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Der Krähen-Zyklus (Buch 2): LitRPG-Serie
Der Krähen-Zyklus (Buch 2): LitRPG-Serie
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eBook575 Seiten8 Stunden

Der Krähen-Zyklus (Buch 2): LitRPG-Serie

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Über dieses E-Book

Wie zäh muss man sein, um den Stürmen des Lebens zu trotzen? Was tun, wenn alles, für das man so lange und so hart gearbeitet hat, in nur einer Stunde in sich zusammenfällt? Wenn das Leben einen solchen Schicksalsschlag bereithält, ist die Verzweiflung vermutlich groß - selbst wenn es sich nur um ein virtuelles Leben handelt. Für den Zwerg namens Krähe ist das virtuelle Leben genauso wichtig wie die Realität. In diesem Spiel steckt eine tiefere Bedeutung, die vorläufig nur dem Helden bekannt ist; alle anderen können nur raten.

Wenn der neue Hauptmann der Wache Spieler nicht ausstehen kann und alle Bemühungen um eine gute Beziehung zu den Herrschenden zunichtemacht, wenn plötzlich Horden von Orks in die einst so verlassene, unbelebte Ebene am Grauen Gipfel einfallen, wenn das Wetter so schlecht wird, dass nicht mehr daran zu denken ist, das Geschäft zu erweitern oder einen Hof aufzubauen, sondern nur noch das nackte Überleben zählt, dann bleibt nichts anderes übrig, als die Zähne zusammenzubeißen und weiter auf das Ziel hinzuarbeiten, während man alle Probleme mit Ruhe und Logik angeht.

Die Geschichte des Zwergs namens Krähe geht weiter, doch sein Geheimnis ist noch nicht gelüftet. Dennoch mangelt es in seinem Leben nicht an Abenteuern.

Freut euch auf das zweite Buch des Zyklus über den neuen Helden in Dem Mikhailovs Waldyra - jetzt in deutscher Übersetzung!
SpracheDeutsch
HerausgeberMagic Dome Books
Erscheinungsdatum8. Mai 2023
ISBN9788076930551
Der Krähen-Zyklus (Buch 2): LitRPG-Serie

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    Buchvorschau

    Der Krähen-Zyklus (Buch 2) - Dem Mikhailov

    Kapitel Eins

    Ein unbarmherziger Herr in einem unbarmherzigen Land. Ein sehr unbarmherziger Herr sogar... o nein, nein, nein ...

    Zwei 80-Kilo-Säcke Weizenmehl. Gute Qualität.

    Drei 80-Kilo-Säcke Roggenmehl. Gute Qualität!

    30 Kilo Reis. Normal, weiß.

    Perlgraupen. 30 Kilo.

    Hirse. 30 Kilo.

    Hafer. 160 Kilo.

    Graupen. 160 Kilo.

    Eichenfass, randvoll mit dickem, aromatischem Sirup.

    Eschenfass mit Buchweizenhonig. Köstlich!

    15 Kilo schwarzer Tee.

    15 Kilo grüner Tee.

    15 Kilo Kaffeebohnen.

    15 Kilo feines Salz.

    15 Kilo grobes Salz.

    Verschiedene Gewürze, gewöhnliche Sorten, in kleinen Beuteln und Päckchen — etwa 5 Kilo. Teuer!

    160 Kilo neue Kartoffeln.

    20-Liter-Kupferkessel. Glänzend!

    5-Liter-Kupferkessel. Funkelnd.

    25 einfache Kupferlöffel.

    25 einfache Kupfergabeln.

    25 einfache Suppenschalen aus Kupfer.

    25 einfache Ein-Liter-Krüge aus Kupfer.

    Bier! Helles, 100-Liter-Fass. Ganz frisch! Nicht übel!

    Bier! Dunkles Lager, 100-Liter-Fass. Ganz frisch! Nicht übel!

    Bier! Zwei 10-Liter-Krüge, in strohgefüllten Körben versteckt. Von der besten Sorte! Für den Hauptmann...

    Hochwertige Steinkohle, 80 Kilo ...

    Ein paar persönliche Dinge, in einem dicken Stoffbeutel mit der Aufschrift „für Herrn Krähe".

    DAS WAR ES. Alles auf der Liste abgehakt.

    Die Bestellung verschlang das gesamte Geld, das für Einkäufe reserviert war. Seinen Notgroschen würde der Zwerg dafür nicht anrühren. Das wäre ihm nicht einmal in seinem schlimmsten Albtraum eingefallen. Sein Notgroschen war im wahrsten Sinne des Wortes nur für Notfälle. Er würde ihn nur opfern, wenn ihm nichts anderes übrigblieb, aber sicherlich nicht für einen Vorrat an Mehl, Bier und Krügen. Als Notfall ließ sich das beim besten Willen nicht bezeichnen.

    Die Bestellung war ein bunt zusammengewürfeltes Sortiment. Nicht alles wurde geliefert, einiges wurde vergessen, anderes war schlichtweg nicht erhältlich. So oder so, das Ergebnis war nicht zu verachten. Darüber hinaus waren zwei neue Fachleute eingetroffen — vorläufig nur vorübergehend, doch der Zwerg hätte sie gerne dauerhaft beschäftigt.

    „Schmutt, stellte sich ein bärtiger, kahlköpfiger Alter mit mürrischer Stimme vor. Seine Kleidung war einfach, aber sauber. Am Gürtel trug er ein langes Messer, auf dem Rücken einen großen Sack, in dem es laut klapperte. „Puh! Der Weg war ziemlich beschwerlich!

    „Ich bin Krähe. Der Zwerg lächelte freundlich. „Freut mich, dass Ihr sicher am Außenposten eingetroffen seid. Ein guter Koch ist hier stets willkommen.

    „Ich bin Holzer, murmelte der zweite Alte, der eine genauso finstere Miene zog. Er war ähnlich gekleidet, nur in dunkleren Farben. Auch er hatte einen kahlen Schädel, doch sein Bart war dünner und spärlich gewachsen. „Ich bin sein Bruder. Und er hat recht: Die Straße ist furchtbar! Als hätten lahme Orks sie zertrampelt!

    „Danke, dass Ihr meinem Ruf gefolgt seid. Krähe spielte weiterhin den gütigen Gastgeber. „Einen erfahrenen Schreiner brauchen wir hier sehr dringend. Folgt mir! Ihr seid bestimmt müde. Setzt Euch ruhig, ich schenke Euch ein Bier ein. Nach der lange Reise ist das sicher genau das Richtige!

    „Meister... Kann ich vielleicht auch eins bekommen?", fragte Prochorus hoffnungsvoll. Gemeinsam mit den anderen Arbeitern war er damit beschäftigt, die Säcke und Fässer abzuladen.

    „Ich spendiere eine Runde für alle, versprach der Zwerg, um sich eine Diskussion zu ersparen. „Jeder bekommt etwas. Sobald ihr mit dem Abladen fertig seid, setzen wir uns gemeinsam an den Tisch. Zum Glück ist bald Essenszeit.

    „Und beeilt euch", drängte der Kutscher, der neben den Zugpferden stand, mit heiserer Stimme. Er zog die Kappe vom Kopf und schlug sie sich ans Knie, um den Staub abzuklopfen.

    „Kann ich euch ein Bier anbieten?", fragte der Zwerg sofort, während er verstohlen auf den Inhalt der beiden anderen Karren spähte.

    Der kleine Konvoi, der am Außenposten am Grauen Gipfel eingetroffen war, bestand aus vier großen, stabilen Karren. Der Inhalt der ersten beiden gehörte Krähe; die beiden anderen Ladungen waren für jemand anderes bestimmt. Darunter befand sich die beachtliche Anzahl von vier Fässern Bier. Am Logo, einem gehörnten Elf, der zwinkernd die Zunge herausstreckte, war zu erkennen, dass das Bier von der gleichen Landbrauerei namens Abel und Gabre stammte.

    Damit stellte sich die Frage, wie Krähe sich diese Fässer sichern konnte. Die letzte Karawane war vor nicht allzu langer Zeit aufgebrochen, sodass der Zwerg nun eine beträchtliche Menge an Kupferstücken und sogar ein paar Silbermünzen besaß, mit denen er das ersehnte Gebräu kaufen konnte. Wenn jemand anderes das Bier bestellt hatte, würde er es nicht ergattern können, aber vielleicht machten die Konvoibegleiter Geschäfte auf eigene Rechnung. Das würde auch erklären, wieso die Fässer nicht unter Sackleinen lagen, sondern für alle neugierigen Passanten deutlich zu sehen waren — als wollten sie sagen: Hier gibt es Bier. Ihr könnt es gerne bekommen, sofern ihr das nötige Geld habt. Und wenn nicht, dann könnt ihr euch lediglich mit der ausgedörrten Zunge die Lippen lecken und versuchen, das Eichenfass mit euren sehnsüchtigen Blicken zu durchbohren ...

    Hmm ... Wie gerne hätte er das Bier gekauft. Aber jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt.

    Kaum war der letzte Sack vom Karren gehievt und auf der freien Fläche abgestellt, eilten alle vier Arbeiter des Zwergs fröhlich palavernd auf die Küche zu. Schnell setzten sie sich an den Tisch und spähten gierig auf das nächstbeste Bierfass. Zufälligerweise enthielt es das dunkle Bier...

    Krähe ließ seine Arbeiter nicht länger zappeln und nickte dem Zwerg namens Forelle zu, der von allen vieren der Intelligenteste war. Ihm würde es gelingen, ein Fass anzuzapfen. Forelle machte sich eifrig an die Arbeit und bat Serg um Hilfe. Auch die beiden Brüder — der Koch und der Schreiner — setzten sich zu den anderen an den Tisch.

    Die beiden Alten waren ein seltsames Pärchen, das kaum jemand beschäftigen wollte. Das hatte Krähe von einer Gruppe Schreiner erfahren, die zufällig am Außenposten vorbeigekommen waren und mit den Brüdern zusammengearbeitet hatten, bis diese gefeuert wurden. Dafür hatte es mehrere Gründe gegeben.

    Erstens arbeiteten Schmutt und Holzer immer zusammen; sie waren unzertrennlich wie siamesische Zwillinge. Nur wurde nicht immer und überall gleichzeitig ein Koch und ein Schreiner benötigt. Zweitens waren die beiden Brüder immer mürrisch und finster gelaunt; selbst an den allerschönsten Tagen war von ihnen kein Lächeln zu erwarten. Und vor allen Dingen vollbrachten sie beide keine Wunderwerke, weder beim Kochen noch beim Schreinern. Die Tische und Bänke, die Holzer fabrizierte, waren recht stabil, aber auch ziemlich schief und unansehnlich. Schmutt konnte Fisch oder Fleisch braten und Suppe kochen, seine Speisen waren genießbar, mehr jedoch nicht. Aus all diesen Gründen waren Schmutt und Holzer kaum jemals in fester Anstellung. Das kam dem anspruchslosen Krähe sehr gelegen — ein Koch und ein Schreiner waren für seine Bedürfnisse ideal.

    Er brauchte weder exquisite Möbel noch ausgefeilte Köstlichkeiten, die vornehmen Gaumen schmeckten.

    Unsinn.

    Was er dringend brauchte, war einfaches, nahrhaftes Essen, das täglich zubereitet wurde, sowie stabile Tische, Bänke und andere schlichte, rustikale Einrichtungsgegenstände.

    Schon nach wenigen Minuten wurde an dem dicht besetzten Tisch fröhlich geplaudert. Die Arbeiter und die Konvoibegleiter diskutierten ausgelassen über Themen, die die Einheimischen von Waldyra beschäftigten. Ausnahmslose ALLE Gaming-Anleitungen raten dringend, solche Gespräche aufmerksam zu verfolgen, denn sie sind eine unglaublich wichtige Quelle für die erstaunlichsten Informationen. Wie oft hatten Spieler so herausgefunden, wo eine Verbrecherbande oder ein gefährliches Ungeheuer lauerte, in welchen Provinzen eine Hungersnot herrschte und wo der König unverhofft die Abgaben erhöht hatte! Manchmal erfuhr man sogar von vollkommen neuen, noch unentdeckten Orten! Reisende sind ein neugieriges Völkchen: Sie halten ständig die Augen auf und bemerken vieles.

    Da hinten ist ein schwarzes Loch — vielleicht der Eingang zu einer Höhle? Oder eine alte Grabstätte, die sich nach dem letzten Erdbeben aufgetan hat?

    Und dort drüben, der seltsame Stein, der aus dem aufgewühlten Boden ragt, könnte die Spitze eines Daches sein...

    Und hier ist der Fußabdruck eines riesigen, unbekannten Untiers; mit nur einem Tritt kann es ein kleines Dorf mit einem Dutzend Häuser zermalmen.

    Und dort hinten, auf dem Riff, sieht man den Rumpf eines versunkenen Schiffes — vielleicht ist im Lagerraum noch Gold oder etwas anderes zu finden?

    Und so weiter, und so fort ...

    Aber Krähe hatte keine Zeit, auf Gerüchte zu lauschen. Nicht hier und jetzt. Natürlich hatte er vor, in Zukunft genauer hinzuhören. Gerüchten sollte man nicht aus dem Weg gehen. Aber erst später. Während er Bier aus seinem nagelneuen Krug schlürfte, betrachtete er nachdenklich die abgeladenen Einkäufe und sah begierig hinüber zu den Fässern mit dem fremden Bier.

    Er seufzte. Heute sollten noch drei weitere Konvois eintreffen, die allesamt über Nacht bleiben würden. Das Bier würde im Handumdrehen ausverkauft sein, besonders, wenn es frisch und kühl war! Auf den fest gepressten Dauben der Holzfässer sah Krähe magische Runen. Die eckige Unterschrift, die genaugenommen ein Brandzeichen war, deutete darauf hin, dass ein Spieler die Fässer verzaubert hatte. Vermutlich hatte der Runologe damit sein Ansehen und seine Glaubwürdigkeit gesteigert — diese mussten allerdings ohnehin schon überzeugend gewesen sein, denn sonst hätte ihm die renommierte Brauerei Abel und Gabre nicht ihr Vertrauen geschenkt.

    Die Brauerei wurde von den beiden Zwergenbrüdern geführt, deren Namen sie trug. Alle Sorten, die sie herstellten, erhöhten die Ausdauer standardmäßig um +3, und wenn das Bier aus den Steinkrügen mit dem Markennamen der Brauerei getrunken wurde, erhöhte sich der Wert sogar auf +5. Der Bonus hielt eine Stunde lang an — reichlich Zeit, um viele Aufgaben zu erledigen, vor allem als Anfänger in einer Newbie-Location. Nach Ablauf dieser Zeit musste man eine Stunde warten, ehe man sich mit dem nächsten Liter Bier einen weiteren Bonus sichern konnte. Das ließ sich beliebig oft wiederholen.

    Aus einem solchen Krug mit Markennamen, der fünf Silbermünzen kostete, schlürfte Krähe gerade das dunkle Gebräu. Der massive Steinkrug war sehr schwer und mit dem runden Logo der Brauerei versehen, zwei finster dreinblickenden, bärtigen Zwergen, über denen die Worte „Abel und Gabre" standen. Von nun an würde er daraus täglich Bier trinken. 5 weitere Ausdauerpunkte würden ihm beim nächsten Raid gute Dienste tun. Außerdem schmeckte das Bier! Darüber hinaus hatte Krähe das Ziel, sich zwei besondere Errungenschaften zu sichern, für die bestimmte Regeln befolgt werden mussten.

    Die Errungenschaft „Kunde von ‚Abel und Gabre‘" bekam man nur, wenn man einen ganzen Monat lang täglich mindestens zwei Krüge Bier aus dem Krug mit dem Brauereilogo trank. 31 Tage à zwei Krüge, das machte 62 Liter Bier... Kaum war der letzte 1-Liter-Krug geleert, wurde sofort eine Errungenschaft mit einer besonderen Belohnung freigeschaltet, nämlich dauerhaft +2 auf Ausdauer und +1 auf Weisheit. Zu den weiteren Belohnungen gehörte +1 auf das Ansehen bei der Brauerei, das keine großen Vorteile brachte. Händler, die dort regelmäßig Bier kauften, bekamen durch die Erhöhung des Ansehens jedoch einen kleinen Rabatt. Und wenn man diese Errungenschaft freischaltete, erhielt man zudem ein Steinfigürchen, das einen der Gründer — entweder Abel oder Gabre — mit dem unvermeidlichen Krug in der Hand zeigte. Diese Figürchen waren Sammlerstücke, die viele Regale der Schenken oder Kneipen in der gesamten Welt von Waldyra zierten.

    „Treuer Kunde von ‚Abel und Gabre‘" wurde man dagegen, wenn man drei Monate in Folge das Bier der Brauerei aus dem Spezialkrug trank, ohne Ausnahme. Offenbar war der Krug ein besonderes Artefakt mit einer Kontrollfunktion, die aufzeichnete, wer wie oft daraus trank. In diesen drei Monaten durfte man kein Bier der Konkurrenz konsumieren, ob echte Konkurrenz oder hypothetische. Damit war sogar ein Glas Selbstgebrautes verboten, selbst im kleinsten Dorf am Rande der Zivilisation. Ausgeschlossen. Diese Bedingung hatte für viele Skandale gesorgt. Man stelle sich nur vor, jemand trinkt 90 Tage am Stück jeden Tag zwei Liter Abel-und-Gabre-Bier und nimmt dann mit dem letzten oder vorletzten Krug einen Schluck von einer ganz anderen Brauerei. Das macht die gesamte Errungenschaft zunichte, der Betroffene musste wieder ganz von vorne anfangen. Oft jubelten Spieler einander absichtlich das falsche Bier unter — als Spaß, aus Neid oder aus Rivalität. Nicht nur Krähe war Großkunde bei der berühmten Brauerei.

    Diese Errungenschaft brachte dauerhaft weitere +3 Ausdauerpunkte und –1 Weisheit. Genau, die Weisheit sank um einen Punkt. Das spielte keine große Rolle, war aber etwas amüsant. Zudem bekam der Spieler ein weiteres Sammelfigürchen von Abel oder Gabre. Mit etwas Glück war damit die Sammlung, die nur aus den beiden bestand, komplett. Auch dass sich das Ansehen bei der Brauerei um weitere +1 erhöhte, war nicht zu verachten.

    Der gerissene Zwerg hatte seinen Brauereikrug gratis bekommen, da er zum ersten Mal eine größere Menge Bier, nämlich zwei Fässer gleichzeitig, gekauft hatte. Diesen Krug würde er niemals jemand anderem überlassen. Auf keinen Fall! Das war von nun an sein ganz privater Bierkrug!

    Die Bezeichnung Bier-Krug war dabei durchaus wörtlich zu nehmen. Das Trinkgefäß war ausschließlich für Bier bestimmt. Wenn man etwas anderes hineingoss, konnte er zerspringen. Bei der Berührung mit Milch würde er in hundert Scherben zerplatzen. Ob die Besitzer der Brauerei an Milchallergie litten oder ob der Grund eine langjährige Feindschaft zu Milchbauern war, wusste niemand zu sagen.

    „Gutes Bier, was? Der Anführer des Konvois schnaubte zufrieden und wischte sich den Schaum vom Schnurrbart, während er zu Krähe kam. „Das Zeug schmeckt köstlich.

    Mit dem vom Bier noch feuchten Finger deutete er unschuldig auf die Fässer neben dem Karren.

    „Allerdings, stimmte Krähe zu. „Deshalb habe ich es gekauft. Ich würde noch mehr nehmen, aber —

    „Ich verkaufe es Euch, sagte der Konvoibegleiter sofort. „Das Bier stammt aus der gleichen Charge wie das Eure, mein Freund. Da könnt Ihr nichts falsch machen.

    „Was soll es kosten?"

    „Der Weg hierher war mühselig: Schlaglöcher und Bodenwellen, und das sind keine Mietkarren... die Pferde sind nicht geliehen ... All das muss ich in den Preis mit einrechnen."

    „Ich bin bereit, fair zu bezahlen. Solange Ihr mich nicht übervorteilt, guter Mann, werden wir uns sicher einigen. Wieviel verlangt Ihr für das Bier?"

    „Nehmt Ihr alle Fässer?"

    „So viel, wie Ihr habt."

    „Nun dann..."

    Etwa zehn Minuten später trennten sich Käufer und Verkäufer, und zwar bestens gelaunt — der Zwerg winkte den Karren zum Abschied hinterher und rief ihnen nach, sie sollten doch bald wieder vorbeikommen. Hinter dem Zwerg waren vier Fässer aufgereiht, allesamt mit dem Bild des gehörnten Elfen versehen, obwohl die Krüge der Brauerei zwei mürrische Zwerge zeigten. Auch das war rätselhaft, denn die Brauerei Abel und Gabre wurde von Zwergen betrieben, einer Rasse, die Elfen grundsätzlich nicht mögen, auch gehörnte nicht. Doch Krähe scherte sich nicht um die Angelegenheiten anderer Leute, sondern lächelte nur, winkte fleißig und freute sich über die 400 Liter frisches Bier, die er sich gesichert hatte. Für jedes Fass hatte der Konvoileiter 3 Goldmünzen bekommen. Bei der Brauerei kosteten 100 Liter Bier 2 Goldstücke sowie 4 Silbermünzen für das Fass. Bier war unter anderem deshalb so beliebt, weil es nicht viel kostete.

    Zu diesen 400 Litern kamen die 200, die Krähe selbst bestellt hatte — also insgesamt 600 Krüge Bier! Natürlich würde ein Teil davon schnell in den ewig trockenen Kehlen seiner eigenen Arbeiter verschwinden, aber das ließ sich nicht verhindern. Als guter Arbeitgeber hatte der Zwerg sich vorgenommen, das Bier sogar noch großzügiger auszuschenken als vereinbart. Seine Leute sollten ihn nicht als geizig empfinden oder derartige Gerüchte in Waldyra verbreiten. Nichts war schlimmer, als unter den Einheimischen als knauserig zu gelten.

    Nun musste er nur noch einen Preis festsetzen. Da am Außenposten ständig Hochbetrieb herrschte, blieb nicht viel Zeit zum Überlegen. Er musste schnell entscheiden.

    „Ein Silberstück pro Liter!, murmelte der schwarzhaarige Zwerg nach ein paar einfachen Berechnungen. In großen Buchstaben malte er „Frisches Bier! auf ein Holzschild und ergänzte darunter genauso groß „Von der Brauerei Abel und Gabre!"

    Das Schild hängte Krähe so auf, dass es jeder sehen konnte: direkt über dem Marktstand. Schnell zerrte er alle Fässer herbei und deckte sie mit mehreren Tierfellen ab, um den Inhalt kühl zu halten. Dann goss er zur Sicherheit mehrere Krüge Wasser darüber, um sich nicht ausschließlich auf den Kühlzauber verlassen zu müssen, mit dem die Fässer versehen waren.

    Als zwei Wächter am Stand vorbeikamen, wurden sie sofort langsamer. Offenbar konnten sie lesen und hätten die beiden wichtigen Wörter „frisch und „Bier in jeder Sprache erkannt.

    „Für Wächter ist das Bier immer gratis, erklärte der Zwerg deutlich hörbar, aber weder überheblich noch selbstgefällig. Als die Wächter stehenblieben, lächelte er freundlich. „Natürlich nur, wenn der Hauptmann einverstanden ist, ergänzte er.

    Die tapferen Soldaten nickten energisch und schluckten beide gleichzeitig, während ihre Augen erneut über das Schild wanderten; dann gingen sie weiter.

    „Was sollen wir jetzt machen, Meister?", fragte Serg mit tiefer, leiser Stimme. Hinter seinem breiten Rücken war Proch, der sich den Mund abwischte, kaum zu sehen.

    „Bäume fällen, erwiderte der Zwerg knapp und hob zwei dicke Keulen vom Boden auf. „Wir brauchen mehr Stämme, Jungs. Lasst uns gemeinsam bis zur Dämmerung Bäume schlagen, zerteilen und herbringen.

    „Wird erledigt, versprach der Halbork zufrieden. „Aber was ist mit den Schakalen und ihren kleinen Freunden? Nicht, dass wir Angst vor ihnen hätten, aber trotzdem...

    „Ich begleite euch, versicherte Krähe mit erbostem Blick auf das Gelände außerhalb des Außenpostens am Grauen Gipfel. „Ihr konzentriert euch auf das Bäumefällen, ich halte Wache.

    „Das ist gut." Proch seufzte erleichtert, während die anderen zustimmend nickten.

    Die letzten beiden Tage hatten allen vier Arbeitern gezeigt, dass Meister Krähe streng und gerecht war und keine leeren Versprechungen machte. Wenn er sagte, er würde Wache halten, dann würde er das tun. Fertig. Damit gab es keinen Grund zur Sorge mehr.

    Bald verließ die kleine Gruppe den Außenposten und überquerte die unsichtbare Grenze des geschützten Gebiets ...

    In der umliegenden Region hielten sich zwei unbekannte Spieler auf. Beide waren Menschen, beide hatten etwa Level 40 erreicht, waren Krieger, Schwertkämpfer, trugen die gleichen Gürtel und die gleichen Waffen. Krähe ahnte, welche Quest die beiden kürzlich beendet hatten, um an diese Waffen zu kommen. Im Augenblick starrten sie gerade nachdenklich auf die Karte und überlegten gründlich. Hinter ihnen stand ein Holzkarren, vor den ein grauer Esel gespannt war. Was sich auf dem Karren befand, konnte Krähe nicht erkennen, denn die Ladung war mit Segeltuch bedeckt und fest verschnürt. Allerdings musste er das auch gar nicht sehen. Wenn der Zwerg richtig vermutete, für welche Quest es die Schwerter gegeben hatte, dann kannte er auch die nächste Aufgabe. Dazu musste man unter anderem einem gewissen einbeinigen, missgelaunten Opa eine knappe halbe Tonne Gift gegen Grutomysls bringen. Der Alte kaufte das Gift in unbegrenzter Menge und revanchierte sich dafür mit Orangenhonig und Nektarbrot.

    „Das Dorf Buttermais liegt in diese Richtung, sagte der Zwerg, als er an den gedankenversunkenen Spielern vorbeikam. „Noch etwa zwei Stunden von hier, Leute.

    „Oh! Die beiden sahen auf. „Vielen Dank!, ertönte es einstimmig.

    Sie hatten das gleiche Gesicht, absolut identisch. Selbst das Haar war gleich frisiert. Sie mussten Brüder sein, oder vielmehr Zwillinge.

    „Keine Ursache, erwiderte der Zwerg leichthin. „Viel Glück. Aber bleibt unbedingt auf der Straße. Ich weiß, dass sie furchtbar gewunden ist, aber kommt nur nicht auf die Idee, quer über die Maisfelder zu laufen.

    „Vielen Dank, wiederholten die Spieler, die Loco Floco und Moco Floco hießen, wiederum einstimmig. „Man hat uns bereits gewarnt.

    „Viel Glück", wünschte der Zwerg erneut und ging dann weiter. Er sah sich nicht noch einmal um, doch seine Gedanken kreisten weiter um die beiden gleich aussehenden Kämpfer.

    Ob sie wirklich Brüder waren? Oder wollten sie nur den Bonus für Zwillinge nutzen? Wenn Zwillinge gemeinsam handeln, bekommen sie einen kleinen Bonus in Form besonderer Fähigkeiten ... Aber das ging ihn nichts an.

    Er hatte Wichtigeres zu bedenken als die beiden Schwertkämpfer. Zum Beispiel, wie er sein aktuelles Problem lösen konnte.

    Die hier ansässige Tierwelt rührte Krähes Arbeiter nicht an. Die Männer waren körperlich so stark, dass sie recht dicke Bäume mit einem Hieb fällen konnten, und den Tieren damit deutlich überlegen. Am Vortag jedoch hatte sich die Situation entscheidend geändert, denn Serg hatte ein kleines Geschenk bekommen — einen krummen Pfeil, der in seinem breiten, grünen Rücken steckenblieb. Der Pfeil war aus dem Nichts gekommen und mit ziemlich unangenehmem Gift getränkt. Der zähe Halbork hatte es zurück zum Außenposten geschafft und war dort sofort von den Wächtern behandelt worden. Krähe hatte sich auf der Stelle notiert, so schnell wie möglich „mehrere Heiltränke und Gegengifte" zu bestellen. Nachdem sie Serg befragt hatten, waren die Wächter sehr aufgebracht, sattelten schnell die Pferde und durchkämmten mehrfach die Gegend, jedoch ohne Erfolg. Sie entdeckten seltsame Tierspuren, die tief in den Boden gegraben waren. Die meisten dieser Abdrücke befanden sich in der Nähe des denkwürdigen kleinen Frischwasserteichs. Die seltsamen Kreaturen hatten offenbar daraus getrunken. Aber von ihnen konnte der Pfeil nicht stammen, oder? Andere Spuren, die auf einen Bogenschützen hindeuteten, konnten die Wächter nicht finden, es sei denn, man zählte die zahlreichen Fußabdrücke von Menschen, Zwergen, Elfen und anderen Wesen. Allerdings war der Pfeil sehr seltsam. Ein so primitives Geschoss hätte kein Bogenschütze freiwillig in seinen Bogen gespannt.

    Aber nun zurück zu den seltsamen Tierspuren ...

    Die Miene des Hauptmanns verfinsterte sich, als die Wächter ihm die Spuren beschrieben, die sie entdeckt hatten. Er ritt sogar persönlich zu dem kleinen See, um die Tatzenabdrücke zu untersuchen. Dabei wurde sein Gesicht noch finsterer. Der Spieler beschloss, ihm keine Fragen zu stellen. Der Hauptmann war zwar sein Freund, wollte im Augenblick aber offenbar für sich sein. Der alte Krieger schloss sich im Turm ein und verfasste dort eine Nachricht nach der anderen, die er per Vogelpost verschickte.

    Was hätten Fragen auch genützt?

    Krähe war selbstverständlich kein geschulter Spurenleser, doch er hatte den Pfeil gesehen. Als er von den Tierspuren erfuhr, war ihm alles klar: Sie steckten in Schwierigkeiten. Insbesondere angesichts dessen, was der Hauptmann kürzlich von den Grauorks und ihrem geplanten Großangriff berichtet hatte.

    Die Besucher waren jedoch nicht die furchteinflößenden grauen „Wölfe" persönlich gewesen; nicht die Orks, sondern ihre weitaus harmloseren Nachbarn.

    „Macht euch an die Arbeit", befahl Krähe knapp, als sie den beachtlichen Hügel mit nachgewachsenen Bäumen erreicht hatten, der sich neben dem steinernen Gipfel erhob, auf dem der Adlerhorst thronte.

    Apropos Adler... Weit, weit oben am Himmel flatterte ein kleiner Punkt. Das war Chrys. Seit er in den letzten Tagen aufgelevelt war, flog der Adler WEITAUS höher und WEITAUS schneller. Damit konnte der schwarzhaarige Zwerg nun auch ohne Hilfe der Wächter herausfinden, ob neue Karawanen oder Konvois im Anmarsch waren. Manchmal erfuhr er sogar noch vor den Soldaten von Besuchern und informierte die Krieger, was diese sehr zu schätzen wussten. Deshalb hatte sich Krähe ein für die Zwergenrasse so ungewöhnliches Haustier ausgesucht: damit er immer wusste, was rund um den Außenposten am Grauen Gipfel los war. Um zu wissen, was in der Nähe seiner Heimat vor sich ging.

    Künftig würde Chrys noch ein oder zwei Fähigkeiten erwerben können, und der Zwerg würde diejenigen auswählen, die speziell zum Auskundschaften dienten. Ein weiterer Vorteil des gefiederten Haustiers war sein Sehvermögen. Er hatte im wahrsten Sinne des Wortes Adleraugen. Und drittens konnte er im Gegensatz zu vielen anderen Vögeln in der Luft leben, seine gewaltigen Flügel spreizen und langsam am blauen Himmel schweben, während er den Boden tief unter ihm genau im Blick behielt.

    Es gab noch weitere Pluspunkte, doch die würde Chrys noch lange nicht erreichen. Unterdessen hatte Krähe genug andere Sorgen, unter anderem die geheimnisvollen Spuren, die sausenden Pfeile und der stetige Strom an Reisenden...

    Mit einem abrupten, feucht klingenden Knacken erschauerte eine Fichte und neigte sich langsam zur Seite. Etwa zwei Sekunden später knallte der Stamm auf den Boden, dass die Äste knickten und brachen.

    „BAUM FÄLLT!!!", brüllte Prochorus viel zu spät. Sein Schrei löste ein langes Echo aus, während er Krähe mit panischem Blick anstarrte.

    Schon wieder hatte der dumme Schwachkopf den richtigen Zeitpunkt verpasst! Krähe sagte nichts, drohte Proch jedoch vielsagend mit der Faust. Ganz konnte er seinen Ärger allerdings nicht unterdrücken.

    „Prochorus, wenn du das noch einmal machst, gibt es für dich kein Bier mehr!", warnte er ihn.

    „Meister, streicht mir dafür lieber das Wasser. Nicht das Bier, Meister! Bier ist heilig, es ist ein Segen, wie ... Wenn man davon trinkt, ist es, als wäre man neu geboren ...", jammerte Prochorus kläglich und schenkte dem Spieler einen treuseligen Hundeblick.

    „Pass besser auf!", schimpfte der Zwerg erneut, dann wandte er sich ab und ging zu der Fichte. Die Arbeiter standen um den Baum herum, doch Krähe machte sich daran, die Äste zu entfernen. Was gab es schon groß zu sehen? Es war ein ganz gewöhnlicher Anblick.

    Dabei hätte er lieber die Umgebung im Blick behalten sollen. Seine Leute machten viel Lärm; die Axtschläge waren noch in weiter Ferne für viele Ohren zu hören. Bei Leuten wie Proch brauchte man jedoch auch Augen am Hinterkopf, sonst wurde man von einem umstürzenden Baum zermalmt. Der ungeschickte Kerl lernte einfach nicht dazu, obwohl Krähe ihn schon zehnmal gewarnt hatte. Dass er laut rufen musste, BEVOR der Baum umfiel, damit niemand getroffen wurde... Aber Prochorus war unerträglich beschränkt. Jedes Mal schrie der Dummkopf erst, wenn der geschlagene Baum auf dem Boden gelandet war!

    Das ist der große Nachteil billiger Arbeitskräfte: Sie sind fleißig, stark, zäh, tapfer, aber soooo dumm... Manche seiner Leuten zeigten in Sachen Intellekt vielversprechende Ansätze, aber für ein endgültiges Urteil war es noch zu früh.

    Da drüben!

    Verdutzt sah Krähe kurz auf — Chrys, der weit über ihm kreiste, hatte einen dünnen Schrei ausgestoßen. Nur der stämmige, schwarzhaarige Zwerg hatte ihn gehört. Über die virtuelle Schnittstelle zuckte eine kurze Nachricht über die Interface und informierte ihn in menschlicher Sprache, dass sich etwas auf sie zubewegte. Ein blinkender roter Pfeil zeigte an, dass dieses Etwas aus einem nahegelegenen Gebüsch kam, das rund um einen kleine Senke wuchs.

    „Arbeitet weiter, Leute", wiederholte der Zwerg ruhig. Dann eilte er davon, so schnell er konnte, wie ein kurzbeiniger Profi-Sprinter. Zum Glück war es nicht weit — kaum mehr als 100 Meter. Der Zwerg schaffte die Strecke nicht in Rekordzeit, aber immerhin so schnell, dass dem Feind keine Zeit blieb, sich erneut zu verstecken.

    Sein Bremsweg betrug etwa zwei Meter, denn der Zwerg grub im wahrsten Sinne des Wortes die Fersen in den Boden und die Kiefernnadeln, die vom Vorjahr auf dem Untergrund lagen. Er machte gar nicht den Versuch, das Gleichgewicht zu halten, sondern ließ sich auf den Rücken fallen. Zwei Pfeile zuckten an seinem Gesicht vorbei. Der Zwerg sprang gerade rechtzeitig auf, um den erbosten gefiederten Meteoren zu entdecken, der im Gebüsch verschwand: Chrys war über den Angriff auf das Leben seines Herrn sehr empört. Der Raubvogel kreischte wütend, Äste knackten... Aus der Senke ertönte ein nasaler Aufschrei. Richtig zur Sache ging es jedoch, als der Zwerg dem Adler genauso wütend hinterherstapfte und dabei den riesigen Hammer schwang. Sein wildes Gebrüll ließ die Bäume erbeben. Zwei mächtige Tritte, mit denen der Zwerg für sich und den Vogel Platz schaffte, beförderten zwei große Sträucher himmelwärts. Schon schoss der nächste Strauch in die Lüfte und flog im hohen Bogen außer Sichtweite. Ein dicker Findling sauste zehn Meter in die Höhe und stürzte dann abrupt wieder hinunter; an dem schrillen Aufschrei war zu erkennen, dass das Geschoss nicht auf leerem Boden gelandet war, sondern zumindest auf einer Pfote oder einem Fuß. Das Laub und der umliegende Boden waren mit einer gelblich-grünen Flüssigkeit getränkt. Der Rest der wie durch ein Wunder verschonten Vegetation knackte und schwankte wie in einem tosenden Sturm. Durch die krachenden Zweige und Wurzeln war die höhnische Stimme des Zwergs zu hören.

    „Ihr stinkenden Gladiolen! Ihr miesen Disteln! Ich reiße euch die Blätter raus und schiebe sie euch in eure Pflanzenhintern! Ich dünge euch mit eurem eigenen Gehirn! Ich reiße euch die Mäuler auseinander und die Wurzeln heraus! Ich mach Mulch aus euch und euren Kindern! Wagt ihr es, noch einmal auf meine Arbeiter zu schießen? Ja? WAGT IHR DAS?!"

    Jeder Ausruf war von schweren, klatschenden Schlag- und Hiebgeräuschen begleitet.

    Der Adler kreischte zustimmend; mehrmals erhob er sich 20 Meter in die Luft und stürzte wie der bereits erwähnte Findling wieder hinab, als wäre er ein geflügelter Wrestler. Die Arbeiter am Hügel blieben vor Schreck stocksteif stehen und beobachteten das irre Spektakel, das sich vor ihnen abspielte.

    „Den Meister sollte man lieber nicht verärgern", bemerkte Forelle nachdenklich.

    „Ja...", stimmte Serg zu.

    „Und komm ihm nur nicht in die Quere, wenn er wütend ist, ergänzte Prochorus mit heftigem Nicken. „Auch das Vögelchen darf man nicht reizen... Er schluckte heftig, während Chrys mit den zerfetzten Überresten von etwas Grünem in die Lüfte aufstieg. Aus unerklärlichen Gründen zuckten die Fetzen krampfhaft und stießen schrille Schreie aus, die wie ersticktes „O nein, nein, nein!" klangen.

    Chrys erhob sich hoch, sehr hoch in den Himmel, löste den Griff, wartete ein paar Sekunden und tauchte dann seinem fallenden Opfer hinterher wie ein gefiederter Komet. Das grüne Fetzenbündel, das immer noch „O nein, nein, nein!" kreischte, landete auf dem Boden und wurde dann vom Adler gepackt. Danach war alles still. Die Show war vorbei...

    Der Zwerg kam aus dem deutlich spärlicher gewordenen Gebüsch, von Kopf bis Fuß mit grünem Schleim verschmiert.

    „Warum arbeitet ihr nicht?", fragte er seine Leute erstaunt.

    „Wir arbeiten doch!"

    „Sind schon dabei!"

    „Wir sind ganz fleißig, Meister! Sehr sehr fleißig!", ertönte es als Antwort. Die Männer machten sich mit Äxten über die gefällte Fichte her und verwandelten den armen Stamm im Handumdrehen in Holzsplitter, die nur noch als Zunder taugten.

    Der Zwerg spuckte ärgerlich auf den Boden und wandte sich wieder dem Gebüsch zu, während er sein Haustier in die Luft warf. Chrys schoss wie ein Pfeil in den Himmel und zog erneut hoch über den Wolken seine Kreise.

    Unterdessen kletterte Krähe ins Dickicht an die Stelle, an der der Kampf stattgefunden hatte. Dort ließ sich der stämmige Zwerg auf die Knie sinken und drückte die Hände in den zerwühlten Erdboden.

    Nein, Krähe wollte kein Gebet sprechen, weder zum Dank noch aus Reue. Auch nach Spuren suchte er nicht. Ganz im Gegenteil, er versuchte eifrig, sie zu vertuschen. Und das geschah nicht aus Bescheidenheit — Krähe hatte nicht die Absicht, die Spuren der Mobs verschwinden zu lassen, die er vernichtet hatte. Er grub zwei kegelförmige, einen Meter tiefe Löcher. Am Boden dieser Löcher kam unter wildem Felsgestein, Wurzelgeflecht und loser Erde eine ganz andere Art von Steinfragmenten zum Vorschein. Diese Steine waren rechteckig, weiß, gelb, rot und grau und an den Seiten mit den Überresten komplexer schwarzer Schrift versehen. Ziegelsteine. In einem Meter Tiefe lag eine ganze Menge bunter Ziegel, die auf den ersten Blick außerordentlich alt wirkten. Und Krähe, der sich keinerlei Aufregung oder Begeisterung über seinen Fund anmerken ließ, vergrub sie sorgfältig und gründlich wieder im Boden. Eine Minute später waren die zerbrochenen Ziegel mit Erde und Laub bedeckt. Nach einem letzten Blick auf die Senke, mit dem er sich vergewisserte, dass die leider sehr hellen Steine nicht hindurchschimmerten, seufzte der Zwerg erleichtert. Erst jetzt verließ er den Ort des Gemetzels; vergaß jedoch nicht, mehrere Gegenstände mitzunehmen, die unter den Überresten der besiegten Mobs zu finden waren.

    Nachdem er aus dem Gebüsch geklettert war, ging Krähe zum cleversten der vier Arbeiter, dem Zwerg namens Forelle, und deutete auf die Sträucher, aus denen er gerade gekrochen war.

    „Brenn das nieder", befahl er.

    „Wird gemacht, Meister."

    „Danke, dass Ihr uns beschützt", sagten die anderen im Chor, während sie fleißig weiter die Äxte schwangen.

    Tja, ihr Eifer war vorbildlich...

    Krähe eilte zurück zum Außenposten, aber in seiner ganz eigenen Weise: Immer wieder machte er Halt, um unterwegs Pilze und große Steine aufzusammeln. Auch dicke Äste, die als Feuerholz taugten, ließ er nicht liegen. Darüber hinaus erledigte er das eine oder andere Kaninchen sowie ein paar Rebhühner und holte vorsichtig Eier aus Vogelnestern.

    Die Waren würden nicht wie von Zauberhand auf seinem Verkaufstisch erscheinen. Er hatte sich vorgenommen, sein Angebot und die künftige Speisekarte ein wenig zu variieren, doch dazu brauchte er ein paar mehr Hände — genauer gesagt weitaus intelligentere „Hände" —, und das würde teuer werden. Folglich musste er zunächst sein Geschäft weiter ausbauen, indem er verkaufte, was er besaß und was er gerade eingekauft hatte.

    Der geschäftstüchtige Zwerg setzte große Hoffnung in das Bier von Abel und Gabre. Hin und wieder schweiften seine Gedanken jedoch zu den Feinden ab, die er gerade vernichtet hatte.

    Fels-Kannenpflanzen.

    Sie waren es, die den Grauen Gipfel heimgesucht hatten.

    Diese fleischfressenden Pflanzen erinnerten an seltsame grüne oder hellrote Kannen auf vier dünnen, pfotenartigen Wurzeln. Deshalb hinterließen sie Spuren wie richtige Tiere — das konnte unerfahrene Spurenleser sehr verwirren und in große Schwierigkeiten bringen, denn wenn sie meinten, einem unbekannten Pelztier auf der Spur zu sein, hielten sie unweigerlich nach einem Vierbeiner mit Schwanz, Fell, zwei Ohren und so weiter Ausschau. Die Kannenpflanze, von der die Spur stammte, konnte jedoch so reglos stehenbleiben, dass ihr nichtsahnendes Opfer direkt auf sie zulief. Dann schoss sie ihm einen Giftpfeil in den Rücken, packte es mit drei oder vier langen, dicken Ranken und stopfte es in das weit aufgerissene Kannenmaul. Mjam mjam...

    Den Pfeil schießt die Pflanze selbst an. Er wächst in der Kanne heran, wird mit selbsterzeugtem Gift getränkt, auf eine Bogensehne innerhalb der Pflanze gelegt und dann relativ präzise auf das Ziel abgefeuert. Größere Kreaturen erlitten eine Vergiftung und wurden deutlich langsamer, kleinere Tiere dagegen vollkommen gelähmt. Und wieder: mjam mjam ...

    Fels-Kannenpflanzen leben in Felsspalten — angesichts ihres Namens kein Wunder. Der Legende nach waren sie einst friedliche, vollkommen harmlose Pflanzen, die köstlichen Nektar für ebenso friedlich summende Bienen produzierten. Dann jedoch kam es aus ungeklärten Gründen zu einer Dürre, die viele Jahre andauerte. Gleichzeitig wehten trockene Winde jeglichen Erdboden davon, sodass nur blanker Stein übrigblieb. Die einst so friedlichen Kannenpflanzen mussten sich rasch anpassen. Sie wurden aggressiv, lernten, sich fortzubewegen, entwickelten Pfeile und produzierten Gift... Allerdings ist das wirklich nur eine Legende. In Wirklichkeit leben Kannenpflanzen seit jeher in der gleichen Gegend wie Grauorks und begleiten diese oft auf ihren Reisen. Offenbar wandern sie mit ihnen. Oder vielleicht werden sie nur von den köstlichen Leckerbissen angelockt. Vielleicht waren sie es irgendwann leid, zähe, fade Orks zu verspeisen, und bekamen Appetit auf zartere und süßere Häppchen...

    Wo es Kannenpflanzen gibt, tauchen bald auch Grauorks auf. Das hier war kein kleines Alarmglöckchen, bei dem die vage Hoffnung blieb, dass sich die Aufregung bald legen könnte. Nein, es war eine laut schrillende Sirene, die keinen Zweifel daran ließ, dass sich nichts wieder „legen" würde. Verflucht... Wieso mussten die Orks einfallen, als er gerade frisches Bier gekauft hatte? Hätten sie nicht noch etwas warten können??

    Nach seiner Rückkehr lud der Spieler den Inhalt seines Sacks vor seinem mittlerweile ziemlich abgenutzten Zelt ab. Er musste es dringend instand setzen, aber dazu war er noch nicht gekommen ... Während Krähe über den Zeitmangel schimpfte, nahm er sich die Bierkrüge mitsamt den Trophäen, die er von den Kannenpflanzen erbeutet hatte, und marschierte direkt zum Wachturm, um mit dem Hauptmann zu sprechen.

    Von hoch oben hörte er den schrillen Schrei des Adlers.

    Jemand war im Anmarsch, zum Glück aus Richtung Algora. Nach der Route zu urteilen war es vermutlich eine weitere Karawane, oder ein Bote, ein Briefträger oder vielleicht auch ein Konvoi. In jedem Fall kamen jedoch eindeutig Freunde, keine Feinde.

    Er sollte künftig für ein paar spezielle Artefakte sparen, und zwar solche, die eine Verbindung zwischen einem Haustier und seinem Besitzer schufen. Mit dieser Verbindung würde er mühelos das sehen, was sein Vogel sah. Dazu fehlten ihm noch 50 Goldmünzen, denn so viel kostete das preiswerteste Artefakt dieser Art.

    „Alles kostet Geld, jammerte der Zwerg, während er keuchend und schnaufend davoneilte. „Hier ein Penny, dort ein Penny... und ehe man sich versieht, ist man pleite. Traurig schüttelte er den Kopf. „Ich muss so bald wie möglich Hufeisen verkaufen. Schließlich kann ich nicht ewig die Gihls ausrauben... uff..."

    Kapitel Zwei

    Eine unbarmherzige Regierung für ein unbarmherziges Land — eine neue, finstere. Viel Herumgelaufe. „MAI TAI"!

    IM WACHTURM HERRSCHTE ungewöhnlich viel Betrieb. Zu viel Betrieb. Der sonst so ruhige und besonnene Hauptmann hantierte eilig mit Papieren, kramte in Schubladen auf und holte Geldbeutel hervor, die er mit anderen Dingen in seiner Satteltasche verstaute.

    „Hallo, Kleiner, begrüßte er den Zwerg wie gewohnt. „Viel zu tun?

    „Ja. Einen guten Tag wünsche ich. Wo wollt Ihr hin?", fragte der Spieler mit unverhohlenem Interesse.

    „Meine Abteilung wird nach Algora zurückbeordert. Stattdessen werden drei Dutzend andere Wächter hergeschickt, unter der Leitung von Zenturio Vurrius. Für dich bedeutet das Ärger, Kleiner."

    „Ich verstehe nicht..."

    Der Hauptmann seufzte tief, rieb sich fest die Schläfen und warf noch ein paar Sachen in die Tasche. Dann sah er Krähe in die Augen.

    „Vurrius ist ein angesehener, ehrlicher, erfahrener Krieger, setzte er an. „Ein Veteran. Er hat an vielen Feldzügen teilgenommen und wurde zum Chiliarchen befördert — zum Befehlshaber über Tausende von Soldaten. Damals schien es ihm vorbestimmt, weiter aufzusteigen und irgendwann auf einem weißen Hengst zu thronen! Doch dann wurde er urplötzlich wieder Dekurio — der Anführer eines Zehnertrupps! Könnt Ihr Euch das vorstellen? Vom Chiliarchen einer nördlichen Garnison in der Hauptstadt herabgestuft zu einem Dekurio wie ich es bin, ständig unterwegs? Und niemand kennt den Grund. Es gab so viele Gerüchte, dass man sie unmöglich alle aufzählen kann. Wenn ich sie aufschreiben wollte, würde meine Feder stumpf und mein Tintenfass leer. Später jedoch stieg Vurrius wieder zum Zenturio auf. Allerdings wird er seither nicht mehr in der Nähe von Städten postiert. Er ist immer unterwegs, reitet über staubige Straßen und bahnt neue Wege. Das muss Euch jedoch nicht interessieren; wichtig ist, dass er Zivilisten nicht ausstehen kann. Er schützt sie, aber er mag sie nicht. Er vertritt ganz entschieden die Ansicht, dass Zivilisten ihre Nase nicht in militärische Angelegenheiten stecken sollten. Versteht Ihr jetzt?

    „Das ist übel, erwiderte der Zwerg düster. „Sehr übel...

    „Allerdings! Natürlich würde auch ich nicht wollen, dass ein Zivilist in meiner Abteilung die Kommandos gibt — nichts für ungut, Kleiner."

    „Schon gut..."

    „Aber das gilt nur für Befehle, Disziplin, Strafen und andere interne Angelegenheiten. Bei der Beschaffung von Feuerholz oder alltäglichen Aufgaben dagegen bin ich immer froh über Hilfe und bedanke mich dafür herzlich. Das ist jedoch nur meine Einstellung. Vurrius dagegen meint, dass die Wächter wie befohlen selbst für sich sorgen müssen. Und dass Soldaten nicht mit Fremden reden sollten, da das nur Schwierigkeiten bringt. Deshalb möchte ich Euch einen Rat unter Freunden geben."

    „Danke, erwiderte der Spieler traurig, „dass Ihr mich als Freund seht.

    „Das seid Ihr ganz eindeutig. Der Hauptmann schlug dem Zwerg schmunzelnd auf die Schulter. „Wirklich. Ich bin mir sicher, dass wir uns wiedersehen werden. Hört zu, wenn es noch etwas gibt, dass ich oder andere erledigen oder besorgen sollen, dann kümmert Euch am besten jetzt gleich darum. Vurrius wird in wenigen Stunden eintreffen. Er wird sich nicht in Eure Angelegenheiten einmischen, aber sicher auch keine Plaudereien mit den Wächtern oder Arbeiten für die Garnison gestatten. Die einzigen Zivilisten, die er dulden wird, sind die Bauarbeiter, da Soldaten für derartige Tätigkeiten nicht ausgebildet sind. Euch dagegen wird er gnadenlos davonjagen. Es wird ihn nicht kümmern, dass Ihr hier der Erste Siedler seid. Eines jedoch muss ich Vurrius zugutehalten: Wenn etwas Schlimmes geschehen sollte, ein Brand oder ein Überfall, werden Euch die Wächter wie üblich zur Hilfe kommen. Vurrius nimmt seine Pflicht sehr ernst. Deshalb, mein Freund, solltet Ihr jetzt gründlich überlegen. Denkt an alles, was Ihr noch erledigen müsst. Und dann legt los, als hättet Ihr Feuer unter dem Hintern. Die Uhr tickt — es bleibt nicht viel mehr als eine Stunde. Wenn noch etwas zu tun ist, dann jetzt. Na los, beeilt Euch!

    „Aber ich —", setzte Krähe an und hob den Bierkrug in der Hand.

    „Unmöglich. Der alte Krieger zuckte bedauernd die Schultern. „Keine Zeit. Los, Krähe. Los! Die Uhr tickt.

    „Okay", stieß der Zwerg hervor. Er wollte den ehrenwerten Hauptmann nicht länger aufhalten und stürmte hinaus. Draußen angekommen, beherzigte er den Ratschlag des weisen Wächters sofort. Er ließ sich rücklings zu Boden fallen, legte die Hände vors Gesicht und überlegte fieberhaft.

    Was für eine unerfreuliche Wendung! Es gab mehr als ein paar Dinge, die er noch zu erledigen hatte. Er hatte eine Fülle von Plänen, große und kleine, triviale und großartige, die allesamt mit den Wächtern zusammenhingen, und für all das blieb ihm gerade mal etwas mehr als eine Stunde. Fast hätte er verzweifelt aufgeheult.

    Sein digitales Gehirn ratterte förmlich, als es hektisch die Vielzahl von Routinetätigkeiten durchging, die mit den Wächtern zusammenhingen. Schnell wurde dem Zwerg klar, dass er mit den materialistischen Dingen anfangen sollte. Dabei hatte er gerade sein letztes Geld für mehr Bier ausgegeben! Die nächsten Einnahmen würde er erst spät am Abend machen können. Aber er brauchte jetzt Bares...

    Der erste Gedanke durchzuckte ihn wie ein Blitz in vollkommener Finsternis: Der Lagerraum der Wächter! Die verschiedenen Gerätschaften

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