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Robert E. Park
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eBook204 Seiten2 Stunden

Robert E. Park

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Über dieses E-Book

Robert Ezra Park (1864–1944) gilt als der Begründer der empirischen Stadtsoziologie und der humanökologischen Forschungsrichtung an der Universität Chicago (»Chicagoer Schule für Soziologie«). Er prägte den Begriff des ›kollektiven Verhaltens‹, widmete sich der Erforschung von Rassenbeziehungen und Kulturkonflikten und Setzte sich mit der Bedeutung von kommunikativen Vorgängen auseinander. Park formulierte die »melting pot«-Theorie multiethnischer Integration von Einwanderern in die Kultur eines Landes. Große Aufmerksamkeit schenkte Park dem Einfluss von Massenmedien, insbesondere der Nachrichtenkommunikation. Seine theoretischen Annahmen lösten lang anhaltende Fachdiskussionen und eine große Zahl empirischer Arbeiten aus. Bemerkenswert ist auch der von Park bevorzugte methodische Ansatz: Er vertrat die Auffassung, dass sich Soziologen mit den Lebensumständen und Lebensweisen der Beforschten aus nächster Nähe vertraut machen sollten und gilt daher auch als der Begründer der soziologischen Ethnographie. Gabriela Christmann führt in das Leben, das Werk und in die Wirkung von Robert E. Park ein und skizziert die ihn prägenden Einflüsse. Sie stellt Parks Hauptwerke vor und zeigt, dass sein Interesse den kulturellen Wissens- und Lebensformen in der modernen Gesellschaft galt.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum20. Mai 2015
ISBN9783744516297
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    Buchvorschau

    Robert E. Park - Gabriela Christmann

    Klassiker der Wissenssoziologie

    Herausgegeben von Bernt Schnettler

    Die Bände dieser Reihe wollen in das Werk von Wissenschaftlern einführen, die für die Wissenssoziologie – in einem breit verstandenen Sinne – von besonderer Relevanz sind. Dabei handelt es sich vornehmlich um Autoren, zu denen bislang keine oder kaum einführende Literatur vorliegt oder in denen die wissenssoziologische Bedeutung ihres Werkes keine angemessene Würdigung erfahren hat. Sie stellen keinesfalls einen Ersatz für die Lektüre der Originaltexte dar. Sie dienen aber dazu, die Rezeption und das Verständnis des Œuvres dieser Autoren zu erleichtern, indem sie dieses durch die notwendigen biografie- und werkgeschichtlichen Rahmungen kontextualisieren. Die Bücher der Reihe richten sich vornehmlich an eine Leserschaft, die sich zum ersten Mal mit dem Studium dieser Werke befassen will.

    »Thomas Luckmann« von Bernt Schnettler

    »Marcel Mauss« von Stephan Moebius

    »Alfred Schütz« von Martin Endreß

    »Anselm Strauss« von Jörg Strübing

    »Robert E. Park« von Gabriela Christmann

    »Erving Goffman« von Jürgen Raab

    »Michel Foucault« von Reiner Keller

    »Karl Mannheim« von Amalia Barboza

    »Harold Garfinkel« von Dirk vom Lehn

    »Émile Durkheim« von Daniel Šuber

    »Claude Lévi-Strauss« von Michael Kauppert

    »Arnold Gehlen« von Heike Delitz

    »Maurice Halbwachs« von Dietmar J. Wetzel

    »Peter L. Berger« von Michaela Pfadenhauer

    Weitere Informationen zur Reihe unter www.uvk.de/kw

    Meinem Lehrer Thomas Luckmann

    Inhalt

    Einleitung

    I Robert Ezra Park: Über das Leben eines »intellektuellen Vagabunden«

    II Prägende Einflüsse

    III Die ›grüne Bibel‹: Das Einführungswerk in die Soziologie von Park & Burgess

    IV Masse, Publikum und kollektives Verhalten

    V Kommunikation und Kultur

    VI Humanökologie und Lebensformen in der Stadt

    VII Kulturkonflikte: Immigranten, Rassen und der ›marginal man‹

    VIII Methodischer Ansatz

    IX Wirkung

    Literatur

    Zeittafel

    Personenindex

    Sachindex

    Einleitung

    Robert Ezra Park (1864– 1944) war einer der prominentesten amerikanischen Soziologen seiner Zeit. Von 1923 bis 1934 war er eine herausragende Figur des Department of Sociology and Anthropology der Universität Chicago, das damals weit über die Vereinigten Staaten hinaus eine führende Rolle im Fach spielte und dessen Lehrkörper man später als die ›Chicago School‹ der Soziologie bezeichnen sollte (vgl. Plummer 1997a). Park leistete einen beträchtlichen Beitrag dazu, dass die Chicago School so einflussreich werden konnte.

    Auf verschiedenen Gebieten der Soziologie trat Park durch viel beachtete Artikel hervor. Seine theoretischen Konzepte lösten lang anhaltende Fachdiskussionen und eine große Zahl empirischer Arbeiten aus. Er leitete und begleitete zahlreiche Forschungsprojekte auch außerhalb der Universität, und er bekleidete diverse Ämter.

    Zusammen mit Burgess brachte Park die monumentale Introduction to the Science of Sociology (1928[1921]) heraus. Die Einführung wurde als das erste bedeutende Grundlagenwerk der Soziologie in den USA gefeiert. Die Autoren formulierten die Ziele für das sich konstituierende Fach, klärten zentrale soziologische Grundbegriffe und stellten Schlüsseltexte bedeutender Autoren zusammen. Das Werk ging als ›die grüne Bibel‹ in die amerikanische Soziologiegeschichte ein.

    Park gilt als der Begründer der empirischen Stadtsoziologie und der humanökologischen Forschungsrichtung. Er prägte den Begriff des ›kollektiven Verhaltens‹. Wie kaum ein anderer (weißer Mann) widmete er sich der Erforschung von Rassenproblemen und Kulturkonflikten. Vor dem Hintergrund einer langjährigen Journalistentätigkeit setzte sich Park zudem mit der Bedeutung von kommunikativen Vorgängen, insbesondere mit dem Einfluss von Massenmedien, auseinander. Seine Reflections on Communication and Culture (1950e[1938]) wurden indes nur wenig beachtet, obwohl sie für die moderne Wissenssoziologie wie auch für die Kultursoziologie von Interesse sein könnten.

    Bemerkenswert ist der von Park bevorzugte methodische Ansatz. Park vertrat die Auffassung, dass sich Soziologen mit den Lebensumständen und Lebensweisen der Beforschten aus nächster Nähe vertraut machen sollten. Unermüdlich forderte er seine Schüler zu Beobachtungsgängen ›im Feld‹ auf. Dies waren die Anfänge der soziologischen Ethnografie und der qualitativen Sozialforschung.¹

    Park war auch ein außergewöhnlich engagierter Lehrer. Er verstand es, Studierende für die Soziologie zu begeistern. Mehr noch: Aus seiner Schule gingen bedeutende Vertreter der amerikanischen Soziologie hervor, darunter Herbert Blumer, Everett C. Hughes und Louis Wirth (vgl. auch Kap. IX).

    Vor diesem Hintergrund darf Park mit Fug und Recht als ein soziologischer »Klassiker« gelten. Dies ist vor allem für die amerikanische Soziologie der Fall (vgl. v. a. Bogardus 1960, Odum 1969, Coser 1971). Inzwischen wird Park zwar auch im deutschsprachigen Raum als Klassiker der Soziologie behandelt (vgl. dazu Lindner 2002).² Lange Zeit fand sein Werk aber hier zu Lande nur eine sehr geringe Beachtung. Erst seit den 80er-Jahren des 20. Jahrhunderts ist eine stärkere Rezeption beobachtbar. Lindner, der eine Wiederentdeckung Parks konstatiert, beschreibt die Rezeptionssituation speziell für den deutschsprachigen Raum so: »Für Deutschland scheint es sogar angemessen, von seiner eigentlichen, über den sozialökologischen Komplex hinausgehenden Entdeckung zu sprechen. Dass Park plötzlich so aktuell ist, hat sicherlich viel mit der (lange übersehenen) Modernität von Park zu tun« (Lindner 2000: 555; Hervorh. G. C.).

    1Die ersten Anfänge waren – nach unseren heutigen Kriterien – unter methodischen Gesichtspunkten zunächst noch unausgereift. Später wurde das methodische Vorgehen zunehmend verfeinert (vgl. Kap. VIII).

    2Immerhin legte Park – der vier Jahre lang in Deutschland studiert und bei Wilhelm Windelband promoviert hatte – seine Dissertation Masse und Publikum (1904) in deutscher Sprache vor. Von den übrigen Schriften existieren (bis auf zwei Ausnahmen) keine deutschen Übersetzungen. Einzig der Band Pöttkers (2001: 280–296 und 300–310) enthält zwei übersetzte Beiträge. Es handelt sich um die Aufsätze Natural History of the Newspaper (1955i) und News and the Power of the Press (1955k).

    Im vorliegenden Band sind alle ins Deutsche übertragenen Zitate Übersetzungen der Verfasserin.

    In unseren Tagen werden besonders das ›Marginal-Man‹-Konzept und der stadtsoziologische Forschungsansatz (wieder) entdeckt.³ Was Parks Bedeutung im Bereich der Kommunikationsforschung angeht, so ist man sich dieser eher in der Kommunikationswissenschaft als in der Soziologie bewusst. Seit dem Erscheinen des von Pöttker (2001) herausgebrachten Buches mit dem Untertitel Klassiker der Sozialwissenschaft über Journalismus und Medien wird Park auch in der deutschen Kommunikationswissenschaft als »Klassiker« behandelt.

    Dennoch sind systematische Einführungen in das Gesamtwerk Parks im deutschsprachigen Raum rar (vgl. Nelissen 1973, Baker 1981, Lindner 2002). Sie liegen ausschließlich in Form von Aufsätzen vor und fallen daher zwangsläufig kurz aus. Der vorliegende Band ist die erste deutschsprachige Einführung in das Gesamtwerk, die als Monographie erscheint und auf wissenssoziologische Aspekte aufmerksam macht.

    Bevor zentrale Inhalte des Werkes vorgestellt werden (Kap. III bis IX), werden wir uns im ersten Kapitel mit Parks Biografie und im zweiten mit den vielfältigen Einflüssen beschäftigen, die das Werk prägten.

    3Die vorzüglichen Arbeiten von Makropoulos (1988, 1996, 1997, 2004), Lindner (1990, 1994, 1998) und Neckel (1997) sollen besonders hervorgehoben werden.

    I     Robert Ezra Park: Über das Leben eines »intellektuellen Vagabunden«

    Robert Ezra Park wird am 14. Februar 1864 in Harveyville im Bundesstaat Pennsylvania geboren.¹ Bald nach der Rückkehr des Vaters, Hiram Asa Park, aus dem Bürgerkrieg, zieht die Familie nach Red Wing in Minnesota. Dort versucht der Vater sein Glück als Kaufmann im Getreidegroßhandel. Die Geschäfte laufen gut, und so bringt es Hiram Park nach und nach zu Wohlstand und Ansehen. Die Mutter, Theodosia Warner Park, ist Lehrerin. Sie liebt die Literatur und die schönen Künste. Parks Großväter – Dr. Ezra Park und Dr. Simon Warner – sind beide Ärzte.

    Die Kindheit verbringt Park in der am Mississippi gelegenen Kleinstadt Red Wing. In dem damals noch sehr dünn besiedelten Gebiet ließen sich vorwiegend Neuengländer und skandinavische Einwanderer nieder. Zu den aus Skandinavien stammenden Siedlern hat Park enge Kontakte. Sein Kindermädchen und seine besten Spielkameraden sind norwegische Immigranten.

    Als Park 1882 im Alter von 18 Jahren die High School absolviert hat, wo er seine Liebe für das Schreiben entdeckte, verlässt er das Elternhaus. Er hat beschlossen, Ingenieur zu werden, also schreibt er sich an der damals noch sehr kleinen und unbedeutenden State University of Minnesota für das Ingenieurstudium ein. Dies geschieht gegen den Willen des Vaters, der ihn gerne im Lebensmittelhandel gesehen hätte.

    Park muss jedoch feststellen, dass ihm das Studium der Ingenieurwissenschaft nicht zusagt. Nach einem Jahr bricht er das Studium ab. Er wechselt 1883 nach Ann Arbor an die University of Michigan, die zu jener Zeit neben Harvard zu den renommiertesten Universitäten der Vereinigten Staaten zählt. Dort studiert er die Fächer Philosophie, Philologie und Geschichte – unter anderem bei John Dewey,² der einen großen Einfluss auf ihn gewinnen sollte. Im Jahre 1887 erwirbt Park den Grad des Bachelor of Philosophy.

    Obgleich das Studium ihn in intellektueller Hinsicht inspirierte, strebt Park keine akademische Laufbahn im Fach Philosophie an. Im Gegenteil: Es drängt ihn hinaus aus dem Elfenbeinturm, hinaus ins wirkliche Leben. Er möchte einen praktischen Beruf ergreifen. So wird Park beim Minneapolis Journal als Journalist tätig.

    Schon bald beginnt ihn die große Stadt New York zu reizen, die damals nicht nur Journalisten magisch anzog. Doch erst 1892 kann er seinen Traum von New York verwirklichen. Park arbeitet als Gerichts- und Polizeireporter für das New York Morning Journal. Nebenbei schreibt er für die Sonntagszeitung New York World. Dies ist eine Zeit, in der Park beobachtend und recherchierend durch die Straßen New Yorks zieht, stets auf der Suche nach einer Story. Park selbst sagte rückblickend dazu: »Im Wesentlichen widmete ich mich […] der Erkundung und Beschreibung des Lebens in der Stadt. […] Diese Tätigkeit bedeutete den Beginn meines Interesses an der Soziologie, obschon ich damals das Wort noch gar nicht kannte.« (Baker 1981: 259f.)

    Die journalistische Tätigkeit ist ganz nach seinem Geschmack. Nicht nur, weil er seiner Neugier in Bezug auf Menschen und menschliche Lebensverhältnisse nachgehen kann, sondern auch, weil ihm das Beobachten, Recherchieren und Schreiben liegen. Freilich ist er auch von Idealen getragen. Er möchte mit seinen Reportagen Probleme aufzeigen. Vor allem möchte er auf die sozialen Hintergründe von Problemlagen aufmerksam machen. In gewisser Hinsicht will er auch Veränderungen herbeiführen. Allerdings setzt Park den Akzent deutlich auf das Aufzeigen und Analysieren von sozialen Problemen, nicht auf das Verändern. Er geht davon aus, dass gesellschaftliche Probleme erst dann gelöst werden können, wenn man ein genaues Wissen über sie erlangt hat. Für moralinsaure Reformer hat er gar nichts übrig.

    Im Jahre 1892 lernt Park seine zukünftige Frau, Clara Cahill, kennen. Sie ist die älteste Tochter einer sehr vornehmen und prominenten Familie in Michigan. Ihr Vater ist Richter am Supreme Court. Park und Clara Cahill heiraten 1894. Park ist zu diesem Zeitpunkt dreißig Jahre alt. Aus der Ehe gehen vier Kinder hervor. Durch Clara Cahill Park, die sich mit dem russischen Nihilismus und der Revolution auseinandersetzt, wird Parks Interesse für Massenbewegungen und kollektives Verhalten geweckt.

    Da die Berufsaussichten von Journalisten in New York auf Dauer nicht gut sind – nur allzu schnell werden sie durch aufstrebende jüngere Kollegen ersetzt –, entschließt sich Park, New York zu verlassen. Das fällt ihm nicht leicht, denn nach wie vor ist er fasziniert von dem bunten Treiben in dieser Stadt. Zunächst geht Park nach Detroit, später nach Chicago; nacheinander ist er für die Detroit Tribune, die Detroit News und später für das Chicago Journal tätig. In dieser Zeit macht sich bei Park zunehmend Unzufriedenheit breit. Der Journalistenberuf konnte ihm nichts Neues mehr geben. Sein Interesse für Abstraktionen und theoretische Konzepte, das während seiner praktischen Berufstätigkeit nie ganz verschwunden war, lebte nun auf.

    Park nimmt Kontakt zu seinem früheren Lehrer Dewey auf, der ihn mit Franklin Ford bekannt macht. Ford, ein früherer Pressemann, ist ein Visionär. Mit der Unterstützung von Dewey beabsichtigt er, einen neuen Zeitungstyp herauszubringen. Man hat auch schon einen Namen für die geplante Zeitung gefunden. Nach dem gleichen Muster wie Börsenzeitungen über Aktienkurse berichten, sollen die Thought News über Trends der öffentlichen Meinung informieren. Dahinter steht die Auffassung, dass mit der Analyse und der kommunikativen Vermittlung von gesellschaftlichen Entwicklungstrends die Organisation der Gesellschaft optimiert werden kann. Das Unternehmen entspricht den Vorstellungen Parks. Er ist beeindruckt von dem Vorhaben. Gerne will er sich daran beteiligen, denn schon seit Längerem ist er der Meinung, dass das Nachrichtenwesen in hilfreicher Weise dazu dienen kann, gesellschaftliches Wissen zu organisieren. Doch das Projekt scheitert. Ein wesentlicher Grund für den Misserfolg ist, dass die Instrumente der Meinungsforschung noch unterentwickelt sind.

    Park arbeitet in seinem Beruf noch einige Jahre weiter, bis er sich im Jahre 1898 dazu entscheidet, seine akademische Ausbildung in Harvard fortzusetzen. In finanzieller Hinsicht wird das Vorhaben nun tatkräftig von Parks Vater unterstützt. Es beginnt

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