lark mir vor, als wir die Palastanlage erreichen.

    Cookie Crisp, mein King-Charles-Spaniel, tollt um meine Beine herum, als ich in den Hauptflur einbiege. Ich habe ihr befohlen, hier zu warten, als wir laufen gegangen sind. Wenn ich sie mitkommen lasse, kippt sie schon nach kaum einem Kilometer zum Aufwärmen praktisch um. Ich gehe in die Hocke und kraule Cookie die Ohren, um für Lark ein wenig Zeit zu schinden, damit sich ihr Herzschlag beruhigen kann.

    »Chancery«, zischt sie. »Wenn es funktionieren soll, kannst du so etwas nicht machen. Du darfst dich kein bisschen anders verhalten als vorher.«

    Ich nicke kaum merklich. »Na schön. Und jetzt halt die Klappe.«

    Sie grinst. »Gut. Das ist schon eher normal.«

    »Ich muss mich bald mit Mama zum Frühstück treffen. Wenn du es also durchziehen willst, dann besser gleich.«

    Als sie nickt, trete ich den Weg zum Sicherheitsbüro an. Kaum gerät es in Sicht, bemerke ich den großen, breitschultrigen Mann, der davor sitzt. Abrupt halte ich an. »Vielleicht wäre es doch nach dem Frühstück besser. Jetzt sollte ich erst mal duschen. Ich stinke.«

    »Du bist kaum ins Schwitzen geraten, du Laune der Natur.« Larks Blick folgt dem meinen, und in ihrem Gesicht erscheint ein breites Grinsen. »Du bist so ein Hasenfuß.«

    Sie ist die Einzige auf Ni’ihau, die weiß, wie heiß ich Edam finde, und ich bereue gerade, es ihr anvertraut zu haben.

    Meine Wangen röten sich, aber bevor ich mir eine glaubhaftere Ausrede als die Dusche einfallen lassen kann, schiebt sich Lark an mir vorbei und geht auf das Büro zu. Ich höre Stimmen, die sich uns aus der entgegengesetzten Richtung nähern. Stimmen, die ich erkenne. Kegan und Voron sind in Larks Klasse. Das ist eine perfekte Gelegenheit. Also kann ich mich nicht drücken, ganz gleich, wie sehr ich es möchte. Beinahe rutscht mir ein leiser Fluch heraus, aber wie immer halten mich Mutters mahnende Worte gerade noch rechtzeitig davon ab. Unflätigkeit ist die Krücke der Ahnungslosen. Oh Mann.

    »Chancy.« Voron bleibt vor mir stehen und verneigt sich halbherzig.

    »Wie oft soll ich euch noch sagen, dass ihr aufhören sollt, euch vor mir zu verbeugen?« Das kann ich nicht leiden.

    »Wenigstens noch ein letztes Mal, Hoheit«, erwidert Kegan und verneigt sich ebenfalls leicht.

    »Lark verbeugt sich wohl nicht mehr, was?«, fragt Voron.

    »Nicht mehr?«, gebe ich zurück. »Hat sie nie. Außer man zählt, wenn sie es zum Hohn gemacht hat.«

    »Es wird dir fehlen, jemanden um dich zu haben, der sich nie verbeugt«, meldet sich Lark zu Wort.

    »Ich tue so, als würdest du nicht weggehen«, gebe ich zurück.

    »Da wir nächste Woche eingeteilt werden, kannst du dir das nicht mehr lange vormachen«, sagt Lark. »Was habt ihr beide beantragt?«

    Voron stöhnt. »Politische Angelegenheiten. Mein Vater ist felsenfest überzeugt davon, dass ich mich dafür perfekt eigne.«

    Es ist eher perfekt für seinen geschwätzigen Vater. Voron wird es hassen.

    »Was ist mit dir?«, wendet sich Kegan an Lark. »Ich hab gehört, du willst in den Sicherheitsbereich.«

    Lark zuckt mit den Schultern. »Ja, aber ich will weder zum Wachdienst noch zu den Angriffstruppen. Deshalb drängt mich meine Familie, Lehrling bei Onkel Maxmillian zu werden.«

    »Ich hätte auch gern etwas Spannendes wie den Nachrichtendienst«, sagt Kegan. »Aber als fünfzehnte Generation habe ich darauf null Chancen.«

    Lark seufzt, doch bevor sie etwas sagen kann, komme ich ihr zuvor. »Du könntest jemanden herausfordern«, schlage ich vor.

    »Und wen?«, fragt Kegan. »Ich müsste jemanden auf höchstem Niveau besiegen, damit es mir hilft. Und im Zweikampf bin ich gerade mal mittelmäßig.«

    »Wenn du mich schlägst, wärst du ganz vorn dabei«, sage ich.

    Kegan schüttelt den Kopf. »Und

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