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Schulkampf in Frankfurt: 1966 bis 1987
Schulkampf in Frankfurt: 1966 bis 1987
Schulkampf in Frankfurt: 1966 bis 1987
eBook176 Seiten2 Stunden

Schulkampf in Frankfurt: 1966 bis 1987

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Über dieses E-Book

Konflikte um die Bildungspolitik und besonders die Frage um das "richtige Schulsystem" haben in Hessen eine lange Tradition und waren immer wieder auch wahlentscheidend.
Das Buch dokumentiert die wesentlichen Stationen dieses in den 6oer bis 80er –Jahren geführten Schulkampfes am Beispiel der z.T. erbittert geführten Auseinandersetzungen in der Stadt Frankfurt. Meilensteine dieser Konflikte waren die von den jeweiligen Stadtregierungen vorgelegten "Schulentwicklungspläne", mit deren Hilfe man versuchte, über Strukturentscheidungen das Bildungswesen zu verändern – mal in "fortschrittlicher", d.h. Gesamtschulorientierter, mal in "konservativer" gymnasial orientierter Richtung.
Diese strukturorientierte Bildungspolitik ist mittlerweile Geschichte. Keine Partei würde heute mehr solche Planungen vertreten, doch ist der dahinterliegende Interessenskonflikt damit keineswegs verschwunden: Auch in der aktuellen Auseinandersetzungen um die Dauer der Gymnasialzeit werden die alten Gegensätze immer wieder sichtbar.
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum24. Juli 2014
ISBN9783847699071
Schulkampf in Frankfurt: 1966 bis 1987

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    Buchvorschau

    Schulkampf in Frankfurt - Jürgen Pyschik

    Eingrenzung und Aufgabenstellung

    Die vorliegende Darstellung beschreibt die bildungspolitische Entwicklung in Frankfurt vom Erscheinen des ersten Schulentwicklungsplanes 1966 bis zum Jahre 1987, in dem die Einführung der flächendeckenden Förderstufe als dem vorerst letzten Versuch, das Frankfurter Schulwesen ein Stück weit in Richtung einer Horizontalisierung umzustrukturieren, durch den Wahlsieg der CDU und das umgehend von ihr verabschiedete sog. Schulfreiheitsgesetz wieder aufgehoben wurde.

    Eckpunkte und roter Faden der Darstellung sind dabei die Frankfurter Schulentwicklungspläne, die in diesem Zusammenhang stets mehr waren, als reine Verwaltungsvorlagen: Für alle Schuldezernenten waren sie bildungspolitisches Instrument und überschritten damit deutlich die ihnen eigentlich zugeordnete Funktion.

    Ungeachtet aller Versuche, Bildungsplanung und damit auch Schulentwicklungsplanung als rollende Reform (Rolff, H.G., Bildungsplanung als rollende Reform, 1970) oder als Instrument der Schulreform (Hansen /Klemm, Schulentwicklung als Instrument der Schulreform, Bochum (GEW) 1976) zu beschreiben, definieren alle Autoren die Einflussmöglichkeit solcher Planungen als äußerst gering. Durch die Aufgabenverteilung zwischen Ländern und Kommunen und der daraus für die Kommune erwachsenden Zuständigkeit für die äußeren Aspekte der Schulentwicklung reduziert sich der Reformansatz der Schulentwicklung letztlich auf die mittel- und langfristige Planung für Schulbauten, für Schulbauten in der richtigen Größe und am richtigen Standort. (GEW NRW (HRSG.),Schulreform durch Schulentwicklungsplanung, 1974, S.4) Für Hansen/Klemm bleibt ihr dabei die Aufgabe dennoch reformeröffnende Strukturen zu entwickeln indem sie den Versuch unternehmen muss, "Schulgebäude zu schaffen, die auch für kooperierende oder integrierte Systeme geeignet sind). (Hansen / Klemm, a.a.O, S.7)

    Die Frankfurter Schulentwicklungspläne hatten alle einen weitergehenden Anspruch. Beginnend mit dem ersten Plan, der die Frage der Versorgung der Bevölkerung mit ausreichenden Plätzen an Grund- und weiterführenden Schulen zum Anlass nimmt, auch die Frage nach den richtigen Schulen der Zukunft – so der Titel einer Schriftenreihe, in der die Pläne sowie begleitende Materialien veröffentlicht wurden - zu stellen, bis hin zum Schulentwicklungsplan IV, für dessen Erstellung ausdrückliche und präzise bildungspolitische Vorgaben gemacht wurden. So sind diese Pläne mehr als Planung, sie sind Ausdruck und selbst Teil der politischen Auseinandersetzung, sie gewinnen schon fast ein Eigenleben und zwingen — wie etwa der Schulentwicklungsplan III — alle Beteiligten, auch die Urheber, in eine Dynamik, die die Debatte zum Schluss fast zum Selbstläufer werden lässt.

    Der Schulentwicklungsplan Teil I für die Stadt Frankfurt - Der Aufbruch in die Moderne -

    Grundlagen und Zielsetzung

    Der Schulentwicklungsplan I (Stadtschulamt Frankfurt, Schulentwicklungsplan für die Stadt Frankfurt, 1968, S.O), seinem eigenen Bekunden nach das Teilergebnis einer Untersuchung, die zu grundlegenden Änderungen für das Bildungswesen dieser Stadt führen und die Anpassung der Schule an die Forderungen einer modernen Gesellschaft erlauben soll.

    Die Entwicklung auf politischem Gebiet zwingt die Länder der Bundesrepublik mehr und mehr zu einer Anpassung an den europäischen Standard. Das deutsche Schulwesen hat seine Führungsrolle längst eingebüßt. Es muss bestrebt sein, den Nachholbedarf zu befriedigen (a.a.O., S.13). Die Gliederung in eine Primar- und eine Sekundarstufe gilt dem Magistrat dabei als ein äußeres Zeichen dafür, dass dieser Anpassungsprozess begonnen hat.

    Die Körperschaften der Stadt Frankfurt sind bereit, die Neugliederung der jetzigen Volksschulen in Grund- und Hauptschulen nach Kräften zu fördern. Sie halten die Empfehlungen des Dt. Ausschusses für das Erziehung- und Bildungswesen für richtungsweisend und finden sich in dieser Auffassung durch das Abkommen der Ministerpräsidenten der Deutschen Länder vom Oktober 1964 bestätigt (a.a.O., S.13).

    Nach einem 1966 verabschiedeten Zeitplan sollen die Frankfurter Volksschulen in Grund- und Hauptschulen umgegliedert werden. Dieser Prozess wird durchaus im Sinne der landespolitischen Vorstellungen als konsequente Fortsetzung bisheriger Bildungspolitik gesehen. Die großen Städte haben hier eine Entwicklung nachzuvollziehen, die durch die Landschulreform angebahnt wurde (a.a.O., S.14)

    Der landespolitische Hintergrund

    Im Jahre 1965 veröffentlichte der Hessische Ministerpräsident den Großen Hessenplan, der ein landespolitisches Entwicklungskonzept für die Jahre 1965- 1974 vorstellte. Teil dieses Konzeptes war auch ein kulturpolitischer Entwurf, den der damalige Kultusminister Schütte unter dem Titel Kulturpolitik in Hessen (Schütte, E., Kulturpolitik in Hessen, Wiesbaden 1966) ausführlich erläuterte. Er griff dabei in doppeltem Sinne auf Erfahrungen aus den USA zurück: Zum einen zitierte er die dort gewonnene Erkenntnis, dass Investitionen in das Bildungswesen oft ertragreicher für die Produktivität der Volkswirtschaft sein können als Sachanlagen, zum anderen verwies er auch hinsichtlich der Methode einer Planung auf der Basis bildungsökonomischer Analysen auf Erfahrungen von dort.

    Das bildungspolitische Konzept selbst, das dem Hessenplan zugrunde lag, hatte für die Zukunft der Sekundarstufe vor allem die Trennung der Volksschule in Grund- und Hauptschule sowie- damit zu-sammenhängend- die Einführung und Ausgestaltung des 9.Pflichtschuljahres im Auge. Zwar geht das Konzept tendenziell von einer Erhöhung des Anteils von Realschul- und Gymnasialabschlüssen aus, doch als Organisationsmaßnahme in diesem Sinne wird zu dieser Zeit lediglich die Förderstufe gesehen. Das Konzept verweist auf die bestehenden Versuche (seit 1955) und hofft, dass in dem Maße, in dem die Erziehungsberechtigten (sich - d.V.) vom Wert der Förderstufe zu überzeugen vermögen (a.a.O. ‚S.9), allmählich weitere Standorte sich entwickeln. Die Initiative dazu müsse von den örtlichen Stellen ausgehen.

    Die Hauptschule als Kern der Reform

    In den ersten Ausformulierungen des Schulentwicklungsplanes wird ganz deutlich im Sinne des Dt. Ausschusses die Hauptschule als modernes Konzept der Schule von morgen beschrieben, auch wenn sie dabei als begrenztes Konzept und Überleitung zu weiteren Reformen charakterisiert wird.

    "Die Schule von morgen

    darf keine Jahrgangsklassen haben, die nur dem Durchschnitt der Begabungen gerecht werden

    muss Lerngruppen aus Schülern mit annähernd gleicher Leistungsfähigkeit für bestimmte Fächer bilden

    muss Arbeitsgruppen aus Schülern mit ungleicher Leistungsfähigkeit für solche Fächer bilden, in denen es auf gleiche Leistungsfähigkeit nicht ankommt

    muss Aufstieg oder Abstieg (Versetzung oder Nichtversetzung) in einem Fach durch Übergang in eine andere Kursgruppe mit höheren oder niederen Anforderungen regeln.

    Schulen der Zukunft sind differenziert

    nach der Begabungshöhe und Leistungsfähigkeit

    nach der Begabungs- oder Neigungsrichtung.

    Alles lässt sich nur verwirklichen, wenn die Trennwände zwischen der Volksschuloberstufe, der Realschule, der Unter- und Mittelstufe des Gymnasiums und der Berufsfachschule fallen. Die Schule von morgen kann am besten leisten, was die Gesellschaft von heute fordert, wenn eine neue Schulform entsteht: die Gesamtschule" (Stadtschulamt Frankfurt (Hrsg.), Schulen der Zukunft — Heft 1, S.9)

    Als eine solche Schule wurde für Frankfurt die Hauptschule nicht nur konzipiert, sondern auch konsequent eingerichtet. Mit in die Überlegungen ging die Tatsache ein, dass der verstärkte Trend zu weiterführenden Schulen in Frankfurt am Main dazu geführt hatte, dass die Mehrzahl der damaligen Volksschuloberstufen einzügig blieb. Um aber die nach Leistung und Neigung differenzierten Lerngruppen bilden zu können, benötigte man mindestens zwei, besser aber drei Züge. Untersuchungen, so die Planer, hätten ergeben, dass dreizügige oder sechszügige Hauptschulen besonders rationell seien, während zwei, vier oder fünf Züge nicht zur optimalen Raumausnutzung führten. Die Folgerung: Angestrebt wurde die Zusammenlegung von Oberstufen mehrerer Volksschulen in zentralen Hauptschulen. (Stadtschulamt Ffm., SEP 1, Ffm.1968, S.79)

    Ostern 1966 wurden in Frankfurt die ersten Hauptschulen durch Zusammenfassung mehrerer benachbarter Volksschuloberstufen gegründet.

    Dabei griff man auf erste Erfahrungen mit der Einführung des 9.Schuljahres in der Volksschuloberstufe zurück. Es war zunächst als freiwilliges 9.Schuljahr eingerichtet worden:

    1955 die ersten Klassen in Hessen

    1957 die ersten 3 Klassen in FFM

    1962 bereits 16 Klassen = 15% der zur Entlassung kommenden Volksschüler .(a.a.O. ‚S.1)

    Ursprünglich fand der Unterricht nur in der Volksschule selbst statt, Bildungspläne wurden von Arbeitsgemeinschaften erarbeitet, erprobt, verbessert und abermals erprobt - ein Vorlaufmodell für den späteren Ansatz der Rahmenrichtlinienentwicklung und -erprobung. Die Zusammenarbeit mit der Berufsschule wurde auf Anregung des damaligen Staatsekretärs im Kultusministerium, W. Müller in das Konzept aufgenommen. Problematisch war von Beginn an die Heranführung der Schüler an jede manuelle Tätigkeit. Musisches und technisches" Werken stritten um den Vorrang, die Einführung in die moderne Arbeitswelt blieb zunächst umstrittenes Unterrichtsfach. (a.a.O. ‚S.2)

    Die Einführung als Pflichtschuljahr geschah 1963. In dieser Zeit setzte aber bereits schon ein Rückgang der Teilnehmerzahlen ein, da alternativ die 2jährige Berufsfachschule mit der Möglichkeit, den mittleren Abschluss zu erwerben, besucht werden konnte — für viele Schüler eine attraktive Alternative.

    Das Konzept der inneren Gestaltung der neuen Schulform Hauptschule versuchte vor allem dem Prinzip der Differenzierung gerecht zu werden. Der Unterricht in den Hauptschulen wurde erteilt als

    Kernunterricht in Deutsch und Weltkunde

    Kursunterricht in Mathematik und Englisch, z.T. auch in Rechtschreiben. Es wurde jeweils ein Kurs mehr eingerichtet, als Klassen vorhanden waren. So entstanden leistungshomogene Arbeitsgruppen mit Frequenzen zwischen 25-35. (Stadtschulamt Ffm. (Hrsg.), Schulen der Zukunft — Heft 4, S.13) Ein Kurswechsel während des Schuljahres war möglich.

    Fachunterricht in Religion, Sport, Werken, Familienhauswesen, Naturkunde und Naturlehre, hier als Differenzierung nach Neigung zwischen Physik und Chemie. Die hier, z.T. auch wegen des Experimentalunterrichts gebildeten Gruppen sind leistungsheterogen.

    Wahlpflichtkurse in Musik, Chor, Zeichnen.

    Arbeitsgemeinschaften je nach Möglichkeit und Nachfrage in Naturwissenschaften, Musik oder kreativen Bereichen (Laienspiel, Foto)

    Ab der 9. Klasse trat dann die Arbeitslehre hinzu, die in Zusammenarbeit mit der Berufsschule stattfand. Dieser Arbeitslehreunterricht, der von Berufsschullehrern erteilt wurde, war berufsfeldorientiert und eröffnete bei guten Leistungen den Weg zur Berufsfachschule und damit zur Mittleren Reife.

    Schon in der Konzeption des Deutschen Ausschusses für das Erziehungs- und Bildungswesen von 1965 war Arbeitslehre das Herzstück der Hauptschule, der Kern der Reform gewesen. Sollte sie doch einen Weg eröffnen, die Schüler erfolgreicher auf die Anforderungen der Gesellschaft und der Zukunft vorzubereiten, als dies der herkömmlichen Volksschule möglich war. Ein Ansatz, der in der Empfehlung zur Hauptschule der Kultusministerkonferenz vom Juli 1969 bestätigt wurde.

    Für die Autoren des Schulentwicklungsplanes 1 für Frankfurt war diese größere Effektivität wesentliche Begründung für die angestrebten Veränderungen:

    "Die verlängerte Schulzeit drückt manche Familie schwer, und sie verschlingt erhebliche Geldmittel. Dies lässt sich nur rechtfertigen, wenn die Schule zwei Aufgaben erfüllt, die bisher kaum gestellt waren:

    * alle Jugendlichen, die in die Arbeitswelt eintreten, sind durch Berufsorientierung darauf vorzubereiten;

    * alle Jugendlichen, die sich bereits für ein Berufsfeld oder für eine Berufsgruppe entschieden haben, bekommen in der Schule eine breit angelegte Berufsausbildung. Die neue Schule wird diese Aufgaben erfüllen, wenn die bisherigen Berufsfachschulen durch Integration einbezogen sind. Die Einbeziehung der Berufsfachschulen bereichert zunächst die Hauptschule, später die Gesamtschule, durch Bildungsgüter aus Wirtschaft und Technik. Es werden Begabungen gefördert, die bisher in allgemeinbildenden Schulen vernachlässigt wurden (Stadtschulamt Ffm. (Hrsg.), Schulen der Zukunft, Heft 1, S.10)

    Die Umsetzung der Planung begann eigentlich schon 1965 mit einem faktischen Integrationsversuch an der Wittelsbacher-Schule: Ab diesem Jahr wurden 12 Stunden des Unterrichts in Kursen wie in der Berufsfachschule und von deren Lehrern unterrichtet. Drei Berufsfelder waren vertreten: metallgewerbliches, kaufmännisches und hauswirtschaftlich-pflegerisches Berufsfeld. Gute Schüler(innen) sollten dann an einer Berufsfachschule ein 10. Schuljahr besuchen können und die Mittlere Reife erlangen. Aber auch die anderen Schüler und Schülerinnen hätten, so stellt der Magistrat fest, für ihr künftiges Leben profitiert. Bemerkt worden sei eine deutliche Motivationssteigerung, da die Schüler das Gefühl hatten, etwas für das Leben Brauchbares zu lernen. Im weiteren Verlauf der Reform sollte daher eine Vorbereitung dieser Phase im 7. und 8. Schuljahr durch berufsorientierenden Unterricht sowie den Besuch verschiedener Berufsschulen geplant werden.

    Darüber hinaus

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