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Drei Krimis Spezialband 1032
Drei Krimis Spezialband 1032
Drei Krimis Spezialband 1032
eBook681 Seiten9 Stunden

Drei Krimis Spezialband 1032

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Über dieses E-Book

Dieser Band enthält folgende Krimis

von Pete Hackett



Trevellian und das Internat der Mörder

Trevellian und die Trucker-Mafia

Todesgruß an Jesse Trevellian





Professor Jefferson hat in seiner Privatklinik nach einem Weg zur Heilung von Querschnittslähmungen geforscht. Nach einem schweren Unfall liegt er jedoch selbst als Patient in seiner Klinik und ist ab dem Hals gelähmt. Als seine Frau entführt wird, glaubt jeder, dass es um eine Lösegeldforderung geht, aber dann wird einer der Ärzte ermordet. Nachdem ein zweiter Arzt ermordet wird, steht nicht mehr die Entführte, sondern die Klinik im Mittelpunkt der Ermittlungen.
SpracheDeutsch
HerausgeberAlfredbooks
Erscheinungsdatum1. Jan. 2023
ISBN9783745226652
Drei Krimis Spezialband 1032

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    Buchvorschau

    Drei Krimis Spezialband 1032 - Pete Hackett

    Pete Hackett

    Drei Krimis Spezialband 1032

    UUID: 6514c5b7-50a4-4510-ba76-c7a374321713

    Dieses eBook wurde mit StreetLib Write (https://writeapp.io) erstellt.

    Inhaltsverzeichnis

    Drei Krimis Spezialband 1032

    Copyright

    Trevellian und das Internat der Mörder

    Prolog

    Kapitel 1

    Kapitel 2

    Kapitel 3

    Kapitel 4

    Kapitel 5

    Kapitel 6

    Kapitel 7

    Kapitel 8

    Kapitel 9

    Trevellian und die Trucker-Mafia

    Todesgruß an Jesse Trevellian

    Drei Krimis Spezialband 1032

    Pete Hackett

    Dieser Band enthält folgende Krimis

    von Pete Hackett

    Trevellian und das Internat der Mörder

    Trevellian und die Trucker-Mafia

    Todesgruß an Jesse Trevellian

    Professor Jefferson hat in seiner Privatklinik nach einem Weg zur Heilung von Querschnittslähmungen geforscht. Nach einem schweren Unfall liegt er jedoch selbst als Patient in seiner Klinik und ist ab dem Hals gelähmt. Als seine Frau entführt wird, glaubt jeder, dass es um eine Lösegeldforderung geht, aber dann wird einer der Ärzte ermordet. Nachdem ein zweiter Arzt ermordet wird, steht nicht mehr die Entführte, sondern die Klinik im Mittelpunkt der Ermittlungen.

    Copyright

    Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von

    Alfred Bekker

    © Roman by Author

    © dieser Ausgabe 2022 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen

    Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

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    Alles rund um Belletristik!

    Trevellian und das Internat der Mörder

    Krimi von Pete Hackett

    Der Umfang dieses Buchs entspricht 236 Taschenbuchseiten.

    Richard Kirtland führt ein exklusives Internat. Nur die Elite des Landes lässt ihre Kinder in seiner Schule ausbilden und erziehen. Als einer der Schüler eines Nachts bei ihm anruft, um ihm mitzuteilen, dass sein Zimmergenosse gerade an einer Überdosis Heroin gestorben ist, denkt Kirtland deshalb zuerst an den Ruf seiner Schule. Mithilfe des Anrufers bringt er den Toten in eine Bauruine. Tatsächlich wird der Schule keine Aufmerksamkeit geschenkt, aber vier Monate später gibt es wieder einen Toten und jetzt kommt das FBI ins Haus, denn es handelt sich um einen Mord.

    Prolog

    Will Burton war der glücklichste Mensch auf Erden. Er hatte seinen Kick. Er fühlte sich wohl, war frei von allen Schmerzen, das Heroin, das er zu sich genommen hatte, verlieh ihm das Gefühl, beschützt zu sein.

    Es war der Zustand einer grenzenlosen Euphorie, in dem er sich befand.

    Er warf sich auf sein Bett. Er schien auf einer rosaroten Wolke zu schweben. Auf der anderen Seite des Zimmers schlief Johnny Warren. Johnny war sein Freund. Er verschaffte ihm die Drogen. Auch Billy Carleton und Frank Sherman waren seine Freunde. Denn auch an sie konnte er sich wenden, wenn der Stoff knapp wurde oder ausging.

    Plötzlich wurde Will Burton der Hals eng. In seiner Brust krampfte sich etwas zusammen. Er würgte, und unvermittelt atmete er nicht mehr. Seine Lippen klafften auseinander. Die Lungen des Jungen schrien nach Sauerstoff. Aber es gelang ihm nicht, den befreienden Atemzug zu machen. Er bäumte sich auf, gurgelte, fiel zurück...

    Johnny Warren war wach geworden. Will, was hast du?, rief Johnny schlaftrunken. Das Gurgeln Will Burtons hatte ihn aus dem Schlaf gerissen. Es war ein erstickendes, ein qualvolles Röcheln. Will, heh, was ist los?

    Das gequälte Stöhnen war erloschen. Dort, wo Will Burton auf seinem Bett lag, war es still.

    Johnny Warren war aus seinem Bett gesprungen. Einen Augenblick fragte er sich, ob er schlecht geträumt hatte, ob ihm vielleicht der Stoff, den er geraucht hatte, eine Halluzination verschafft hatte. Er lauschte. Auf dem Bett an der anderen Wand rührte sich nichts. Gar nichts!

    Johnny Warren bemühte sich, mit seinem Blick die Dunkelheit zu durchdringen. Er konnte das Gesicht Will Burtons als hellen Klecks ausmachen. Will hatte die Augen geöffnet. Ja, deutlich konnte Johnny sie im vagen Mond- und Sternenlicht, das durch das Fenster fiel, glitzern sehen.

    Die Augen Wills waren weit aufgerissen! Wie im letzten Schrecken seines Lebens.

    Drei schnelle Schritte. Johnny Warren beugte sich über Will Burton. Er rüttelte die reglose Gestalt. Der Kopf rollte hin und her. Will! Himmel, Will, was ist? Antworte...

    Aber Will Burton schwieg.

    Johnny Warren fühlte Will Burtons Puls, dann brachte er sein Ohr ganz dicht an Wills Brust heran, um seinem Herzschlag zu lauschen.

    Nichts!

    Will Burton war tot.

    Johnny Warren begriff es, und die Wucht der Feststellung drohte ihm den Verstand zu rauben. Wie in Trance ging er zum Lichtschalter und knipste ihn an. Er schaute auf die roten Leuchtziffern des Radioweckers auf dem Nachttisch neben dem Bett Burtons.

    Es war 22 Uhr 40.

    Vor einer dreiviertel Stunde etwa war Will auf's Zimmer gekommen. Er, Johnny, hatte schon im Bett gelegen. Denn er hatte sich gegen acht Uhr zusammen mit einigen Leuten aus seiner Clique einen Joint reingezogen und war hinterher nicht so richtig ansprechbar gewesen.

    Angezogen, wie er war, hatte sich Will Burton auf das Bett geworfen.

    Und jetzt war er tot.

    Johnny Warren stand vor dem Toten. Die Wirkung des Joints, den er geraucht hatte, war verflogen. Johnny konnte wieder klar denken und handeln. Er verspürte lediglich starken Durst.

    Was tun?

    Johnny wusste, was Will getötet hatte. O ja! Will Burton hatte sich nicht damit begnügt, Hasch, Marihuana oder Gras zu rauchen. Er war auf dem Heroin-Trip. Und jetzt hatte ihn die Sucht umgebracht. Er hatte einfach zu atmen aufgehört.

    Johnny schaute in die gebrochenen Augen. Ihm entging nicht, dass die Pupillen Stecknadelkopf klein Waren. Indiz für eine Heroinüberdosierung. Sie führte zum Atemstillstand.

    Und er, Johnny, hatte Will das Heroin beschafft!

    Das Blut drohte Johnny Warren in den Adern zu gefrieren.

    Guter Rat war teuer. Johnny Warren versuchte, sich zur Ruhe zu zwingen. Er ging zur Tür, öffnete sie eine Hand breit, spähte hinaus auf den Flur, löschte das Licht und verließ das Zimmer. Er zog die Tür hinter sich zu. Leise lief er zum Ende des Korridors und betrat dort ein Zimmer.

    Was ist?, fragte der Bursche, den er aus dem Schlaf rüttelte.

    Billy, keuchte Johnny Warren, und es gelang ihm kaum, leise zu sprechen. Seine Stimme klang belegt und heiser. Die Erregung drohte ihn zu übermannen. Will ist draufgegangen. Ich schätze, Überdosis. Er - er...

    Johnny Warrens Stimme versiegte.

    Verdammt!, knirschte Billy. Der Junge war mit einem Schlag hellwach. Mit einem Ruck saß er, schwang die Beine vom Bett. Bist du sicher?

    Was ist denn?, schnappte jemand auf dem Bett an der anderen Wand. Ich bin müde, verdammt! Halt die Klappe, Billy...

    Frank, presste Billy Carleton hervor, etwas Furchtbares ist geschehen. Will Burton hat sich wahrscheinlich heute Abend den goldenen Schuss gesetzt. Er - er ist tot!

    Erzähl keinen Scheiß, Billy. So etwas darfst du mit mir nicht mal machen, wenn ich ausgeschlafen bin. Jetzt bin ich hundemüde. Also... Plötzlich riss es Frank Sherman auf dem anderen Bett hoch. Heh, verdammt! Hast du wirklich gesagt, Will ist tot?

    Brüll nicht so!, stieß Billy Carleton hervor. Oder willst du den gesamten Flur aufwecken?

    Himmel, ja, es ist kein Scherz!, stammelte Johnny Warren. Will hat eben den Löffel abgegeben. Und da ich weiß, dass er sich zusammen mit Nelly, Charly und Jimmy was drückte...

    Johnny, bist du das?, hetzte es über Frank Sherman Lippen, der in der Dunkelheit nur eine schemenhafte Gestalt neben Billy Carleton Bett wahrnehmen konnte.

    Ja. Will kam vor einer guten dreiviertel Stunde. Er sprach kein Wort. Ich hab ihn zwar gehört, aber ich war noch etwas high und hab mich nicht weiter um ihn gekümmert. Vorhin wurde ich wach, weil er röchelte und japste. Und plötzlich wer er still. Großer Gott, was tun wir nur? Wir - wir können ihn doch nicht einfach liegen lassen. Die Bullen werden das Internat auf den Kopf stellen. Sie werden herausfinden, dass wir...

    Halt die Schnauze, verdammt!, schnappte Billy Carleton. Lass mich nachdenken. Wie soll ich einen vernünftigen Gedanken fassen können, wenn du ununterbrochen das Maul offen hast?

    Es ging auch Billy Carleton an die Nieren. Die Aggressivität, mit der er gesprochen hatte, machte es deutlich. Seine Nerven lagen blank.

    Im Zimmer waren nur noch die gepressten Atemzüge der drei Jugendlichen zu hören.

    Plötzlich stieß Billy Carleton hervor. Will darf auf keinen Fall hier im Internat gefunden werden. War der Nachtportier um 10 Uhr bei euch, um die Bettruhe zu kontrollieren?

    Nein, murmelte Johnny Warren.

    Gut. Ich muss telefonieren. Billy Carleton holte sein Handy aus der Jacke, die über dem Stuhl hing. Es war eingeschaltet. Als er einen Knopf drückte, leuchtete das Display grünlich auf. Billy klickte eine Nummer her und wählte sie an. Dann sagte er unterdrückt:

    Hier ist Billy. Wir haben einen Toten. Überdosis. Er darf jedoch im Internat nicht gefunden werden. Was meinst du, sollen wir tun?

    Billy Carleton lauschte. Dann knurrte er: Keine Chance. Wir müssten den Hauptausgang benutzen und kommen mit dem Leichnam nicht am Nachtportier vorbei. Bei der Außentür des Kellers handelt es sich um eine Feuerschutztür mit Sicherheitsschloss. Da kommen wir nicht hinaus ohne Schlüssel.

    Wieder hörte er kurze Zeit nur zu. Seine Augen bewegten sich unruhig. Das war trotz der schlechten Lichtverhältnisse deutlich wahrzunehmen. Dann sagte er: Overmill verschwindet um sechs Uhr. Um sieben Uhr kommt der Hausmeister. Allerdings ist ab 5 Uhr 30 jemand in der Küche da.

    Eine gute Minute verstrich, in der Billys Gesprächspartner auf diesen einredete. Billy unterbrach ihn nicht. Schließlich aber stieß er hervor: Das ist alles Schwachsinn. Okay, ich seh's schon: Du kannst mir auch nicht helfen. Na schön, vergiss es. - Natürlich brauche ich wieder was. Anders kann ich die ganzen Junkies und Kiffer hier wohl kaum bei Laune halten. Ich komme am Wochenende vorbei. Das selbe wie immer. Adios.

    Mit wem hast du gesprochen?, erkundigte sich Johnny Warren.

    Mit meinem Lieferanten, erwiderte Billy Carleton ausweichend. Er meint, wir sollen Kirtland verständigen. Ich halte das für Idiotie.

    Ich denke, du kriegst das Zeug von deinem alten Herrn, knurrte Johnny Warren. Oder sind das alles nur Schauermärchen, die du uns von deinem Vater, dem Mafioso, erzählt hast?

    Mathew ist ein enger Vertrauter meines Vaters, versetzte Billy Carleton ausweichend. Mein Freund. Aber das eben war der schlechteste Rat, den ich je von ihm erhalten habe. Kirtland würde wohl sofort die Bullen...

    Das glaube ich nicht, unterbrach ihn Johnny Warren, der den Aufruhr seiner Gefühle nach und nach unter Kontrolle brachte. Kirtland, der absolut auf den makellosen Ruf seiner Internatsschule bedacht ist und dessen Existenz von dem Internat abhängt, wird den Drogentod eines seiner Schützlinge gewiss nicht an die große Glocke hängen. Im Gegenteil. Er wird alles tun, um zu vertuschen, dass sich einer seiner Schutzbefohlenen ausgerechnet im Wohnheim den goldenen Schuss verpasste.

    Billy Carleton und Frank Sherman starrten Johnny durch die Dunkelheit an und schwiegen.

    Johnny Warren murmelte: Okay, Leute, wir müssen jetzt cool bleiben. Ich rufe Kirtland an, und ich werde ihm meine Hilfe bei der Beseitigung der Leiche anbieten. Er wird mitmachen. Er hat kaum eine andere Chance. Ihr haltet euch raus. Legt euch wieder auf's Ohr.

    Du bist verrückt, schnappte Frank Sherman. Das funktioniert nicht. Damit würde Kirtland seine Zukunft von dir abhängig machen, Johnny.

    Von uns, Frank, verbesserte Billy Carleton. Wenn alles gut läuft, sehe ich hier einer ziemlich sorgenfreien Zukunft entgegen. Billy lachte leise.

    Lassen wir Will doch einfach liegen, ließ noch einmal Frank Sherman seine Stimme erklingen. Wie sollen die Bullen drauf kommen, dass wir ihm das Rauschgift geliefert haben? Die Ermittlungen werden im Sand verlaufen und...

    Täusch dich nur nicht, Frank, knurrte Billy Carleton. Die Bullen werden jeden einzelnen Schüler in die Mangel nehmen. Zwei Drittel von ihnen versorgen wir mit Haschisch, Marihuana und Gras. Eine Hand voll mit harten Drogen. Glaubst du nicht, dass einer von ihnen umfällt? Und dann? Willst du als Dealer hinter Gittern landen?

    Nein, natürlich nicht. O Verdammt... Frank Sherman presste die Handballen gegen seine Schläfen, als wollte er auf diese Weise das Hämmern des Blutes in seinen Schläfen unterdrücken. Kirtland wird niemals mitmachen.

    Kirtland wird kaum eine andere Wahl haben, raunte Johnny Warren. Wenn nämlich publik wird, dass es im Internat am Prospect Park einen Herointoten gegeben hat, werden viele Betten hier künftig leer stehen, was eine gravierende Schmälerung der Pfründe Rich Kirtlands bedeuten würde.

    Johnny Warren ging zur Tür. Ehe er das Zimmer verließ, sagte er noch einmal über die Schulter: Ihr haltet euch raus. Mit zu vielen Mitwissern verprellen wir Kirtland möglicherweise. Klar?

    Zustimmendes Gemurmel ertönte.

    In diesem Fall überließen sie gerne Johnny Warren das Feld.

    Johnny Warren kehrte in sein Zimmer zurück. Noch einmal fühlte er den Puls Will Burtons. Er legte die flache Hand auf die Brust Wills. Da war nichts mehr. Johnny begrub die Hoffnung, die beim Anblick der stillen Gestalt noch einmal in ihm hochgelodert war. Will war tot.

    Johnny holte sein Handy aus der Jacke. Die Privatnummer des Schulleiters hatte er in einem Taschenkalender notiert. Johnny tippte die Nummer. Es schellte einige Male, dann erklang es schlaftrunken:

    Richard Kirtland. Wer ist da?

    Johnny Warren. Ich rufe Sie aus dem Internat an, Direktor. Haben Sie etwa schon geschlafen?

    Sind Sie verrückt, Warren? Oder haben Sie vielleicht getrunken? Oder wie sonst kommen Sie dazu, mich um diese Zeit...

    Halten Sie die Luft an, Kirtland, unterbrach ihn Johnny respektlos. Er hatte wieder zu seiner alten Sicherheit und Kaltschnäuzigkeit zurückgefunden. Denn er war überzeugt davon, dass seine Rechnung aufging. Ja, halten Sie die Luft an und hören Sie zu, was ich Ihnen zu sagen habe. Will Burton liegt keine drei Schritte von mir entfernt auf seinem Bett, tot wie ein Stück Holz, vollgepumpt mit Drogen. Wahrscheinlich eine Überdosis...

    Sekundenlang herrschte Schweigen am anderen Ende. Dann schien die Hiobsbotschaft bei Richard Kirtland durch zu sein. Was sagen Sie da, Warren? Es kam wie ein Aufschrei durch die Leitung. Will Burton ist tot? Gestorben an einer Überdosis Drogen?

    Sie haben schon richtig gehört, Direktor. Ich dachte mir, ich rufe Sie an, ehe ich die Polizei verständige. Aber wenn das ein Fehler war, dann entschuldigen Sie bitte die Störung. Ich werde den Nachtportier bitten...

    Sind Sie wahnsinnig?, tönte es durch die Leitung. Rasselnde Atemzüge waren zu vernehmen. Dann erklang wieder die Stimme Kirtlands: Sie - sind sich sicher, Warren, dass Burton an einer Überdosis Rauschgift gestorben ist?

    Vollkommen, Direktor. Ich hatte ihn schon lange in Verdacht, dass er an der Nadel hing...

    Himmel, warum sind Sie damit nicht längst zu mir gekommen und... Die Stimme des Schulleisters brach.

    Ich glaube, es ist nicht der Zeitpunkt, um mir Vorhaltungen zu machen, Direktor, erklärte Johnny Warren. Sagen Sie mir lieber, was ich tun soll.

    Tun Sie gar nichts, Warren. Kirtlands Stimme klang fast flehend. Sprechen Sie mit keinem Menschen über die Sache. Haben Sie schon geschlafen, als es geschah?

    Natürlich, Direktor. Um zehn Uhr ist doch Zapfenstreich. Ich respektiere Ihre Anordnungen.

    Richard Kirtland ging nicht auf den ironischen Ton des Jungen ein. Er sagte: Ziehen Sie sich an und warten Sie auf mich. Ich komme auf dem schnellsten Weg.

    Alles klar, murmelte Johnny Warren.

    *

    Eine halbe Stunde später fuhr Richard Kirtland vor. Er parkte den Wagen in einer Seitenstraße, mied das Haupttor in dem parkähnlichen Garten, da es dort eine Videokamera gab, sondern betrat das Grundstück durch eine Seitenpforte, für die er einen Schlüssel besaß.

    Es war eine eiskalte Dezembernacht. Der Boden im Park war steinhart gefroren. Am Himmel glitzerten die Sterne. Schnee war noch nicht gefallen. Die Temperatur bewegte sich im zweistelligen Bereich unter Null Grad.

    Richard Kirtland schlich zur Rückseite des Hauses. Der Atem stand wie eine Dampfwolke vor seinem Gesicht. Er langte bei der Außentür zum Keller an. Es war eine Feuerschutztür aus Stahl, für die er ebenfalls einen Schlüssel besaß.

    Die Tür knirschte rostig in den Angeln. Aber das Geräusch versank schon nach wenigen Schritten in der Nacht, die vom feinen Säuseln des Windes und einigen fernen Motorengeräuschen erfüllt war. Kirtland betrat den Keller und zog die Tür hinter sich wieder zu. Wohlige Wärme schlug ihm entgegen. Kirtland griff in die Manteltasche. Im nächsten Moment blitzte eine kleine Taschenlampe auf.

    Mit viel Getöse schaltete sich in einem der benachbarten Räume die Zentralheizung ein. Der penetrante Geruch von Heizöl hing in der Luft.

    Der Lichtkegel der Stablampe huschte durch den Raum. Richard Kirtland strebte zielsicher der Tür zu und stand wenig später im Flur des Kellers, an dessen Ende sich die Treppe nach oben schwang.

    Die Kellertür oben war geschlossen. Sie befand sich unter der breiten Treppe, die zur Galerie hinauf führte. Der Internatsleiter stieg die Kellertreppe empor, öffnete die Tür einen Spalt breit und spähte um die Ecke des Kellerabganges in die Halle. Da brannte nur eine Notbeleuchtung in der Nähe der Eingangstür. Die Rezeption neben der Tür war verwaist. Duke Overmill, der Nachtportier, lag wahrscheinlich in dem kleinen Raum, durch den man die Anmeldung betreten konnte, auf dem Sofa, und döste vor sich hin oder schlief.

    Der Schulleiter knipste die Taschenlampe aus, steckte sie ein, schob die Tür vollends auf, trat in die Halle und schloss die Türe hinter sich. Auf Zehenspitzen lief er dicht an der Wand entlang zur Treppe ins Obergeschoss. Dicke Teppiche schluckten seine Schritte. Richard Kirtland ließ die Rezeption nicht aus den Augen. Sein Blick war geradezu hypnotisch.

    Er schickte ein Stoßgebet zum Himmel, dass Overmill ihn nicht hörte.

    Und das Stoßgebet schien erhört zu werden. Der Nachtportier zeigte sich nicht.

    Richard Kirtland stieg schnell und trotzdem vorsichtig, um keine unnötigen Geräusche zu verursachen, die Treppe hinauf und betrat oben den Flur, in dem er Johnny Warrens Zimmer wusste...

    Johnny Warren war fix und fertig angezogen. Er ließ den Direktor ins Zimmer. Das Licht brannte.

    Richard Kirtland stand vor dem Bett mit dem Toten.

    Atemstillstand, erklärte Johnny Warren. Heroin wirkt direkt auf das Zentrum der Atemsteuerung im Gehirn, müssen Sie wissen. Bei einer Überdosis vergisst der Junkie einfach zu atmen...

    Johnny schob den Pullover über Will Burtons linke Armbeuge zurück. Dort waren Blutergüsse von unzähligen Einstichen zu sehen.

    Kirtland wusste Bescheid. Er schluckte hart und trocken.

    Wir müssen ihn von hier fortschaffen, murmelte er entschlossen, als er all die Eindrücke verarbeitet hatte, die sich ihm boten. Er darf hier im Internat auf keinen Fall gefunden werden. Kirtland presste einen Moment wie in einem Anflug von Verbitterung die Lippen zusammen. Ich lasse den guten Ruf, den ich mir mit dieser Schule und dem Internat im Laufe der Jahre erworben habe, nicht von einem toten Drogensüchtigen zerstören.

    Es sollte wie eine Rechtfertigung klingen.

    Wohin wollen Sie ihn schaffen?, fragte Johnny Warren. Es wird nicht einfach sein, ihn aus dem Haus zu bringen. Der alte Overmill...

    Overmill schläft scheinbar, knurrte Kirtland. Ich kenne drüben in Manhattan, in der Lower East Side, einige abbruchreife Gebäude. Dorthin bringe ich den Leichnam.

    Ist das nicht strafbar?, fragte Johnny Warren spöttisch und musterte den Direktor herausfordernd. Ich meine...

    Natürlich ist es strafbar, schnitt ihm Kirtland ungeduldig das Wort ab. Aber wer soll schon herausfinden, dass ich den Toten dort abgelegt habe? Wenn man ihn hier findet, dann hat das Folgen für die gesamte Schule. Auch für Sie, Warren. Polizeiliche Ermittlungen, Einvernahmen, Unsicherheit, Angst...

    Sie befürchten, die Polizei könnte das Internat und die Schule schließen, nicht wahr?

    Nicht nur das, Warren. Die Eltern, die mir ihre Söhne und Töchter anvertrauen, werden das Vertrauen verlieren. Ein Vorfall wie dieser wird sie veranlassen, ihre Kinder aus dem Internat zu nehmen. Es würde den Ruin für mich bedeuten. Mein Lebenswerk wäre zerstört. Also helfen Sie mir, den Leichnam von hier fortzuschaffen. Es wird Ihr Schaden nicht sein, Warren.

    Gut. Ich nehme Sie beim Wort, Direktor. Eine Hand wäscht die andere. Wie kommen wir mit der Leiche an Overmill vorbei?

    Sie gehen voraus und sichern den Weg zur Kellertür. Ich trage den Toten. Wir legen den Leichnam in den Kofferraum meines Wagens. In die Lower East Side brauchen Sie nicht mitzufahren, Warren. Das schaffe ich schon alleine. Ich brauche Sie nur, um die Leiche aus dem Internat zu schaffen.

    Okay. Ich helfe Ihnen, sich den Toten aufzuladen.

    Vorher noch eine andere Frage, Warren. Haben Sie eine Ahnung, wie er zu dem Rauschgift gekommen ist? Er hängt ja doch wohl schon seit längerer Zeit an der Nadel. Irgendjemand muss die Drogen doch ins Internat bringen.

    Keine Ahnung, Direktor.

    Sekundenlang fixierte Richard Kirtland den Jungen mit durchdringendem Blick. Dann sagte er plötzlich zwischen den Zähnen: Helfen Sie mir.

    Mit Johnny Warrens Hilfe wuchtete sich Richard Kirtland den schlaffen Körper auf die Schulter.

    Dann ging Johnny Warren voraus. Duke Overmill ließ sich nicht blicken. Richard Kirtland schleppte den Leichnam in den Keller und verließ das Haus auf dem selben Weg, auf dem er es betreten hatte.

    Johnny Warren half dem Direktor, den Toten in den Kofferraum des Ford, mit dem Kirtland gekommen war, zu heben. Dann kehrte der Junge ins Haus zurück. Die Außentür des Kellers zog er nur hinter sich zu. Ungesehen gelangte er wieder in sein Zimmer. Er richtete das Bett Will Burtons...

    *

    Am Vormittag des darauffolgenden Tages wurde der Leichnam gefunden. Ein Obdachloser, der sich mit einer Flasche Wermut in der Ruine verkriechen wollte, fand den toten Jungen.

    Auch das FBI New York wurde in Kenntnis gesetzt.

    Bald war klar, dass es sich bei dem Jungen um Will Burton aus New Orleans handelte, der im Internat am Prospect Park wohnte und in der Columbia Universität studierte. Eine Überdosis Heroin hatte seinen Tod verursacht, so das gerichtsmedizinische Gutachten.

    Die Ermittlungen betrieb das Police Departement.

    Irgendwann wurde die Akte Will Burton geschlossen. Sie landete im Archiv.

    Die Wochen vergingen. Der Frühling löste den Winter ab...

    Kapitel 1

    Lass mich einen Zug machen, murmelte Owen Miles und streckte die Hand aus.

    Johnny Warren reichte seinem Freund den Joint. Die beiden 18-jährigen standen in einer dunklen Ecke des Schulgartens. Es war finster, nasskalt und windig. Der Himmel war bewölkt.

    Owen Miles saugte an dem Glimmstängel und inhalierte den Rauch tief. Der Glutpunkt des Joints - in Insiderkreisen auch Dübel genannt -, erhellte für die Spanne einiger Herzschläge lang sein Gesicht.

    Owen Miles zog noch einmal. Prima Stoff, murmelte der Junge, als er Johnny Warren die Zigarette zurück gab.

    Ja, erwiderte Johnny. Schwarzer Afghane. Ich hab mehr von dem Zeug. Ich kann dir sogar Heroin beschaffen, wenn du welches benötigen solltest. Die Zigarette glühte auf, als er zog. Er hielt sekundenlang die Luft an, als der Rauch in seinen Lungen war, dann stieß er ihn durch die Nase wieder aus. Dann reichte er Owen Miles wieder den Joint.

    Du machst Witze, murmelte Owen und führte die Zigarette zum Mund. Heroin...

    Kein Witz. Charly Benson, Jimmy Smith und auch Nelly McPherson hängen an der Nadel. Billy, Frank, ich und eine Reihe anderer rauchen Hasch, Marihuana oder auch mal Gras. Billy besorgt uns den Stoff. Das Heroin ist erstklassige Ware.

    Woher hast du...

    Keine Fragen, schnitt ihm Johnny das Wort ab. Du kannst am Samstag zu Nellys Party kommen. Dort... Er brach ab, dachte kurz nach. Nun, ich will nicht zu viel aus der Schule plaudern. Aber wenn du Interesse hast, dann musst du mir es nur sagen. Dann nehme ich dich mit.

    Durch die Dunkelheit musterte Owen Miles das Gesicht seines Gegenübers. Owen spürte schon die Wirkung des Haschisch. Er fühlte sich beschwingt, sorgenfrei und leicht. Du und Billy - ihr seid ja richtige Dealer, kicherte er. Aber wenn euch die Bullen erwischen, schaut ihr alt aus.

    Wer soll uns verraten? Unsere Kunden? Unser Lieferant? Johnny Warren lachte leise. Es war ein selbstsicheres, kehliges Lachen. Es ist ein lukratives Geschäft, Owen. Die Bucks, die mein Vater alle Monat rüberwachsen lässt, reichen nicht besonders weit. Der alte Bock schwimmt im Geld, aber mich hält er verdammt kurz. Also muss ich mein Budget aufbessern.

    Der Joint wechselte wieder den Besitzer. Johnny Warren machte noch zwei Züge, dann verbrannte er sich schon fast die Finger. Er warf die Kippe zu Boden.

    Gehen wir wieder rein, murmelte Johnny. Mich friert wie einen Schneider. Komm.

    Sie wollten sich in Bewegung setzen. Aber Johnny Warren hielt seinen Schulfreund noch einmal am Arm zurück. Pssst!, machte er und lauschte.

    Was ist?, raunte Owen Miles.

    Ich habe ein Geräusch gehört. Als wäre jemand hinter den Garagen herumgeschlichen.

    Das kann eine streunende Katze gewesen sein. Owen Miles schwenkte seinen Blick über die Reihe der Garagen, die etwas abseits von dem schlossähnlichen Hauptgebäude errichtet waren.

    Himmel, fühlte er sich gut. Es war ein richtiger Höhenflug. Er war high!

    Johnny Warren spürte Anspannung. Katzen bewegen sich bekanntlich lautlos durch die Nacht auf der Jagd nach Mäusen oder Ratten. Dieses Schaben, das er vernommen hatte, war nicht von einer Katze verursacht worden.

    Er schaute hinüber zum Internat. Hinter einigen Rundbogenfenstern des alten Gemäuers brannte Licht. Das Dach, die Türme und Erker und die Kamine hoben sich scharf und klar gegen den helleren Hintergrund des Himmels ab. Eine geteerte Straße führte von der breiten Einfahrt in den parkähnlichen Garten zu den Garagen. Rundherum waren Büsche und Bäume. Hier und dort brannte eine Laterne, um die Dunkelheit im Park zu lichten.

    Warte hier, zischelte Johnny. Er verließ die dunkle Ecke und lief bis zum Ende des Garagenbaus, bog um sie herum und versuchte mit seinem Blick die Finsternis hinter den Garagen zu durchdringen.

    Er sah nichts, und er nahm nichts wahr. Da waren nur die stereotypen Geräusche, die immer zu hören waren, und das war hauptsächlich das Brummen der Automotoren auf den umliegenden Straßen, vor allem vom Prospect Expressway her, einer ziemlich stark befahrenen State Route.

    Johnny Warren kehrte zu Owen Miles zurück. Ich habe mich vielleicht doch getäuscht, murmelte er. Verschwinden wir auf unser Zimmer.

    Nebeneinander schritten sie die geteerte Straße entlang, bogen auf die Zufahrt ein, erreichten schließlich das Rondell mit dem Brunnen in der Mitte und dann die breiten, abgetretenen Stufen, die zum Eingang in das Gebäude führten, das noch aus der Zeit des ausgehenden 19. Jahrhunderts stammte.

    Hier fanden nur die Söhne und Töchter reicher Leute Aufnahme. Das Internat gehörte zu einer Privatschule, in der die Heranwachsenden auf ihre Führungsrolle in der Gesellschaft vorbereitet wurden. Viele von ihnen absolvierten an den verschiedenen Universitäten New Yorks ein Studium. Die Jungs und Girls kamen aus ganz Amerika und manchmal sogar aus Übersee.

    Ihre Väter ließen sich ihre Ausbildung etwas kosten.

    Die Eingangstür knarrte, als Johnny Warren sie aufdrückte. Der Portier musterte die beiden Jugendlichen über den Rand seiner Brille hinweg, dann senkte er den Blick wieder in das Magazin, das aufgeschlagen vor ihm auf dem Tisch mit dem Monitor lag, der die Bilder der Überwachungskamera beim Gartentor ausstrahlte.

    Schwere Lüster, die von der Kuppeldecke baumelten, erhellten die Halle. Der Boden war mit Marmorplatten ausgelegt. In der Mitte wies er einen Kreis mit geheimnisvollen Mustern auf. Rund herum trugen Säulen eine Galerie, zu der eine breite, mit einem Teppich ausgelegt Freitreppe führte, und von der aus man in die Gänge mit den Zimmern der Schüler gelangte. Im Erdgeschoss und in einem Anbau an der Rückseite des Gebäudes befanden sich die beiden Unterrichtsräume, die Büros der Lehrerschaft und der Erzieher, die Küche und der Speisesaal. An den Wänden hingen große Bilder mit längst verstorbenen, herausragenden Persönlichkeiten wie George Washington oder Abraham Lincoln; in schweren Goldrahmen, patiniert von der Zeit und den Umwelteinflüssen, von Künstlern auf Leinwand gebracht, von denen niemand mehr sprach.

    Johnny Warren ging das seltsame Geräusch, das er vernommen hatte, nicht mehr aus dem Kopf. Er verspürte Beklemmung. War sein Gespräch mit Owen Miles belauscht worden? Belauscht von jemand, der nicht zu seinen Kunden oder jener Gruppe gehörte, die er zusammen mit Billy Carleton und dem bärenstarken Frank Sherman fest im Griff hatte?

    Es wollte ihm nicht aus dem Sinn gehen.

    Nebeneinander schritten er und Owen Miles die breite Treppe hinauf. Sie teilten sich ein Zimmer. Owen weilte erst seit Beginn des Monats in dem Internat. Er kam aus San Franzisko. Er, Johnny Warren, war schon das dritte Jahr hier. Eine Zeit, in der er sich durchgesetzt und es zu einer gewissen Herrschaft über einen großen Teil der Schüler gebracht hatte.

    Johnny Warren war stolz darauf. Sogar die meisten Lehrer behandelten ihn und seine Freunde wie rohe Eier.

    Oben, vor der Zimmertür, sagte Johnny zu Owen: Geh in dein Bett, Owen. Ich muss noch mit Billy sprechen.

    Ja, lachte Owen, ich leg mich auf's Bett. Ich hab das Gefühl, als würde ich jeden Moment abheben.

    Er kicherte, klinkte die Tür auf und machte Licht. Johnny zog die Tür zu und ging weiter bis zum letzten Zimmer am Ende des Flurs. Er klopfte dagegen und öffnete sofort, ohne die Aufforderung zum Eintreten abzuwarten.

    Billy Carleton und Frank Sherman hockten am Tisch und spielten Schach. Das Zimmer, das sich die beiden teilten, war nicht gerade groß, aber es war ausreichend. Jeder hatte ein Bett, einen Schrank, es gab einen Tisch mit vier Stühlen sowie zwei kleine Schreibtische mit Regalen darüber an der Wand. Eine Tür führte in einen kleinen Raum mit WC und Dusche.

    Zigarettenqualm schlierte um die Lampe, deren Neonlicht den Raum in grelle Helligkeit tauchte. Auf dem Tisch standen - trotz des im Internat herrschenden Alkoholverbotes -, angebrochene Bierdosen.

    Billy Carleton vollführte gerade einen Zug auf dem Schachbrett und ließ sich nicht stören.

    Frank Sherman fixierte den eintretenden Johnny Warren. Eine Zigarette hing in seinem Mundwinkel. Der Rauch stieg vor seinem Gesicht in die Höhe. Weil er ihm in den Augen brannte, kniff er die Lider zusammen.

    Johnny Warren drückte die Tür hinter sich zu und lehnte sich dagegen. Er schaute von einem zum anderen.

    Billy Carleton hatte seinen Zug gemacht. Deine Dame wackelt, Frank, griente er, dann wandte er sich Johnny zu. Dabei griff er nach seiner Bierdose und trank einen Schluck. Johnny, du, dehnte er dann, als er die Dose abgesetzt hatte. Um diese Zeit, in der eigentlich Bettruhe eingekehrt sein sollte im Bau.

    Er grinste spöttisch nach diesen Worten.

    Ich war mit dem Neuen im Hof und hab mit ihm 'nen Joint reingezogen, kam es von Johnny. Ich denke, Owen ist ganz brauchbar und handzahm. Den haben wir bald soweit, dass er uns aus der Hand frisst.

    Sehr interessant, murrte Frank Sherman, der nicht so sehr durch seine Intelligenz überzeugte, sondern mehr durch seine Art, Probleme anzugehen und zu beseitigen. Er war sozusagen der Mann für's Grobe in dem Triumvirat, das Johnny Warren, Billy Carleton und eben Frank Sherman bildeten. Um uns das zu sagen bist du doch nicht gekommen.

    Ich sprach zu Owen von Heroin. Er ist ein potentieller Kunde, müsst ihr wissen. Owen hat an dem Dübel gesaugt, als hinge sein Leben davon ab. Ich deutete an, dass Charly Benson, Nelly und Jimmy Smith an der Nadel hängen, und ich lud ihn zu Nellys Party ein, die am Samstag steigt.

    Fein, knurrte Billy Carleton. Kommt er?

    Er wird mir Bescheid sagen. Owen ist nicht das Problem. Den halte ich mit Joints bei der Stange. Und wenn nicht - wenn schon. Aber ich glaube, wir wurden belauscht. Jemand hat mitgehört. Ich vernahm ein Geräusch, wie wenn Jeansstoff beim Gehen gegeneinander reibt oder an einer Wand schabt.

    Wo habt ihr denn euren Joint geraucht?, fragte Billy Carleton.

    Unten, bei den Garagen, in der Ecke, in der auch die Mülltonnen stehen.

    Shit!, entfuhr es Carleton. Er stand mit einem Ruck. Sein Stuhl ruckte zurück. Mit wütender Geste drückte er seine Zigarette in dem Glasaschenbecher aus, der neben dem Schachbrett auf dem Tisch stand. Dein verdammter Leichtsinn bringt uns alle noch einmal in des Teufels Küche.

    Carleton nahm eine unruhige Wanderung im Zimmer auf.

    Frank Sherman hatte sich auf seinem Stuhl zurückgelegt und starrte Johnny Warren unter halb gesenkten Lidern hervor an. Die Zigarette hatte er aus dem Mund genommen. Sie qualmte zwischen seinen Fingern.

    Plötzlich hielt Billy Carleton vor Johnny Warren an. Er stieß hervor: Hast du etwa auch den Namen meines Vaters erwähnt? Oder den meinen?

    Nein!, beeilte sich Johnny Warren wider besseres Wissen zu versichern.

    Dann ist's gut. Hm, wenn euch jemand belauscht hat, der Kapital aus dem schlagen will, was er gehört hat, dann wird er sich schätzungsweise bald bei dir rühren.

    Oder bei der Schulleitung, wandte Johnny ein. Hältst du es nicht für möglich, dass er uns bei Kirtland oder einem der Lehrer verpfeift? Wir haben viele, die uns unsere Stellung hier an der Schule neiden. Ken Roberts zum Beispiel. Er will selbst der große Macker hier sein, kommt aber nicht auf gegen uns. Dieser fiesen Ratte traue ich allerhand zu.

    Kirtland wird sich hüten, gegen uns etwas zu unternehmen, schnappte Sherman. Seit der Sache mit Will Burton spurt er wie ein gut abgerichteter Schäferhund.

    Unabhängig davon, meinte Billy Carleton achselzuckend. Was will man uns beweisen? Man wird unsere Zimmer filzen und nichts finden. Also sollten wir...

    Der neue Lehrer, dieser James Barnum, scheint mir ein scharfer Hund zu sein, unterbrach ihn Johnny Warren. Er ist erklärter Feind des Nikotins, des Alkohols und erst recht des Rauschgifts. Darüber hat er in der kurzen Zeit, in der er hier ist, keinen Zweifel aufkommen lassen. Wenn er Owen Miles in die Mangel nimmt, kann es dann nicht sein, dass der umfällt und von unserem gemeinsamen Joint und der Einladung zur Drogenparty erzählt.

    Dann musst du den guten Owen eben entsprechend impfen, versetzte Billy Carleton kalt.

    Oder soll ich es tun?, fragte Frank Sherman. Er zog noch einmal von seiner Zigarette und drückte den Stummel in den Aschenbecher. Ein Rauchkringel stieg vor seinem Gesicht hinauf zur Zimmerdecke.

    Ich mach das schon, sagte Johnny Warren.

    Willst du ein Bier?, fragte Billy Carleton, während er zum Tisch zurückkehrte, um sich wieder zu setzen.

    Johnny Warren zog den Ärmel seiner Jacke etwas zurück und schaute auf die Armbanduhr. Kurz nach zehn. Okay. Gib mir eine Büchse...

    Er setzte sich ebenfalls an den Tisch.

    Billy Carleton holte aus seinem Schrank eine Dose Bier und warf sie Johnny Warren zu. Als er sie öffnete, zischte es. Schaum stieg aus der Öffnung. Er hob die Dose schnell an seinen Mund und trank. Dann atmete er tief durch und richtete den Blick auf Billy Carleton. Wann fährst du wieder nach Hause, Billy?

    Übernächstes Wochenende.

    Du bringst Nachschub mit?

    Natürlich. Wir müssen die letzte Lieferung noch bezahlen.

    Wir haben das Geld.

    Was ist mit dem Gewinn?, mischte sich Frank Sherman ein. Ich brauche die Kröten.

    Wir teilen, sobald wir genau wissen, was übrig bleibt, versprach Johnny Warren. Er trank wieder von seinem Bier. Dann sagte er: Der neue Lehrer macht mir wirklich Kopfzerbrechen. Schon bei seiner Einführungsrede wies er darauf hin, dass er jeden Missbrauch unnachsichtig ahnden werde.

    Den kriegen wir genauso klein, wie wir Rich Kirtland, Sarah Young und die anderen Pauker klein gekriegt haben, meinte Billy Carleton. Und wenn er sich nicht einschüchtern lässt, dann statuieren wir an ihm eben ein Exempel.

    Carleton schüttelte eine Marlboro halb aus der Packung und hielt sie Johnny Warren hin. Der nahm sie. Er bot auch Frank Sherman eine an und nahm sich selbst einen Glimmstängel aus der Schachtel. Als die Zigaretten brannten, prosteten sie sich mit den Bierdosen zu.

    Auf eine erfolgreiche Zukunft, stieß Billy Carleton hervor.

    Und darauf, dass den Hundesohn der Schlag trifft, der mich und Owen Miles belauscht hat, knurrte Johnny Warren.

    *

    Die beiden Jungs waren oben verschwunden. Der Portier bemerkte nicht, dass die Eingangstür einen Spaltbreit geöffnet wurde und dass jemand die Halle beobachtete. Einige Minuten verstrichen. Der Portier schaute auf die Uhr. Es war kurz vor 22 Uhr. Er brabbelte etwas vor sich hin, nahm die Brille ab und legte sie auf die Zeitschrift, erhob sich und verließ die Rezeption. Dann verschwand er zwischen zwei der Tragesäulen in einer Tür, neben der ein Schild mit der Aufschrift 'Gentlemen' an der Wand hing.

    Die Toilettentür klappte.

    Die Halle war verwaist. Die Eingangstür wurde aufgestoßen und ein Mann um die 50 betrat die Halle. Schnurstracks lief er zur Treppe, stieg sie empor, indem er immer zwei Stufen auf einmal nahm, dann verschwand er oben in einem der Gänge.

    Er hielt an, als er von unten aus nicht mehr gesehen werden konnte. Sein Atem hatte sich durch das schnelle Treppensteigen etwas beschleunigt. Jetzt normalisierte er sich wieder. Das Herz kehrte zu seiner regulären Schlagfolge zurück.

    Unten waren die Schritte des Portiers zu vernehmen. Jetzt, da es 22 Uhr war, würde er seinen Rundgang machen und nachsehen, ob alle Türen der zum Internat gehörenden Bauten verschlossen waren, die Garagentore zum Beispiel, oder die Außentür zum Keller...

    Der späte Besucher schritt den Korridor entlang.

    Er klinkte die Tür des Zimmers Nummer 14 auf. Im Zimmer war es dunkel. Tiefe, regelmäßige Atemzüge verrieten, dass hier jemand schlief.

    Der Mann huschte in das Zimmer und schloss die Tür hinter sich. Er atmete ganz flach. Seine Augen passten sich den Lichtverhältnissen im Raum schnell an. Durch das Fenster fiel genügend Helligkeit, so dass er die Umrisse der Möbel und des Schläfers sehen konnte.

    Das Bett auf der anderen Seite des Raumes war leer.

    Der Eindringling bewegte sich leise. Dennoch konnte er nicht vermeiden, dass die dicken Sohlen seiner Turnschuhe leise quietschten.

    Der Schläfer bewegte sich, warf sich herum, zog sich die Zudecke über die Schulter.

    Der Eindringling hatte angehalten und staute den Atem.

    Aber dann waren wieder die gleichmäßigen Atemzüge zu hören, und der Mann schlich weiter.

    Er erreichte einen der Schränke und öffnete ihn. Die Scharniere knarrten leise. Eine Stablampe flammte auf. Der Lichtstrahl wurde in den Schrank gerichtet. Da stand eine lederne Aktentasche. Der Mann öffnete sie und sah im Schein der Taschenlampe Bücher und Hefte. Er zog eines der Bücher ein Stück heraus, bis er den Namen des Besitzers auf dem Etikett lesen konnte.

    Johnny Warren!

    Er war im richtigen Zimmer!

    Der Mann richtete sich auf, drückte die Türen des Schrankes wieder zu und wandte sich um. Da ertönte eine schlaftrunkene Stimme: Johnny, bist du das? Heh, warum machst du kein Licht?

    Der Eindringling wirbelte herum.

    Owen Miles hatte sich aufgesetzt. Deutlich war sein Oberkörper vor der Kulisse der weiß gestrichenen Wand auszumachen. Der Strahl der Stablampe traf ihn ins Gesicht und blendete ihn. Hör auf, Johnny! Was soll der Scheiß...

    Sein Schatten wurde groß und verzerrt gegen die Wand geworfen.

    Turnschuhsohlen quietschten.

    Owen sah nichts. Er hatte die Hände hochgerissen, um seine Augen vor dem grellen Lichtschein zu schützen.

    Und plötzlich traf ihn ein fürchterlicher Schlag gegen den Kopf. Vor seinen Augen schien die Welt zu explodieren. Er wollte schreien, seiner jähen Panik, seinem Schock, Ausdruck verleihen, Hilfe herbei brüllen. Aber der Schrei erstickte in der Kehle und degradierte zu einem verlöschenden Röcheln.

    Etwas klirrte auf den Boden. Es war das Glas der Taschenlampe, mit der der Eindringling zugeschlagen hatte. Die Lampe verlosch jedoch nicht.

    Ein zweiter Schlag traf Owen Miles. Er warf ihn gegen die Wand, an der sein Bett stand. An ihr rutschte sein Oberkörper nach unten. Owen Miles blieb auf der Seite liegen. Blut aus einer Platzwunde an seiner Stirn wurde vom Kissenbezug aufgesogen.

    Owen Miles trieb in einem Stadium zwischen Besinnungslosigkeit und Wachsein. Er war wie gelähmt. Die Signale, die sein Gehirn aussandte, wurden nicht beantwortet. Immer wieder brandeten die Schatten der Benommenheit gegen sein Bewusstsein an und drohten ihn in die Tiefe zu zerren. Ersticktes Röcheln brach aus seiner Kehle...

    Der Junge vernahm das Quietschen der Turnschuhe wie aus weiter Ferne. Dann spürte er, wie sich eine Hand in seinen Haaren verkrallte. Er war noch high vom Haschisch. Und er war wie betäubt von den beiden Schlägen gegen den Kopf. Der Schmerz eskalierte.

    Im Nebenzimmer schlug jemand mit der Faust gegen die Wand. Ruhe da drüben!, brüllte die Stimme des Schülers, dessen Bett auf der anderen Wandseite stand und den der Anprall Owen Miles' gegen die dünne Trennwand wahrscheinlich aus dem Schlaf gerissen hatte.

    Wo ist das Schwein?, knirschte die Stimme des nächtlichen Besuchers dicht neben Owen Miles' Ohr. Warst du vorhin mit ihm bei den Garagen?

    Owen Miles überwand seine Benommenheit. Das Feuer, das die Schläge gegen den Kopf vor seinen Augen entfacht hatten, brannte herunter. Er sah schemenhaft das Gesicht seines Peinigers. Sie?, röchelte er. Wo kommen Sie her? Waren Sie vorhin bei den Garagen?

    Der Schmerz auf seiner Kopfhaut drohte ihn zu übermannen. Und jetzt, da sein Verstand wieder zu arbeiten begann, stieg die Angst wie ein schriller Schrei in ihm hoch. Ein Schrei, der sich sekundenlang in ihm staute und dann jäh aus ihm herausbrach.

    Der Eindringling ließ Owen Miles' Haare los und versetzte ihm den dritten Schlag. Er traf ihn gegen die Schläfe. Owen Miles kippte um. Dunkelheit schlug wieder über ihm zusammen. Nur unterbewusst nahm er wahr, dass sich zwei Hände wie Stahlklammern um seine Kehle legten und sie zusammendrückten. Sein Mund klaffte auf, seine Augen weiteten sich, quollen regelrecht aus ihren Höhlen.

    Owen Miles bäumte sich auf. Aber der brutale Druck um seinen Hals lockerte sich nicht. Er wollte schreien, aber aus seiner zugepressten Kehle löste sich kein Ton. Eine eiskalte Hand griff nach seinem Herzen. Rote Nebel wallten vor seinem Blick. Seine Beine zuckten wie im Krampf, schlugen auch gegen die Wand.

    Wieder hämmerte der Zimmernachbar gegen die Wand. Ruhe, verdammt!

    Owen Miles hörte es noch wie aus weiter Ferne. Es war die letzte Wahrnehmung seines Lebens. Denn nun riss sein Denken. Undurchdringliche Schwärze schlug über ihm zusammen und verschlang ihn...

    Die Tür des Nebenzimmers klappte.

    Der Mörder warf blitzschnell die Zudecke über die reglose Gestalt. Er raffte die Taschenlampe an sich, die er weggelegt hatte, und knipste sie aus. Mit zwei schnellen Schritten war er neben der Tür. Sie schwang auf. Der Mörder wurde vom Türblatt verdeckt. Ein Kopf schob sich durch den Türspalt, eine wütende Stimme blaffte: Du bist wohl verrückt geworden, Miles! Was schreist du rum wie ein Irrer? Und weshalb knallst du ständig gegen die Wand. Ich will schlafen, verdammt! Wenn das nicht aufhört, werde ich mich beschweren!

    Rummms! Die Tür flog zu.

    Auf dem Korridor erklangen Stimmen.

    Der Mörder lief zum Fenster und schob es hoch. Vier Yards unter ihm etwa war der Garten mit Büschen und Bäumen. Er setzte sich auf die Fensterbank und stieß sich ab. Ein dumpfer Aufprall...

    Oben trat Johnny Warren in sein Zimmer. Er machte Licht. Das Fenster war hochgeschoben. Ein kühler Luftzug, den das Öffnen der Tür verursachte, streifte sein Gesicht. Die Gardine wurde vom Luftzug etwas aufgebauscht.

    Owen Miles lag mit weit aufgerissenen, starren Augen auf seinem Bett. Die Zudecke bedeckte seine Gestalt bis zum Kinn. Sein Gesicht war blutverschmiert. Auch das Kissen war voller Blutflecken. Ein Arm hing unter der Zudecke hervor aus dem Bett. Die Finger waren gespreizt.

    Es durchlief Owen Miles wie ein Stromstoß.

    Er war nicht fähig, sich zu rühren, irgendeine Reaktion zu zeigen. Mit dem zitternden Atemzug lähmenden Entsetzens, der sich seiner Brust entrang, begriff er, das Owen Miles während seiner kurzen Abwesenheit ermordet worden war.

    O mein Gott, stieg es krächzend aus Johnny Warrens pulvertrockener Kehle. Und dann übermannte ihn der Schock und er brüllte es: O mein Gott! Owen!

    Es hallte durch den Korridor und in die Halle. Aber dort unten war niemand. Der Nachtportier machte seinen Rundgang.

    Die Tür des Nebenzimmers wurde aufgerissen. Jetzt reicht's! Morgen erzähle ich Kirtland, wie ihr euch des nachts aufführt...

    Johnny Warren achtete nicht darauf. Er überwand die Lähmung und setzte mechanisch, wie von Schnüren gezogen, einen Fuß vor den anderen. Der Junge bewegte sich wie in Trance, bar jeglichen Gedankens. Dann stand er vor Owen Miles' Bett. Er starrte in das bleiche, blutüberströmte Gesicht, in die glasigen Augen, in denen er nur die absolute Leere des Todes lesen konnte, sah den aufgerissenen Mund, der wie zu einem letzten, stummen Schrei geöffnet war.

    Den 18-jährigen mutete es an wie ein böser Traum.

    Er hatte keine Ahnung, dass der Besuch ihm gegolten hatte.

    Er sah nur den Toten und konnte es nicht begreifen. Vor 20 Minuten hatte er mit Owen Miles noch einen Joint bei den Garagen inhaliert, und nun...

    Das seltsame Geräusch, das er vernommen hatte, kam ihm in den Sinn.

    Hatte es der Mörder verursacht?

    Was war das Motiv für den Mord?

    Und warum war ihnen der Mörder ins Haus hinterhergeschlichen? Es wäre doch einfacher gewesen, unten bei den Garagen zuzuschlagen.

    Tausend quälende Fragen stürmten auf Johnny Warren ein. Auf keine einzige fand er eine Antwort.

    Und jetzt erst registrierte Johnny, dass sich einige Mitschüler durch die Tür ins Zimmer drängten. Auch der Bursche von nebenan war dabei, der soeben noch lautstark drohte, dass er sich beschweren würde. Im Hintergrund befanden sich Billy Carleton und Frank Sherman.

    Johnny taumelte zu seinem Bett und ließ sich auf die Bettkante fallen. Er faltete die Hände, legte die Daumen unter sein Kinn und presste die beiden Zeigefinger auf seinen Mund. Sein Innerstes rebellierte. In seinen Eingeweiden rumorten die Angst und das Entsetzen...

    *

    Die Mordkommission kam. In ihrem Schlepptau erschienen Reporter, Fotografen und Kamerateams. Das Rondell vor dem Internat und die Zufahrtsstraße durch den Park waren innerhalb weniger Minuten zugeparkt. Ein Vertreter der Staatsanwaltschaft veranlasste die Überführung des Leichnams ins gerichtsmedizinische Institut, nachdem alles fotografiert worden war und die Spurensicherung sich ans Werk machte.

    In der Pathologie wurde festgestellt, dass Owen Miles vor seinem Tod drei Schläge gegen den Kopf erhielt, die mit einem stumpfen Gegenstand ausgeführt wurden. Wahrscheinlich handelte es sich dabei um die Taschenlampe, deren Glas auf dem Fußboden des Zimmers gefunden worden war. Zwei der Schläge hatten Platzwunden verursacht. Der Tod sei durch Erwürgen hervorgerufen worden.

    Und noch etwas stellte der Pathologe fest: Owen Miles hatte unter Drogeneinfluss gestanden, als er starb.

    Die weiteren Ermittlungen in der Mordsache Owen Miles wurden an den FBI abgegeben. Den Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz fielen unter Bundesrecht - und damit in die Zuständigkeit der Bundespolizei.

    Als Milo und ich an diesem Morgen unser gemeinsames Büro im Federal Building betraten, klebte am Bildschirm meines Monitors ein Notizzettel, auf den Mandy, die attraktive Sekretärin unseres Vorgesetzten, geschrieben hatte: Hi, Jesse, hi, Milo, ihr sollt sofort beim Chef antreten.

    Na, die Mäntel werden wir wohl wenigstens noch ausziehen dürfen, knurrte Milo und schlüpfte aus seinem Übergangsmantel. Es war März, also nicht mehr Winter, aber auch noch nicht Frühling. Das Wetter spielte verrückt. Mal verwöhnte es uns mit Sonnenschein, dann regnete es wieder und es war nasskalt, und in den Nächten sanken die Temperaturen oftmals noch unter den Gefrierpunkt.

    Auch ich zog meinen Trenchcoat aus und hängte ihn in den Schrank. Meine Krawatte hing etwas schief, stellte ich im Spiegel fest, der innen an der Schranktür befestigt war und in den ich einen prüfenden Blick warf. Ich richtete den Knoten, wandte mich Milo zu und sagte:

    Dann lassen wir uns mal überraschen, Kollege.

    Wir gingen in Mandys Büro. Die sexy Blondine arbeitete am Computer. Als sie uns sah, lächelte sie. Wir wünschten ihr einen guten Morgen, dann fragte ich: Was ist denn so brandeilig, Mandy? Haben wir etwa was ausgefressen, von dem wir selbst noch gar nicht wissen, dass es so ist?

    Sie hob den Zeigefinger und drohte: Du hast doch nicht etwa ein schlechtes Gewissen?

    Ich legte die Hände flach vor die Brust. Gott bewahre...

    Na, machte Mandy und ging zur Tür, die ins Office des Special Agent in Charge des Field Office New York führte, ins Büro von Mr. Jonathan D. McKee also.

    Die Agenten Trevellian und Tucker sind da, Sir, meldete Mandy.

    Schicken Sie sie herein, Mandy. Danke.

    Mandy vollführte eine einladende Handbewegung.

    Milo hob die Nase und schnüffelte: Was ist mit Kaffee?, raunte er der attraktiven Sekretärin zu.

    Dass Mandy den besten Kaffee der Welt kochte, brauche ich ja nicht mehr zu betonen. Er ist am Einlaufen, lächelte sie.

    Dem Himmel sei dank, grinste Milo.

    Wir gingen an ihr vorbei und standen in Mr. McKees Büro. Mandy schloss hinter uns die Tür.

    Setzen Sie sich, forderte der SAC uns auf. Vor ihm auf dem Schreibtisch lag ein Hängeordner mit dem Stempel des Police Departements. Eine Ermittlungsakte.

    Wir ließen uns nieder und fixierten unseren Chef voll gespannter Erwartung. Er schaute von mir auf Milo, sein Blick kehrte zu mir

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