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Ein Hauch von Dunkelheit: Portal Fantasy Einzelband
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Ein Hauch von Dunkelheit: Portal Fantasy Einzelband
eBook509 Seiten5 Stunden

Ein Hauch von Dunkelheit: Portal Fantasy Einzelband

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Über dieses E-Book

Eine magische Welt, in der ein schrecklicher Krieg wütet.
Ein Schattenmagier, der die Dunkelheit befehligt.
Ein geheimnisvoller Fremder, dessen Finsternis auf eine harte Probe gestellt wird.
Und ein Mädchen, das in der Lage ist, das Schicksal aller zu entscheiden …

Anas Leben wird von wiederkehrenden Albträumen bestimmt, in denen sich ihr eine von Dunkelheit überschattete Welt offenbart. Als Traum und Realität miteinander verschmelzen, findet sie heraus, dass das Land Tús Nua nicht nur existiert, sondern sein Schicksal auf geheimnisvolle Weise mit ihrem Leben verwoben ist. Auf der Suche nach Antworten gerät sie zwischen die Fronten eines brutalen Krieges. Trost und Verständnis findet sie bei Thion, dem sie bereits in ihren Träumen begegnet ist. Doch ihm ist die Dunkelheit hörig …
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum11. Nov. 2022
ISBN9783910615618
Ein Hauch von Dunkelheit: Portal Fantasy Einzelband

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    Buchvorschau

    Ein Hauch von Dunkelheit - Jessica Nemerhi

    Ein_Hauch_von_Dunkelheit.jpg

    Copyright 2022 by

    Dunkelstern Verlag GbR

    Lindenhof 1

    76698 Ubstadt-Weiher

    http://www.dunkelstern-verlag.de

    E-Mail: info@dunkelstern-verlag.de

    © Cover- und Umschlaggestaltung: Juliana Fabula | Grafikdesign – www.julianafabula.de/grafikdesign

    Unter Verwendung folgender Stockdaten: shutterstock.com: ivan_kislitsin, Philipp Tur, Rroselavy, Graphic Compressor; freepik.com

    ISBN: 978-3-910615-61-8

    Für jene, die wir verloren haben –

    weil euer Licht auch in der Dunkelheit weiterstrahlt.

    Inhalt

    Playlist

    Kapitel 1

    Kapitel 2

    Kapitel 3

    Kapitel 4

    Kapitel 5

    Kapitel 6

    Kapitel 7

    Kapitel 8

    Kapitel 9

    Kapitel 10

    Kapitel 11

    Kapitel 12

    Kapitel 13

    Kapitel 14

    Kapitel 15

    Kapitel 16

    Kapitel 17

    Kapitel 18

    Kapitel 19

    Kapitel 20

    Kapitel 21

    Kapitel 22

    Kapitel 23

    Kapitel 24

    Kapitel 25

    Kapitel 26

    Kapitel 27

    Kapitel 28

    Kapitel 29

    Kapitel 30

    Kapitel 31

    Kapitel 32

    Kapitel 33

    Kapitel 34

    Kapitel 35

    Kapitel 36

    Kapitel 37

    Kapitel 38

    Kapitel 39

    Kapitel 40

    Kapitel 41

    Kapitel 42

    Kapitel 43

    Kapitel 44

    Kapitel 45

    Kapitel 46

    Kapitel 47

    Kapitel 48

    Kapitel 49

    Kapitel 50

    Kapitel 51

    Kapitel 52

    Danksagung

    Quellenverzeichnis

    Triggerwarnung

    Inhaltswarnung

    Dieses Buch enthält Inhalte, die bei einigen Leserinnen und Lesern Unwohlsein hervorrufen oder potenzielle persönliche Trigger darstellen könnten. Eine detaillierte Auflistung der inbegriffenen Themen bzw. Szenen ist am Ende dieses Buches zu finden, da sie explizite Spoiler zur Geschichte enthält.

    Playlist

    Ruelle – Bad Dream

    Tommee Profitt feat. Sam Tinnesz – Heart Of The Darkness

    The Phantoms – Find You

    Florence + The Machine – No Light, No Light

    Tommee Profitt feat. Ruelle – Whose Side Are You On

    Leet Mob – My Story

    SYML – The War

    XVI – Darkness

    Seether – Breakdown

    Sam Tinnesz feat. Zayde Wølf – Man Or A Monster

    Daughtry – Heavy Is The Crown

    Three Days Grace – The Real You

    One Republic – Let’s Hurt Tonight

    Generdyn feat. SVRCINA – Chosen

    Teil 1

    Fair Oak

    Kapitel 1

    Ana

    Die Finsternis legte sich wie ein dunkelgrauer Schleier über mich und nahm mich gefangen. Nebel, den der Wald bedrohlich ausatmete, floss schemenhaft durch die Düsternis. Feuchtigkeit breitete sich auf meiner Haut aus. Mein eigener Atem ging stoßweise. Er vermischte sich mit dem grauen Dunst, wurde von ihm fortgetragen und verschlungen.

    Das Pochen meines Herzschlags wummerte in meinen Ohren und verzerrte sich, als ich mich um mich selbst drehte, um mich zu orientieren. Es war das Einzige, das ich hörte, ansonsten drang kein Laut zu mir. Fröstelnd schlang ich die Arme um meinen zitternden Körper. Ich achtete darauf, durch den Mund zu atmen, um den fauligen Geruch nach vermodertem Holz nicht riechen zu müssen.

    »Okay, bleib ruhig«, flüsterte ich und wünschte, ich hätte mir etwas Wärmeres angezogen. Aber wer ging schon mit Mantel und Gummistiefeln ins Bett?

    Langsam bewegte ich mich vorwärts, wobei sich meine nackten Zehen in feuchtes Moos gruben und ich mit ihnen an unebenen Wurzelflechten hängen blieb. Meine mit bunten Fruchtstücken bedruckte Pyjamahose hatte sich längst am unteren Saum mit Wasser vollgesogen. Vorsichtig streckte ich die Hand aus. Meine zitternden Finger berührten die raue Rinde eines Baumes.

    Alles in mir schrie nach Flucht. Doch wohin?

    Es gab kaum eine Nacht, die ich nicht hier verbrachte. Dabei wusste ich nicht einmal, wo sich dieses ›Hier‹ überhaupt befand. Ich war nie auf einen Ausweg gestoßen, wagte es jedoch nicht, aufzugeben.

    Zu groß war meine Angst vor dem, was im Wald lauerte.

    Etwas, das mich hier nicht haben wollte.

    Träume waren schon seltsam. Unberechenbar. Wie oft hatte ich versucht, eine Lösung für sie zu finden? Wie oft geglaubt, eine gefunden zu haben?

    Und doch schlichen sie sich fast jede Nacht in meinen Kopf. Brachen, trotz der Regelmäßigkeit, jedes Mal so bedrohlich wie eine Flutwelle über mich herein.

    Mein Großvater hatte versucht, mir zu helfen. Er hatte mich zu Therapiestunden und in Schlaflabore geschleppt – aber die Träume waren geblieben. Und mit ihnen eine Beklemmung, wie ein unsichtbarer Schmerz, der mich auch tagsüber nicht losließ, begleitet von einer schier endlos langen Liste an Fragen.

    Ich schloss die Augen und lehnte meine Stirn gegen die Baumrinde. Heiße Tränen liefen meine Wangen hinab. Nur einen Moment, mehr brauchte ich nicht, dann würde ich weiterlaufen. Einen Augenblick, nur solange, bis ich die Anwesenheit der Kreatur bemerken würde.

    Bisher hatte ich sie nie gesehen – aber ich wusste, dass sie da war.

    Ganz nah.

    Meine Fingernägel krallten sich in die Rinde. Ich werde den Weg hier rausfinden. Früher oder später werde ich es schaffen.

    Und was dann?, meldete sich die fiese, wispernde Stimme in meinem Kopf.

    Knurrend ignorierte ich die Worte, hob das Kinn und lief los. Ohne Ziel, völlig orientierungslos, bloß weiter. Ich rannte immer schneller, stolperte über Wurzeln und stieß mit den Schultern gegen Baumstämme. Haarsträhnen verfingen sich in den Ästen und ziepten an meiner Kopfhaut.

    Keuchend kam ich zum Stehen und stützte mich mit einer Hand an einem Stamm ab. Die kalte Luft brannte mir in der Lunge.

    Zwei, drei Schritte stolperte ich vorwärts, bevor ich mich erneut festhielt. Meine Knie gaben nach. Mir entfuhr ein Schluchzen und ich raufte mir die Haare.

    Es war aussichtslos. Ich würde keinen Weg hinausfinden. Niemals.

    Wozu sollte ich es überhaupt noch versuchen, Nacht für Nacht? Diese Albträume raubten mir die Kraft, um den jeweils nächsten Tag durchzustehen. Verwehrten mir die Erholung, die ich so dringend brauchte.

    Ich konnte mich doch auch hier hinlegen, auf das Moos. Mein Pyjama war sowieso schon völlig verschmutzt und von der Nässe vollgesogen. Meine Finger strichen über das weiche, dunkelgrüne Geflecht.

    Ich war so müde.

    »Nur einen Moment«, flüsterte ich und ließ mich zur Seite fallen. Meine Schulter sank in den Morast ein. Für ein paar Sekunden empfand ich die Kälte intensiver, regelrecht schmerzhaft, und ich rollte mich wie eine Katze zusammen. Mit einem Seufzen schloss ich die Augen und blendete die Unannehmlichkeiten aus. Stellte mir vor, mit einem Buch und einer heißen Tasse Tee in meinem Bett unter einer kuschligen Decke zu liegen.

    Mein Magen knurrte.

    »Grandpa? Ist das Essen schon fertig?«, rief ich in die Stille, aber es kam nur ein leises Murmeln über meine eiskalten Lippen.

    Anstelle einer Antwort wurde das Knurren lauter. Bedrohlicher.

    Moment mal ... ich hatte doch gar keinen Hunger?

    Mein Herz setzte einen Schlag aus, nur um dann doppelt so schnell wie vorher zu pochen. Ich riss die Augen auf und fuhr hoch. Ich war nicht allein. Was auch immer hier sein Unwesen trieb, es hatte mich gefunden.

    Mein Blick zuckte umher und fokussierte sich schließlich auf zwei leuchtend helle Punkte in der Finsternis. Ein gelbes, nein, fast golden schimmerndes Augenpaar starrte mir entgegen.

    Schnell kämpfte ich mich auf die Beine.

    Vergessen waren Müdigkeit und Kälte.

    Überstürzt drehte ich der Kreatur den Rücken zu und sprintete los. Ich war noch nicht weit gekommen, als ich vor mir ein bläuliches Schimmern wahrnahm.

    Das war neu.

    Es leuchtete knapp über dem Waldboden und dehnte sich der Länge nach wie ein dünner Faden aus.

    Ob mir dieses Licht den Weg hier hinaus zeigte?

    Mir klebte das feuchte Haar im Gesicht und ich strich es mir aus den Augen, um mich besser auf meinen Weg konzentrieren zu können.

    Unbeholfen blieb ich an den dicken Baumstämmen hängen und kratzte mir an der rauen Rinde die Haut auf. Nach einigen Metern hatten sich meine Augen an das Schimmern gewöhnt, sodass ich den Hindernissen leichter ausweichen konnte.

    Das Knurren, das das Tier nun ausstieß, war dunkler. Näher.

    Es war direkt hinter mir und so laut, dass mir das Dröhnen bis ins Mark fuhr und mich erzittern ließ.

    Ich wandte den Kopf um und verlor meinen Weg aus den Augen.

    Mein Fuß verhakte sich unter einer Wurzel, ich geriet ins Straucheln und prallte mit der linken Hand gegen einen Baum. Mein kleiner Finger wurde brutal nach hinten umgebogen, dann beherrschte der Schmerz mein gesamtes Denken.

    Ich schrie. Sterne tanzten in meinem Blickfeld. Ich stolperte über etwas, verlor das Gleichgewicht und fiel nach vorn. Unsanft landete ich mit dem Brustkorb auf der Erde. Sämtliche Luft wurde aus meiner Lunge gepresst. Ich rang nach Atem und stemmte mich japsend mit der unverletzten Hand hoch.

    Ich erstarrte und das Husten blieb mir in der Kehle stecken, als ich sah, worauf ich gelandet war – oder vielmehr: auf wem.

    »Was zum ...?«

    Genau hier endete das Schimmern und ich starrte in das Gesicht eines Jungen. Er musste ungefähr zehn oder elf Jahre alt sein. Halb verborgen lag er unter Wurzeln, Moos und herabgefallenen Blättern. Seine Arme waren vor der Brust verschränkt, die Augen geschlossen und die Gesichtszüge wirkten entspannt.

    War er tot? Ich hob meine zitternde Hand, aber wagte es nicht, ihn zu berühren. Zaghaft nahm ich nur eine seiner dunklen Strähnen und rieb sie zwischen Daumen und Zeigefinger. Sein Haar war trocken und weich.

    Wie war das möglich? Ich selbst war mittlerweile bis auf die Knochen durchnässt, so als wäre ich samt Kleidung in einen Fluss gesprungen.

    Das Knurren der Kreatur erklang erneut. Sie war schon ganz nah. Lauerte auf ihre Beute. Ich wollte fort von hier, aber ich konnte diesen Jungen nicht einfach liegen lassen. Ich musste wissen, ob das Kind am Leben war, und es in Sicherheit bringen.

    Eilig legte ich meine Hand an seinen Hals und tastete nach der Schlagader. Ehe ich mich auf seinen Puls konzentrieren konnte, schlug der Junge die Augen auf und ein Stromschlag zuckte durch meinen Körper.

    ~~~

    Mit einem spitzen Schrei erwachte ich in warmer Dunkelheit. Schwitzend richtete ich mich auf und mir entfuhr ein Schmerzenslaut. Mein Finger pochte unerbittlich und das Brennen lähmte meine ganze Hand. Auch mein anderer Arm kribbelte, doch der Schmerz ließ bereits nach.

    Noch immer orientierungslos lehnte ich mich zur Seite und tastete nach dem Schalter der Nachttischlampe. Dabei streiften meine Finger die langen Blätter der Grünlilie, die nur eine von vielen Pflanzen in unserem Haus war. Sie sollte, wie die Efeutute auf meinem Schreibtisch und die Aloe Vera auf dem Fenstersims, für einen besseren Schlaf sorgen. Zumindest behauptet das mein Großvater. Ich hielt das ganz klar für ein Gerücht.

    Blinzend stellte ich fest, dass meine Haut schmutzverschmiert war. Vorsichtig und ohne meine verletzte Hand zu belasten, schlug ich die Bettdecke zurück.

    Wie war das möglich?

    Ich war patschnass, was ich zumindest auf den Nachtschweiß schieben konnte, aber für die Dreckflecken, die meinen Pyjama bedeckten, hatte ich keine vernünftige Erklärung.

    Ein Klopfen an meiner Zimmertür ließ mich zusammenzucken und die tiefe Stimme meines Großvaters drang durch das Holz. »Ana? Ist alles in Ordnung?«

    Schnell zog ich mir die Decke bis unters Kinn. »Ja, Grandpa, i-ich bin okay«, stammelte ich und suchte im Chaos meines Gehirns nach einer Erklärung. »Ich wollte mir nur etwas zu trinken holen und habe mich gestoßen.«

    Oder so ähnlich, fügte ich in Gedanken hinzu.

    Die Tür wurde geöffnet und Grandpa sah herein. Sein kurzes, graues Haar stand wirr in alle Himmelsrichtungen und in seinem von Falten durchzogenen Gesicht zeichnete sich neben der Müdigkeit auch Sorge ab. »Hattest du einen Albtraum?«

    Ich schüttelte den Kopf und hoffte, dass er mein feuchtes Haar im schummrigen Licht übersah. »Nicht weiter tragisch. Du kannst wieder ins Bett gehen.«

    Er schenkte mir ein sanftes Lächeln und kam meinen Worten, wenn auch widerwillig, nach.

    Grandpa wusste, dass ich die Sache gerne runterspielte und wie es mir wirklich ging. Aber ich wollte ihn nicht weiter belasten. Er hatte schon genug um die Ohren.

    Nachdem Mum und Dad vor zehn Jahren gestorben waren, hatte er mich allein großgezogen. Und verdammt, ich machte es ihm mit meinen Launen oft nicht leicht. Das war nicht der einzige Grund, weshalb ich ihm meist mit meinen Problemen aus dem Weg ging. Die Worte »geteiltes Leid ist halbes Leid« waren nur eine Farce. Die Wahrheit war, dass das Gefühl zu ersticken größer wurde, sobald andere mir zu nahe kamen. Sobald sie sich meiner Sorgen annahmen, mich trösteten.

    Ich hasste es.

    Nachdem Grandpas Schritte auf dem Flur verklungen waren und ich das Klicken seiner Schlafzimmertür hörte, atmete ich die angestaute Luft aus.

    Langsam stieg ich aus dem Bett und betrachtete verwirrt meine mit feuchtem Schlamm überzogenen Zehen und den durchnässten Pyjama. Jeder Muskel schmerzte. Mein Finger war geschwollen und bereits bläulich verfärbt, sodass ich fürchtete, er könnte gebrochen sein.

    War ich schlafgewandelt? Ein Blick aus dem Fenster verriet mir, dass es nicht geregnet hatte. Nein, etwas an meinem Traum hatte sich verändert – und damit meinte ich nicht einmal die Verletzungen und den Dreck, auch wenn das sicher das Eigenartigste an dieser Nacht war.

    Noch nie hatte sich die Kreatur so deutlich bemerkbar gemacht. Und dieser Junge ... wer war er? Was war mit ihm geschehen?

    Mir lief es eiskalt den Rücken hinunter, als ich daran dachte, wie jung er war. Und er war dort ganz allein ...

    Meine Träume waren in den vergangen zehn Jahren stets gleich abgelaufen. Nur heute war es anders gewesen. Das Einzige, was mir einfiel und die Sache erklären könnte, war, dass ich mich bewusst dazu entschieden hatte, nicht mehr fortzurennen.

    Ich zwang mich, die Fragen, auf die ich sowieso keine Antworten hatte, in eine imaginäre Schublade zu stecken. Es war wichtig, aus den nassen Sachen herauszukommen, ehe ich mir eine Erkältung einfing.

    Ich schielte zu meinem Wecker und stellte bedauernd fest, dass ich nicht einmal mehr zwei Stunden hatte, bevor ich mich für die Schule fertig machen musste. Ein Blick nach unten und auf mein Bett verdeutlichte mir, dass die Nacht wohl vorbei war.

    Leise trat ich auf den Flur und tapste ins Badezimmer, wo ich erschrocken mein Spiegelbild betrachtete. Ich sah so aus, wie ich mich fühlte und wie man eben aussah, nachdem man blindlings und mitten in der Nacht durch den Wald gerannt war. Mein langes braunes Haar war nass und verfilzt. Schürfwunden und Schlammspritzer zierten meine blassrosa Haut und ich überlegte, wie ich das Grandpa erklären sollte.

    Seufzend wandte ich mich ab und drehte das Badewasser auf.

    Nachdem ich die Temperatur eingestellt hatte, lief ich eilig in mein Zimmer zurück, zog die verschmutzte Bettwäsche ab und ging damit nach unten. Ich entledigte mich meines Pyjamas und stopfte ihn zusammen mit den Laken in die Waschmaschine. Schnell füllte ich Waschmittel in den Behälter und schaltete die Maschine an.

    Einen Moment lang blieb mein Blick an der sich drehenden Trommel hängen.

    Der Mond leuchtete hell in die kleine Waschküche hinein und ließ mein Gesicht im Bullauge kalkweiß erscheinen. Meine Augen waren schreckgeweitet und der Mund stand offen.

    Fröstelnd schlang ich die Arme um mich, bevor ich mich kopfschüttelnd abwandte und wieder nach oben ging.

    ~~~

    Als ich Grandpas Schritte auf der Treppe vernahm, saß ich bereits fertig angezogen, in einer Hand einen Löffel, die andere unter einem Eisbeutel liegend, in der Küche. Ich schluckte das Müsli hinunter und wappnete mich innerlich für das bevorstehende Gespräch. Ich versuchte erst gar nicht, die zahlreichen Schürfwunden in meinem Gesicht und auf den Händen zu verbergen. Mein Großvater hatte ein Gespür dafür, wie es in mir aussah. Manchmal wünschte ich, es wäre nicht so.

    »Morgen«, murmelte er verschlafen.

    Er war es gewohnt, mich so früh schon fertig angezogen in der Küche anzutreffen, obwohl ich noch reichlich Zeit hatte, bevor ich zum Bus musste. Grandpa wusste genau, dass ich nach den Albträumen kein Auge mehr zumachen konnte. Andere hätten jede mögliche Minute, die sie mit schlafen verbringen konnten, ausgenutzt.

    Mein Großvater schlurfte hinter mir vorbei zum Küchenschrank und nahm sich seine Best-Grandpa-Tasse heraus, die ich ihm vor ein paar Jahren zum Geburtstag gekauft hatte. Der Schriftzug war mittlerweile schon fast verblasst und ich beschloss, die Augen im Einkaufszentrum nahe meiner Schule nach einer neuen offen zu halten. Ich holte tief Luft und legte den Löffel ab. Als er sich zu mir umdrehte, um nach der Teekanne zu greifen, zuckte er so heftig zusammen, dass er beinahe die leere Tasse fallen ließ.

    »Ana«, stieß er entgeistert hervor. Sein Blick wanderte zwischen meinem Gesicht und dem Eisbeutel hin und her. »Was ist passiert?«

    Ja, Ana, was ist passiert?, fragte meine innere Stimme gehässig.

    Natürlich hatte ich in der Badewanne genug Zeit, mir eine glaubwürdige Geschichte auszudenken.

    »Nachdem ich mir den Zeh gestoßen habe – der überhaupt nicht mehr wehtut! –, konnte ich nicht mehr einschlafen. Ich musste an die frische Luft und bin in den Park gegangen. Na ja, dort habe ich nicht aufgepasst und bin gestürzt. Ich glaube, mein Finger könnte vielleicht gebrochen sein?« Ich redete schnell, gab meinem Grandpa kaum Zeit darüber nachzudenken. Die letzten Worte formulierte ich eher wie eine Frage und untermalte sie mit einem missglückten Grinsen.

    Ich beobachtete, wie ihm die Gesichtszüge entglitten und er mich mit offenem Mund anstarrte.

    »Ich weiß nicht, was ich schlimmer finde – dass du dich nachts allein rausschleichst oder wie du aussiehst.«

    Stirnrunzelnd sah ich ihn an. »Na, vielen Dank für das Kompliment.«

    Stöhnend fuhr er sich übers Gesicht, stellte die Tasse ab und setzte sich neben mich. »Zeig mal her.«

    Ich nahm den Eisbeutel von meiner Hand und hielt sie ihm hin. Der Finger war am Mittelgelenk dick angeschwollen und neben einer leichten Abschürfung blau verfärbt.

    Grandpa brummte. »Wir fahren lieber ins Krankenhaus.«

    »Muss das sein? Musst du nicht zu Arbeit?«, fragte ich, verstummte aber sofort wieder, als mich sein scharfer Blick traf.

    ~~~

    Die Welt raste an mir vorbei. Meine Augen wollten angestrengt die vorüberziehende Landschaft fixieren, aber die Nacht hatte neben den sichtbaren auch unsichtbare Spuren hinterlassen.

    Das Gefühl, das Leben würde viel zu schnell an mir vorbeiziehen, war in diesem Moment größer als je zuvor und erdrückte mich.

    Und doch kam ich keinen Schritt weiter.

    Es war ein trister, wolkenverhangener Tag. Das Grün der Bäume und Wiesen verwuchs mit dem Grau der Straßen zu einem breiten Fluss, der drohte mich mit sich zu reißen.

    Müde ließ ich meine Stirn gegen die Scheibe sinken und schloss die Lider. Ich konzentrierte mich auf den Moderator des Senders BBC Radio 2, der einen beliebten Popsong ankündigte. Kurz darauf erfüllte Sam Smiths melodische Stimme den Innenraum des Taxis. Doch auch der Song konnte die Erinnerungen an die vergangenen Stunden nicht verschwinden lassen.

    Meine Gedanken kreisten unaufhörlich um den Jungen, die Kreatur mit den goldglänzenden Augen und die Tatsache, dreckverschmiert in meinem Bett aufgewacht zu sein.

    Mein Finger schmerzte nach wie vor, aber die Arzneimittel, die man mir im Krankenhaus gegeben hatte, wirkten zu meiner Erleichterung bereits. Man hatte ihn zusammen mit dem Ringfinger geschient und mit einem dicken Salbenverband versehen. Er war nicht gebrochen, aber verstaucht, und es würde etwas dauern, bis er vollständig verheilt war.

    Grandpa war in den letzten Stunden noch ruhiger als sonst gewesen. Er hatte am Morgen sofort ein Taxi gerufen, das uns in die Notaufnahme gefahren hatte. Während wir dort warteten, hatte er sich bei seiner Arbeitsstelle im örtlichen Gartencenter krankgemeldet.

    Ich öffnete meine Augen einen Spalt und schielte zu ihm hinüber. Er starrte verbissen und mit gerunzelter Stirn aus dem Fenster und hing seinen eigenen Gedanken nach.

    Ob er mir die Geschichte abkaufte? Ich schüttelte leicht den Kopf über meine Frage. Wieso sollte er nicht? Sicher dachte er an Mum und Dad.

    Vieles wäre einfacher für ihn, wären sie noch bei uns. Wenn sie damals bei dem Brand nicht ums Leben gekommen wären.

    Ich erinnerte mich kaum an sie. Selten blitzten Erinnerungsfetzen auf, die mir zeigten, dass wir viel Zeit draußen in der Natur verbracht hatten. Das war aber auch schon alles.

    Der Tag ihres Todes war in Dunkelheit gehüllt und das Einzige, was mir eine vage Vorstellung davon gab, war Grandpas Schilderung. Doch selbst diese verblasste immer mehr. Er hatte nur ein einziges Mal erzählt, was geschehen war, danach hatten wir nie wieder darüber gesprochen.

    Das Taxi wurde langsamer, als es das Ortsschild von Fair Oak passierte und kurz darauf in unsere Straße einbog. Mein Großvater wandte sich mir zu und schenkte mir ein aufmunterndes Lächeln, das jedoch nicht bis an seine grauen Augen heranreichte.

    Der Wagen hielt vor unserem Haus, das mit seiner roten Backsteinfassade von den anderen kaum zu unterscheiden war.

    Während Grandpa den Fahrer bezahlte, stieg ich aus und atmete gierig die frische Luft ein. Es roch nach Regen und eine Windböe wirbelte mein Haar auf.

    »Komm. Lass uns reingehen«, sagte Grandpa, der an mich herangetreten war und mir seine warme Hand auf den Rücken legte.

    Im Haus verkündete er, etwas zum Mittagessen zu kochen, und ich verzog mich so lange mit einer Kuscheldecke auf das Sofa.

    Auch hier waren, so wie im gesamten Haus, zahlreiche Zimmerpflanzen vertreten. Sie zierten die Kommoden, Tische und Fensterbänke, hingen von der Decke oder standen in den Ecken. Wenn mein Großvater noch mehr von seiner Arbeit mit nach Hause brachte, würde es bald einem Dschungel gleichen. Dieser befand sich bereits in unserem Garten, wo die verschiedensten Pflanzen ausreichend Platz zum Wachsen und Blühen hatten. Nur in der Mitte fand sich eine rund angelegte Rasenfläche. Ich fischte mein Smartphone aus der Hosentasche und zog überrascht die Brauen hoch.

    Siebzehn Nachrichten von Theresa ploppten auf.

    Zusammengefasst gab sie sich mit meiner knappen Mitteilung am Morgen nicht zufrieden. Stattdessen wollte sie unbedingt mehr darüber erfahren, wie ich es geschafft hatte, mir etwas zu brechen und wie langweilig es ohne mich in der Schule sei.

    Ich schrieb ihr, dass der Finger nur verstaucht war und Grandpa mich den Rest der Woche krankgemeldet hatte. Es dauerte nicht lange, bis sie mir ihre Entrüstung darüber kundtat.

    Die ganze Woche????!!!!!, lautete ihre neue Nachricht.

    Ich versuchte seufzend, über die Masse an Satzzeichen hinwegzusehen, und tippte rasch eine Bestätigung.

    Darüber sprechen wir noch mal, wenn ich vor Langeweile gestorben bin, antwortete Theresa.

    Sollte das passieren, können wir darüber nicht mehr sprechen. Das weißt du, oder?, schrieb ich mit einem breiten Grinsen zurück.

    Ich beobachtete, wie sie tippte, wieder aufhörte, und noch mal anfing zu tippen.

    Elende Besserwisserin.

    Ich lachte und antwortete, dass es mir den Rest der Woche nicht anders ergehen würde. Der Gedanke an die nächsten Tage sorgte für ein ungutes Gefühl. Ich würde zu viel Zeit haben, um über das Erlebte nachzudenken. Es fiel mir zwar nicht immer leicht, dem Unterricht zu folgen, aber dort hätte ich wenigstens eine Ablenkung. Meine Leistungen reichten gerade so, um zusammen mit Theresa die A-Levels machen zu können.

    Da nur mein Finger verletzt war und nicht mein Kopf – zumindest hoffte ich das –, beschloss ich, in den kommenden Tagen die freie Zeit intensiv mit Lernen zu verbringen. Theresa antwortete nicht mehr und ich legte das Smartphone zur Seite.

    Wie erwartet begann es zu regnen. Ich entspannte mich, ließ mich tiefer in das weiche Sofa sinken und konzentrierte mich auf das stete Trommeln der Regentropfen, die gegen die Fensterscheiben prasselten.

    ~~~

    Ich befand mich erneut im Wald, umgeben von dichtem Nebel und einer Atmosphäre, die mir von der ersten Sekunde an eine Gänsehaut bereitete. Doch anders als sonst galt mein Gedanke nicht der Flucht. Nein, ich hatte nur das Kind im Kopf und fragte mich, ob es noch hier draußen war.

    Ob ich den Jungen wiedersehen würde? Dieser Moment ließ mich nicht los, hatte sich in mein Gedächtnis eingebrannt. Ich wusste, dass ich ihm wieder begegnen musste, da es mir sonst keine Ruhe lassen würde.

    Die erste wirkliche Abweichung.

    Der erste Lichtblick.

    Seitdem keimte Hoffnung in mir. Es musste etwas zu bedeuten haben.

    Da ich hier über keinerlei Orientierungssinn verfügte, konnte ich nicht sagen, wo ich ihn gefunden hatte. Es konnte genau hier sein, hinter dem nächsten Baum oder auch kilometerweit entfernt. Ich wusste nicht einmal, ob diese Träume immer denselben Ausgangspunkt hatten, oder ich stets an einer anderen Stelle landete. Das blaue Schimmern konnte ich nicht mehr wahrnehmen.

    Langsam schritt ich vorwärts, tastete mich vorsichtig an den Bäumen entlang. Die linke Hand hielt ich nah am Körper, damit ich nirgends mit der Schiene hängenblieb.

    Ich nahm mir fest vor, nicht zu rennen. Meine Augen hatte ich weit aufgerissen, sie zuckten durch die Düsternis. Mir durfte nichts entgehen. Soweit ich es beurteilen konnte, wirkte der Waldboden unberührt. Zweifel schlichen sich heran und nisteten sich wie Insekten ein. Die Wahrscheinlichkeit, das Kind zu finden, erschien mir mit einem Mal verschwindend gering.

    Ich wollte aufgeben, doch ich konnte nicht. Eine unsichtbare Kraft trieb mich voran, zwang mich regelrecht dazu, weiterzugehen. Zentimeter für Zentimeter ließ mich mein rasendes Herz spüren, und je weiter ich ging, desto schmerzhafter wurde das Ziehen in meiner Brust. Bis es urplötzlich verebbte und ich erstarrte.

    Ich rang nach Atem und die kalte Luft brannte sich in meine Lunge. Angespannt starrte ich in die Dunkelheit. Hinter mir erklang das Knacken eines Astes und ich wirbelte herum.

    In unmittelbarer Nähe machte ich eine Gestalt aus, halb verborgen hinter einem dicken Stamm.

    »Hallo?«, rief ich und die Silhouette zuckte zusammen. Es musste der Junge sein, da war ich mir sicher. Ich trat näher heran und er wich vor mir zurück. »Bitte, bleib. Hab keine Angst.«

    Ich streckte ihm meine Hand entgegen, aber er wandte sich von mir ab und rannte los. Verdammt!

    Schnell hechtete ich hinterher und griff nach ihm, doch meine Fingerspitzen berührten nur noch den Stoff seiner Kleidung. Dann war er in der Dunkelheit verschwunden.

    Ich überlegte, ihm nachzulaufen, wusste aber, wie sinnlos das gewesen wäre. Mit meinem Glück würde ich mir nur den Fuß brechen.

    Und wie sollte ich das meinem Großvater erklären?

    Kapitel 2

    Von Magie und

    schlechten Omen

    Während ein Junge in einem verwunschenen Wald nach einem Jahre andauernden Schlaf das Leben zu verstehen versuchte, schlichen sich Naya und Malik durch das hohe Gras einer Steppe im Süden Tús Nuas. Schatten hingen wie schwarzer Nebel in der Dunkelheit. Die Halme, die einst saftig und grün gewesen waren, waren heute grau und vertrocknet. Ein Spiegelbild dessen, was dem gesamten Land widerfahren war.

    Die beiden Nuans waren ganz ruhig, konzentrierten sich auf das, was vor ihnen lag, und blendeten alles andere aus.

    Für das heutige Training hatten sie sich etwas weiter als gewöhnlich von ihrem Heimatdorf Thalan entfernt und waren auf eine kleine Gruppe Scáth gestoßen, die sich inzwischen nur noch wenige Meter vor ihnen aufhielt.

    Viel zu lange war ihr letzter Kampf her gewesen. Doch während Nayas Körper vor Aufregung zu kribbeln begann, nagten an Malik Zweifel.

    Entfernt euch nicht zu weit vom Dorf.

    Geht Konfrontationen mit Scáth aus dem Weg.

    Haltet euch an den Trainingsplan.

    Die Stimme ihres Kommandanten Alec hallte durch seinen Kopf. Er holte tief Luft und sperrte sie aus. Es war zu spät, um sich an Abmachungen zu halten. Malik konnte nicht leugnen, dass er sich gleichermaßen auf den Kampf freute wie Naya. Sie beide hatten schon als Kinder zu den Besten gezählt und die Tatsache, dass sie noch am Leben waren, bewies das. Zu viele waren in den vergangenen zehn Jahren gestorben, verschlungen von der Finsternis. Nichtsahnend ergötzten sich die Schattenkrieger an der Dunkelheit, aus der sie ihre Kraft gewannen und die ihnen Sicherheit verlieh. Sie war ihr Verbündeter, bot Schutz und Macht zugleich.

    Die Kreaturen waren laut. Ihre Frotzeleien waren für Naya und Malik schon von Weitem zu hören gewesen, ohne dass sie ihre dünnen, hochgewachsenen Körper, die hoch aus dem Gras ragten, ausmachen konnten.

    Wenn sich die Scáth nicht gerade gegenseitig verprügelten oder gar töteten, sprachen sie über ihre gräuelvollen Taten, die sie selbst als nobel erachteten.

    Die beiden Nuans blendeten ihre Wut aus, als sie sich ihnen näherten. Denn Wut barg Fehler.

    Nayas Finger kribbelten ungeduldig und sehnten sich nach dem bronzenen Griff ihres Breitschwertes, das wie eine Rüstung auf ihrem Rücken lag.

    Sie fasste über ihre Schulter nach hinten und umklammerte dessen Heft. Zeitgleich schloss sie die Augen und fokussierte sich auf das Netz von Magiefasern, die sie umgaben und alles miteinander verbanden. Sie wurden immer weniger und dünner, zerstört von der Finsternis. Doch noch konnten sich die Nuans einzelne Fasern zunutze machen.

    Zaghaft vernetzten sie sich mit ihnen, fragten um Erlaubnis, etwas von ihrer Stärke nutzen zu dürfen.

    Kurz darauf wurden sie von zusätzlicher Magie durchflutet. Nachdem sich beide im Stillen dafür bedankt hatten, nutzte Malik diese, um sich in der Dunkelheit besser zurechtzufinden und den Boden vor sich abzutasten. Naya lenkte die errungene Kraft in ihre rechte Hand, um die Muskelkraft zu steigern.

    Lautlos zogen sie ihre Waffen, die sich nun leichter heben ließen.

    Nur noch ein paar Schritte trennten sie von den Scáth.

    Malik berührte Naya am Arm und drückte ihn zweimal.

    Einmal drücken – Rückzug.

    Zweimal – ich bin bereit.

    Ein geheimes Zeichen, das ihnen nicht selten den Arsch gerettet hatte.

    Malik lenkte die Magie in seine Handflächen. Ein kleiner Schubs mittels seiner Gedanken reichte aus, um die Essenz als strahlendes Licht hervortreten zu lassen – etwas, das man in Tús Nua bereits als Kind erlernen konnte.

    Ein Wimpernschlag verging, dann schleuderte er die Lichtkugel den Scáth entgegen.

    Mit einem breiten Grinsen sah Naya zu, wie die Schattenkrieger orientierungslos umherblickten. Diese Magie konnte den Kreaturen zwar nichts anhaben, dennoch war das Überraschungsmoment auf ihrer Seite.

    Das war ihre Chance.

    Naya ignorierte die grässlichen Fratzen der grauhäutigen Wesen, die sie hinter Knochenmasken zu verbergen versuchten, und die sie sowohl aus tierischen als auch menschlichen Schädelknochen geschaffen hatten. Abgesehen von ihren Masken waren die geschlechtslosen Kreaturen nackt.

    Sie achtete nicht auf ihre tiefschwarz verfärbten Unterarme und Hände, die in scharfen Krallen endeten und ohne große Anstrengung ihre Kehle zerfetzen könnten. Ihre Mäuler waren trotz des nahenden Todes zu einem breiten Grinsen verzogen und offenbarten spitze schwarze Zähne, für die jede Zahnpflege zu spät käme.

    Die Scáth selbst waren bereits tödliche Waffen, dennoch trugen sie Speere und Schwerter, um dem menschlichen Abbild ähnlicher zu sein.

    Ihre Schreie und das Kreischen nahmen die Nuans voller Freude wahr. Die überraschten Töne, die sich in ohrenzerreißende Schmerzenslaute wandelten, als die Scáth von ihrer Klinge getroffen wurden, waren

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