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Schule interkulturell: Geschichte - Theorie - pädagogische Praxis am Beispiel Nürnberg
Schule interkulturell: Geschichte - Theorie - pädagogische Praxis am Beispiel Nürnberg
Schule interkulturell: Geschichte - Theorie - pädagogische Praxis am Beispiel Nürnberg
eBook133 Seiten1 Stunde

Schule interkulturell: Geschichte - Theorie - pädagogische Praxis am Beispiel Nürnberg

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Über dieses E-Book

Das Buch gibt einen kompakten Überblick über die Einwanderung nach Deutschland und die Entwicklung des wissenschaftlichen Diskurses von der Ausländerpädagogik zur Interkulturellen Bildung. Zentrale Begriffe wie Interkulturelle Kompetenz, Diversity Management und Inklusion werden definiert. Am Beispiel einer Großstadt zeichnet es die schulpädagogische Praxis seit den 70er Jahren nach und entwickelt Ziele für die nahe Zukunft. Zentrale Begriffe wie Interkulturelle Kompetenz, Diversity Management und Inklusion werden diskutiert.
Verfasst wurde es von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Instituts für Pädagogik und Schulpsychologie der Stadt Nürnberg IPSN, die seit Jahren in der Lehrer/innenfortbildung bzw. als interkulturelle Trainer/innen tätig sind, in nationalen und europäischen Netzwerkenmitarbeiten und sich auch ehrenamtlich für Bürger/innen- und Menschenrechte engagieren.
SpracheDeutsch
HerausgeberEchter Verlag
Erscheinungsdatum5. Feb. 2014
ISBN9783429061562
Schule interkulturell: Geschichte - Theorie - pädagogische Praxis am Beispiel Nürnberg

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    Buchvorschau

    Schule interkulturell - Herwig Emmert

    1. Migration und Bildung seit den 50er Jahren – ein Überblick über die Entwicklung in der Bundesrepublik

    1.1 Pädagogik im Zusammenhang von Ökonomie und Politik

    Interkulturelle Kontakte¹ hat es zu allen Zeiten gegeben. Sie sind der Normalfall der Geschichte. Die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts bedeutete für die Bundesrepublik eine völlig neue Entwicklung, auf die Gesellschaft, Politik und Wissenschaft nicht vorbereitet waren. Die folgenden Zeilen erläutern die Übersicht auf S. 12.

    Mit dem „Wirtschaftswunder" in den 50er Jahren setzte ein wirtschaftlicher Aufschwung von enormem Ausmaß ein, der einen großen Bedarf an Arbeitskräften mit sich brachte. Die Bundesrepublik Deutschland begann daher 1955 mit der Anwerbung von Männern und Frauen aus den Anrainerländern des Mittelmeers. Geplant war ein Rotationsprinzip: Die „Gastarbeiter sollten für einen begrenzten Zeitraum eingestellt werden und dann wieder in ihr Herkunftsland zurückkehren. Dies erwies sich nach wenigen Jahren als nicht realisierbar, da ein Großteil der Gastarbeiter/innen dauerhaft gebraucht wurde und ihre Familien zu sich holten. Diese Entwicklung veranschaulicht am besten das Diktum von Max Frisch: „Wir riefen Arbeitskräfte, doch es kamen Menschen. Der Familiennachzug sollte die weitere Entwicklung nachhaltig prägen und brachte erstmals eine größere Zahl von Einwandererkindern an die deutschen Schulen.

    Die pädagogische Antwort darauf waren bis Anfang der 70er Jahre Maßnahmen, die unter dem Begriff Ausländerpädagogik firmierten. Es handelte sich um Nothilfemaßnahmen wie Vorbereitungsklassen zum Ausgleich von Sprachdefiziten oder national homogene muttersprachliche Klassen, die in ihrer Konsequenz Assimilation oder Segregation zur Rückkehrförderung bedeuteten. Mit der Konsolidierung der „Ausländerbeschäftigung" (Anwerbestopp 1973) wurde das Fehlen einer Eingliederungspolitik sichtbar. In der Pädagogik diskutierte man über Assimilation versus Integration.

    Die Jahre 1979/80 markieren einen Wendepunkt der gesellschaftlichen Diskussion. In der Forderung nach dem „kommunalen Wahlrecht für Ausländer" spitzte sich die Diskussion um Deutschland als Einwanderungsland zu. Hamburg und Schleswig-Holstein beschlossen dieses Wahlrecht, das 1990 vom Bundesverfassungsgericht als verfassungswidrig eingestuft wurde.

    In den 80er Jahren ging es politisch darum, einen Weg zwischen Integrations- und Begrenzungspolitik zu finden. Die pädagogische Diskussion bewegte sich zwischen Fördermaßnahmen und – erstmals auch – interkultureller Erziehung. Letzterem entsprach das Gesellschaftsbild der „multikulturellen Gesellschaft".

    Die 90er Jahre brachten eine Zunahme von Asylsuchenden und eine starke Einwanderung von Aussiedler/inne/n. Mit der Wahrnehmung dieses Prozesses kamen auch einheimische Minderheiten wie die dänische in Schleswig-Holstein, die sorbische in Sachsen und Brandenburg sowie Sinti und Roma in den Blick. Und auch andere strukturell benachteiligte Gruppen wie Behinderte und Homosexuelle wurden z. T.² in die Diskussion einbezogen. In der Pädagogik begann sich der Begriff der interkulturellen Bildung (und Erziehung) durchzusetzen. Dies geschah vor dem Hintergrund, dass interkulturelle Kompetenzen durch die Mobilität innerhalb der Europäischen Union zunehmend als Notwendigkeit betrachtet wurden.

    Die Terroranschläge in den USA im September 2001 und die damit verbundenen Ängste vor dem Islamismus stoppten bzw. verzögerten diese Entwicklung. Durch die anschließend verschärften Einwanderungsbedingungen sanken die Zuwanderungszahlen und die politische Debatte konzentrierte sich auf die Steuerungsmöglichkeiten von Einwanderung und eine „Integration, die sich überwiegend als Akkulturationsunterstützung für die „Zuwanderer – der politisch durchgesetzte Begriff für Einwanderinnen und Einwanderer – verstand. Die Ergebnisse der ersten PISA-Studie 2001, die die Benachteiligung von Schüler/inne/n mit Migrationshintergrund offenlegte, führten zu der Erkenntnis, dass eine neue Ausrichtung der Bildungspolitik notwendig sei.

    2005 trat das „Gesetz zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der Integration von Unionsbürgern und Ausländern" in Kraft, das die Entwicklung bis heute prägt und trotz seiner Restriktionen wichtige Maßnahmen zu einer Gleichberechtigung von Bürger/inne/n mit Einwanderungsgeschichte ermöglicht. Mit diesem Gesetz erkennt Deutschland nach 50 Jahren offiziell an, dass es ein Einwanderungsland ist. In der Pädagogik setzte sich die Interkulturelle Bildung durch, obgleich auch andere theoretische Ansätze diskutiert werden. Davon handeln die folgenden Kapitel.

    50 Jahre Einwanderung und Pädagogik

    Nach Meier-Braun, Karl-Heinz 1995; S. 14–22 und Nieke, Wolfgang 2008

    1.2 Von der Ausländerpädagogik zur Inklusion – Entwicklung der Interkulturellen Pädagogik seit den 60er Jahren

    Zu den verwendeten Begriffen

    Neben Interkultureller Bildung und Inklusion werden in der folgenden Studie noch die Begriffe interkulturelle Kompetenz und Diversity Management verwendet. Die Definitionen in den Kästen geben wieder, auf welches Verständnis wir uns in unserer Arbeit beziehen.

    Interkulturelle Bildung

    bezeichnet pädagogische Ansätze, die ein Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Herkunft fördern sollen. Sie geht davon aus, dass alle Kulturen grundsätzlich gleichberechtigt sind und alle Beteiligten voneinander lernen können.³ „Interkulturelle Bildung zielt in erster Linie auf Grundhaltungen und geistige Orientierungen ab, die sich aus der Wissensvermittlung allein nicht ergeben, so unverzichtbar diese ist. Entscheidend ist eine Haltung der Offenheit und die Bereitschaft, die eigenen kulturellen Selbstverständlichkeiten zu reflektieren und die eigenen Wertvorstellungen zu relativieren".⁴

    Inklusive Bildung

    „bedeutet, dass allen Menschen – unabhängig von Geschlecht, Behinderung, ethnischer Zugehörigkeit, besonderen Lernbedürfnissen, sozialen oder ökonomischen Voraussetzungen – die gleichen Möglichkeiten offenstehen, an qualitativ hochwertiger Bildung teilzunehmen und ihre Potentiale zu entwickeln." (UNESCO) Inklusion ist der Einschluss aller zu Unterrichtenden in Schulen für alle.

    Interkulturelle Kompetenz

    „ist die Fähigkeit eines Individuums, in interkulturellen Situationen effektiv und angemessen zu agieren; sie wird durch bestimmte Einstellungen, emotionale Aspekte, (inter)kulturelles Wissen, spezielle Fähigkeiten und Fertigkeiten sowie allgemeine Reflexionskompetenz gefördert. Angemessen und effektiv ist interkulturelles Handeln dann, wenn wichtige ‚kulturelle‘ Regeln, die die Akteure für verbindlich halten, nicht verletzt werden und die Beteiligten das Kommunikationsziel trotzdem erreichen."

    Diversity Management

    Ein „Prinzip der Unternehmensführung, das Differenzen zwischen Menschen als Stärke"⁷ betrachtet, wodurch eine produktive Gesamtatmosphäre im Unternehmen bzw. in der Einrichtung erreicht werden soll, die Diskriminierung von Minderheiten verhindert und die Chancengleichheit verbessert.⁸ Diversity Management ist damit eine Weiterentwicklung des Konzepts von Interkultureller Bildung.

    Da Interkulturelle Bildung auf einem bestimmten Kulturverständnis fußt, soll auch dies kurz beschrieben werden:

    Kultur

    „Gesamtheit menschlichen Verhaltens einschließlich der religiösen Normen, Werte und Lebensweisen."⁹ Kultur als „ein Fluss von Bedeutungen"¹⁰, der durch das Zusammenleben stets neu geschaffen wird. Kultur wird nicht als festes Verhältnis von Raum und der darin lebenden Gruppe verstanden.

    „Im Gegensatz zu klassischen Definitionen einer weitgehend homogenen, statischen und in sich geschlossenen Kultur wird heute hervorgehoben, dass Kultur einem ständigen Veränderungsprozess unterliegt, in sich heterogen ist und nicht unbedingt an ein bestimmtes Territorium gebunden ist. Menschen werden

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