Zwischen Barrieren, Träumen und Selbstorganisation: Erfahrungen junger Geflüchteter
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Über dieses E-Book
Eine solche selbstorganisierte Gruppe ist das Autor*innenkollektiv »Jugendliche ohne Grenzen«, Berlin. Hier ergreifen die geflüchteten Jugendlichen selbst das Wort. Sie blicken in diesem Band auf die Jugendhilfe, auf alles, was oft nur scheinbar helfend für die geflüchteten Kinder und Jugendliche zur Verfügung steht. Wie erleben sie, die geflüchteten Jugendlichen, das Aufnahmeland Deutschland und sich selbst in ihm? Wie empfinden sie ihre Situation? Womit sind sie tagtäglich konfrontiert? Was halten sie von Willkommensklassen? Das Autor*innenkollektiv »Jugendliche ohne Grenzen« gibt Antworten und berichtet über seinen Alltag, der geprägt ist von erschwerten Bedingungen wie Rassismus und struktureller Diskriminierung einerseits und den alltäglichen Anforderungen des Erwachsenwerdens andererseits.
Zum Autor*innenkollektiv gehören Viana Tamir, Havere Morina, Alin Ahmad, Amna Ben Yousef, Hawa Souma, Fatima Khalil, Reem Alaswad, Kajin Ahmad, Wahed Khan und Çingiz Sülejmanov. Mohammed Jouni hat das Autor*innenkollektiv koordiniert. Er ist Referent der politischen Bildung, Diversity- und Empowerment-Trainer. Er hat die Selbstorganisation «Jugendliche ohne Grenzen« mitbegründet und arbeitet als Sozialarbeiter im BBZ – Beratungs- und Betreuungszentrum für junge Flüchtlinge und Migrant*innen, Berlin.
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Rezensionen für Zwischen Barrieren, Träumen und Selbstorganisation
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Buchvorschau
Zwischen Barrieren, Träumen und Selbstorganisation - Autorenkollektiv »Jugendliche ohne Grenzen«
Geleitwort der Reihenherausgeberinnen
Dieses Buch braucht eigentlich kein Vorwort. Es spricht für sich selbst, es spricht aus sich selbst heraus. Man muss es jedoch sprechen lassen. »Begegnungen« sagt Lothar Böhnisch, kann man »weder institutionalisieren noch inszenieren«, man »muss sie zulassen können«.¹ Tatsächlich habe ich beim Lesen des Buches diesbezüglich einen interessanten Prozess vollzogen.
Als ich es in den Händen hielt, konnte ich mich – trotz des Appells der Jugendlichen zu Beginn – nach mehr als zwanzig Jahren wissenschaftlicher Sozialisation von einem gewissen Systematikwunsch zunächst nicht trennen. Von Beginn an hat mich die Authentizität beeindruckt, sogar gefangen, aber ich wollte unbedingt die einzelnen Aussagen besser verstehen können, wollte wissen, von wem sie denn nun im Einzelnen kommen, in welchem Kontext sie jeweils stehen, aus welcher Perspektive sie jeweils getätigt sind, um sie besser entschlüsseln zu können, einer Hermeneutik zuzuführen.
So ging es mir bis ungefähr zur Hälfte des Buches. Ich kann gar keinen Punkt benennen, an dem sich dieses Verhältnis plötzlich umkehrte, aber unbemerkt verschwand dieser Analysewunsch plötzlich hinter einem völlig anderen Gefühl. Ich habe die Zitate einfach aufgenommen und es hat angefangen in mir zu arbeiten. Irgendwie hat sich auf diese Weise eine völlig andere Art von Zugang eröffnet, ein Verstehen entfaltet, nicht auf einer Detail suchenden Ebene, sondern als umfassendes Verstehen, geradezu als Atmosphäre. Aus diesem Prozess sind eine Menge Anregungen und Ideen entstanden, auch für weitere Bücher dieser Reihe.
Vor allem aber hat sich dieses Gefühl, dass die Jugendlichen in voller Authentizität gesprochen haben – angefangen bei ihren ganz alltägliche Wünschen und Bedürfnissen bis zu ihren Belastungen, traumatischen Erfahrungen und Hoffnungen – und dass eben auch nicht alles zu verstehen ist, nicht von uns und nicht mal von ihnen selbst, auf eine zugleich verstörende und beruhigende Art und Weise eingestellt. Ein interessantes Gefühl für mich. Ich freue mich daher, Ihnen als Leser*innen das Buch vorzustellen – es ist ein wunderschönes und besonderes Projekt geworden und ich danke allen, die sich so tatkräftig daran beteiligt haben, allen voran den Jugendlichen selbst!
Silke Birgitta Gahleitner
Dorothea Zimmermann
Maximiliane Brandmaier
Barbara Bräutigam
1L. Böhnisch (2002). Räume, Zeiten, Beziehungen und der Ort der Jugendarbeit. Deutsche Jugend – Zeitschrift für Jugendarbeit, 50 (2), 70–77. S. 75.
Einleitung
Dorothea Zimmermann: Unser Buch hat eine spannende Entstehungsgeschichte, wie hat es angefangen? Es handelt sich um ein Work-in-progress-Projekt. Eine Geschichte, bei der wir anfangs nicht genau wussten, was am Schluss rauskommt.
Mohammed Jouni: Und ob überhaupt was dabei rauskommt.
Dorothea Zimmermann: Der Ausgangspunkt war, dass wir in unserer Reihe »Fluchtaspekte« ein Buch mit dem Fokus auf Kinder und vor allem Jugendliche herausbringen wollten. Dabei war immer ein bisschen die Frage, wie gehen wir da heran und ich habe das mit verschiedenen Personen aus dem Bereich diskutiert. Mit Olga Schell vom »Zentrum Überleben« kam dann die Überlegung nicht über Jugendliche zu schreiben, sondern einen Raum für sie selbst zu eröffnen. Wie ist ihr Blick auf die Jugendhilfe, auf das System, auf alles, was vielleicht oft nur scheinbar helfend für sie zur Verfügung steht?
Da musste ich an dich denken, Mohammed, da wir schon zwei Veranstaltungen zusammen gemacht haben. Du hast bei diesen Veranstaltungen einerseits subjektiv aus deiner Sicht erzählt, aber auch konkrete Forderungen konsequent gestellt: Es geht um Partizipation. Es geht darum, auf die Jugendlichen selber zu hören. Und es geht um Empowerment, sich untereinander und miteinander zu organisieren und diese Blickwinkel auch tatsächlich in die ganze Diskussion miteinzubringen.
Mohammed Jouni: Du hattest mich angerufen, mich ein paar Mal per E-Mail angeschrieben und ich fand das schon ganz interessant. Dann haben wir telefoniert. Du hast mir ein bisschen von dem Vorhaben erzählt, aber die Idee war noch gar nicht so konkret. Trotzdem war mein Interesse geweckt. Oftmals ist es so, dass an uns – also an »Jugendliche ohne Grenzen« (JoG) – eine Anfrage herangetragen wird: »… ich promoviere … ich schreibe meine Masterarbeit … meine Bachelorarbeit … und hätte gern ein Interview mit euch oder ich würde euch gerne beobachten …«. Aber es gab noch nie die Anfrage, ob wir selber etwas schreiben wollen, dass es unterstützend wäre, etwas von uns zu publizieren. Also habe ich diese Idee an die Gruppe herangetragen, ob es für sie überhaupt interessant ist. Es stellte sich schnell große Begeisterung ein: »Ja, dann schreiben wir ein Buch und da kommt das rein und das rein.« Danach erzählte ich dir von der Begeisterung in der Gruppe, und wir überlegten dann, wie wir das umsetzen können.
Dorothea Zimmermann: Die Zielgruppe dieses Buches sind ja alle, die mit jungen Geflüchteten arbeiten. Unabhängig davon, ob das in der in der Schule ist oder in der Jugendhilfe, therapeutisch, ehrenamtlich usw. Wie erleben die Jugendlichen das eigentlich, wie ergeht es ihnen in dem System? An diesem Punkt haben wir aber gedacht, wenn wir jetzt fragen, als Teil des Systems, werden wahrscheinlich andere Antworten kommen als wenn Personen fragen, die eine ähnliche Geschichte durchlaufen haben. Es ist ein ganz anderes Gefühl sagen zu können, nein, das fand ich jetzt zum Beispiel nicht gut oder das fand ich gut. Vielleicht kommen sie auch auf ganz andere Themen, die uns so erst einmal gar nicht einfallen würden.
Mohammed Jouni: Ich glaube auch, dass diese Perspektive ein wesentlicher Erfolgsfaktor von dem Projekt, von diesem Buch war. Ich glaube genau das, was du gerade gesagt hast. Es kommt