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Geschichte der Evangelischen Fachhochschule Ludwigshafen: Von der Gründung 1971 bis zur Schließung 2008. Mit einem chronologischen Überblick von 1946 bis 2022
Geschichte der Evangelischen Fachhochschule Ludwigshafen: Von der Gründung 1971 bis zur Schließung 2008. Mit einem chronologischen Überblick von 1946 bis 2022
Geschichte der Evangelischen Fachhochschule Ludwigshafen: Von der Gründung 1971 bis zur Schließung 2008. Mit einem chronologischen Überblick von 1946 bis 2022
eBook917 Seiten9 Stunden

Geschichte der Evangelischen Fachhochschule Ludwigshafen: Von der Gründung 1971 bis zur Schließung 2008. Mit einem chronologischen Überblick von 1946 bis 2022

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Über dieses E-Book

Die Evangelische Fachhochschule wurde im Jahr 1971 in Trägerschaft der Pfälzischen Landeskirche eröffnet und zum März 2008 aufgelöst. Ihre Studiengänge und ihr Personal wurden als neuer vierter Fachbereich in die staatliche Fachhochschule Ludwigshafen überführt. In den knapp 37 Jahren ihres Bestehens betrieb die Evangelische Fachhochschule Studiengänge für Sozialarbeit, Sozialpädagogik bzw. Soziale Arbeit, für Pflegepädagogik und Pflegeleitung, für Religionspädagogik und kirchliche Bildungsarbeit, für Mediation, für Sozialgerontologie und für Unternehmensführung im Wohlfahrtsbereich. Sie entfaltete Aktivitäten in Fort- und Weiterbildung sowie Forschung. Das Buch arbeitet die Geschichte dieser Bildungsinstitution inklusive ihrer Vorgeschichte seit 1946 auf und gibt einen Überblick der Entwicklungen des aus ihr hervorgegangenen Fachbereichs Sozial- und Gesundheitswesen von 2008 bis 2022. Es dokumentiert die personellen Entwicklungen und enthält vier transkribierte Interviews mit Zeitzeug:innen. Es thematisiert das akademische Selbstverständnis, das Spannungsfeld von Wissenschaftsfreiheit und kirchlicher Bindung, die Schließungsdebatten und den Trägerwechsel sowie die Entwicklung von Professionalisierung und Fachlichkeit.
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum20. Apr. 2023
ISBN9783757835965
Geschichte der Evangelischen Fachhochschule Ludwigshafen: Von der Gründung 1971 bis zur Schließung 2008. Mit einem chronologischen Überblick von 1946 bis 2022
Autor

Arnd Götzelmann

Dr. theol. habil. Arnd Götzelmann ist Professor für Diakonik, Sozialethik und Sozialpolitik an der Hochschule für Wirtschaft und Gesellschaft Ludwigshafen und Privatdozent für Praktische Theologie an der Augustana-Hochschule Neuendettelsau.

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    Buchvorschau

    Geschichte der Evangelischen Fachhochschule Ludwigshafen - Arnd Götzelmann

    Inhalt

    Vorwort und Einführung

    Vorgeschichte und Vorläuferinstitutionen

    1.1. Professionalisierung der Sozialen Arbeit

    1.2. Die Evangelische Schule für kirchlichen und sozialen Dienst in Speyer 1948

    1.3. Das Seminar für Sozialberufe in Speyer 1950

    1.4. Die Höhere Fachschule für Sozialarbeit in Speyer 1964 und der Neubau in Ludwigshafen

    1.5. Die Höheren Fachschulen für Sozialarbeit und Sozialpädagogik in Ludwigshafen 1970

    1.6. Der Standort Ludwigshafen in Bezug zu Mannheim

    1.7. Akademisierung der Sozialen Arbeit und Regionalisierungskonzept der EKD

    Die Fachhochschule der Pfälzischen Landeskirche von ihrer Gründung bis zur Umbenennung (1971-1983)

    2.1. Eröffnung der Fachhochschule und erste Satzung

    2.2. Kooperationen und Publikationsorgan der vier Evangelischen Fachhochschulen im Südwesten

    2.3. Das Ende der „Übergangsphase" mit Ausscheiden der langjährigen Leiterin und weiterem Personalwechsel

    2.4. Der Fachbereich III Religionspädagogik und kirchliche Bildungsarbeit

    2.5. Die Entwicklung der Fachrichtungen Sozialarbeit und Sozialpädagogik

    2.6. Personal

    2.7. Studierendenschaft

    2.8. Entwicklungen in der Südwest-AG und Beginn des Projektstudiums

    2.9. Aktivitäten und Publikationen des Kollegiums

    2.10. Gremien der Fachhochschule

    Die Evangelische Fachhochschule für Sozialwesen Ludwigshafen bis zur Zwanzigjahrfeier (1983-1991)

    3.1. Neue Satzung und neuer Rektor 1983

    3.2. Haupt- und nebenamtliches Personal und neuer Rektor 1987

    3.3. Fachliche Vernetzung durch Fortbildungen, Fachtagungen und Forschungsprojekte

    3.4. Unsicherheiten über die weitere Existenz der Fachhochschule und materielle Investitionen in die Zukunft

    3.5. Studienreform 1989/90

    3.6. Studierende

    3.7. Die Zwanzigjahrfeier 1991

    Die Evangelische Fachhochschule Ludwigshafen zwischen 1991 und 1999

    4.1. Der neue Fachbereich Pflege

    4.2. Personal: Haupt- und nebenamtlich Lehrende

    4.3. Stellenplan und Stellenbesetzungen in den 1990er Jahren

    4.4. Forschung und Weiterbildung

    4.5. Verbindungen zu Kirche und Diakonie

    4.6. Die Studiengänge der Sozialen Arbeit

    4.7. Die 25-Jahrfeier 1996

    4.8. Entwicklungen der Studierendenzahlen in den 1990er Jahren und ihre Kosten

    4.9. Streik und Kinderhaus

    Die Evangelische Fachhochschule Ludwigshafen – Hochschule für Sozial- und Gesundheitswesen – University of Applied Sciences vom Millenniumswechsel bis zu ihrer Schließung (2000-2008)

    5.1. Namensänderung der Fachhochschule und Strukturänderung der Fachbereiche

    5.2. Arbeit am Profil – neues Selbstbewusstsein der Fachhochschule bei Unsicherheit ihres Fortbestehens

    5.3. Das dreißigjährige Jubiläum 2001 und der Blick auf die Innovationen

    5.4. Professionalisierung der Fachhochschule in den Bereichen Öffentlichkeitsarbeit, Auslandsamt und Frauenausschuss

    5.5. Der Weiterbildungsstudiengang Mediation (Diplom)

    5.6. Der berufsbegleitende weiterbildende Diplom-Studiengang „Pflegepädagogik für Personen mit Weiterbildung als Lehrkraft für Pflegeberufe"

    5.7. Die Stiftungsprofessur für Diakonie (und Betriebswirtschaftslehre)

    5.8. Studienreform Soziale Arbeit: der Diplom-Studiengang Soziale Arbeit

    5.9. Bologna-Reform: Bachelor- und Masterstudiengänge

    5.10. Der Masterstudiengang Sozialgerontologie

    5.11. Der Masterstudiengang „Unternehmensführung im Wohlfahrtsbereich"

    5.12. Fort- und Weiterbildung

    5.13. Forschung

    5.14. Haupt- und nebenamtliches Personal, Verwaltung

    5.15. Entwicklungen der Studierendenzahlen

    5.16. Krise der Trägerschaft, Initiativen zu Hochschulkooperationen und Auflösung der Evangelischen Fachhochschule

    Das Personal der evangelischen Fachhochschule in Ludwigshafen von 1971 bis 2008

    6.1. Hauptamtlich Lehrende / vormals „hauptamtliche Fachhochschullehrer"

    6.2. Nebenamtlich Lehrende / Lehrbeauftragte / vormals „nebenamtliche Dozenten"

    6.3. Assistentinnen und Assistenten / wissenschaftliche Mitarbeiter:innen / vormals „Assistenten"

    6.4. Fachhochschulverwaltung / vormals „Mitarbeiter der Verwaltung"

    Die Entwicklungen im Überblick: Chronik 1946-2022

    Fazit: Versuche der Deutung und Einordnung

    8.1. Akademisches Selbstverständnis und Fremdwahrnehmung

    8.2. Wissenschaftsfreiheit und kirchliche Bindung

    8.3. Schließungsdebatten und Trägerwechsel

    8.4. Professionalisierung und Fachlichkeit

    Quellenverzeichnis

    Anhang: Zeitzeugeninterviews

    A.1. Interview mit Hannelore Heidelberger

    A.2. Interview mit Haro Schreiner

    A.3. Interview mit Ekkehard Börsch

    A.4 Interview mit Margarethe Seifert

    Vorwort und Einführung

    „In der Erinnerung sehe ich die Dinge zum ersten Mal richtig – so, wie sie sind. Weil ich mich ihnen in der Stille ganz konzentriert widmen kann, unabgelenkt von dem sonstigen Geschehen, das sie bei der ersten Begegnung umspült hat. Etwa, wenn ich jemandem in einer lauten, lebhaften Gesellschaft begegne. Der Mann oder die Frau machen einen großen Eindruck auf mich, und ich spüre sofort, dass sie mich weiterhin beschäftigen werden. Aber ich werde im Gewühl gezogen und gestoßen, das Gesicht verschwindet in der Menge, und ein Schwall von anderen Eindrücken schiebt sich zwischen mich und jene Wahrnehmung. Später, auf dem stillen Weg nach Hause, holt die Erinnerung das Gesicht hervor, und nun kann ich so lange und ungestört dabei verweilen, wie ich will. Ich löse es aus den übrigen Eindrücken heraus und betrachte es ganz ruhig – wie zum ersten Mal. Die erinnerte Gegenwart als die besonnene Gegenwart, die nicht nur Wucht des Eindrucks ist, sondern Erkenntnis."¹

    Mit diesem Buch betreten wir einen Zeitraum des fließenden Übergangs, den man im Anschluss an die – freilich noch offene – Debatte in der neueren Geschichtswissenschaft als den zwischen der Zeitgeschichte und der Gegenwartsgeschichte verstehen kann. „Geschichte wird durch Zäsuren in Epochen gegliedert."² Eine mechanische Einteilung nach Kalender, z.B. für eine Epoche des 20. Jahrhunderts wäre wenig hilfreich, denn die Zäsuren müssen inhaltlich diskutiert und in einem größeren Konsens gesetzt werden. So hat der Begründer der deutschen Zeitgeschichtsschreibung Hans Rothfels zwei epochale Wendepunkte ausgemacht, die bis heute die Einteilung der zeitgeschichtlichen Epochen markieren: zum einen das Jahr 1917 mit der russischen Oktoberrevolution und dem Kriegseintritt der USA, zum anderen das Jahr 1945 mit dem Zusammenbruch des NS-Regimes und dem Ende des Zweiten Weltkriegs.³ Martin Sabrow machte darauf aufmerksam, dass diese Einteilung von Rothfels noch nicht einmal zehn Jahre nach dem Ende des so gen. „Dritten Reichs getroffen wurde und sich das Verständnis des Einsatz- und Endpunktes der Zeitgeschichte im Grunde von heute aus gesehen entsprechend verschieben müsste. Dennoch werde immer wieder der Vorschlag unterbreitet, die Zeitgeschichte in eine ältere Phase von 1917 bis 1945, eine jüngere von 1945 bis 1989 und eine jüngste von 1990 bis heute zu unterteilen. Doch dieser Vorschlag habe sich nicht durchsetzen können. Denn die inhaltliche Bestimmung der Zäsur, die historische Epochen konsensfähig untergliedert, hängt mit einem Kriterium zusammen, dass der evangelische Theologe und Historiker Johann Chladenius schon Mitte des 18. Jahrhunderts als „Sehepunkt bezeichnete.⁴ Danach wäre die Zeitgeschichte jene Epoche, die der letzten tiefgreifenden Veränderung des historischen „Sehepunktes vorausgeht und sich daher von ihrer Nachzeit durch die Geltung anderer politischer, wirtschaftlicher und kultureller Normen des gesellschaftlichen Zusammenlebens unterscheidet. Insofern wäre im Anschluss an Sabrow die Zeitgeschichte von der Gegenwartsgeschichte dadurch zu unterscheiden, dass die Zeitgeschichte diesen „Sehepunkt als Geschichtsdeutungszäsur schon weitgehend konsensfähig beschreibt, wie etwa das Jahr 1945 mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs oder das Jahr 1989 mit dem Fall des „Eisernen Vorhangs" und der Mauer. Die Gegenwartsgeschichte hat mit einer unmittelbaren Vergangenheit zu tun, die sich ihrer Historisierung schon dadurch entzieht, dass in ihr zeitgenössische Handlungsnormen und nachzeitige Deutungsmaßstäbe noch nicht auseinandergetreten sind.⁵

    Zum Anlass und zum Inhalt des Buches

    Als „Sehepunkte" für die zeitgeschichtliche Epochenabgrenzung möchte ich hier mindestens das Folgende bemühen. Für die zeitgeschichtliche Erforschung der Evangelischen Fachhochschule Ludwigshafen ist bezüglich ihrer Vorgeschichte das Jahr 1945 gewiss eine passende Zäsur, wie sich im ersten Kapitel dieses Buches zeigt. Die nächste relevante zeitgeschichtliche Zäsur zumindest für den Bereich des deutschen Bildungswesens stellt das Jahr 1971 dar, in dem in der ganzen Bundesrepublik Deutschland die große Mehrheit der Fachhochschulen gegründet werden. Inwiefern das Jahr 1989 mit seiner geopolitischen Bedeutung für die Entwicklung der Evangelische Fachhochschule Ludwigshafen eine Rolle spielt, muss noch diskutiert werden.

    Der Endpunkt der Betrachtung liegt für uns jedenfalls beim Jahr 2008. Denn am 29. Februar 2008 endete die Trägerschaft der Evangelischen Kirche der Pfalz und die Evangelische Fachhochschule Ludwigshafen hörte im rechtlich-institutionellen Sinn auf zu existieren. Ihr Personal und ihre Studiengänge wurden zum 1. März 2008 überführt in die Trägerschaft des Landes Rheinland-Pfalz und gingen in einem neuen, vierten Fachbereich Sozial- und Gesundheitswesen der staatlichen Fachhochschule – bis dahin: für Wirtschaft – auf. Räumlich wird dieser institutionelle Epochenwechsel erst mit dem Verlassen des Gebäudes in der Maxstr. 29, Ludwigshafen, das die Evangelische Kirche für ihre Bildungseinrichtung Ende der 1960er Jahre neu bauen ließ, und dem Umzug in das neu errichtete Campusgebäude in der Ernst-Boehe-Straße zur Vollendung kommen, der aktuell für das Jahr 2024 in Aussicht gestellt ist, sich aber weiter verschieben könnte. Eine personelle und kulturelle Tradition der aufgelösten Evangelischen Fachhochschule Ludwigshafen besteht aber einstweilen noch fort, auch wenn sie dünner und schwerer zugänglich wird. Deshalb habe ich im 7. Kapitel die Entwicklungen im Überblick in chronologischer Abfolge die Darstellung des Fachbereichs fortgeführt bis zum Betrachtungsendpunkt 2022.

    Der Übergang von der Zeit- zur Gegenwartsgeschichte ist neben dem für die Gegenwartsgeschichte noch fehlenden gemeinsamen „Sehepunkt aber auch dadurch markiert, dass die Zeitgenossenschaft übergeht von den verstorbenen zu den noch lebenden Zeitzeugen, und dass es noch Personen, wie einige noch aktive Kolleg:innen neben mir als Autor, gibt, die diesen institutionellen Epochenwechsel persönlich erlebt haben und ihn auf je eigene Weise, zuweilen auch kollektiv, deuten. Eine Trennung von zeitgenossenschaftlicher Betroffenheit und zeit- bzw. gegenwartshistorischer Forschung wird damit für die Gegenwartsgeschichte, sagen wir nach ca. 1989, also problematisch oder doch widersprüchlich. Insofern spielt in dieses Buch immer auch eine individuelle Deutung vergangener Entwicklungen hinein, in die ich als Autor selbst mit verwickelt bin. Meine gegenwarts- und zeitgeschichtlichen Deutungen in diesem Buch möchte ich als Angebot an die Zeitgenoss:innen und an die Nachwelt machen. Selbstverständlich erhebe ich keinen exklusiven, immerhin aber doch einen – durch die dokumentenanalytische Auswertung schriftlicher Archivalien und den durch die Oral History fundierten Zugang zu Zeitzeugeninterviews – forschungsmethodisch abgesicherten Deutungsanspruch. Indes mögen meine Deutungen „eigensinnig erscheinen und wollen es auch sein. Denn die Zeitzeugen der Interviews und auch ich als Zeitgenosse und Forscher waren und sind nicht nur Zeitzeugen, sondern immer auch Akteure der institutionellen Transformation. An den Historiker Alf Lüdtke anschließend, zielt Eigensinn auf Praxen sowohl der Verweigerung als auch der sinnhaften Aneignung historischer Situationen. Als ein „Moment im Kräftefeld von Herrschaft und Freiheit"⁶, zielen eigensinnige Praktiken darauf ab, gegenüber herrschaftlichen Zumutungen Abstand und damit Spielräume zu gewinnen, jedoch ohne damit zwingend Herrschaft schon direkt herauszufordern.

    Für die Erforschung der Entwicklungen der Evangelischen Fachhochschule Ludwigshafen interessant ist dabei Lüdtkes These, dass neben Parteien und Massen auch Bürokratien – und damit auch gemeinnützige und wohlfahrtstaatliche Institutionen, zu denen sich die kirchlichen Hochschulen zählen lassen – nicht einfach gegenüber den Instruktionen gesellschaftlicher „Kommandohöhen parieren: „Die Adressaten von Anforderungen, Verordnungen und Befehlen waren (und sind) keineswegs nur Marionetten. Beziehungen von Herrschaft […] funktionieren nur dann, wenn Zwänge und Anreize von Herrschenden und Produzenten mit den Interessen und Deutungen, den Emotionen und Ängsten auch der anderen in ein Verhältnis gebracht werden, wenn Mitmachen oder […] Hinnehmen […] einen eigenen Reiz hat. Oder theoretischer formuliert: nur in den Aneignungen entstehen die Verhältnisse. Und dabei werden sie variiert und nuanciert – möglicherweise auch transformiert.

    Dazu will das Buch auf seine eigene, ja, zuweilen eigensinnige Weise beitragen.

    Zum Kontext des Forschungsprojektes „Die Entwicklung evangelischer Ausbildungsinstitutionen für Soziale Arbeit, kirchlich-diakonische Berufe und Pflege in der Pfalz – zeitgeschichtliche Studien" (2018-2023)

    Dieser Band steht im größeren Kontext meines Forschungsprojektes mit dem Titel „Die Entwicklung evangelischer Ausbildungsinstitutionen für Soziale Arbeit, kirchlich-diakonische Berufe und Pflege in der Pfalz – zeitgeschichtliche Studien", das zunächst bis 2021 laufen sollte, nun aber bis 2023 verlängert ist. Für das Jahr 2021 kam das fünfzigjährige Jubiläum der Eröffnung der evangelischen Fachhochschule Ludwigshafen, deren Name mehrfach geändert wurde, in den Blick. In meinem Forschungsprojekt werden die Vorgeschichte, die Gründung, der Wandel und die Übergangsprozesse der genannten Bildungsinstitutionen zwischen kirchlich-diakonischer Trägerschaft und gesellschaftlich-fachlicher Transformation in ihrer Bedeutung für die Professionalisierung und Akademisierung der betreffenden Berufe und Disziplinen erforscht. Zur Anwendung kommt dabei ein Mixed-Methods-Forschungsverfahren aus Literaturstudium, zeitgeschichtlichen Archivrecherchen, Dokumentenanalysen, Internetrecherchen und biografisch-narrativen Interviews mit Zeitzeuginnen und -zeugen.

    Es wurden die entsprechenden Bestände des Zentralarchiv der Evangelischen Kirche der Pfalz (abgekürzt: ZASP), des Archivs des Fachbereichs Sozial- und Gesundheitswesen der Hochschule für Wirtschaft und Gesellschaft Ludwigshafen (ALU) und seines Prüfungsarchivs (PALU) sowie des Stadtarchivs Ludwigshafen am Rhein (SALU), persönliche und hochschuleigene Aktenbestände und Dateien inkl. E-Mails sowie Fachliteratur ausgewertet. Acht biographisch-narrative Interviews – zwei davon durch die Kolleginnen Prof. Dr. Ellen Bareis, Dozentin Antje Reinhard und meine frühere Forschungsassistentin, Sozialarbeiterin (M.A.) Katja Reincke – geführt, ausgewertet und genutzt. Den drei Kolleginnen sei dafür auch an dieser Stelle herzlich gedankt.

    Zur akademischen Festveranstaltung der Hochschule Ludwigshafen am Rhein anlässlich der im Jahr 2008 vollzogenen Überführung der vormals kirchlichen in die staatliche Fachhochschule – bis dahin Hochschule für Wirtschaft – in Ludwigshafen unter dem Titel „Zehn Jahre Fusion am 26. September 2018, wurde die von mir herausgegebene Jubiläumsschrift vorgelegt: „Zweieinhalb Jubiläen. Der Fachbereich Sozial- und Gesundheitswesen der Hochschule Ludwigshafen am Rhein und seine Vorgeschichte seit 1948.⁸ Darin finden sich u.a. vier Zeitzeugeninterviews mit den drei ehemaligen Rektoren der Evangelischen Fachhochschule Ludwigshafen Prof. Kurt Witterstätter – er war bereits hauptamtlich Lehrender am „Seminar für Sozialberufe" in Speyer –, Prof. Dr. Dieter Wittmann und Prof. Jürgen Mangold – er war selbst noch Studierender am Seminar für Sozialberufe in Speyer – sowie mit der früheren Fachhochschul-Assistentin Helga Mayer. Andere frühere Mitarbeitende, Lehrbeauftragte und ehemalige Studierende der Evangelischen Fachhochschule Ludwigshafen kommen in dem Jubiläumsbuch in eigenen Beiträgen ebenso zu Wort wie hauptamtlich Lehrende und die beiden Präsidenten der seit 2008 gemeinsamen Fachhochschule Prof. Dr. Wolfgang Anders und Prof. Dr. Peter Mudra. Die Entwicklung der ehemaligen und der gegenwärtig angebotenen Studiengänge sowie neuer Studiengangsprojekte werden dort dargestellt, Spezialitäten und Querschnittsthemen wie Internationales, Ethik, ästhetische Bildung und Frauen- bzw. Gleichstellungsarbeit thematisiert.

    Neben anderen Jubiläumsbeiträgen sind im Oktober 2018 zwei Aufsätze von mir in der Hochschulzeitschrift „Spektrum" Nr. 28 als Print- und als Online-Ausgabe erschienen.

    Im Jahr 2019 konnte ich eine Monographie, die die Entwicklung der der Evangelischen Fachhochschule Ludwigshafen vorangehenden evangelischen Bildungsinstitutionen in der Pfalz darstellt, veröffentlichen mit dem langen Titel: „Zur Geschichte evangelischer Ausbildungsstätten für Sozialarbeit in der Pfalz. Eine exemplarische Studie zur Professionalisierung und Akademisierung der Sozialen Arbeit seit 1945. Von der Evangelischen Schule für kirchlichen und sozialen Dienst (1948) über das Seminar für Sozialberufe in Speyer (1950) zu den Höheren Fachschulen für Sozialarbeit und Sozialpädagogik (1970) und der Evangelischen Fachhochschule Ludwigshafen (1971-2008)"¹⁰. Diese Untersuchung will einen Beitrag zur Professions-, Disziplin- und Institutionengeschichte der Sozialen Arbeit und kirchlich-diakonischer Berufe sowie zur Zeitgeschichte der evangelischen Kirche mit ihrer Diakonie leisten. Die Monographie von 2019 zeichnet exemplarisch den Prozess der Professionalisierung des Berufes und den Weg der disziplinären Akademisierung der Sozialen Arbeit und z.T. auch der Gemeinde- bzw. Religionspädagogik nach.

    Weitere Beiträge zum Thema meines Forschungsprojektes finden sich in der von Alt-Kirchenpräsident Eberhard Cherdron und mir herausgegebenen Festschrift für den langjährigen Rektor der Evangelischen Fachhochschule Prof. Dr. Dieter Wittmann zum 80. Geburtstag. Der Band erschien im Herbst 2021 unter dem Titel: „Zwischen Nachtgesicht und Sonnentag. Freundschaftliche Beiträge zu Theologie, Tiefenpsychologie und Sozialarbeitswissenschaft"¹¹. Darin finden sich etliche Aufsätze von früheren Ludwigshafener Professorenkollegen, die sich auch der Thematik meines Forschungsprojektes und dieses Buches zur Evangelischen Fachhochschule Ludwigshafen widmen. So ein persönlicher Rückblick anhand von Dokumenten von Prof. Dr. Hans-Ulrich Dallmann betitelt „Als die Evangelische Fachhochschule noch evangelisch war…¹² und mein Beitrag „Zur kirchlichen Profilierung des Evangelischen Fachhochschule Ludwigshafen. Ein Rückblick auf die Entwicklungen seit 1971 anlässlich ihres fünfzigjährigen Gründungsjubiläums und auf die Funktion der Stiftungsprofessur für Diakonie¹³.

    Das vorliegende Buch schließt an die genannten publizierten Ergebnisse meines Forschungsprojektes an und will es zu einem Abschluss bringen.

    Auch wenn die Ergebnisse des Projektes mittlerweile auf viele Bücher, Aufsätze und Interviews angeschwollen sind und ich mich bemüht habe, ein möglichst umfassendes Bild zu geben, so war es mir nicht möglich, einige Ansprüche vollständig umzusetzen, die ich hatte und die mir von grundlegender Bedeutung für wissenschaftliche Forschung und Publizistik in unserer Zeit erscheinen: eine Historiographie „von unten", eine geschlechtergerechte Perspektive und eine betroffenenorientierte Darstellung.

    Traditionelle Geschichtsschreibung wird, so lehren uns die Forschungsrichtungen der „Oral History und Alltagsgeschichte, meist „von oben betrieben in einem doppelten Sinn: Forschende und Geschichtsschreibende entstammen meist einem bürgerlich-intellektuellen Milieu und sie bedienen sich schriftlicher Quellen, die ebenso von in der gesellschaftlichen Hierarchie „oben Stehenden produziert wurden und so als Instrumente ihres Einflusses durch die Geschichtsschreibung weiterwirken. Denn wer hatte in früheren Zeiten überhaupt die Möglichkeit, schriftliche Dokumente zu verfassen, die der Nachwelt erhalten blieben und für die Geschichtsschreibung bis heute nutzbar sind? Die Massen, der „kleine Mann und noch weniger „die Frau konnten die Produktionsbedingungen des Schriftlichen, das in die Archive, Bücher und andere Druckwerke einging, kaum nutzen. Die Produktionsbedingungen medialer Kommunikation veränderten sich erst durch das Internet und weitere gesellschaftliche Prozesse der Demokratisierung und Liberalisierung von Kommunikationsmitteln. Als Gegenbewegung und zugleich Ergänzung der traditionellen Geschichtsschreibung hatte sich die „Oral History und mit ihr eine Alltagsgeschichtsforschung und -schreibung „von unten entwickelt, die darauf aus sind, von „denen da unten eigene Dokumente generieren zu lassen, indem sie sie interviewt und die Interviewaufnahmen transkribiert, auswertet, deutet und veröffentlicht. Gemäß diesem Verständnis wurden die acht Interviews anberaumt, geführt und genutzt. Hier kommen auf andere Weise als in ihren schriftlichen Berichten etc. die einstmals „mächtigen Männer der Evangelischen Fachhochschule Ludwigshafen zu Wort: die Rektoren. Daneben sind es zwei weitere Männer, ebenso Professoren. Aber es wurden auch drei Frauen interviewt, die als Studentinnen, wissenschaftliche Mitarbeiterin und Lehrbeauftragte an der Evangelischen Fachhochschule Ludwigshafen wirkten. Von dieser weiblichen Seite der Geschichte hätte ich mir mehr gewünscht, stieß aber an meine Kapazitätsgrenzen. Ähnlich ging es mir mit den anderen, die man in einer Geschichtsschreibung „von unten zu Wort kommen lassen und ans Tageslicht befördern sollte: Die Betroffenen im Fall einer Hochschule sind die Studierenden. Rektor Mangold kam in seinem Interview auch als früherer Studierender zu Wort, Hannelore Heidelberger und Margarethe Seifert ebenso. Man hätte aber die Geschichte der Evangelischen Fachhochschule Ludwigshafen auch ganz oder doch stärker aus Sicht der Studierenden schreiben und interpretieren können. Die Quellenlage dazu ist schlechter, auch wenn die Vorlesungsverzeichnisse Auskünfte über die Zusammensetzung des AStA in den betreffenden Jahren geben und Voten von Studierendenvertreter:innen in manchen Sitzungsprotokollen festgehalten sind etc. Es wären zahlreiche weitere Interviews mit Studierenden aus verschiedenen Zeiten der 37-jährigen Geschichte der Evangelischen Fachhochschule Ludwigshafen nötig gewesen. Die Evangelische Fachhochschule Bochum tat etwas Vergleichbares zur Aufarbeitung ihrer Geschichte, indem sie über Aufrufe in der Lokalzeitung ehemalige Studierende aufforderte, sich zu melden, um dann deren persönliche Rückblicke aufzuzeichnen und zugänglich zu machen.¹⁴ Hier gäbe es noch viel zu tun im Blick auf Ludwigshafen. Vielleicht lassen sich andere dazu anregen.

    Zur Gliederung des Buches

    Nach Vorwort und Einführung setzt das erste Kapitel mit der Vorgeschichte und den Vorläuferinstitutionen der evangelischen Fachhochschule ein. Im zweiten bis fünften Kapitel wird die Geschichte der Fachhochschule – unterteilt durch wichtige Veränderungen bzw. Zäsuren – nachgezeichnet. Das sechste Kapitel enthält Angaben zu den Personen, die an dieser tertiären Bildungsinstitution von 1971 bis 2008 gearbeitet haben als haupt- und nebenamtlich Lehrende, als wissenschaftliche Mitarbeitende und als Verwaltungskräfte. Im siebten Kapitel werden die Entwicklungen überblicksartig zusammengefasst und in Jahresabschnitten von 1946 bis 2022 dargestellt. Im achten Kapitel wird versucht, die beforschten und beschriebenen Entwicklungen zu deuten und in größere Kontexte anhand von vier relevanten Themen einzuordnen. Es folgt das Quellenverzeichnis.

    Der Anhang enthält vier transkribierte Interviews, die jeweils eine eigene Seitenzählung tragen. Die Abkürzung A.1./1 bedeutet also z.B.: Anhang, Interviewtranskript 1 / Seite 1 des betr. Interviewtranskripts. Jedem Interview ist eine Kontextuierung und ein Biogramm vorangestellt.

    Zu den Schreibweisen

    Bis zum Jahr 1983 wurde die kirchliche Fachhochschule in Ludwigshafen „Fachhochschule der Pfälzischen Landeskirche genannt, danach hieß sie offiziell „Evangelische Fachhochschule für Sozialwesen Ludwigshafen, ab 1991 dann „Evangelische Fachhochschule Ludwigshafen, später mit dem Zusatz „Hochschule für Sozial- und Gesundheitswesen, noch später erweitert um die englischen Namensergänzung „University of Applied Sciences. Im vorliegenden Buch wird die Kleinschreibung als „evangelische Fachhochschule zuweilen verwendet, wenn es sich um den Betrachtungszeitraum auch vor 1983 handelt oder wenn mehrere Fachhochschulen in evangelischer Trägerschaft zusammen angesprochen sind. Die Großschreibung „Evangelische Fachhochschule" wird für die Phase ab 1983 genutzt.

    Die Großschreibung des Attributs „Pfälzische wird so verwendet, wie es innerhalb der Evangelischen Kirche der Pfalz üblich ist für alle Gremien und Institutionen, die mit der Landeskirche zusammenhängen. Die heutige Evangelische Kirche der Pfalz trug bis 1978 den langen und aussagkräftigen Namen „Vereinigte protestantisch-evangelisch-christliche Kirche der Pfalz. Ansonsten finden sich unterschiedliche Gepflogenheiten im Umgang mit dem Adjektiv „pfälzisch". Hier werden die übernommen, die in den Selbstbezeichnungen der betr. Vereine, Institutionen und Organisationen sowie natürlich in Zitaten verwendet werden.

    Zitate werden in der jeweiligen historischen Schreibweise übernommen. Sie wurden nicht an die aktuellste Rechtschreibreform angepasst.

    Zum Foto auf der Titelseite und zum Gebäude Maxstraße 29

    Für die Titelseite des Buches habe ich ein Foto des in den Jahren 1968 bis 1970 errichteten Gebäudes Maxstr. 29, Ludwigshafen am Rhein, in dem die evangelische Fachhochschule angesiedelt war, aus dem Jahr 2018 ausgewählt. Darauf ist der von Architekt Detlef Brozach aus Mannheim im Stil des „Brutalismus" (von franz. Brut – zu dt.: Sichtbeton) geplante Bau zu sehen, der bis auf den späteren bunten Außenanstrich weitgehend original erhalten ist. Erste Ideen für einen Neubau gehen zurück bis zu den Zeiten des Speyerer evangelischen Seminars für Sozialberufe. Das Gebäude wurde im Frühjahr 1970 von den Höheren Fachschulen für Sozialarbeit und Sozialpädagogik erstbezogen und ab Gründung der Fachhochschule der Pfälzischen Landeskirche bis heute als Hochschulbau genutzt.

    Ein Fotobuch, das insbesondere dessen lebendiges Innenleben in den Jahren 2022 und 2023 dokumentiert und illustriert, und sich auch der Historie seiner Bauentwicklung und seines Architekturstils widmet, wird von Prof. Dr. Ingeborg Löser-Priester, Dr. Christa Oppenheimer, Prof. Dr. Andreas Rein, Geraldine Peter und meiner Person unter Mitarbeit des Doktoranden Norman Böttcher erarbeitet und soll im Sommer 2023 erscheinen.

    Danksagungen

    Viele Menschen haben mein vorliegendes Buch auf unterschiedliche Weise unterstützt und ermöglicht. Sie sollen hier in Dankbarkeit genannt werden.

    Herzlichen Dank möchte ich den drei Alt-Rektoren der Evangelischen Fachhochschule Ludwigshafen Prof. Kurt Witterstätter, Prof. Dr. Dieter Wittmann und Prof. Jürgen Mangold sagen. Sie haben mir viele Informationen und Ideen für mein Forschungsprojekt sowie wertvolle Impulse für dieses Buch gegeben und Fotos zur Verfügung gestellt.

    Ebenso herzlich bedanke ich mich bei den Leitungen und Mitarbeitenden der Archive, die für dieses Buch von kaum zu überschätzender Bedeutung und Hilfe waren: bei Direktorin i.R. Dr. Gabriele Stüber und den Mitarbeitenden des Zentralarchivs der Evangelischen Kirche der Pfalz in Speyer, Hilda Gutjar, Georg Klein, Christine Lauer, Heidi Schmid u.a.; bei Sabine Amann vom Prüfungsamt und -archiv des Fachbereichs Sozial- und Gesundheitswesen der Hochschule Ludwigshafen am Rhein; beim Leiter des Stadtarchivs Ludwigshafen Herrn Dr. Stefan Mörz und seiner Mitarbeiterin Karin Wagner.

    Hilfreich zur Seite standen mir ebenso der Geschäftsführer des Fachbereichs Sozial- und Gesundheitswesen Dr. Werner Sanio, der wissenschaftliche Assistent Matthias Schulz und die Fachbereichssekretärin Karin Müller.

    Für das Korrekturlesen und manche Tipps bedanke ich mich bei meinem ehemaligen Kollegen, dem Diplom-Pädagogen Heinz Thiery aus Dudenhofen, und meiner Frau, Pfarrerin Claudia Enders-Götzelmann.

    Arnd Götzelmann, Ludwigshafen am Rhein und Speyer, 2023


    ¹ Mercier 2020.

    ² Sabrow 2014.

    ³ Vgl. Hans Rothfels zit.n. Broszat 1986, S. 9-35 (Aufgaben und Probleme zeitgeschichtlichen Unterrichts), hier S. 10ff.

    ⁴ Johann Martin Chladenius, Einleitung zur richtigen Auslegung vernünfftiger Reden und Schrifften, Leipzig 1742, zit.n. Sabrow 2014, S. 6.

    ⁵ Vgl. Sabrow 2014, S. 7.

    ⁶ Lüdtke 2015, S. 17.

    ⁷ Lüdtke 2015, S. 21f.

    ⁸ Götzelmann 2018a.

    ⁹ Götzelmann 2018i und 2018j, www.hs-lu.de/fileadmin/user_upload/epaper/spektrum28/.

    ¹⁰ Götzelmann 2019.

    ¹¹ Cherdron & Götzelmann 2021a.

    ¹² Dallmann 2021.

    ¹³ Götzelmann 2021b.

    ¹⁴ www.evh-bochum.de/jubilaeum/.

    1. Vorgeschichte und Vorläuferinstitutionen

    Zum Verständnis der Gründung und Entwicklung der Fachhochschule der Pfälzischen Landeskirche in Ludwigshafen ist es hilfreich, sich ein Bild davon zu machen, was ihr vorausging. Was also gehört zur Vorgeschichte und welche Vorläuferinstitutionen hatte die Fachhochschule?¹⁵

    1.1. Professionalisierung der Sozialen Arbeit

    Zwischen 1899 und 1945 waren in Deutschland 69 Ausbildungsstätten für die soziale Berufsarbeit entstanden, die sich vorwiegend an Frauen richteten.¹⁶ Für Männer gab es nur wenige, mehrheitlich evangelische Diakonen-Ausbildungsstätten in Deutschland.¹⁷ In der Pfalz hatte es vor 1948 keine Soziale Frauenschule oder Wohlfahrtsschule und auch kein NSV-Volkspflegerinnenseminar gegeben. Die nächstgelegenen Fachschulen mit längerer, wechselvoller Tradition befanden sich in Mannheim, Heidelberg, Karlsruhe, Freiburg, Darmstadt, Frankfurt am Main und Saarbrücken.¹⁸

    Anlass für die Bemühung, eine evangelische Ausbildungsstätte für Sozialarbeit in der Pfalz zu gründen, war für die Verantwortlichen der Pfälzischen Landeskirche und des Landesvereins für Innere Mission Pfalz die professionelle Bearbeitung sozialer Probleme, die hauptsächlich mit den Folgen des Zweiten Weltkrieges zusammenhingen: Arbeitslosigkeit, Armut, Familien- und Gesundheitsprobleme, Fluchtelend, Wohnungslosigkeit etc. Fachlich ging es den protestantischen Gründerinnen und Gründern darum, – zunächst nur – weibliche Fachkräfte in einem christlichen Sinn ganzheitlich und hochwertig zu qualifizieren, die staatlichen Positionen so mit christlich-evangelischem Geist zu durchdringen und mit der katholischen Kirche und ihrer 1947 in Andernach gegründeten Wohlfahrtsschule gleich zu ziehen.¹⁹

    1.2. Die Evangelische Schule für kirchlichen und sozialen Dienst in Speyer 1948

    Mit der „Evangelischen Schule für kirchlichen und sozialen Dienst" in Speyer wurde im Jahr 1948 die erste Ausbildungsstätte für Soziale Arbeit in der Pfalz gegründet. Träger war damals der Landesverein für Innere Mission Pfalz.²⁰

    Dr. rer. pol. Walda Rocholl (1897-1991) im Jahr 1935 in Mannheim Quelle: Archiv Peter Reinicke

    Maßgeblicher Initiator der „Evangelischen Schule für kirchlichen und sozialen Dienst und ihrer Nachfolgeeinrichtung war der pfälzische Sozialpfarrer Eugen Herrmann, dessen Frau an der Mannheimer „NSV-Frauenschule für Soziale und Sozialpädagogische Berufe noch im Dritten Reich unter der Leitung von Dr. Walda Rocholl ihr Examen als „Volkspflegerin" – die neue Berufsbezeichnung des NS-Regimes – abgelegt hatte. Herrmann gewann die wegen ihrer NS-Vergangenheit in den ersten beiden Jahren nach Kriegsende von Hilfsarbeiten lebende Dr. Rocholl, um ‚seine‘ evangelisch-soziale Frauenschule in Speyer mit aufzubauen – zunächst als Leiterin und einzige hauptamtliche Lehrkraft der Wohlfahrtspflegerinnenabteilung, ab 1950 als Direktorin des Seminars für Sozialberufe. Für Pfarrer Herrmann fiel die problematische Vergangenheit des NSDAP-Mitglieds Rocholl offenbar weniger ins Gewicht. Vielmehr sah er in der promovierten Volkswirtin wegen ihrer Erfahrung in Sozialer Arbeit und in der Lehre und Leitung von Sozialen Frauenschulen bzw. Ausbildungsstätten für NS-Volkspflegerinnen eine ge- eignete Person für sein Vorhaben. Mit Vorlage ihres Entnazifizierungsbescheids vom 25. August 1947 konnte sie in den kirchlichen Dienst eintreten.²¹

    Ein kurzes Intermezzo als Schulleiter, Leiter der Gemeindehelferinnenausbildung und hauptamtlich Lehrender der ersten Jahre gab der wegen seiner antisemitischen Publikationen umstrittene Königsberger Psychologe und Theologieprofessor Dr. Carl O.H. Schneider (1900-1977).²²

    Von 1948 bis 1950 hatte die Schule zwei hauptamtlich Lehrende, Rocholl und Schneider. Ab 1950 lehrte die Schulleiterin Dr. Rocholl als einzige hauptamtliche Kraft zusammen mit zahlreichen nebenamtlich Lehrenden, 1952 wurde die hauptamtliche Stelle für eine Psychologin mit Dr. Elisabeth Hennig besetzt, bald gefolgt von Erdmute Wurmbach, ab 1960 von Elisabeth Nüssle, ab 1963 von Margret von Eichmann, ab 1968 von Ursula Schindler (seit 1969: verheiratete Lübking) besetzt. 1959 kam aus Mitteln des Bundesjugendplanes eine dritte hauptamtliche Stelle für Pädagogik und Jugendarbeit/-hilfe dazu, die Dr. Ulrich Panter erhielt, ab 1963 folgte ihm der Volkswirt Hans Hoferichter, ab 1965 der Jurist Klaus Pfitzenmaier, der u.a. Rechts- und Verwaltungskunde sowie politische Bildung lehrte. 1965 wurde mit der Sozialarbeiterin Ursula Schlösser die vierte hauptamtliche Lehrendenstelle für Praxisanleitung und Methodenlehre besetzt, 1969 die fünfte Stelle mit dem Sozialwirt Kurt Witterstätter.²³

    Die Nachfrage nach Wohlfahrtspflegerinnen oder Fürsorgerinnen, wie die frühen Sozialarbeiterinnen bezeichnet wurden, war nach dem Krieg auch in der Pfalz groß. So nannte die erste Vorsitzende des „Verbandes der Fürsorgerinnen von Rheinland-Pfalz Ehrgott in einem Brief vom 8. Dezember 1949 erhebliche Bedarfe an qualifiziertem Fachpersonal, wie „Fürsorgerinnen als „geeignete Kräfte … für den Aufbau der weiblichen Kriminalpolizei, die „fast ausschließlich auf gefährdete Frauen und Jugendliche gerichtet ist, an „Fachkräften bei den Jugendämtern, an Personal für „die Leitung von Erziehungsheimen, und auf „dem gesamten Gebiet der Wohlfahrtspflege, der Gesundheitsämter und vor allem der Familienfürsorge sowie für die „neuen Aufgaben „mit dem Eintreffen der längst erwarteten Flüchtlinge …, die mit den vorhandenen Kräften nicht zu lösen sind. Sie benannte auch einen „Mangel an männlichen Fürsorgekräften, die neu heranzubilden seien, denn: „Die durch den Krieg in den Reihen der Diakone gerissenen Lücken sind für längere Jahre nicht ausgefüllt. Ebenso ermunterte sie auch zur Qualifikation männlicher Wohlfahrtspfleger: „Erzieher für männliche Jugend in Erziehungsanstalten, Wanderarbeitsstätten, Aufnahmeheimen, Fürsorger für Innen- und Außendienst bei Jugend- und Wohlfahrtsämtern und nicht zuletzt hauptamtliche Kräfte für die Jugendpflege werden in Zukunft in erhöhtem Maße gefragt.²⁴

    Titelseite des Prospekts von 1948, Quelle: Zentralarchiv der Evangelischen Kirche der Pfalz, Az. 520/24 (6118)

    1.3. Das Seminar für Sozialberufe in Speyer 1950

    Die „Evangelische Schule wurde bei ihrer Gründung 1948 mit zwei Abteilungen ausgestattet: Eine zur Ausbildung von Gemeindehelferinnen – Frauen (und später auch Männer), die den protestantischen Gemeindepfarrern bei der Kinder-, Jugend- und Frauenarbeit helfen und/oder Religionsunterricht erteilen sollten – und die andere zur Qualifikation für Wohlfahrtspflegerinnen. 1950 erhielt die Wohlfahrtspflegerinnenabteilung die staatliche Anerkennung und wurde als eigenständige Institution unter dem neuen Namen „Seminar für Sozialberufe weitergeführt.²⁵ Nun wurden auch erstmals Männer aufgenommen, die zukünftig über die Jahre ca. ein Drittel aller Absolvierten ausmachen sollten. Der Gemeindehelferinnenausbildung fehlte die staatliche Anerkennung, so dass sie eingestellt und in andere kirchliche Institutionen verlagert wurde. Jedoch keimte der Anspruch, zusätzlich für kirchlich-diakonische Berufe auszubilden, auch am Seminar für Sozialberufe und der aus ihm hervorgegangenen Höheren Fachschule für Sozialarbeit (ab 1964) und für Sozialpädagogik (ab 1970) immer wieder auf. Er wurde aber erst in den 1970er Jahren im Fachbereich Religionspädagogik und kirchliche Bildungsarbeit an der Fachhochschule der Pfälzischen Landeskirche in Ludwigshafen realisiert – und das nur für wenige Jahre.

    Aufnahmebedingungen in den ersten Jahren waren ein Alter zwischen 19 (später 20) und 35 Jahren, mind. Mittlere Reife, hauswirtschaftliche Kenntnisse, Kenntnisse im Maschinenschreiben sowie verschiedene berufliche Vorbildungen je nach Hauptfach: Für die Richtung Gesundheitsfürsorge wurde eine Kinder- oder Krankenpflegeausbildung, für die Jugendwohlfahrtspflege eine Erzieherinnen- oder Lehrerinnenausbildung od. dreijährige Berufsarbeit in der Wohlfahrtspflege und für die Wirtschaftsfürsorge der Abschluss der Höheren Handelsschule oder eine dreijährige kaufmännische Lehre oder dreijährige Berufstätigkeit gefordert.

    Einige der Schülerinnen und Schüler erhielten in den 1950er Jahren ein staatliches Sozialstipendium (Beihilfe). So hatten sich z.B. die wirtschaftlichen Verhältnisse der Schülerin U.W. 1955 verschlechtert. Ihr Vater hatte schon für die Schul- und Berufsausbildung von ihr und zwei Söhnen aufkommen müssen. Gerade wurde sie rechtskräftig von ihrem Mann geschieden, der ihr keinerlei Unterhaltszahlungen leistete, und musste deshalb schon ein Darlehen aufnehmen. Von den 260 DM Schulgeld wurden ihr durch die Landesbeihilfe 240 DM erlassen.

    Das Seminar für Sozialberufe in den seit März 1958 angemieteten Räumen in der Kleinen Pfaffengasse 11, Speyer, Foto: Arnd Götzelmann (2019)

    Von den bis zum Jahr 1958 Geprüften arbeiteten nur 14 in kirchlichen Anstellungen, davon zehn in der offenen Fürsorge (neun Frauen und ein Mann) und vier in Heimen (je zwei Männer und Frauen). Bei öffentlichen Trägern („Behörden") arbeiteten 80, davon 74 in der offenen Fürsorge (44 Frauen und 30 Männer) und sechs in Heimen (nur Männer). Bis 1964 absolvierten 182 Personen die Ausbildung, davon 110 Frauen und 72 Männer. Der Abschlussjahrgang 1965 fiel wegen Umstellung aus, 1966 bis 1970 gab es jährlich etwa 15 Absolventinnen und Absolventen.²⁶

    1.4. Die Höhere Fachschule für Sozialarbeit in Speyer 1964 und der Neubau in Ludwigshafen

    Das Studienjahr 1963/64 brachte viele Änderungen mit sich: Die Trägerschaft wechselte vom Landesverein für Innere Mission zur Pfälzischen Landeskirche. Eine neue Satzung regelte u.a. Besetzung und Funktionen des Kuratoriums. Das „Seminar für Sozialberufe erhielt die aufwertende Zusatzbezeichnung „Höhere Fachschule für Sozialarbeit²⁷. Die Studien- und Prüfungsreform führte zum neuen Berufsnamen „Sozialarbeiter/in" und zur Umstellung von der zwei- auf die dreijährige Ausbildung, die u.a. für neue Raumnot und höheren Personalbedarf in Speyer sorgte. Die Leitung wechselte am 1. April 1964 von Dr. Walda Rocholl auf Dr. Gertraude Schulz, die – ebenfalls Volkswirtin – aus der Jugend- und Arbeitslosenhilfe kam, bereits an NS-Volkspflegerinnenseminaren in Berlin und Graz tätig war, und später für den Allgemeinen Fürsorgeerziehungstag e.V. (AFET) in Hannover die Geschäfte führte.

    Schon Dr. Rocholl hatte seit Ende der 1950er Jahre zusammen mit Pfarrer Herrmann die Idee verfolgt, das Seminar nach Ludwigshafen zu verlegen und dort einen Neubau mit Schülerinnenwohnheim zu errichten. Denn die Raumnot war in Speyer groß und seit 1959 stand dem Seminar dort kein Wohnheim mehr zur Verfügung, das vorher für Schülerinnen wichtig war, die von außerhalb kamen und nicht täglich nach Speyer anreisen konnten.²⁸ Für eine Verlegung des Seminars von Speyer nach Ludwigshafen gab es weitere Gründe wie die bessere Lage und Verkehrsanbindung von Ludwigshafen im Rhein-Neckar-Dreieck, die Verlegung der einzigen Wohlfahrtsschule in Mannheim durch die Arbeiterwohlfahrt im Jahr 1960 nach Düsseldorf und bessere Praktikumsmöglichkeiten in und im Umfeld der Stadt Ludwigshafen.²⁹

    Seit 1961 befasste sich die Seminarleiterin konkreter mit Finanzierungsmöglichkeiten durch den Bundesjugendplan und informierte sich durch Besuche neugebauter sozialer Frauenschulen in ganz Deutschland. Sie erstellte Ausstattungspläne mit Aufstellungen für die verschiedenen Räumlichkeiten in „Schulhaus und „Wohnheim, die sich wohl an den besichtigten Neubauten, vor allem in Freiburg, orientierten.³⁰ Die Erhöhung auf vierzig Wohnheimzimmer wird erstmals Ende 1962 in der Planung fixiert.³¹ Die neue Seminarleiterin Dr. Schulz verfolgte diese Pläne für einen Neubau in Ludwigshafen weiter. Ab dem Frühjahr 1964 betrieb sie zusammen mit dem Landeskirchenrat und dem neuen Schulkuratorium das Neubauprojekt mit Nachdruck. Ein Bauwettbewerb wurde ab Sommer 1964 ausgeschrieben und durchgeführt.³² Anlass und Zweck war die Errichtung eines „kirchlichen Mittelpunkts in Ludwigshafen-Stadtmitte, der im Zusammenhang „der Umplanung des Stadtkerns stand und „von dem Ergebnis des im Juli 1964 entschiedenen Wettbewerbs ‚Bahnhofsverlegung‘ beeinflusst war. Ziel war die Errichtung folgender Bauten in drei Bauabschnitten: I. Neubau des Seminars für Sozialberufe und kirchlichen Dienst mit einem Wohnheim von 40 Einzelzimmern „für weibliche Studierende, II. Neubau von Verwaltungsgebäuden für die Dekanatsverwaltung, das Kirchengemeindeamt und den Evangelischen Gemeindedienst (Stadtdiakonie) und III. der Neubau der im Krieg bis auf den Turm zerstörten Lutherkirche.³³ Am 17. und 18. März 1965 trat das Preisgericht aus zwölf Preisrichtern der Stadt Ludwigshafen, des Landes Rheinland-Pfalz, der Pfälzischen Landeskirche sowie aus Architekten und Bauingenieuren zusammen, bewertete die eingereichten Entwürfe und nahm eine Reihung der Preise eins bis fünf vor.³⁴ Am 21. Oktober 1965 konnte dann dem Kuratorium mitgeteilt werden, das der erste Preis des Architektenwettbewerbs für den Neubau an den Mannheimer Architekten Dipl-Ing. Detlef Brozach ging.³⁵ Er legte einen Entwurf vor, der durch die in den 1960er und 1970er Jahren global weit verbreiteten Baustil des „Brutalismus oder im englischen Sprachraum „new brutalism geprägt war. Der Begriff ging auf das französische Wort „béton brut", zu deutsch Sichtbeton, zurück, den der berühmte Architekt Le Corbusier früh zur Beschreibung eines von ihm geplanten Gebäudes in Marseille verwandte.³⁶ Dieser Nachkriegsstilrichtung ging es um eine Demokratisierung und den Neuaufbruch des Bauens.³⁷

    Modell eines kirchlichen Zentrums Ludwigshafen-Mitte von Architekt Brozach 1965, das in drei Bauabschnitten (I.-III.) realisiert werden sollte: im Hintergrund I. das Seminar- und Wohnheimgebäude, im Vordergrund III. der hist. Turm der Lutherkirche mit dem nicht realisierten Kirchenschiffneubau, dazwischenliegend nicht realisierte Gebäudemodelle II. für die Dekanatsverwaltung, das Kirchengemeindeamt und den Evangelischen Gemeindedienst (Stadtdiakonie), Quelle: Archiv des Fachbereichs Sozial- und Gesundheitswesen (ALU)

    Ende 1965 wurden Komplikationen beim Neubauprojekt bekannt, die dadurch entstanden, dass die Stadt Ludwigshafen den Bebauungsplan für das Gebiet der Innenstadt änderte und die Besitzverhältnisse des Bauplatzes für das Wohnheim unklar waren.³⁸

    Im März 1966 wurde der Architektenvertrag durch den Landeskirchenrat fertiggestellt.³⁹ Das letzte Quartal des Jahres 1966 nutzte Dr. Schulz, um sich neue Höhere Fachschulgebäude, u.a. in Bochum und Düsseldorf, anzusehen. Die 1967 von der Landeskirche geplanten Baukosten „des Sozialseminars und des Seminars für kirchlichen Dienst sollten sich nach einem Bericht der Tageszeitung „DIE RHEINPFALZ vom 14. November 1967 auf 3,6 Millionen DM belaufen.⁴⁰ Das war viel Geld angesichts des Gesamtetats der Landeskirche im Haushaltsplan für 1968 von ca. 45 Millionen DM und zurückgehender Kirchensteuereinnahmen. Seminargebäude und Wohnheim wurden anders als die beiden anderen Bauabschnitte dennoch errichtet.

    Am 1. März 1968 begann die Firma Strabag Bau-AG mit den vorbereitenden Bauarbeiten,⁴¹ so dass am 9. September 1968, um 16:30 Uhr, die Grundsteinlegung „für den 1. Bauabschnitt des Kirchenzentrums, d.h. Seminargebäude mit Gymnastikhalle (Mehrzweckraum) und Wohnheim „für 40 Plätze (Damen) mit anschließendem Empfang gefeiert werden konnte. Neben Kirchenpräsident Theo Schaller und Oberbürgermeister Dr. Werner Ludwig sprachen u.a. Staatsminister Fritz Schneider und Oberkirchenrat Fritz Roos.⁴² Kirchenpräsident Prof. D. Theo Schaller – einer der Gründerväter der Evangelischen Schule bzw. des Seminars für Sozialberufe – wies in seiner Ansprache darauf hin, dass „vor 20 Jahren die Kirche mit der Eröffnung des Seminars für Sozialberufe in eine Bresche gesprungen [sei], weil sonst niemand da war⁴³. Schaller bezeichnete den Neubau in Ludwigshafen „als ein gutes Beispiel, wie durch Kooperation zwischen Kirche, Staat und Stadt eine notwendige Ausbildungsstätte für Sozialarbeiter geplant und in Angriff genommen werden kann, und sagte, die Kirche müsse „an jenen diakonisch tätig sein, die als Bedrängte und in Not geratene, Jesus seine Brüder genannt habe"⁴⁴.

    Grundstein im Foyer der Evangelischen Fachhochschule, Maxstr. 29, Ludwigshafen mit dem Datum 9.9. A[nno] D[omini] 1968, Quelle: Arnd Götzelmann (2018)

    Das Richtfest des Fachschulneubaus wurde am 22. April 1969 gefeiert, zum anschließenden „Richtschmaus traf man sich in der Gaststätte „Kleines Bürgerbräu in der Bismarckstraße 72.⁴⁵ Im Oktober 1969 wurden Fotolabor und Werkräume im Neubau ausgestattet.⁴⁶

    Die Studierenden wollten im Winter 1969/70 bereits wissen, ob sie ihre Zimmer in Speyer aufgeben könnten. Alle Statusgruppen waren daran interessiert zu erfahren, wann der Unterrichtsbetrieb in Ludwigshafen genau aufgenommen werden sollte. Am 20. Februar 1970 informierte Oberkirchenrat Roos, dass zum 14. April 1970 der Unterricht im Ludwigshafener Neubau beginnen könne.⁴⁷

    Von Speyer nach Ludwigshafen zogen zu diesem Zeitpunkt die fünf hauptamtlichen Lehrkräfte Dr. Gertraude Schulz (Direktorin), Ursula Lübking, geb. Schindler, Ursula Schlösser, Klaus Pfitzenmaier und Kurt Witterstätter zusammen mit den beiden Verwaltungsmitarbeiterinnen Ilse Forster und Cilli Pantel, um.⁴⁸ Der erste Hausmeister im neuen Gebäude war Robert Kraus.⁴⁹

    Der Unterrichtsbeginn im Ludwigshafener Neubau erfolgte dann am 14. April 1970, gleichzeitig wurde der Höheren Fachschule für Sozialarbeit eine Höhere Fachschule für Sozialpädagogik angegliedert.⁵⁰ Im April 1970 wurden also zu dem bestehenden Studium der Sozialarbeit das der Sozialpädagogik neu hinzugefügt, so dass die Höheren Fachschulen in dem neuen Gebäude im Frühjahr nun in zwei Fachrichtungen Studienanfänger: innen aufnahmen.⁵¹

    1.5. Die Höheren Fachschulen für Sozialarbeit und Sozialpädagogik in Ludwigshafen 1970

    Mit dem Beginn des Lehrbetriebs in Ludwigshafen im April 1970 wurde der Höheren Fachschule für Sozialarbeit eine Höhere Fachschule für Sozialpädagogik angegliedert.⁵² Die Errichtung einer Höheren Fachschule für Sozialpädagogik war schon mit Blick auf die Gründung der kirchlichen Fachhochschule erfolgt, denn – so Kurt Witterstätter: „Den Bereich Sozialpädagogik hatten wir noch nicht, der wurde dann erst nach unserem Umzug nach Ludwigshafen im April 1970 angegliedert und zwar mit der Begründung, dass eine Fachhochschule mindestens zwei Fachbereiche haben muss. Sonst wäre sie eben zu klein gewesen, eine Quantiteé négligeable, und das wäre zu wenig gewesen, um dann das Plazet vom Kultusministerium zu bekommen, um sie in eine Fachhochschule 1971 umzuwandeln. So dass wir 1970 beim Umzug von Speyer nach Ludwigshafen, mit dem Umzug im April 1970, den Fachbereich Sozialpädagogik angegliedert haben. Wir haben dann rege Interessenten und Interessentinnen gehabt, weil es damals eine Möglichkeit gab für von der Fachschule für Sozialpädagogik gekommene Erzieherinnen, mit einer Zusatzausbildung in der zweiten Ausbildungshälfte, das Diplom oder die Graduierung als Sozialpädagoginnen zu erwerben."⁵³

    Schon zu Beginn der 1960er Jahre waren erste Ideen für mehr Mitbestimmung unter den Schüler:innen aufgekommen. 1964 trug die neue Schulleiterin dem Kuratorium die Forderung der Studierenden, wie sie sich nun nannten, nach Mitverwaltung vor. Unter Vorsitz von Oberkirchenrat Fritz Roos versuchte man, das zunächst auszusitzen. 1966 wurden Forderungen nach Einführung eines AStA in Speyer laut. Man entgegnete, das Seminar sei zu klein für diese Art studentischer Selbstverwaltung, zugleich informierte sich Dr. Schulz jedoch beim Sozialarbeitstudierendenverband SVS nach entsprechenden Ordnungen. „Von 46 Sozialschulen haben wir als 45. Schule nunmehr auch die studentische Selbstverwaltung"⁵⁴, schreibt Dr. Schulz schließlich am 8. November 1968 – die Studentenrevolte war nach Speyer vorgedrungen.

    Im heißen Herbst 1970 kam es zu Konfrontationen zwischen Studierenden und Lehrenden, als sich die Studierenden aus fachlichen Gründen weigerten, an den Lehrveranstaltungen traditioneller Art teilzunehmen, und stattdessen begannen, autonome Veranstaltungen zu gestalten.⁵⁵ Die Studierendenschaft der Höheren Fachschule für Sozialpädagogik Ludwigshafen erarbeitete auf einer Fortbildung in der Akademie Remscheid das „Modell 16. November" für eine neue Unterrichtsform des Sozialpädagogikstudiums, das sich gegen den uneffektiven, praxisfernen, unkoordinierten und unkritischen bisherigen Unterricht wandte und in einem Fünfwochenplan nichtautoritäre, autonome, kritische und gruppenarbeitliche Unterrichtsformen entwickelte. Es kam zunächst zur Konfrontation mit der Schulleitung und bald darauf zu einem Kompromiss-Modell gemischter Lehrveranstaltungen aus Vortrag von Lehrenden und teilautonomen, neuen Seminarformen der Studierenden.

    Kurt Witterstätter sieht die Ursache der Studierendenproteste nicht nur in den gesellschaftlichen Entwicklungen „in der Zeit der Studentenunruhen begründet sondern auch in den unprofessionelle Anfängen des Ludwigshafener Fachbereichs Sozialpädagogik: „Der hatte natürlich seine Kinderkrankheiten, weil wir die Erfahrung von der Sozialpädagogik so sehr noch nicht hatten, weil alles im Aufbau war, und die Studierenden das auch irgendwie gemerkt hatten. Sie hatten ja auch Recht, dass sie sich gegen unsere Lehrpläne, die wir uns so am grünen Tisch mehr oder weniger ausgedacht haben, gewehrt haben. (…) Aber es gab dieses Modell von November 1970, welches uns beschwert hat, was auch in unseren Annalen hier verzeichnet ist mit Zeitungsartikeln und Protesten und so weiter. Es hat sich dann ganz gut eingebürgert. Wir haben dann auch sehr viele neue Dozenten bekommen, die von der Sozialpädagogik eine Ahnung hatten, wie Frau Diego und Frau Gehl. Und haben auch sehr viele Lehrbeauftragte gewinnen können über die Kontakte mit der Fachoberschule und mit der Fachschule von dem Bruder von Haro Schreiner, der die damals geleitet hat. Das war erst Doktor Wolfgang Eger und dann war es, meine ich, der Bruder Pfarrer [Jörg] Schreiner von Haro Schreiner. Also wir hatten da Kontakte und dann hat sich das recht gut entwickelt. Und wir haben ja auch von diesen älteren Studierenden etwas gelernt. Es ist nicht ganz fern liegend, wenn man als dreißigjähriger Dozent kommt, dass man von dem achtunddreißigjährigen Studenten auch mal was lernen kann als Dozent. Lehren ist ja sowieso ein Geben und Nehmen, wenn man so will. Das hat sich damals schon recht gut entwickelt.⁵⁶

    Von der disparaten Studierendenschaft an der Höheren Fachschule schildert Jürgen Mangold im Interview 2017 rückblickend auf seine Zeit „als junger Dozent zwei Richtungen die „12-Ender aus der Bundeswehr und die „linken Freunde mit zwei Beispielen, wie Lehre und Prüfungen damals z.T. auch abliefen: „Ich war … in Ludwigshafen konfrontiert mit sogenannten 12-Endern aus der Bundeswehr, denen ich Jugendhilferecht beibringen sollte. Das habe ich auch mal gemacht eine Zeit lang. Und ich habe Jugendgerichtshilfe gelehrt und die sollten als Klausuraufgabe einen Jugendgerichtshilfebericht schreiben über einen Fall. Ich habe gesagt: ‚Also, ich bewerte die Klausuren danach: Wenn dem Klient Nachteile entstehen, durch die Art und Weise, wie Ihr diesen Jugendgerichtshilfebericht verfasst, dann ist das unterm Strich.‘ Gut. Ich habe die Arbeiten korrigiert und sie fielen fürchterlich aus. Dann hat man sich getroffen und gesagt: ‚Leute, es war nicht sehr viel.‘ Und dann standen die um mich rum, alle so 1,80 Meter aufwärts und dann haben sie von oben geguckt und haben gesagt: ‚Mangold, so geht das nicht! So kann man die Aufgaben nicht stellen!‘ Und dann haben wir darüber diskutiert, wie das besser zu machen ist. Oder es gab einmal die Szene mit den linken Freunden, das war dann schon die revolutionäre Zeit. Dann hatten welche, mit denen ich später in Frankfurt studiert habe, beschlossen, die Prüfung zu verweigern. (…) Sie kamen rein und wollten die Prüfung verweigern. Nun war folgendes Problem: Wenn es mir gelungen wäre, aus ihnen ein paar Worte rauszuholen, dann haben sie mindestens was gesagt, es war mangelhaft, aber nicht ungenügend. Also habe ich mit ihnen darüber diskutiert, warum sie die Prüfung verweigern wollen und wir haben das protokolliert und sie haben die Note fünf gekriegt, womit sie die Prüfung wiederholen konnten. Das waren groteske Situationen. Lehre zu der Zeit hieß: Man ist rein und die jungen Leute haben ihre Gauloises gedreht oder ‚Batt mit Blatt‘. Und geraucht. In der Veranstaltung. Es lagen danach auf den Tischen lauter Krümel. (…) Und man hat geraucht während der Lehrveranstaltung. Dann ist mal während der Lehrveranstaltung gestrickt worden eine Zeit lang. (…) Aber man hat sich da gegenseitig, ja, nicht so ernst genommen und ist auf einer menschlichen Ebene verkehrt. Warum ich gegen Weihnachten immer heiser war, ist mir in späteren Jahren dann klar geworden: Von Oktober bis Dezember immer im Qualm zu unterrichten, ging einfach auf die Stimmbänder, und das haben wir damals. Dann haben sie zum Teil ihre Hunde mitgebracht, dann hatten wir manchmal noch Kleinkinder in der Lehre, aber das ging noch. Es ist dann auch irgendwann ein Stillraum oben eingerichtet worden usw. Also zu der Zeit war man, ich meine, ich auch sowieso schon aufgrund meines Alters, war so ein Zwischending. Aber diesen Abstand zu der Studentenschaft habe ich nicht so hingekriegt.⁵⁷

    Pressefoto der Seminarleiterinnen Dr. Rocholl und Dr. Schulz aus der Speyrer Presse (1968), Quelle: Hermann, ZASP

    Dr. Schulz wurde nach der Transformation der Höheren Fachschule in die Fachhochschule der Pfälzischen Landeskirche zum Wintersemester 1971/72 auch deren erste Leiterin, bevor sie 1973 in den Ruhestand ging.⁵⁸

    Die wenigen hauptamtlichen Lehrkräfte des Sozialseminars engagierten sich neben den Lehr- und anderen Seminaraufgaben auch in zahlreichen fachlichen Arbeitskreisen, Verbänden und Netzwerken. Sie leisteten eine Fülle von Aufgaben in der Fort- und Weiterbildung von Kirche und Diakonie sowie in fachlichen Vereinigungen. So gelang es, das finanziell und räumlich immer wieder gefährdete Seminar von 1948 in Speyer bis 1970 nach Ludwigshafen zu retten und die Höhere Fachschule im Zuge der allgemeinen Einführung von Fachhochschulen in der BRD zum Oktober 1971 mit akademischen Weihen zu versehen: Die Fachhochschule der Pfälzischen Landeskirche nahm ihren Betrieb zum Wintersemester 1971/72 auf.

    1.6. Der Standort Ludwigshafen in Bezug zu Mannheim

    Die kleine Pfälzische Landeskirche gründete ihre Fachhochschule 1971 in einer Zeit, in der Bildungs- und Demokratisierungsanstrengungen in der ganzen bundesdeutschen Gesellschaft vorangetrieben wurden.

    Der lange diskutierte Neubau eines „Schulhauses" und Wohnheims in Ludwigshafen, in den das Seminar für Sozialberufe – Höhere Fachschule für Sozialarbeit dann von Speyer aus umziehen sollte, basierte auch auf Recherchen der Schulleiterin zum sozialen Bildungsumfeld in der Region. Dabei war u.a. stets der Blick auf das nahe Mannheim relevant. Dass die Wohlfahrtsschule der Arbeiterwohlfahrt in Mannheim auf der badischen Seite der Doppelstadt Ludwigshafen-Mannheim im Jahr 1960 nach Düsseldorf verlegt wurde, gab den Diskussionen um einen Neubau in Ludwigshafen in den frühen 1960er Jahren einen entscheidenden Impuls. Als im Jahr 1968 die Gründung der Höheren Fachschule für Sozialberufe durch die Stadt Mannheim erfolgte, war für die Pfälzer Protestanten der Umzug von Speyer nach Ludwigshafen längst entschieden: Am 1. März 1968 begannen die Bauarbeiten.⁵⁹ Die Nachbarschaft zur dann 1972 gegründeten Fachhochschule für Sozialwesen in Mannheim erzeugte kaum hochschulpolitische oder fachliche Kooperationen. Das mag damit zusammengehangen haben, dass die Fachhochschule der Pfälzischen Landeskirche eine andere Tradition hatte als die Mannheimer Fachhochschule für Sozialwesen, die auf eine Gründung der Frauenbewegung 1916 und ab 1968 eine Neugründung durch die Stadt Mannheim zurückging, die als Arbeiterstadt starke sozialdemokratisch-gewerkschaftliche Prägungen hatte.⁶⁰

    Im Winter 1970/71 wurde auf anderen politischen Ebenen ein großes Hochschulreformprojekt diskutiert, das die weitere Entwicklung der Fachhochschule der Pfälzischen Landeskirche vielleicht auch beeinflusst hätte: die Gründung einer „Gesamthochschule Ludwigshafen/Mannheim". Die Leitungen der Universität Mannheim und der Höheren Fachschule für Wirtschaft Ludwigshafen führten dazu im Januar 1971 Gespräche.⁶¹ Der Ludwigshafener Oberbürgermeister Dr. Werner Ludwig berichtete in diesem Zusammenhang von Analysen und Vorschlägen der Technischen Universität Hannover, die mit der Bundeshochschulplanung beauftragt war, für die Region Rhein-Neckar bzw. Rheinland-Pfalz. Danach bedeutete „der Aufbau der Gesamthochschule Ludwigshafen/Mannheim unter Einbeziehung von Worms und Speyer einen Schwerpunkt in der regionalen Bedarfsdeckung⁶². Für die Stadtratssitzung im Juli 1971 stellte die SPD gar den Antrag, dass der Rat „für den Ausbau einer Gesamtuniversität Mannheim-Ludwigshafen⁶³ eintreten solle, neben einer Verbindung der Kliniken in Ludwigshafen und Mannheim für die Medizinerausbildung wollte man auch die Höhere Wirtschaftsfachschule Ludwigshafen ausbauen und miteinbinden. Aus dem länderübergreifenden Projekt wurde nichts. Am 17. Mai 1974 berichtete DIE RHEINPFALZ, dass das Projekt Gesamthochschule Mannheim-Ludwigshafen geplatzt sei und das Kultusministerium der Stadtverwaltung mitgeteilt habe, dass kein weiterer Bedarf für den Bau einer solchen neuen Hochschule bestehe.⁶⁴ Als privat getragene kirchliche Höhere Fachschule bzw. Fachhochschule blieb die evangelische Bildungsinstitution in Ludwigshafen bei diesen Diskussionen stets außen vor.

    Sie konnte unabhängig von diesen regionalen Hochschulreformdebatten im Jahr 1971 an die über zwanzigjährige Erfahrung evangelischer Sozialarbeiterqualifikation in der Pfalz seit Gründung der Evangelischen Schule für kirchlichen und sozialen Dienst in Speyer 1948 bzw. dem dortigen Seminar für Sozialberufe seit 1950 sowie der Höheren Fachschulen für Sozialarbeit und Sozialpädagogik in Ludwigshafen 1970 fachlich anknüpfen und verfügte über ein neues Gebäude im Zentrum Ludwigshafens, der größten Stadt der Pfalz, das geeignet war, eine neue und bald wachsende Fachhochschule aufzunehmen. Akademisierungsbestrebungen in anderen Fächern führten zwischen 1969 und 1972 zu einer Gründungswelle von Fachhochschulen in der Bundesrepublik Deutschland. Die Kirchen beider Konfessionen nutzten diesen Wandel. Die Evangelische Kirche in Deutschland entwickelte ein Konzept, um die Neugründung von evangelischen Fachhochschulen in der ganzen Republik zu koordinieren. Doch die Pfälzische Landeskirche verfolgte ihre eigenen Ideen.

    1.7. Akademisierung der Sozialen Arbeit und Regionalisierungskonzept der EKD

    Der Aufbruch im Vorfeld und Vollzug der Gründung der evangelischen Fachhochschulen in den 1960er und 1970er Jahren war von großen Hoffnungen und Erwartungen getragen. Zwar wurden in den 1980er Jahren einzelne Studiengänge wieder ab- oder umgebaut, doch folgte bis kurz nach der deutschen Vereinigung 1990 ein stetiger Ausbau vorhandener und die Gründung neuer evangelischer Fachhochschulen. Grundlage für die Neugründung von Fachhochschulen in evangelischer Trägerschaft war ein international bedingter bildungspolitischer Akademisierungsschub in den späten 1960er Jahren und ein akademischer Aufwertungsprozess der Ingenieurs- und Wirtschaftsausbildung. Vorgaben der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) zielten darauf, die Ingenieursausbildung in Deutschland auf ein akademisches Niveau anzuheben. Ein Abkommen⁶⁵ zwischen den Ländern der Bundesrepublik zur Vereinheitlichung auf den Gebieten des Fachhochschulwesens vom 31. Oktober 1968 initiierte die dreijährige Entstehung eines hochschulrechtlichen Rahmens, der die Höheren Ingenieurschulen, die Höheren Wirtschaftsfachschulen und die Höheren Fachschulen für Sozialarbeit und Sozialpädagogik obsolet machte und zwischen 1969 und 1972 deutschlandweit für die Neugründung von Fachhochschulen sorgte.⁶⁶

    Im Rückblick ordnet Kurt Witterstätter die Gründung der Fachhochschulen als Antwort auf die „Bildungskatastrophe und als gesellschaftliches Erfolgsmodell ein: „Also das war praktisch, wenn man so will, eine Goldgräberzeit für Jungakademiker. Man muss den Hintergrund auch sehen: Wir haben zu einer Kohorte gehört, von der nur fünf Prozent eines Jahrgangs Abitur gemacht hat – gegenüber heute, ich schätze, fünfunddreißig, vierzig, fünfundvierzig Prozent. Also, es war eine ganz andere Situation. Und es ging damals das ‚on dit‘ herum ‚Bildungskatastrophe‘. Uns fehlt Bildung. Es war Georg Picht, der damals der große Guru war, der die Bildungskatastrophe ausgerufen hat. Und die Gründung der Fachhochschulen, dieser Hochschulen mit beruflicher Ausrichtung, war eigentlich ein Erfolgsmodell. Sie war eine Antwort auf diese Rufe, wir steuern einer Bildungskatastrophe entgegen – Ende der sechziger Jahre. Ich muss sagen, aus heutiger Sicht war die Fachhochschule eine gelungene Antwort auf dieses Problem. Andere Länder, wenn ich in Frankreich oder Finnland oder sonst wo bin, wo ich herum komme, wären froh, sie hätten diese dualen Hochschulausbildungsgänge so mit der Praxis verzahnt, wie wir das in den siebziger Jahren versucht haben und, ich denke, auch bewerkstelligt haben. Das war ein großer Erfolg eigentlich.⁶⁷

    Der initiale Anstoß zur Gründung von kirchlichen Fachhochschulen

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