Luther, Calvin und die anderen: Die Reformation und ihre Folgen
Von Armin Kohnle
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Armin Kohnle
Armin Kohnle ist Professor für Spätmittelalter, Reformation und Territoriale Kirchengeschichte an der Universität Leipzig.
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Buchvorschau
Luther, Calvin und die anderen - Armin Kohnle
Theologie für die Gemeinde
Im Auftrag der Ehrenamtsakademie
der Ev.-Luth. Landeskirche Sachsens herausgegeben von Heiko Franke und Wolfgang Ratzmann
Band VI/2
Armin Kohnle
Luther, Calvin und die anderen
Die Reformation und ihre Folgen
Armin Kohnle, Dr. phil., Jahrgang 1960, studierte Mittlere und Neuere Geschichte, Alte Geschichte und Evangelische Theologie in Heidelberg und Cambridge, Promotion und Habilitation ebenfalls in Heidelberg. Seit 2009 hat er den Lehrstuhl für Spätmittelalter, Reformation und territoriale Kirchengeschichte an der Theologischen Fakultät der Universität Leipzig inne. Kohnle ist Ordentliches Mitglied der Sächsischen Akademie der Wissenschaften.
Bibliographische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.
© 2016 by Evangelische Verlagsanstalt GmbH · Leipzig
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
Cover: Kai-Michael Gustmann, Leipzig
Coverfoto: © Stiftung Deutsches Historisches Museum, Berlin
Layout und Satz: Steffi Glauche, Leipzig
1. digitale Auflage: Zeilenwert GmbH 2016
ISBN 978-3-374-04438-2
www.eva-leipzig.de
Vorwort
Kann es gut gehen, wenn ein Reformationshistoriker, der sich seit 30 Jahren auf diesem Feld bewegt, für Leserinnen und Leser schreibt, die möglicherweise den ersten Schritt in die Welt des 16. Jahrhunderts unternehmen, denen viele Namen vielleicht noch nie begegnet, manche Ereignisse völlig neu sind? Wer sich auf das Wagnis einlässt, eine Reformationsgeschichte für die Gemeinden zu verfassen, muss sich diese Frage stellen. Wer vor der gestellten Aufgabe nicht sofort kapituliert, muss sich auf sein Publikum einstellen. Dies hat Konsequenzen. Auf etwa 100 Druckseiten kann man nicht alles sagen. Die Reformationsgeschichte bietet eine solche Fülle an Themen und Problemen, dass Schwerpunkte gesetzt, dass gewichtet und ausgewählt werden muss. Auf eine theologische oder historische Fachsprache wurde im Folgenden weitgehend verzichtet. Wo sich Fachbegriffe einmal nicht vermeiden ließen, sind Erläuterungen in Klammern beigefügt.
Obwohl die Handschrift des Verfassers an einigen Stellen zu spüren sein wird, sollte kein persönliches Werk entstehen. Vielmehr war die Überlegung leitend, vor allem das zu behandeln, was die Gemeinden über die Reformationsgeschichte wissen sollten. Zahlreiche Gemeindevorträge zu reformationsgeschichtlichen Themen haben hierzu in den letzten Jahren Fingerzeige geliefert. Wichtiger als die bloßen Daten und Fakten sind die Zusammenhänge, die aus Ereignissen erst eine Geschichte werden lassen. Um den Text von Lebensdaten und Regierungszeiten zu entlasten, ist ihm ein Register beigegeben, dem diese Informationen bequem zu entnehmen sind.
Reformation wird im Folgenden als ein Ereigniszusammenhang verstanden, der aus der Theologie die maßgeblichen Anstöße empfing, der sich aber nicht auf die Theologie reduzieren lässt, weil er bei der Umsetzung in konkrete Handlungen ein im Wesentlichen politisch bestimmter Prozess war. Andere Reformationshistoriker hätten vermutlich eine andere Geschichte geschrieben. Der Schwerpunkt liegt hier auf den Entwicklungen in Deutschland, für die wiederum Martin Luther als die entscheidende Reformatorengestalt und Wittenberg als das wichtigste reformatorische Zentrum angesehen werden. Außerdeutsche Wirkungsräume kommen dennoch in den Blick. Der Verfasser kann seine eigene landeskirchliche Prägung vielleicht nicht ganz verbergen, aber die radikalreformatorischen Gruppen, die heute eher in Freikirchen oder christlichen Sekten weiterleben, sollen ebenfalls einen angemessenen Platz erhalten. Die Darstellung konzentriert sich auf das 16. Jahrhundert. Die Langzeitwirkungen der Reformation werden in anderen Bänden dieser Reihe ausführlicher behandelt, als es auf den folgenden Seiten möglich war.
Ob das Experiment einer Reformationsgeschichte für die Gemeinden gelungen ist, mögen diejenigen entscheiden, für die dieses Buch geschrieben wurde.
Leipzig, im August 2015
Inhalt
Cover
Titel
Impressum
Vorwort
1Einleitung
2Die Kirche am Vorabend der Reformation
2.1 Papsttum und Klerus
2.2 Theologie und Frömmigkeit
2.3 Zwangsläufigkeit der Reformation?
3Martin Luther
3.1 Der junge Luther
3.2 Reformatorische Entdeckung und Ablassstreit
3.3 Verlauf der Reformation bis zum Bauernkrieg
3.4 Luthers Theologie in ihrer ausgeformten Gestalt
4Einheit und Vielfalt reformatorischer Theologie
4.1 Wittenberger Theologie und Wittenberger Theologen
4.2 Huldrych Zwingli und Zürich
4.3 Martin Bucer und Straßburg
4.4 Johannes Calvin und Genf
4.5 Radikale Reformation
5Die Entstehung evangelischer Landeskirchen
5.1 Reformationsgeschichte vom Bauernkrieg bis zum Religionsfrieden
5.2 Landesherrliches Kirchenregiment
5.3 Innere Ordnung
6Wirkungen
6.1 Die Ausbreitung der Reformation über ihre Entstehungsräume hinaus
6.2 Konfessionalisierung und Entkonfessionalisierung
6.3 Wirkungen im 19. und 20. Jahrhundert
7Ausblick: Der Umgang mit der Reformation heute
Register der Personen- und Ortsnamen
Editorial zur Reihe
Weitere Bücher
1 Einleitung
»Reformation« bedeutet Wiederherstellung eines besseren vergangenen Zustands. Während der heute übliche Begriff der »Reform« mit der Vorstellung einer auf die Zukunft ausgerichteten, innovativen Neuordnung verbunden ist, bezog sich »Reformation« im Sprachgebrauch des 16. Jahrhunderts auf die Rückkehr zu einem in der Vergangenheit liegenden Ideal. In diesem Sinne konnte man von Reformation nicht nur auf dem Gebiet der Kirche und des Glaubens sprechen, sondern ebenso von einer Reformation des Münzwesens oder von einer Reformation der Universitäten. Im Falle der Reformation der Kirche war es die Zeit der Apostel, die als Idealbild diente.
Wenn wir heute von »Reformation« sprechen, verstehen wir darunter eine abgeschlossene historische Epoche, die in das 16. Jahrhundert fiel und in der die eine, durch die lateinische Kultur des Mittelalters geprägte und unter der Leitung des römischen Papstes stehende abendländische Kirche durch eine Vielzahl eigenständiger Konfessionskirchen abgelöst wurde. Da in Mittelalter und Frühneuzeit das Christentum und seine äußere kirchliche Gestalt in der Mitte des menschlichen Denkens und Handelns standen, veränderte dieser Umbruch alle Bereiche des Zusammenlebens: nicht nur den Glauben und die Frömmigkeit, sondern auch den Staat, die Gesellschaft, die Wirtschaft, die Kunst und den Alltag.
Der maßgebliche Anstoß kam aus der Theologie. Martin Luthers Protest gegen ein falsches Verständnis der christlichen Buße, den er am 31. Oktober 1517 durch Anschlag der 95 Thesen über die Kraft der Ablässe an der Tür der Schlosskirche zu Wittenberg öffentlich kundtat, löste eine Bewegung von europäischer Dimension aus, die binnen weniger Jahre die Welt des Mittelalters grundlegend veränderte. Einmal in Gang gekommen, war die Reformation alles andere als eine homogene Erscheinung. Die Frage, wie die ideale Kirche aussah und wie sie wieder aufgerichtet werden konnte, wurde nämlich ganz unterschiedlich beantwortet. Die Reformation zerfiel von Anfang an in Strömungen und Gruppierungen. Deshalb muss man die Vorstellung der Zusammengehörigkeit der vielfältigen reformatorischen Phänomene aber nicht aufgeben. Denn ihnen allen gemeinsam war das