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Rettende Umweltphilosophie: Von der Notwendigkeit einer aktivistischen Philosophie
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eBook217 Seiten2 Stunden

Rettende Umweltphilosophie: Von der Notwendigkeit einer aktivistischen Philosophie

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Über dieses E-Book

Die ökologische und klimatische Katastrophe gefährdet die Grundfesten unserer planetaren Existenzbedingungen. Angesichts der dadurch verursachten Zerstörungen plädiert Jürgen Manemann für eine rettende Umweltphilosophie. Diese erschüttert die Kaltstellungen des wissenschaftlich-technischen Zugriffs auf Natur durch die Konfrontation mit Andersheit und Anderheit in Natur. Rettende Umweltphilosophie zielt auf ein (Zusammen-)Leben, das alle Menschen, Tiere, Pflanzen, Arten, Berge, Flüsse, Ökosysteme und die Erde als Teil der Moralgemeinschaft umfasst. Indem sie sich engagierend und aktivierend um die Handlungsfähigkeit der Menschen sorgt, begründet sie eine Pflicht zum Aktivismus. Rettende Umweltphilosophie schärft den Blick für Utopisches und lässt Neues im Kaputten und in Zwischenräumen aufblitzen.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum30. Sept. 2023
ISBN9783732869305
Rettende Umweltphilosophie: Von der Notwendigkeit einer aktivistischen Philosophie
Autor

Jürgen Manemann

Jürgen Manemann (Prof. Dr.), geb. 1963, ist Direktor des Forschungsinstituts für Philosophie Hannover. Er ist Schüler von Johann Baptist Metz und Vertreter der Neuen Politischen Theologie. Seine weiteren Forschungsschwerpunkte sind Umweltphilosophie und neue Demokratietheorien.

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    Buchvorschau

    Rettende Umweltphilosophie - Jürgen Manemann

    I. Engagierte Wissenschaften


    Rettende Umweltphilosophie knüpft an die Debatte über engagierte Wissenschaften an. Unter dem Begriff »Engagierte Wissenschaften« wird heutzutage vieles subsumiert. Ganz allgemein geht es dabei zunächst darum, Wissenschaft und Öffentlichkeit in ein neues Verhältnis zu setzen. Insbesondere junge Wissenschaftler*innen beklagen die Inselsituation, in der sich ihres Erachtens Wissenschaft immer noch befindet. Zur Engagementpraxis engagierter Wissenschaft gehört nicht nur, Wissen bereitzustellen, sondern auch, Bürger*innen zu helfen, Wissenschaftsmündigkeit auszubilden. Wissenschaftskommunikation ist aus Sicht engagierter Wissenschaft deshalb auch mehr als Wissensvermittlung und die damit einhergehende Suche nach immer neuen Formaten der Kommunikation. Engagierter Wissenschaft geht es um die Etablierung eines kritischen Diskurses zwischen Wissenschaftler*innen und Bürger*innen, in dem engagierte Bürger*innen erfahren, dass auch sie zur Wissensproduktion beitragen und dass ihnen ein bedeutender epistemischer Status für die Forschung zukommt.¹ Wissenschaftler*innen, die Wissenschaft außerhalb der institutionalisierten Formen des Wissenschaftsbetriebes anerkennen, sprechen deshalb von »Citizen Science«. Als solche vermag engagierte Wissenschaft auch ein besonderes Sensorium für epistemische Ungerechtigkeiten auszubilden. Die Philosophin Miranda Fricker hat diesen Begriff eingebracht, einerseits, um auf Missachtungen von Individuen und Gruppen hinzuweisen, deren Glaubwürdigkeit von vornherein in Abrede gestellt und deren Wissen einfach ignoriert wird, andererseits, um hermeneutische Ungerechtigkeiten auszuweisen, die durch einen »ungerechten Mangel an Verständlichkeit« verursacht werden.²

    Engagierte Wissenschaft bedeutet aber nicht nur die Einbeziehung des Wissens zivilgesellschaftlicher Engagementpraxis in die Forschung. In ihrem emphatischen Gebrauch verlangt sie auch ein zivilgesellschaftliches Engagement von Wissenschaftler*innen. Engagierte Wissenschaft besitzt deshalb einen melioristischen Grundzug. Sie zielt darauf ab, »die Welt zu einem besseren Ort zu machen«³ – so formuliert es die Global Young Academy.

    Engagierte Wissenschaft schaltet sich »jenseits akademischer Diskurse in öffentliche Debatten oder politische Entscheidungsprozesse« ein.⁴ Dieses aktive Selbstverständnis spiegelt sich mittlerweile auch in der wissenschaftlichen Politikberatung wider. Engagierte Wissenschaftler*innen reduzieren diese nicht auf die Aufgabe, bloß auf Fragen der Politik zu antworten. Politikberatung aus Sicht engagierter Wissenschaft verlangt, sich in Entscheidungsfindungsprozesse einzubringen, unter anderem dadurch, dass im Kontext interdisziplinärer Beratungsdiskurse auch eigene Handlungsoptionen und Positionen formuliert werden, die konträr zu den politischen Vorgaben stehen.⁵ Dabei besitzt engagierte Wissenschaft ein Wissen von den Gefahren, die das Engagement im politischen Feld mit sich bringt. Ständig muss sie aufpassen, von der Politik nicht instrumentalisiert zu werden. Überdies hat sie darauf zu achten, dass die Bezüge auf wissenschaftliche Erkenntnisse von der Politik nicht dazu benutzt werden, um öffentliche Willensbildungsprozesse abzubrechen.⁶ Gegen derartige Versuchungen ist u.a. immer wieder daran zu erinnern, dass es Wissenschaft nur im Plural gibt. Statt von »der Wissenschaft« im Singular wäre deshalb besser von »den Wissenschaften« zu sprechen. Der Plural verweist nicht nur auf die Pluralität der Disziplinen, sondern auch auf die Pluralität innerhalb der einzelnen Fächer.⁷

    Auf Seiten der Wissenschaften gibt es die Gefahr der Selbstüberschätzung, mit der die Versuchung einhergeht, Demokratie durch Expertokratie zu ersetzen: »Politiker*innen schrumpfen in dieser technokratischen Vision auf bloße Vollzugsorgane eines bürokratischen Apparats zusammen, dessen Funktion es ist, naturwissenschaftlich-technologische Erkenntnisse möglichst reibungslos in gesellschaftliche Verwaltung zu überführen.«⁸ Wissenschaften sollten aber auch demokratiefähiger in dem Sinne werden, dass sich die Institution Wissenschaft demokratisiert:

    »Es gilt deshalb, die gesellschaftlichen Ungleichheiten aufzudecken, die sich (…) in der Institution Wissenschaft widerspiegeln. Nur so geraten systemische Asymmetrien, Vereinseitigungen und Exklusionen in der Wissensproduktion und aneignung in den Blick.«

    Dazu müssen Wissenschaften ihre eigenen Verstrickungen in gesellschaftliche, politische und ökonomische Machtverhältnisse erkennen und immer wieder neu offenlegen; denn:

    »Eine Wissenschaft, die in eingebildeter Selbständigkeit die Gestaltung der Praxis, der sie dient und angehört, bloß als ihr Jenseits betrachtet und sich bei der Trennung von Denken und Handeln bescheidet, hat auf Humanität schon verzichtet.«¹⁰

    Engagierte Wissenschaften können

    »die Qualität der Forschung verbessern, die Wirkung steigern, das Ansehen der Wissenschaft in der Öffentlichkeit erhöhen und die Anwendbarkeit der Forschung für die Lösung von Problemen der realen Welt verbessern. Genauer gesagt ermutigt die Praxis des Engagements die Wissenschaftler*innen, akzeptablere Forschungsprotokolle zu entwickeln, für die Gemeinschaft wichtige Forschungsfragen zu definieren und zu bewerten und die Ergebnisse auf eine Weise zu kommunizieren, die bei einem breiten und vielfältigen Publikum Anklang findet.«¹¹

    Eine engagierte Wissenschaft, die sich als »transformative Wissenschaft« begreift, arbeitet sich bewusst im Horizont »reflexiver Modernisierung« (U. Beck) aus.¹² Dabei versteht sie sich als aktiver Teil dieser Transformationsprozesse. Sie beinhaltet zudem »ein umfassendes institutionelles Reformprogramm für die Wissenschaft«¹³. Eine transformative Wissenschaft, »die sich institutionell entgrenzt, kann damit einen Beitrag dazu leisten, dass moderne Gesellschaften lernen, mit den von ihnen produzierten ökologischen und sozialen Nebenfolgen angemessen umzugehen«¹⁴.

    Auch rettende Umweltphilosophie ist eine transformative Wissenschaft. Sie übernimmt eine aktive Rolle in den Transformationsprozessen, auf welche sie aber gleichzeitig permanent wissenschaftlich und machtpolitisch reflektiert.¹⁵


    1Vgl. Massachusetts Institute of Technology, The Evolving Culture of Science Engagement, in: https://www.cultureofscienceengagement.net/2013convening/report (abgerufen am 28.02.2023).

    2Vgl. M. Fricker, Epistemische Ungerechtigkeit. Macht und die Ethik des Wissens, München 2023, 22.

    3Global Young Academy, GYA in Brief, in: http://Globalyoungacademy.net/about/ (abgerufen am 28.02.2023).

    4Die junge Akademie, Engagierte Wissenschaft, in: https://www.diejungeakademie.de/aktivitaeten/arbeitsgruppen/engagierte-wissenschaft/ (abgerufen am 28.02.2023).

    5Ein solches aktives Beraten zeigt sich etwa in der Arbeit des Sachverständigenrates für Umweltfragen.

    6Vgl. M. Dreiwes/A. Honnacker/J. Manemann/J. Rüegger, Corona. Antworten auf eine kulturelle Herausforderung, Hannover 2020, 4. (https://fiph.de/veroeffentlichungen/buecher/Corona_FIPH.pdf?m=1592484286&, abgerufen am 31.03.2023).

    7Vgl. ebd., 5.

    8Ebd., 4.

    9Ebd., 6.

    10M. Horkheimer, Traditionelle und kritische Theorie. Vier Aufsätze, Frankfurt 1972, 56.

    11E. Cope/, Engagement Science: An Overview of the Landscape of Engaged Research (Jan 15, 2019), in: (abgerufen am 28.02.2023).

    12Vgl. U. Schneidewind, Transformative Wissenschaft – Motor für gute Wissenschaft und lebendige Demokratie, in: GAIA, 24/2 (2015), 88–91, 88. Zur Kritik an diesem Ansatz: M. Dreiwes, Uneingestanden politisch? Eine rettende Kritik der Transformativen Wissenschaft, in: https://www.Philosophie-Indebate.de (abgerufen: 15.04.2023).

    13U. Schneidewind, Transformative Wissenschaft, 88.

    14Ebd., 90.

    15Siehe: J. Herberg/J. Staemmler/P. Nanz (Hg.), Wissenschaft im Strukturwandel. Die paradoxe Praxis engagierter Transformationsforschung, München 2021.

    II. Rettende Umweltphilosophie


    Rettende Umweltphilosophie begreift sich als engagierte, transformative Wissenschaft, geht jedoch über die bisher genannten Kennzeichen hinaus, da sie aktivierend und aktivistisch ist. Als solche erweist sie sich auch als kritisches Korrektiv bestehender Klima- und Umweltethiken. Anders als diese Ethiken steht sie nicht in einem distanzierten Verhältnis zu dem »Ensemble von gelebten Überzeugungen, Gefühlen (…) und Haltungen«¹. Sie begreift sich als Teil gelebter Moral.

    »Umweltphilosophie« ist ein Mantelbegriff, der Umweltethik, Umweltästhetik, Umweltpolitik, naturphilosophische Reflexionen sowie Klimaethik umfasst. »Umwelt« bezeichnet zunächst einmal all das, was uns umgibt. Gemeinhin bezeichnen wir* mit »Umwelt« unsere »natürliche Umwelt«, wohl wissend, dass es reine, wilde Natur kaum noch gibt, »allenfalls in der Tiefe, im Hochgebirge oder auf fernen Planeten«². Nichtsdestotrotz gibt es so etwas wie Natur, etwas, »das nicht vom Menschen gemacht wurde, sondern (weitgehend) aus sich selbst entstanden ist, neu entsteht und sich verändert (so wie Tiere, Pflanzen, Steine, Flüsse, Berge, Planeten)«³. Hierbei mag es sich um »menschlich überformte Natur« handeln, aber dennoch ist diese Natur »nicht etwas vom Menschen Gemachtes, sondern eben nur von ihm Überformtes (…).«⁴ Die Philosophin Angelika Krebs gibt ein Beispiel:

    »Den Schwarzwald haben Menschen zwar angelegt, aber nicht gemacht, die Altstadt von Freiburg haben sie gemacht. Natürlich sind die Übergänge zwischen Überformen und Machen fließend (…).«

    An anderer Stelle stellt sie fest:

    »Wer glaubt, dass etwas nur deswegen nicht mehr Natur sein kann, weil es von uns berührt ist, der verkennt, dass nicht jede Unterscheidung zwischen einander gegenüberstehenden Begriffen eine Dichotomie sein muss. Er wird blind für das Natürliche im Kultivierten.«

    Für den Philosophen Michael Hauskeller lässt sich heute nicht mehr eindeutig bestimmen, »wo Natur anfängt und der menschliche Bereich aufhört«⁷.

    In der Umweltphilosophie geht es aber gegenwärtig nicht nur und nicht in erster Linie um Natur, Tiere, Pflanzen etc. als bloße Umwelt des Menschen. Von Umwelt zu sprechen heißt heute vor allem, von Umwelt als Zerstörtes, Bedrohtes, zu Rettendes zu sprechen.

    II.1 Mit dem Besonderen beginnen

    Umweltphilosophie, die retten will, beansprucht mehr und weniger zu sein als Fachphilosophie. Sie ist weniger, weil sie es immer mit konkreten Umwelten konkreter Lebewesen zu tun hat. Sie vermag es nicht, starke Theorien und Systeme zu entwickeln, dafür ist sie zu sehr im Konkreten verstrickt. Und so findet rettende Umweltphilosophie ihre Grundlage auch nicht vornehmlich in abstraktem Wissen, das, wie Michael Hauskeller deutlich gemacht hat, immer Wissen des Allgemeinen ist, sondern in der Wahrnehmung des Besonderen.⁸ Der Ausgangspunkt der Umweltphilosophie ist Leben, und lebendig ist »nur das Besondere, nicht das Allgemeine«⁹. Aufgabe rettender Umweltphilosophie ist deshalb eine »Singularisierung« (M. Hauskeller), durch die das Einzelne in den Blick tritt:

    »Man kann das Leben nur in seinen individuellen Manifestationen erleben: in einem einzelnen Menschen oder auch in einem Vogel oder in einer Blume. Es gibt kein Leben ›der Massen‹, es gibt kein Leben in der Abstraktion.«¹⁰

    Rettende Umweltphilosophie wendet sich deshalb gegen Abstraktionen, die das Besondere nivellieren. Sie steht zum einen kritisch gegen einen reduktionistischen naturwissenschaftlich-mechanistischen Blick auf Natur; zum anderen richtet sie sich gegen Singularisierungen, die zwar in sich different, auch vielfach gebrochen sind, aber dennoch im Abstrakten verfangen bleiben, weil es ihnen nicht gelingt, anderes in seiner Individualität und Einzigartigkeit freizusetzen.¹¹ So ist Singularisierung in der spätmodernen Gesellschaft zu einem Zwang zur »Besonderung« (A. Reckwitz) verkommen, der immer wieder neu durch »Affektintensivierungen« angestachelt wird, teils von außen stimuliert, teils vom Selbst angefeuert.¹² Die daraus hervorgehenden Singularitäten sind nicht aus Anerkennungsverhältnissen geboren, sondern Produkte selbsthergestellter und »hochdynamische[r] soziale[r] Fabrikation«,¹³ die gegen das Allgemeine in Stellung gebracht werden. In einer Gesellschaft derartiger Singularitäten kann das Verhältnis zwischen dem Besonderen und dem Allgemeinen nur in Opposition gedacht werden.

    Rettende Umweltphilosophie geht vom Besonderen aus, verweigert sich jedoch einer oberflächlichen binären Betrachtungsweise des Besonderen und Allgemeinen. Die Rede vom Besonderen avanciert zur schlechten Abstraktheit, wenn sie ihre Angewiesenheit auf das Allgemeine nicht erkennt. Das Allgemeine ist nicht nur Bedrohung des Besonderen, denn das Besondere bedarf zur Unterscheidung des Allgemeinen:

    »Nur in der Reichweite von begrifflicher Unterscheidung und Darstellung, nur dort also, wo etwas als ein Soundso charakterisiert werden kann, ist es möglich, auch auf die Singularität dieses Objekts zu achten – und damit: es nicht auf eine Bestimmung zu bringen, sondern bei einem Namen zu rufen. Um diesen Berg, dieses Gerät oder diesen Menschen in seiner Besonderheit anzusprechen, bedarf es der Begriffe ›Berg‹, ›Gerät‹ und ›Mensch‹.«¹⁴

    Das Besondere und das Allgemeine sind deshalb, so der Philosoph Martin Seel, in ihrem Spannungsverhältnis zu thematisieren.¹⁵ Das Besondere trägt das Allgemeine in sich, und das Allgemeine vermag auch, das Besondere in seiner Dignität anzuerkennen, indem es dieses als bedeutenden Teil eines größeren Ganzen ausweist. Das Besondere besitzt somit eine individuelle Allgemeinheit. In der Beobachtung einer Biene auf einer Lavendelblüte schwingt mehr mit als die Bewunderung für genau dieses eifrige, tänzelnde, anmutende Wesen. Ich weiß, dass diese Biene unendlich mehr ist als die aktuelle Erscheinung, weil ich sie auch als allgemeine Biene sehe. In diesem Sinne wäre das Besondere im Allgemeinen aufgehoben, ohne durchgestrichen zu sein.

    Nichtdestotrotz sind heute die Gefahren, die mit dem Fokus auf das Allgemeine einhergehen, größer als diejenigen, die mit der Rede vom Besonderen verbunden sind.¹⁶ Überdies ist das Besondere das Basale, weil es das Lebendige ist. Das Allgemeine als abstraktes Wissen besitzt keine Lebendigkeit.¹⁷ Angesichts gegenwärtiger und zukünftiger Bedrohungen erinnert rettende Umweltphilosophie an die Gefahren des Allgemeinen, schützt doch abstraktes Wissen nicht davor, andere Menschen und nichtmenschliche Lebewesen zu verletzen.¹⁸ Zudem weiß sie, dass das Abstrakte Ausdruck von Entfremdung sein und/ oder solche produzieren kann. Rettende Umweltphilosophie zeichnet sich dadurch aus, dass sie aufgrund der Nähe, die sie zu Menschen, Tieren, Pflanzen und zu allem, was sie wahrnimmt, besitzt, nicht nur ein Wissen hat, sondern auch eine Erfahrung, mit der die Erkenntnis einhergeht, dass dieser Mensch, der mir begegnet, nicht bloß ein Alter Ego, sondern einzigartig ist; dass dieses Tier nicht bloß Vieh ist; dass diese Pflanze nicht bloß Gewächs ist – sondern, dass dieser Mensch, dass dieses Tier, dass diese Pflanze etwas ist, das jeweils sein bzw. ihr Leben leben will.¹⁹ Der Landethiker und Pionier der Umweltethik, Aldo Leopold, schrieb 1949 in seinem berühmten Werk »Ein Jahr im

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