Allmende 111 – Zeitschrift für Literatur: Im deutschen Exil
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Rezensionen für Allmende 111 – Zeitschrift für Literatur
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Buchvorschau
Allmende 111 – Zeitschrift für Literatur - Hansgeorg Schmidt-Bergmann
Schriftstellerinnen und Schriftsteller leisten Widerstand, setzen sich für Gerechtigkeit und freie Gesellschaften ein. Dafür werden viele verfolgt, bedroht, angegriffen, eingekerkert, verbannt und nicht selten getötet. Solange eine oder einer von ihnen irgendwo nicht frei ist, ist niemand frei.
Najem Wali
Ein Land des Exils ist die Bundesrepublik seit Beginn ihres Entstehens. Das Recht auf Asyl steht festgeschrieben im Grundgesetz. Mit den weltweiten Krisen und der Unterdrückung in vielen Ländern steigerte sich jedoch die Zahl der Exilantinnen und Exilanten. Iran, Irak, Türkei und Syrien können dafür seit den sechziger Jahren stellvertretend stehen. Damit entstand auch eine deutschsprachige Exilliteratur, Rafik Schami steht dafür als ein Beispiel, auch dafür, dass die Literatur von Exilanten ein Teil der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur werden konnte. Die Zahl der Flüchtlinge hat sich seit 2015 potenziert, das gilt mit Blick auf den arabischen und afrikanischen Raum und mit Blick auf die osteuropäischen Länder wie Belarus und natürlich die Ukraine. „Zwischen mir und Damaskus und Aleppo liegen Tausende von Kilometern, schreibt Widad Nabi, „ein Mittelmeer aus Tränen, die es zu überfluten drohen. Wir haben es überquert, um zu überleben.
Es ist diese Leiderfahrung, die wir aus den Texten des erzwungenen Exils zumindest erahnen können, auch welcher Anstrengung es bedarf, sich neu einzurichten, eine Gesellschaft erst einmal zu begreifen lernen, allein, mit Partner oder Partnerin, mit Kindern und mit dem traurigen Bewusstsein des Verlustes des Zurückgelassenen. Nabi betont, dass mit jedem Tag ein „zurück unwahrscheinlicher wird. Die Distanz zwischen denen, die im Exil leben, und denjenigen, die dortgeblieben sind, wird kaum zu überwinden sein, auch nicht, wenn es zukünftig scheinbar politisch möglich erscheint – die Diktatoren und ihre Schergen haben ihr „Volk
fest in ihrem Würgegriff, die Gefängnisse sind überbelegt. Man kann gar nicht genug daran erinnern, dass Schriftstellerinnen und Schriftsteller seit Jahren weggesperrt sind, oder wie die ukrainische Schriftstellerin Victoria Amelina durch einen russischen Raketenangriff in diesem Juli getötet worden ist. Sie wollte nicht den Weg ins Exil gehen, sondern berichtete von den „Schlachtfeldern" in der Ukraine – der Krieg als Thema der europäischen Literatur im 21. Jahrhundert! Gerade deswegen sind die Texte der neuen Exilanten so wichtig, sie dokumentieren die Kraft der Literatur, so ohnmächtig wir auch angesichts der globalen Krisen sind. Daher sind auch literarische Plattformen wie Weiter Schreiben notwendig. Sie vernetzen mit großem Erfolg die Exilautorinnen und -autoren mit den deutschsprachigen Schriftstellerinnen und Schriftstellern. Annika Reich, eine der Initiatorinnen: „Dabei präsentieren wir die Autor*innen als Teil der deutschen Literaturszene und nicht als etwas ihr Äußeres". Wenn das gelingt, dann gibt es doch noch Hoffnung, der Barbarei zu widerstehen.
Hansgeorg Schmidt-Bergmann
Matthias Walz
allmende Nr. 111
Juli 2023 • 43. Jahr
Redaktion
Hansgeorg Schmidt-Bergmann
Matthias Walz
Herausgegeben von Hansgeorg Schmidt-Bergmann im Auftrag der Literarischen Gesellschaft, Karlsruhe
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allmende erscheint 2 × jährlich
Die Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt.
Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes bedarf der Zustimmung dess Verlages.
Für unaufgefordert eingesandte Manuskripte übernehmen wir keine Gewähr.
ISSN 0720-3098
Einzelbezug: ISBN 978-3-96311-847-0
Abobezug: ISBN 978-3-96311-848-7
epub: ISBN 978-3-96311-849-4
Quadriga auf dem Brandenburger Tor: © picture alliance / ZB | Arno Burgi
Franziska Schnürer: © privat
Hansgeorg Schmidt-Bergmann: © FotoFabry
Matthias Walz: © MLO
Franziska Schnürer: AUFLÖSUNG, 2014, Zusammengesetzter Holzschnitt, 100 × 150 cm
Rafik Schami: © privat
Rafik Schami: © privat
Rafik Schami: © privat
Rafik Schami: © MLO
Rafik Schami: © Root Leeb
Rafik Schami: © Arne Wesenberg
Franziska Schnürer: NEUE ALTE MUSTER, 2017, Holzschnittcollage, 100 × 70 cm
Yirgalem Fisseha Mebrahtu: © privat
Franziska Schnürer: PLUSSIEBEN (GEISTER VII), 2018, Schablithographie Kleingraphik, 30 × 45 cm
Natalka Sniadanko: © Katheryna Slipchenko
Franziska Schnürer: RESTENERGIEN II, 2018, Schablithographie, 30 × 40 cm
Volha Hapeyeva: GESTERN WAR ALLES ANDERS, 2023, Monotypie. Acryl auf Papier, 29,7 × 21 cm
Volha Hapeyeva: BLÜTENSTAND, 2023, Aquarell, 29,7 × 21 cm
Volha Hapeyeva: MORGEN, 2023, mixed Media, 29,7 × 21 cm
Volha Hapeyeva: VOGEL, 2022, Kohle, 15 × 23 cm
Volha Hapeyeva: IM ABSTAND, 2022, Aquarell, 14,8 × 21 cm
Volha Hapeyeva: © Claudia Stranghöner
Franziska Schnürer: INSOMNIA 1, 2018, Bleistift, 50 × 70 cm
Café: © Heike Steinweg
Arbeitsplatz Widad Nabi: © Heike Steinweg
Widad Nabi: © Heike Steinweg
Widad Nabi: © Heike Steinweg
Franziska Schnürer: SPIEGEL 2, 2020, Schablithographie (3er Auflage), 13 × 19 cm (Druck)
Annika Reich: © Heike Steinweg
Franziska Schnürer: SPIEGEL 3, 2020, Schablithographie, 13 × 19 cm (Druck)
Dima Albitar Kalaji: © Juliette Moarbes
Franziska Schnürer: SPIEGEL 4, 2020, Bleistiftzeichnung, 20 × 25 cm
Abdalrahman Alqalaq: © privat
Franziska Schnürer: RÜCKZUG, 2022, Bleistiftzeichnung, 20 × 25 cm
Mariam Meetra: © privat
Franziska Schnürer: WIRRUNGEN1, 2023, Linolschnitt 3er Auflage, 30 × 42 cm (Druck)
Khrystyna Kozlovska: © privat
Halyna Petrosanyak: © Juri Rylchuk
Franziska Schnürer: XPARIETINA, 2022, Bleistiftzeichnung, 70 × 100 cm
Aubrey Beardsley: A Platonic Lament, 1894
Sam Zamrik: © Paula Winkler
Franziska Schnürer: PATIENCE, 2015, zusammengesetzter Holzschnitt, 240 × 260 cm
Najem Wali: © Emanuela Danielewicz
Jagoda Marinic: © christian-dammert.de
Anna Baar: © Johannes Puch
Gerhard Henschel: © Jochen Quast
Maria Stepanova: © Ekko von Schwichow/Suhrkamp Verlag
Esther Kinsky: © Heike Steinweg/Suhrkamp Verlag
Jan Faktor: © Joachim Gern
Lutz Seiler: © Heike Steinweg/Suhrkamp Verlag
Fridolin Schley: © Juliane Brückner
Judith Zander: © Sven Gatter
Slata Roschal: © Ammy Berent
Juri Andruchowytsch: © Stefan Klüter/Suhrkamp Verlag
Abbas Khider: © Peter-Andreas Hassiepen
Michael Krüger: © Foto Meinen /Suhrkamp Verlag
Victoria Amelina: © Osabadash, CC BY-SA 4.0
Dank für die großzügige Unterstützung an
Prof. Dr. Matthias Siegmann, Rechtsanwalt am Bundesgerichtshof
IM DEUTSCHEN EXIL
FRANZISKA SCHNÜRER: AUFLÖSUNG, 2014, Zusammengesetzter Holzschnitt, 100 x 150 cm
RAFIK SCHAMI
Meine sechste Erzählschule
Literatur produzieren in einer fremden Sprache
Darüber habe ich viel geschrieben.¹ Im Grunde wollte ich nicht auf Deutsch schreiben, denn ich hatte ja eine (als berechtigte Hoffnung perfekt getarnte) Illusion nach Deutschland mitgebracht:
Die Emigrantenliteratur hat in den arabischen Ländern, vor allem aber in Syrien, dem Libanon und Ägypten, einen hohen Stellenwert. Wegen des Hungers nach Brot, Freiheit und Gerechtigkeit unter den Osmanen emigrierten tausende Araber nach Nord- und Südamerika. Dort entstanden starke arabische