Flausen im Dichterkopf - Gedichte voller Sinn, auch in Form von Un-, Hinter- und Tiefsinn: Gedichte aus sechs Jahrzehnten Lebensschule - Ob Haiku, Blankvers, Sonett oder Ballade: formvollendete Verse aus allen Lebensbereichen, die - nicht nur - menschliche Verhaltensweisen aufs Korn nehmen.
Von Edgar Schwenke und Barbara Haeseler
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Über dieses E-Book
Edgar Schwenke
Edgar Schwenke wurde 1955 in Rendsburg geboren. Schon während seiner Schulzeit entwickelte er seine Freude am Schreiben und am Spiel mit der Sprache. Sein Schreibtalent und seinen Sprachwitz konnte er auch als Lehrer für Mathematik in Beiträgen zu Schuljahrbüchern und in Reden weiter üben. Noch mehr Gelegenheit dazu bekam er dann als Schulleiter eines Gymnasiums, zumal er begann, große Teile des normalen dienstlichen Schriftverkehrs in taktvoller Gedichtform zu führen. Im Corona-Zeitraum 2020/21 war dies eine sehr gute Methode, um den Kopf von Erlassen, Hygieneplänen und allen weiteren Problemen frei zu bekommen. In seiner Freizeit liebt er Rad- und Bahnreisen, die selbstverständlich auch in Versform verarbeitet werden.
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Flausen im Dichterkopf - Gedichte voller Sinn, auch in Form von Un-, Hinter- und Tiefsinn - Edgar Schwenke
Haikus
Mit siebzehn Silben
– über den Daumen gepeilt –
aussagekräftig
Haiku-Anleitung
Erste Zeile fünf,
sieben Silben folgen dann,
dritte Zeile fünf.
Mathematische Haiku-Anleitung
1, 2, 3, 4, 5
keine 6, aber 7
17 – 12
Freie Natur
Der Mensch träumt von ihr:
Freie Natur, unberührt.
Ganz ihm untertan.
Unverwüstlich
Der Mensch hat eine
ganz unverwüstliche Natur.
Irren ist menschlich.
Mensch und Natur
Menschen fürchten sie.
Aber die Natur hat Grund,
Menschen zu fürchten.
Natürlich
Natürliches Leben.
Wir möchten es erfahren –
mit Automobil.
Navigare necesse est, vivere non est necesse
Aida, Mein Schiff:
der Kreuzzug der Kreuzfahrer.
Das Meer geht baden.
Wir schwimmen im Pool.
Geheimkuh
Geh heim, Kuh, bergab.
Alljährlicher Almabtrieb.
Heimgang mit Glocken.
Hasch macht Hai
Behascht im Grase.
Die Kuh sieht aus wie ein Hai.
Gib mir die Flosse.
HaiKuh
Kuh am Meer sieht Hai.
Hai: »Hi Kuh!« Kuh läuft ins Meer.
Kuh-Hairakiri.
Hai IQ
Meeresbestien:
intelligente Haie
mit high Hai IQ.
Fischgedichte
Frische, dichte,
frisch gefischte
Fischgedichte
Hai – Menü 1
Ein Haifisch, noch sehr jung an Jahren
und ökologisch unerfahren,
wird an den Sylter Strand verschlagen,
wo Surfer durch die Wogen jagen.
Der Hai, er reibt sich seine Flossen
und informiert die Haigenossen:
Auf Sylt gibt‘s Frühstück mit Serviette
und angerichtet auf dem Brette.
Doch Vater Hai spricht: »Tunichtgut,
ihr Jungen wollt nur noch Fast Food.
Mir ist nicht nur zu schnell der Bissen,
es geht auch gegen mein Gewissen:
Denn jeder Happen ist, du Dummi,
für sich nochmal verpackt in Gummi.
Um mit nur wenig Müll zu speisen,
lasst uns zum FKK-Strand reisen.
Dort gibt‘s die Leckerbissen nackt,
nicht auf dem Brett und nicht verpackt.«
Hai – Menü 2
Die Surfer jagen durch die Wellen,
ein Hai auf Suche nach dem schnellen
Biss taucht lautlos durch die Wogen,
doch sieht er sich alsbald betrogen:
Da Brett und Gummi ihm nicht munden,
sieht er sich fleischlos abgefunden,
schwimmt weiter, krault dabei verdrossen,
durchs Meer und auch noch seine Flossen.
Ein alter Hai, der hat verschwommen
das ganze Unglück mitbekommen
und nähert sich, um Trost zu spenden.
Er spricht: »Dein Jagdglück kannst du wenden.
Mein kleiner Hai, sei doch kein Dummi,
es gibt auch Essen ohne Gummi.
Am Strand auf Sylt ist Unverpacktes.
Komm mit, wir beißen in was Nacktes!«
Hai-Opis Rat an Heiopei-Hai
Gering im Meer die Hai-Rate,
weshalb ich nun dir, Hai, rate,
dass man sich bald verheirate.
Das ist auch hier in Haithabu
ganz gewiss kein Hai-Tabu,
es sei denn, zwischen Hai und Kuh.
Häng hier nicht länger heiser rum,
dagegen hilft doch heißer Rum,
der gilt bei uns als Hai-Serum.
Befeuchte damit die Hai-Zung‘,
das wirkt als gute Hai-Heizung,
heilt jeden Hai, gibt neuen Schwung.
Mit dem du dann durchs Hailand fliegst,
als Heiland Haike bald besiegst,
im heil’gen Bund dann als Hai liegst.
Nun sattle deinen Wallach, Hai,
such Haike in der Walachei,
ganz heiter, sei kein Heiopei.
Das Flunderwunder
»Die schmollende Scholle« oder »Das Makrelenquälen«
Es jammert die Makrele,
dass sie ein Leiden quäle,
worauf sogleich die Scholle
sagt, dass sie schwimmen solle
zur großen alten Flunder,
die wirke nämlich Wunder.
»Mich schickt die olle Scholle,
dass ich erzählen solle
von allem, was mir fehle«,
sprach also die Makrele,
als sie erreicht die Flunder:
»Man sagt, du wirkest Wunder!«
Da aber sprach die Flunder: »Ich
wirke höchstens wunderlich!
Die Scholle, die schon längst entschwunden,
hat dir ‘nen Seebär’n aufgebunden.
Ein Unrecht, wie ich nicht verhehle,
ich wünsch viel Glück dir noch, Makrele!«
Da war nun die Makrele platt
– so wie die Flunder lag im Watt –,
vergaß vor Wut ihr ganzes Leiden
und ließ der Fischwelt kurz bescheiden,
der Scholle Rache tun zu wollen.
Die Scholle aber blieb verschollen.
Im Watt sagt noch die Flunder sich:
»So was Verrücktes, Wunder! Ich!«
Und im Exil hört man der Scholle
ganz kläglich lautloses Geschmolle:
»Man kann doch nur auf eines zählen,
das ist die Dummheit der Makrelen.«
Heilbutt
Ein Dorsch sprach zu `nem Barsch:
»Ich glaub’, ich bin im Arsch!«
Da sprach der Barsch zum Dorsch:
»Mein Lieber, nicht so forsch!
Fühlst du dich mal kaputt,
schwimm einfach hin zum Butt,
denn der macht jeden Fisch
– als Heilbutt – wieder frisch.«
Egaal
Kreuzt man Egel mit dem Aal,
ist das Ergebnis … mir egal.
Gedichtsauswal²
Misswalwahl
Die Miss Wal, bar noch jeder Kleidung,
traf für sich eine Walentscheidung:
der Tigerlook ihr Miss Wal Sieger.
Walspott kam auf: »Ach ge‘, Wal, Tiger!«
Manch‘ Damenwal konnt’s nicht begreifen,
sie fanden kleinkariert die Streifen
und niemals dieser Miss gebühre,
dass man sie so zur Miss Wal küre.
Doch waren alle Walwahlmänner
dann doch Waltigerlookbekenner.
Und auch das Walvolk war entschieden
mit dem Waltigerlook zufrieden.
Die Misswalwahl hat sie genossen,
im Wallokal mit Tran begossen.
Dann wurde uns‘re Miss Wal müde
der ganzen Tigerattitüde:
Ein Walakt war nicht zu vermeiden,
um sich als Tiger zu entkleiden.
Und man sah so bald Miss Wal ohne
die Streifen nackt mit ihrer Krone.
Das Walamt ist dann eingeschritten,
Walfreiheit wurde nicht gelitten,
man brachte sie mit ernster Miene
gleich fort in eine Walkabine.
Die Walpflicht habe sie vergessen,
die Walhandlung nicht angemessen.
Des Walrats Walspruch: Sie verletze
so insgesamt die Walgesetze.
Man könnte sicher nun verstehen,
würd’s Lachen der Miss Wal vergehen.
Doch lallte nur die Miss Wal: »Ach?
Ich trinke Rum, Wal, pur, gieß nach!«
Walweise wurde – abgerundet –,
vom Walking Urteil dann bekundet:
Der Walausgang bleibt ihr erhalten,
doch muss gestreift sie ihn gestalten.
Gefangen in der Walkabine
trug sie den Dress mit Trauermiene,
bis Walfreiheit sie neu bekommen
und froh ins weite Meer geschwommen.
Dort sah sie ihre Walgenossen
im Tigerlook bis zu den Flossen,
Denn er war für jeden Kenner
erste Wal, ein Moderenner.
Sinnloser Walkampf
Es schwammen im nördlichen Meer
um die Wette vergnügt Ter und Zer,
zwei männliche Wale, umher.
Sie trafen dann dort Miss Wal Traud.
Wal Ter hat ganz dämlich geschaut,
nur Wal Zer hat sich scheu rangetraut.
Er tänzelte um sie herum,
und Wal Ter war noch immer ganz stumm,
doch er nahm den Tanz Wal Zer krumm.
Sie standen ganz stark unter Dampf,
entflammt wohl vom Liebeskrampf.
Die Folge war so ein Walkampf.
Doch keinen hat dann die Walschlacht
zum Walsieger schließlich gemacht.
Es hat Miss Wal Traud nur gelacht.
Und sie sprach ganz erbarmungslos:
»Was seid ihr doch für Narren bloß,
da bleibe lieber ich wallos.«
Es schwammen im nördlichen Meer
um die Wette verstimmt Ter und Zer,
zwei männliche Wale, umher …
Walspruch:
Es spürt ein Wal Berechtigung
zum Walkampf zwar, wenn er noch jung,
doch ist Ergebnis oft: Waldung.
Walverwandtschaft
Wal Traud schwamm eines Tags nach Süden
und als sie abends am Ermüden,
da sprach sie höflich ohne Tadel
ein stolzer Wal an, der von Adel.
»Bin Wal de Moro, Sie gestatten.
Ich sehe, Sie sind am Ermatten.
Wie wär’s mit mir als Weggenosse?
Ich reiche Ihnen gern die Flosse.«
Es schwamm hinzu dann noch sein Vetter,
der Wal de Loire als zweiter Retter.
Und Wal Traud machte so Bekanntschaft
mit adeliger Walverwandtschaft.
Sie ließ die Retter sich entfalten,
denn ihr gefiel das Walverhalten.
Seitdem genießt in vollen Zügen
mit beiden sie das Walvergnügen.
Walstatt? ³
Es verschlug einen Wal nach Walhalla,
der dachte, die sind ballaballa:
So ‘ne Halle für‘n Wal,
nicht mal Wasser für’n Aal.
Das sieht aus wie ein Bau von Narrhalla. ⁴
Walfahrt nach Walhalla
Es schwamm ein Wal Kreis nur um Kreis
im Nordmeer, nah am Gletschereis.
Das tat der Wal Jahr schon um Jahr,
bis dessen der Wal müde war.
Es plante eine Walfahrt kühn,
der Wal, Freiheit war sein Bemüh’n.
So schrieb der Wal Brief nun um Brief,
bis ihn das Walamt zu sich rief.
»Walhall zu suchen, dein Begehr?
Das wird, mein lieber Wal, recht schwer.
Doch gibt dich dieser Walschein frei,
dir, Wal, Erfolg beschieden sei.«
Der Wal, er zögerte nicht lang
und nahm den Nordmeerwalausgang.
Er schwamm nach Süden ohne Schlaf,
bis er vor Wales Wal Lisa traf.
»Hey, sag, Wal, Alter, du schwimmst stramm,
was ist bei dir so, Wal, Programm?«,
sprach Lisa und erfuhr dabei,
vom Wal Ziel, das Walhall gar sei.
Wal Lisa fand dies gar nicht schlecht,
beriet nun den Wal fachgerecht:
»So schwimm nach Ost durch den Kanal,
da wohnt ein andres Walvolk, Wal.
Grüß die Wallonen mit ›Ahoi ‹,
befrage sie, Wal, ohne Scheu.«
Mit Staunen dachte der Wal: »Ach,
der Sache schwimm ich doch mal nach.«
Er schwamm nach Flandern durch Kanal,
Walparty grad im Wal-Lokal.
Wallonen nannt‘ er sie im Tran,
ein Walkampf drohte ganz spontan.
Doch nahm der Wal vor Schlag Reißaus
und dachte bei sich: »Ei, der Daus,
die Walrunde war doch zu wild«,
da sah er rechter Hand ein Schild.
Es stand darauf am Wege: »Waal«.
Er nahm das Schild als Hoffnungsstrahl.
Das neue Meer war etwas klein,
kein Wunder, er war jetzt im Rhein.
Im Reinen mit sich, unbeschwert,
traf er Frau Antje, die ein Pferd,
ein Walross gab und wies das Ziel. –
Walhelferin, die ihm gefiel.
So wusste nun auch der Wal: »Sieg?
Zu früh noch, dass ich links abbieg‘.«⁵
Die Loreley als Walprüfstein,
ließ er auch einfach Felsen sein.
Bei Mainz ein Fischer kam entlang
mit Netz, er dachte