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Blinder Passagier
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eBook408 Seiten5 Stunden

Blinder Passagier

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Über dieses E-Book

Die Flucht aus einer psychiatrischen Klinik ist nur der Anfang ...Magda ist dabei, ihrem geliebten Maciek bei der Flucht aus der psychiatrischen Klinik zu helfen, in die er eingewiesen wurde, um sich vor dem Gefängnis zu retten. Der ausgeklügelte Plan wird allerdings durch das plötzliche Auftauchen eines neuen Patienten in Macieks Zimmer durchkreuzt. Da es keine andere Wahl zu haben scheint, beschließt das verliebte Diebespaar, einen "blinden Passagier" mitzunehmen, dem sie sich entledigen können, sobald sie die Krankenhausmauern hinter sich gelassen haben. Doch schon bald stellt sich heraus, dass dies weitaus schwieriger ist als gedacht ... Es beginnt ein sadistisches Spiel, bei dem die beiden jungen Leute zu bloßen Spielfiguren werden. Können sie der Falle entkommen, die ihnen gestellt wurde und die sie das Leben kosten könnte?-
SpracheDeutsch
HerausgeberSAGA Egmont
Erscheinungsdatum28. Feb. 2023
ISBN9788728530368
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    Buchvorschau

    Blinder Passagier - Adrian Bednarek

    Adrian Bednarek

    Blinder Passagier

    Saga

    Blinder Passagier

    Titel der Originalausgabe: Pasażer na gapę

    Originalsprache: Polnisch

    Copyright © 2022, 2023 Adrian Bednarek und SAGA Egmont

    Alle Rechte vorbehalten

    ISBN: 9788728530368

    1. E-Book-Ausgabe

    Format: EPUB 3.0

    Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für gewerbliche und öffentliche Zwecke ist nur mit der Zustimmung des Verlags gestattet.

    www.sagaegmont.com

    Saga ist Teil der Egmont-Gruppe. Egmont ist Dänemarks größter Medienkonzern und gehört der Egmont-Stiftung, die jährlich Kinder aus schwierigen Verhältnissen mit fast 13,4 Millionen Euro unterstützt.

    Für Daria – das Leben an deiner Seite ist das Schönste, das mir je passiert ist.

    Liebe ist blind. Je intensiver man jemanden liebt, desto irrationaler handelt man.

    Stephenie Meyer

    1

    Eine langbeinige Blondine überquerte die Schwelle eines Gebäudes. Sie war irgendwo am Arsch der Welt im Süden Polens, in einem Dorf mit drei Häusern und einem monströsen Bau aus dem 19. Jahrhundert, der von einem zwei Meter hohen Zaun umgeben war. Das psychiatrische Krankenhaus mit geschlossener Abteilung türmte sich vor ihr auf.

    – Besuch forensische Psychiatrie – teilte sie einem alten Pförtner mit Glatze und einem großen Mitesser auf der Nase mit.

    – Ausweis – knurrte er und musterte sie eingehend. In einem kurzen Rock, einer Bluse mit tiefem Ausschnitt und rot geschminkten Lippen sah sie aus wie eine elegante Prostituierte. – Die Bekloppten, die im Gefängnis verrotten sollten, kriegen in diesem Hotel ’ne Spezialbehandlung, oder was? Bestellen die sich mittlerweile kleine Häschen zu Ostern? Das wird ja immer besser hier.

    Sie ignorierte seine Bemerkung und warf ihren Personalausweis auf die Tischplatte. Der alte Mann griff nach dem Dokument. Der Ausweis war sorgfältig gefälscht worden. Das hatte sie bei der Bank überprüft, als sie damit ein Konto eröffnete. Der Fälscher, der zwei ganze Monatsmieten für den Ausweis haben wollte, hatte gute Arbeit geleistet. Sie bedauerte es nicht, bald würde sie sowieso keine Wohnung in Polen mehr brauchen. Der Ausweis stimmte mit allem überein. Alter, Augenfarbe, Größe und sogar die Frisur, die sie sich für diesen Anlass machen ließ, waren identisch mit dem Ausweisfoto. Dem Dokument zufolge war sie eine einundzwanzigjährige, grünäugige, ein Meter einundsiebzig große Einwohnerin von Kielce.

    – Lassen Sie Ihre Habseligkeiten und jegliche Metallgegenstände im Depot. – Der alte Mann verwies mit der Hand auf den Korridor. Er schrieb ihre Daten auf, gab ihr ihren Ausweis zurück und händigte ihr einen Passierschein aus. – Bevor Sie die Geschlossene betreten, steht noch eine Kontrolle an. Sie können dem Patienten Zigaretten oder etwas zu essen bringen, aber deswegen bist du nicht hier, stimmt’s, Püppchen? – fügte er mit lüsterner Stimme hinzu.

    Sie ignorierte den primitiven Kommentar des Pförtners.

    – Frohe Ostern und einen feuchtfröhlichen Dyngus! – rief er zum Abschied.

    Sie ließ ihre Sachen im Depot und fuhr mit dem Aufzug in den zweiten Stock. Den Stock der geschlossenen Abteilung. Jeder Schritt verursachte einen scharfen Schmerz. Bis vor einigen Tagen hatte ihr das Gehen in Stöckelschuhen noch Schwierigkeiten bereitet. Aber sie hatte es schnell gemeistert. Das größere Problem war die wertvolle Fracht, die sie transportierte. Es tat weh, brannte, schnitt sie fast von innen. Wie zu erwarten war, wurde der Eingang von einem Krankenpfleger, der anscheinend ein Fitnessfanatiker war, bewacht. Ein absoluter Riese mit einem Hals wie ein LKW-Reifen und einem Brustkorb, der sein T-Shirt fast zerriss. Er kam auf sie zu, als sie sich der Gittertür näherte.

    – Den Passierschein, bitte. – Anders als der alte Mann verhielt er sich kultiviert. Er lächelte sogar. Er hatte nicht damit gerechnet, dass sein Dienst am Ostersamstag durch den Anblick einer hübschen Blondine angenehmer gestaltet werden würde.

    Sie zeigte ihm die Plastikkarte, die zum Betreten der geschlossenen Abteilung berechtigte. Er sah sich den Passierschein genau an.

    – Also gut. Der Besuch wird dreißig Minuten dauern. Nach den Vorschriften haben Sie das Recht auf die Anwesenheit einer Krankenschwester oder eines Krankenpflegers, während Sie sich im Besuchsraum aufhalten. Zu Ihrer eigenen Sicherheit – betonte er und machte ein Gesicht wie Don Juan für Arme.

    – Nein, danke. – Sie setzte einen unschuldigen Gesichtsausdruck auf, den sie heute sicherheitshalber vor dem Spiegel geübt hatte. – Ich möchte mit dem Patienten allein sprechen.

    – Wie Sie wollen – sagte er. – Da es sich um eine Abteilung für Straftäter handelt, die vom Gericht für unzurechnungsfähig erklärt wurden, und alle Patienten gefährlich sind, dürfen sie keine scharfen Gegenstände mitbringen. Ich werde Sie daher gründlich durchsuchen müssen, um sicherzustellen, dass Sie nicht versuchen, etwas hineinzuschmuggeln.

    Knappe Kleidung, helles Haar, hübsches Gesicht. Und vor ihr stand ein Kraftprotz, der jeden Tag mit Verrückten verbrachte. Sie ging davon aus, dass sie unter dem Vorwand einer körperlichen Durchsuchung begrabscht werden würde. Er führte sie in einen Raum neben dem Eingang zur Abteilung. Er sagte ihr, sie solle etwas abseits stehen. Plötzlich packte sie die Angst. Sie kannte das Verfahren gut. Im Gefängnis wurde sie mehrmals durchsucht. Zum ersten Mal, als sie ihren Vater besucht hatte, später auch ihren Bruder. Aber sie hatte noch nie Schmuggelware mit sich gehabt. Zum Glück war es ein Krankenhaus, und der Krankenpfleger hatte keinen Metalldetektor. Dann wäre es sofort vorbei gewesen.

    – Bitte verzeihen Sie mir meine Gewissenhaftigkeit … – Die geilen Pfoten des Krankenpflegers zogen ihr die Stöckelschuhe aus und packten sie an den Knöcheln. – Aber während meiner Wache kommt hier nichts durch. – Er bewegte seine Hände nach oben.

    Er laberte von Gewissenhaftigkeit und war so abgelenkt wie ein Kind in Disneyland. Er ging höher. Er verschlang sie fast mit seinem Blick. Wenn es ihm erlaubt worden wäre, hätte er wahrscheinlich seinen Schwanz für die Dauer des Abtastens rausgenommen.

    – Bitte denken Sie daran, dass es einen schmalen Grat zwischen Durchsuchung und Belästigung gibt – sagte sie trotzig.

    Sie verwendete eine Floskel, die ihr gestern Morgen im Zug während der fünfstündigen Fahrt in dieses Drecksloch in den Sinn gekommen war. Das Wort „Belästigung", das eine langbeinige Blondine gegenüber einem großen Mann mit einem kräftigen Bizeps ausspricht, bedeutet für ihn immer Ärger.

    – Gnädige Frau! – Er machte auf empört. – Im Gegensatz zur Mehrheit der Rüpel in diesem Gebäude bin ich ein Gentleman. Ich mache nur meinen Job – murmelte er, da er den Wink mit dem Zaunpfahl verstand. Er beschleunigte den Durchsuchungsprozess. Er tastete nur schüchtern um den Schritt und die Brüste herum, als hätte er Angst, etwas falsch zu machen. Genau wie sie es geplant hatte. – Bitte, Sie können eintreten.

    Mit großer Erleichterung verließ sie den Raum. Der Krankenpfleger öffnete die Gittertür und führte sie in den Besuchsraum. Er befand sich direkt am Eingang, weit entfernt vom Hauptteil der Abteilung. Nichts Besonderes, zwei Stühle und ein Tisch, und auf dem Tisch ein Aschenbecher und Streichhölzer. Wenigstens etwas Intimität. Nicht wie in den überfüllten Gefängnisgemeinschaftsräumen, wo die Besuche unter den wachsamen Augen der Wächter in einem furchtbaren Gewühl stattfanden.

    – Bitte setzen Sie sich, und warten Sie, ich bringe den Patienten gleich. – Der Pfleger holte einen Schlüsselbund aus seiner Hose. – Ich weiß, dass es ein bisschen unangenehm ist, aber auf dieser Station kann ich Besucher nicht bei offener Tür sitzen lassen. – Sie nickte verständnisvoll.

    Er verließ den Raum. Sie hörte, wie er den Schlüssel im Schloss drehte.

    – Bitte setzen Sie sich, und warten Sie – parodierte sie seine Worte und wandte sich der geschlossenen Tür zu.

    Ihre Füße bettelten förmlich, entlastet zu werden. Sie waren nicht an Stilettos gewöhnt und ermüdeten daher schnell, aber sie konnte sie noch nicht ausziehen, geschweige denn sich hinsetzen. Sie würde sich bis zur Übergabe der Ware abmühen müssen.

    2

    Maciek Gosławski lag auf einem unbequemen Bett in einem geschlossenen Raum und starrte an die Decke. Er hatte schon viel zu viel Zeit bei den Bekloppten verbracht. Seit einem halben Jahr war er mit mit diesen Idioten eingepfercht, hatte ihren nächtlichen Schreien zugehört, sich mit Psychiatern getroffen und an sinnlosen Gruppengesprächen teilgenommen und dabei Weihnachten, den Todestag seiner Mutter und seinen siebenundzwanzigsten Geburtstag verpasst. Jetzt verbrachte er den Karsamstag hier. Besser hier als im Gefängnis, dort wärst du tot – sagte er sich jedes Mal, wenn er eine Krise hatte, die durch seinen Aufenthalt im Gefängnis herbeigeführt wurde. Er hatte die Polizei über den Tisch gezogen, weswegen er sich wie ein echter Macker fühlte. Wäre er nicht so schlau und überzeugend gewesen, hätte er für diese Aktion fünf bis zehn Jahre oder sogar fünfundzwanzig bekommen, aber zum Glück hatte er nicht auf die Dummheiten der anderen gehört. Sonst wäre er als alter Greis aus dem Bau gekommen. Außerdem hätte er sich jeden Tag darum kümmern müssen, die Jungfräulichkeit seines Rektums zu bewahren. Trotz seines zarten Körperbaus, seiner Größe von einem Meter siebzig, seiner sanften, fast kindlichen Gesichtszüge und seines dichten dunklen Haares, das an das eines verweiblichten Musikers erinnerte, hielt er sich für einen harten Kerl. Er tat Dinge, bei denen nicht wenige sich in die Hosen machen würden. Doch für die Männer, die ihre Strafen absitzen, war das vielleicht nicht genug. Er hatte schon viel übers Gefängnis gehört. Seine Familie kannte sich gut mit langen Strafmaßnahmen aus. Der Knast war die Hölle für Leute wie ihn. Und hier hatte er ein komfortables Zimmer im zweiten Stock. Ja, zwar mit einem vergitterten Fenster und einer Tür ohne Griffe. Aber mit bunten Wänden, und dazu ein Einzelzimmer. Abgesehen davon konnte er tagsüber in einem speziellen Gemeinschaftsraum rauchen, und das Essen war auch ziemlich gut. Das Einzige, was er zu tun hatte, war, Tabletten zu schlucken, die ihm ab und zu einen Rausch bescherten, der etwas schwächer war als der des Alkohols, zum Arzt zu gehen und an diesen verdammten Gruppentherapien teilzunehmen. Die Bedingungen waren nicht schlecht. Sein größtes Problem war der Arzt.

    Zunächst hoffte er, dass er mit dem Psychiater leicht zurechtkommen würde. Er war nicht verrückt. Nein, das war er nicht. Er war ein äußerst gewiefter Fuchs. Er hatte sich in einer ausweglosen Situation befunden, und die Entscheidung, die er getroffen hatte, ermöglichte es ihm, seinen Arsch vor dem Gefängnis zu bewahren. Ein echter Kämpfer, so sah er sich selbst. Der Arzt war anderer Meinung. Er hasste seine Patienten, und Maciek war nicht überrascht. Abgesehen von ihm war die Abteilung randvoll mit Verrückten. Dazu gehörten ein Mann, der seine Mutter vergewaltigt hatte, ein Mann, der stundenlang mit Gott über die Apokalypse sprach, und ein Schwuler, der aus Eifersucht versucht hatte, seinen Liebhaber zu vergiften und ihm dann den Schwanz abzubeißen. Alles abgefuckte Spastis. Maciek hatte vor, schnell diesem Irrenhaus zu entfliehen und in der Freiheit wieder ehrgeizige Pläne zu schmieden. Er verhielt sich vorbildlich, um zu zeigen, wie wunderbar psychiatrische Methoden sind und wie wirksam sie den Patienten helfen, wieder in die Gesellschaft eingegliedert zu werden. Er erklärte dem Arzt wiederholt, dass er seinen Fehler eingesehen habe, dass damals die Nerven mit ihm durchgegangen waren und er sich nie wieder so verhalten würde. Er versprach auch, seinen alten Beruf aufzugeben. – Ich werde eine ehrliche Arbeit finden, eine Familie gründen, Kinder haben. Wer weiß, vielleicht habe ich eines Tages Glück, baue ein Haus in der Vorstadt und zahle es ab, bis ich in Rente gehe. – All dies erzählte er der wichtigsten Person im Krankenhaus. Der Arzt allerdings blieb skeptisch.

    – Warum lassen Sie mich nicht gehen? Schließlich wissen wir beide, dass ich gesund bin und dass diese Probleme völliger Unsinn sind! – fragte er den Arzt freiheraus, als bei einer der Sitzungen seine Nerven mit ihm durchgingen.

    Der kleine Mann mit dem dichten Bartwuchs rieb nur den goldenen Siegelring an seinem Finger und lächelte so unverschämt, dass Maciek sofort Lust bekam, ihm ins Gesicht zu schlagen.

    – Natürlich bist du gesund. Nur ein Idiot würde das nicht erkennen. – Der Arzt warf ihm einen verächtlichen Blick zu. – Offenbar war der Richter ein Idiot, denn du bist kein guter Schauspieler. Doch ich bin kein Idiot. Typen wie du halten sich für sehr schlau, weil sie es geschafft haben, einen Richter mit psychologischen Paragraphen zu überlisten. Sie suchen sich einen guten Anwalt, der ihnen ein paar Dinge beibringt, dramatisieren vor Gericht, wiederholen dann das Gelernte vor einem Sachverständigen, der vielleicht ab und zu mit dem Anwalt einen saufen geht, und schon haben sie eine Unzurechnungsfähigkeitsbescheinigung. Sie hoffen darauf, dass sie im Krankenhaus dem Arzt schnell beweisen können, wie gesund sie sind, ein Zertifikat erhalten und in die Freiheit zurückkehren können. Und das auf Endlosschleife. – Stolz zeigte er mir den Mittelfinger. – Hier entscheide ich, wann du gesund bist. Ich kann dich so lange hierbehalten, wie ich will. Und das werde ich auch noch lange Zeit tun. Wie lange solltest du im Knast sitzen? Fünf, vielleicht sieben Jahre … Und deine Freunde …?

    Er ertrug es nicht länger und schrie den Arzt an. Eigentlich war daran nichts Seltsames, denn so sollte sich ein gesunder Mensch verhalten, wenn er erfährt, dass er die nächsten Jahre in einer psychiatrischen Klinik verbringen wird. Der große Professor, der die Wände seines Büros mit Diplomen tapeziert hatte, hatte keine Ahnung, dass Maciek Gosławski kein gewöhnliches Schlitzohr war. Wie es sich für einen echten Player gehört, hatte er es geschafft, sich eine Alternative zu besorgen, noch bevor sie ihn von der Haft- in die Irrenanstalt gebracht hatten. Dieser Gedanke erlaubte es ihm, sich über Wasser zu halten und seinen Aufenthalt als mäßig erfolgreichen Urlaub in einem heruntergekommenen Ferienort in einem unterentwickelten Land zu betrachten. Er verbrachte viel Zeit damit, verschiedene Konzepte für seine Flucht auszuarbeiten. Als er schließlich einen Plan ausgearbeitet hatte, beschloss er, ihn in die Tat umzusetzen. Alles sollte heute, am Karsamstag, beginnen.

    Vor eineinhalb Monaten hatte er einen letzten Brief an seine Tante in Puck geschickt, die einzige Person, die sich offiziell für sein Schicksal interessierte. Seiner Tante war er genau genommen scheißegal. Sie hatte sich gegen ein geringes Entgelt dazu bereit erklärt, als Briefkasten zu fungieren. Er schrieb im Durchschnitt alle zwei Monate. Jeder Brief enthielt einen Haufen Blödsinn, aber er klang plausibel. Im letzten Brief hatte er eine verschlüsselte Nachricht mit Anweisungen versandt. Er wusste, dass Magda damit klarkommen würde. Er konnte sich immer auf sie verlassen, so loyal und klug, wie sie war. Außerdem hatte sie noch nie ihr Wort gebrochen. Er blickte Ostern mit Optimismus entgegen und hoffte, dass er den Ostermontag weit weg vom Irrenhaus in den Armen der Frau, die ihn liebte, verbringen würde. Auf Nimmerwiedersehen, ihr Lutscher! Verrottet doch in diesen Zellen! Hoffentlich lässt euch der Arzt eines Tages raus! Ich ziehe es vor, zu handeln, denn die Welt gehört denen, die den Stier bei den Hörnern packen! Solche Gedanken kreisten bis dato in seinem Kopf. Erst gestern Nachmittag ging alles drunter und drüber, und die Pläne konnten nicht mehr geändert werden.

    Das Klappern des Türschlosses riss ihn aus seinen Tagträumen. Schon wieder diese verdammten Probleme, dachte er. Gestern hatten sie ihm einen Zimmergenossen aufgenötigt. Auf den ersten Blick ganz normal. In seinen Vierzigern, etwa eineinhalb Köpfe größer als Maciek, schlank und doch leicht muskulös, hatte helles Haar, einen Dreitagebart und ein sanftmütiges Gesicht. Er blinzelte immer wieder, als ob er eine Brille bräuchte, um besser zu sehen. Er war die Sorte von Mann, die man eine treue Seele nennt, aber solche landen nun mal meist im Irrenhaus. Bei näherem Kennenlernen entpuppte sich der Neue, wie er ihn nannte, als primitiv und unkultiviert. Er schnatterte viel, aber hatte nichts zu sagen. Maciek konnte seine Geschichten über Wälder, das Meer und Rendezvous in Luxushotels nicht so recht Glauben schenken. Auf die Frage, was ihn hierhergebracht habe, antwortete er: „Das Gleiche wie alle anderen hier, die Unzurechnungsfähigkeit." Er hatte nicht einmal den Anstand, sich vorzustellen. In der Nacht zuvor hatte er sich angehört wie ein Dieselmotor bei minus zwanzig Grad. Sein Schnarchen übertönte sogar das Gebrüll des Junkies aus dem Nebenzimmer, das zum allnächtlichen Repertoire gehörte. Wegen dieses Junkies beschloss Maciek, dass er niemals Kinder haben wollte. Wenn er sich mehrere Jahre lang jeden Tag dieses Gebrüll anhören müsste, würde er über kurz oder lang wirklich reif für die Irrenanstalt sein. Aber gestern Abend hatte er beschlossen, dass er lieber einen Junkie, der irgendwann müde wurde und einschlief, im Zimmer haben wollte als einen schnarchenden Zimmergenossen. Außerdem hatte der Neue heute Morgen Bauchpressen auf dem Boden gemacht. Er keuchte dabei fürchterlich und stieß laute Fürze aus, die schlimmer rochen als eine tote Ratte. Er machte sie auf die altmodische Art und Weise, mit völlig geradem Rücken. Eine Methode, die in den achtziger Jahren, dem dunklen Zeitalter des Sports, vielleicht als effektiv angesehen wurde. Abgesehen von der Beschädigung der Lenden brachten sie aber nichts, was man auf den ersten Blick sehen konnte. Der Bauch des Neuen war zwar nicht dick, aber die Umrisse von Muskeln waren auch nicht zu erkennen.

    Eigentlich war es Maciek egal, ob der Kerl schnarchte oder einen kloakenartigen Gestank hinterließ. Wenn ihm danach war, konnte er Tanzschritte für das Ballett einstudieren oder über vergangene Zeiten rappen, als die Welt noch nicht von Smartphones besessen war, Kameras nicht an jeder Ecke lauerten und die Menschen besser lebten, weil Geld nicht das Einzige war, das zählte. Er hätte sich sogar jeden Morgen einen runterholen können und wäre immer noch besser als die meisten Arschlöcher in diesem Krankenhaus gewesen. Nur hatten sie ihn zwei Tage zu früh geholt! Zwei verdammte Tage hatten bewirkt, dass alles den Bach runterging, und er hatte es immer noch nicht geschafft, sich einen neuen Plan zurechtzulegen. Wütend erhob er sich vom Bett. Er würde sowieso nicht still liegen bleiben können. Der Neue würde gleich beginnen, sein Treffen mit dem Arzt zusammenzufassen und ihn damit zu nerven, oder er würde ihm von einem weiteren teuren Hotel erzählen, in dem er die Gewinnerin eines Wet-T-Shirt-Contests gefickt hatte.

    – Was für eine interessante Erfahrung – sagte der Neue, als er die Schwelle überschritt. – Wir haben heute bei der Kunsttherapie gezeichnet. – Er trat ein und gaukelte Ernsthaftigkeit vor.

    Von Anfang an hatte er sich verächtlich über Ärzte geäußert.

    Der Krankenpfleger ließ den Neuen herein und sprach in einem Ton, der so vollkommen gleichgültig war, dass einem das Herz stehen blieb:

    – Gosławski, hier ist jemand für dich. Los geht’s.

    Na endlich! Meine Geliebte! Was sagst du dazu, du Verlierer? Geh zurück zu deinen imaginären Tussis, ich treffe mich mit einer echten Frau! Er wollte diese Worte dem Neuen von ganzem Herzen ins Gesicht schreien. Er beherrschte sich und schluckte nur bitter.

    – Angeblich ist ’ne Perle vorbeigekommen. – Der Neue fuhr ihm mit der Hand durchs Haar. – Jedenfalls meinten die Männer in Weiß das. – Er deutete mit seinem Daumen auf den Pfleger. – Viel Spaß, du Glückspilz! Oh, fast hätte ich’s vergessen. Ich habe uns vom Leiter der Klinik Spielkarten organisiert. Zwar bekommen wir vorerst nur den Schwarzen Peter, aber für den Anfang ist das immerhin etwas. Er hat versprochen, sie zu liefern, wenn er wieder zur Arbeit kommt, gleich am Dienstag.

    – Wenn er es schafft, nüchtern zu werden – fügte der Krankenpfleger hinzu, der es sich nicht verkneifen konnte, über seinen Chef herzuziehen.

    Der Neue brach in Gelächter aus. Maciek stand vom Bett auf, unterdrückte mühsam seine Gefühle und folgte dem Krankenpfleger in den Besuchsraum.

    3

    Konrad wartete, bis dieser strohdumme Milchbubi, mit dem er eine Zelle teilte, gegangen war und der Kraftprotz in weißer Kleidung endlich die Tür schloss. Endlich war er allein, er konnte aufhören, künstlich zu lächeln. Seine Reißzähne so vor dem Arzt zu entblößen, bereitete ihm Kieferschmerzen. Der Narr hatte sich eingebildet, dass er noch vor den Feiertagen mit ihm sprechen müsse. Er versicherte ihm, dass er am Karsamstag speziell für ihn zur Arbeit gekommen war.

    Kein Wunder, dachte Konrad. Er hatte die Akte natürlich gelesen und freute sich auf das Treffen unter vier Augen.

    Er lächelte oft wie ein Zurückgebliebener, vor allem bei Treffen mit Entscheidungsträgern in den Einrichtungen, in denen er sich befand. Er tat dies seit dem Moment, als der Berufungsrichter sein Urteil verkündete: Unzurechnungsfähig, er kann nicht für seine Taten verantwortlich gemacht werden. Es sollte eine Überweisung zur psychiatrischen Behandlung erfolgen.

    Er streckte sich bequem auf dem Bett aus. Die Matratze war weich … Einst die Norm für ihn, hatte er sich nie für ein in ein Laken eingewickeltes Stück Schwamm, das seinen Hintern liebkoste, begeistert. Ein Jahr im Gefängnis und weitere fünf in einem psychiatrischen Hochsicherheitskrankenhaus änderten seine Einstellung. Ein hartes Bett und elende Zimmergesellen, die den Patienten des Arkham Asylum ähnelten, zeigten ihm, dass man kleine Dinge zu schätzen wissen sollte. Im Knast hatte er mit einem Gangster, einem Ehefrauenmörder und irgendeinem Lauch aus der Welt der Politik, der zu viel Geld gestohlen und damit die damaligen Machthaber verärgert hatte, eine Zelle geteilt.

    Der Politiker hatte es am schwersten. Sie hatten ihn einstimmig als Knastflittchen abgestempelt. Gleich in der ersten Nacht erfuhr Konrad, was dieser Titel bedeutete. Der Gangster war der Erste, der das Knastflittchen in den Arsch fickte. In der zweiten tat es ihm der Ehefrauenmörder nach. Beim dritten Mal war er an der Reihe. „Wir werden sehr lange zusammenleben, man könnte sagen, wir sind schon eine Familie. Die Regel ist einfach: Entweder du fickst, oder du wirst gefickt." So erklärte der Gangster die strengen Regeln in ihrer, wie er es ausdrückte, Wohnung.

    Konrad verstand die Worte des Richters, die er bei der Urteilsverkündung in seinem ersten Prozess gesprochen hatte: „Ein Verbrechen wie das des Angeklagten gibt einer lebenslangen Freiheitsstrafe erst seinen Sinn. Selbst wenn es in unserem Land die Todesstrafe gäbe, würde ich Ihnen diese Gnade nicht gewähren. Der Angeklagte verdient es, in einer Mehrpersonenzelle zu leben und bis ans Ende seiner Tage für die von ihm verübten Gräueltaten zu büßen." Er hatte keine andere Wahl, er musste ficken. Er durchlebte einen Albtraum, aber er kämpfte die ganze Zeit für eine bessere Zukunft.

    – Hol mich hier raus! Diese Typen sind ekelhaft. Noch ein bisschen, und ich werde mich wie sie verhalten. Es muss einen Weg geben, dieses Urteil zu ändern – beklagte er sich bei seinem Anwalt. – Was brauchst du? Mehr Geld? Ich habe Geld. Wenn du jemanden bestechen musst, dann tu es! Ich muss weg von hier!

    Der Anwalt war spitze, obwohl er ihm das Geld schneller aus den Taschen zog als das Finanzamt. Die erfolgreiche Berufung hatte ihn allerdings pleite gehen lassen, doch nach einem Jahr des Kampfes bekam er die Unzurechnungsfähigkeitsbescheinigung, die er wollte. Das Berufungsgericht musste von der Annahme ausgegangen sein, dass ein solches Verbrechen nur von einem psychisch kranken Mann begangen werden konnte. Die Psychiater, die mit seinem letzten Geld bezahlt wurden, sprachen sich einstimmig für eine Änderung des Urteils aus.

    Er machte sich nichts vor … Für das, was er getan hatte, würde ihn in den nächsten zwanzig Jahren kein Arzt entlassen, und das Schmiergeld war ihm bereits ausgegangen. Die frühere Einrichtung unterschied sich nicht wesentlich von einem Gefängnis. Obwohl ihm niemand befohlen hatte, ein Knastflittchen zu ficken, konnte das Personal tun und lassen, was es wollte. Medikamente, die ihn glauben ließen, die Welt in Schwarz-Weiß zu sehen, Spritzen, die panische Angst verursachten, und Eiswasser und Zwangsjacken waren an der Tagesordnung. Das einzige Plus war der Zugang zum Internet einmal pro Woche. Alle Patienten sahen sich hauptsächlich Bilder von Frauen an. Er war da keine Ausnahme, aber im Gegensatz zu diesen hirnlosen Kreaturen sah er sich gelegentlich Nachrichtenseiten an. Er fühlte sich dort nicht wohl. Der Anwalt versprach ihm, für eine Verlegung in eine Einrichtung zu kämpfen, in der die Behandlung auf einem viel höheren Niveau erfolgte und, vor allem, das medizinische Personal weniger sadistisch war. Er empfahl sogar eine bestimmte Einrichtung. Leider hatte er nicht vor, selbst einen Finger zu rühren.

    – Du hast keine Kohle mehr, und nur wer Dampf macht, fährt weiter. Sei froh, dass du einen kostenlosen Rat bekommen hast – sagte er bei ihrem letzten Gespräch.

    Konrad befolgte den Rat des Anwalts. Er schrieb eine Petition an die wichtigsten Psychiater des Landes und bat um eine Versetzung. Er begründete seinen Antrag damit, dass er eine weitere Behandlung in einer anderen Einrichtung versuchen wolle, da er in dieser keine Fortschritte mehr mache. Er stand unter schwerem Schock, als die Entscheidung zur Versetzung kam. Trotz seines Unwillens lächelte er, als er sich an diesen schönen Tag erinnerte. Der neue Ort ähnelte einem idyllischen Pfadfinderlager. Ein harmloses Kind in der Zelle, Ruhe auf den Gängen, ein Arzt, der ein Idiot, aber kein Sadist war, ein weiches Bett, viel Freizeit außerhalb der Zelle und sogar ein Raucherzimmer. Was kann man sich mehr wünschen?

    – Fast wie das Ritz – sagte er zu sich selbst.

    Er rückte sein Kissen zurecht und faltete die Hände hinter seinen Kopf. Er schloss die Augen. Er dachte an den Moment, der ihn dazu gebracht hatte, seine Freiheit zu verlieren. Er erinnerte sich jeden Tag daran und bedauerte es nie. Es hatte ihm so viel Spaß bereitet, dass er es gerne noch einmal erleben würde.

    4

    Sie sah ihn zum ersten Mal seit der Urteilsverkündung. Damals hatte sie sich zum einzigen Mal während des gesamten Prozesses auf die Zuschauerbank gesetzt. Er hatte sich nicht sehr verändert, vielleicht ein bisschen abgenommen. Er trug ein graues, pyjamaartiges Kleidungsstück, das sein tatsächliches Gewicht verschleierte. Seine Augen waren eingesunken, er schien müde zu sein. Bis auf diese Tatsache jedoch, war er immer noch derselbe süße Junge von der Clique aus ihrer Wohnsiedlung, in den sie sich als Teenager verliebt hatte. Sie spürte immer noch Schmetterlinge im Bauch, wenn er sie mit lüsternen Augen ansah. Er gab ihr immer das Gefühl, eine Prinzessin zu sein.

    – Viel Spaß, ihr Turteltäubchen. – Der Krankenpfleger schloss die Tür und drehte den Schlüssel im Schloss um.

    – Madzia … – seufzte er zur Begrüßung.

    Er lief auf sie zu, umarmte sie zärtlich und drückte seine Nase in ihren Nacken. Sie hatte extra die Kokosnusslotion benutzt, die er so sehr mochte. Er selbst stank wie eine Apotheke. Genau wie jene, die in ihrer Kindheit zwischen dem Schnapsladen und dem Videokassettenverleih in ihrer Wohnsiedlung gelegen war. Sie hatten beide dort Medikamente gekauft, ohne sich der Existenz des anderen bewusst zu sein. Sie waren aneinander vorbeigelaufen.

    – Es gibt nichts, was ich mehr vermisst habe als deine Wärme. – Er schmiegte sich an sie wie ein Kleinkind an seinen Lieblingsteddy. – Gott, wie ich dich vermisst habe.

    Er griff ihr an den Hintern. Sie quiekte vor Schmerz. Er wich von ihr zurück.

    – Tut mir leid, ich hab’s vergessen – flüsterte er und deutete mit dem Daumen auf die Tür. – Ist eine dicke Tür, also wahrscheinlich nicht von innen verwanzt, aber wir sollten vorsichtig sein.

    – Kann ich das jetzt rausnehmen? – fragte sie mit einem bitteren Grinsen auf den Lippen. – Ich schwöre, meine Jungfräulichkeit zu verlieren, hat nicht so weh getan wie das.

    Sie bezahlte für das Verstecken der Schmuggelware mit monströsen Schmerzen. Seit sie den Besuchsraum betreten hatte, hatte sie sich nicht ein einziges Mal hingesetzt. Sie stand und stützte sich mit den Händen auf dem Tisch ab, um ihren Beinen wenigstens ein wenig Ruhe zu gönnen. Der Transport der Schmuggelware war wie eine ausgeklügelte mittelalterliche Folter, bei der sie auch noch lächeln musste, und sie konnte die Ware nicht sofort herausholen, weil der Wachmann es hätte bemerken können, als er Maciek hereinbrachte.

    – Ja, Prinzessin, natürlich … – sagte er verlegen.

    Magda hob ihren Rock an, während Maciek die schwarzen Strümpfe um ihre runden Schenkel betrachtete. Sie schob ihr Spitzenhöschen hoch, schloss die Augen und biss die Zähne zusammen. Sie entledigte sich der in einer Plastiktüte verpackten Ware. Sie hatte sie sehr tief hineingeschoben. Sie hatte lange Zeit gelernt, damit zu laufen. Sie übte zu Hause vor dem Spiegel und achtete sorgfältig darauf, dass die Grimasse in ihrem Gesicht nicht zu sehen war. Der Moment, als das Paket endlich aus ihr trat, war wie eine Erlösung.

    – Genau das, was du wolltest. – Sie wischte ihre Tasche an ihrer Bluse ab, nahm das Paket heraus und legte es auf den Tisch. – Ein taktischer Kugelschreiber mit einem versteckten Messer im Inneren. Natürlich habe ich ihn schon modifiziert, und er ist weit von einer Serienversion entfernt. Anstelle eines Messers, mit dem man nicht einmal ein dickes Kabel durchschneiden würde, hat es eine Klinge, mit der man Stacheldraht oder sogar Glas schneiden kann. Die zweite Klinge ist viel feiner, genau richtig für einen leichten Schnitt in die Haut – präsentierte sie stolz. Jahrelang hatte sie gelernt, wie man die Ausrüstung für das gesamte Team modifiziert. Sie war großartig darin, und die Beschreibung der einzelnen Geräte hatte eine erregende Wirkung auf sie. – Ich habe die grobe Klinge mit einem roten Punkt markiert, die feine mit einem blauen. Mach bloß keinen Fehler.

    Er seufzte. Er war zu gut in seinem Handwerk, um einen Fehler zu machen.

    – Ich habe drei Miniaturdietriche in das Set aufgenommen. Sie haben viel Platz in Anspruch genommen, weshalb der Stift keine Mine hat. Und jetzt komm her. – Sie setzte sich auf den Tisch und legte ihr linkes Bein auf die Stuhllehne. Sie zeigte mit dem Finger auf ihre Muschi. – Nach dieser harten Arbeit braucht sie besonders viel Zuneigung. Außerdem sind sechs Monate alleine Perleputzen viel zu lang.

    Seitdem sie Maciek eingesperrt hatten, war sie schon oft in Versuchung geraten. Zum Beispiel war da dieser gut aussehende Feuerwehrmann, der gegenüber ihrer früheren Wohnung wohnte und sich eindeutig zu ihr hingezogen fühlte. Der Eigentümer der Wohnung nebenan, ein kleiner Scheißer mit einem weißen BMW, der die Wohnung von Daddy geschenkt bekommen hatte, schlug ihr vor, dass sie, im Gegenzug für einen schnellen Fick, einen Rabatt bekommt. Er war nicht schlecht gebaut und ziemlich attraktiv, aber sie verscheuchte ihn trotzdem und zahlte die volle Miete. Und vorgestern, als sie in die Wohnung der Familie zurückgekehrt war, versuchte der heißeste Kerl des Blocks, bei ihr zu landen. Es nützte nichts, er konnte nur weiter träumen. Maciek gab ihr viel mehr als Sex. Sie vermisste ihn und schlief manchmal mit ihrem Kopf an sein schwarzes T-Shirt gekuschelt oder trug seine Boxershorts. Sie lief oft in seinen Sweatshirts herum. Voller Sehnsucht fuhr sie nach Puck, um die Briefe von seiner gemeinen Tante abzuholen. Sie untersuchte sie sorgfältig und suchte nach den vereinbarten Zeichen. Jetzt wusste sie, dass sie

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