Führen in der Krise: Herausforderungen an das Leipziger Führungsmodell
Von Timo Meynhardt, Manfred Kirchgeorg, Andreas Pinkwart und
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Über dieses E-Book
Am Beispiel der COVID-19-Krise denken Professorinnen und Professoren der Handelshochschule Leipzig (HHL) darüber nach, was dies für ihr Fachgebiet bedeutet und geben Empfehlungen ab. Gemeinsamer Bezugsrahmen ist das Leipziger Führungsmodell mit den Handlungsfeldern Purpose, Unternehmergeist, Verantwortung und Effektivität. Im Ergebnis plädieren sie dafür, die großen Herausforderungen unserer Zeit (Grand Challenges) sowie die Effekte und Wirkungen unternehmerischen Handelns im gesellschaftlichen Umfeld gezielt(er) in den Blick zu nehmen. Kurz: Gute Führung in der Krise bedeutet, zur Bewältigung von Grand Challenges beizutragen. Die Liste ist lang: Klimakrise, Geopolitik, Gleichheit...
www.leipziger-fuehrungsmodell.de
Timo Meynhardt
Prof. Dr. Timo Meynhardt ist Inhaber des Lehrstuhls für Wirtschaftspsychologie und Führung an der Handelshochschule Leipzig (HHL).
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Buchvorschau
Führen in der Krise - Timo Meynhardt
Inhalt
Geleitwort
Stephan Stubner
Die Idee zum Buch
Timo Meynhardt, Manfred Kirchgeorg, Andreas Pinkwart, Andreas Suchanek, Henning Zülch
Das Leipziger Führungsmodell im Überblick
Timo Meynhardt, Manfred Kirchgeorg, Andreas Pinkwart, Andreas Suchanek, Henning Zülch
Fokus Individuum – Krise fordert Orientierungsleistung
Kompetenzen als Schlüssel zur Bewältigung von Grand Challenges – eine Illustration am Beispiel der digitalen Transformation
Tobias Dauth, Claudia Lehmann
An der Krise wachsen?! Elemente postpandemischer Selbst-Führung
Kai Dierke, Anke Houben
Krisenerfahrung, Entwicklungsstufen des Selbst und gute Führung
Timo Meynhardt
Führung sucht Führung – ein Blick auf die vier Kardinaltugenden
Justinus Pech
Inspire people to invest – ein Beitrag zum Leipziger Führungsmodell aus ethischer Perspektive
Andreas Suchanek
Sustainable Entrepreneurs als Vorreiter:innen des gesellschaftlichen Wandels
Vivek Velamuri
Was ist Freiheit? Und wenn ja, gibt es die?
Arnis Vilks
Fokus Organisation – Krise erzwingt Rollenklärung
Der Logistiksektor und die Quadratur des Kreises – Führen in und aus der Krise
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Unternehmensführung in Krisenzeiten – die Perspektive der Finanzierungs- und Investionstheorie
Dominik Kanbach, Alexander Lahmann
Marktorientierte Unternehmensführung zwischen Überkonsum und Nachhaltigkeit
Erik Maier
Zum Beitrag des Leipziger Führungsmodells in Zeiten extremer Führungsherausforderungen – eine Reflexion von Führungserfahrungen in der COVID-19-Krise
Andreas Pinkwart
Führen aus der Krise – die Herausforderungen der Finanzwirtschaft
Bernhard Schwetzler, Christian Strenger
Krise braucht Offenheit – das Leipziger Führungsmodell als offener Denkrahmen für Krisenentscheidungen
Stephan Stubner
Purpose in der Markenführung – wie Marken mit politisch kontroversen Themen umgehen
Anja Weber
Kommunikation ‚Neu Denken‘ – Plädoyer für ein führungsgeleitetes Kommunikationsmodell
Henning Zülch
Fokus Gesellschaft – Krise fragt nach gesellschaftlicher Funktion
Der Erfindungsweg – mit Innovationismus aus der Krise
Adnan Al Arbid
Corona-Pandemie, Staatsverschuldung und Inflation – aktuelle makroökonomische Debatten
Wilhelm Althammer
Jenseits der Ökonomisierung – eine postpandemische Perspektive für den Medizinbetrieb
Wilfried von Eiff
Context Matters! – Reflexionen zum Leipziger Führungsmodell in Zeiten des Wandels
Manfred Kirchgeorg
Die Corona-Pandemie als Vorahnung auf die Bewältigung des Klimawandels
Johannes Meier
Skizze einer postpandemischen BWL – Corona und das Leipziger Führungsmodell
Burkhard Schwenker
Herausforderungen annehmen: Das erweiterte Leipziger Führungsmodell
Timo Meynhardt, Manfred Kirchgeorg, Andreas Pinkwart, Andreas Suchanek, Henning Zülch
Geleitwort
Prof. Dr. Stephan Stubner
Rektor Handelshochschule Leipzig (HHL)
Das Leipziger Führungsmodell (LFM) ist als offenes Konzept angelegt, als ein Denkmodell, welches die Diskussion von Führung vor dem Hintergrund verschiedener wichtiger Dimensionen fördern soll. Als solches erhebt es nicht den Anspruch, allgemeingültige Handlungsempfehlungen abzuleiten, sondern versucht, die Spannungsfelder zwischen den Dimensionen sichtbar zu machen und Anwendern einen Leitfaden für die Reflektion eigener Führungsentscheidungen an die Hand zu geben.
Entsprechend stellen die Autor:innen des LFM das Modell immer wieder auf den Prüfstand. Was bewährt sich? Wo müssen angesichts der Rückmeldungen von Wissenschaftlern, Studierenden und Praktikern Anpassungen getroffen werden? Insbesondere die COVID-19-Krise gab Anlass, solche Überlegungen zu vertiefen und den nächsten Schritt in der Modellentwicklung zu gehen.
Ich bin dem Kernteam um meine Kollegen aus der Fakultät an der Leipzig Graduate School of Management (Handelshochschule Leipzig, HHL) Timo Meynhardt, Manfred Kirchgeorg, Andreas Pinkwart, Andreas Suchanek und Henning Zülch dankbar, dass sie genau diesen Reflexionsprozess angeschoben haben. Der vorliegende Sammelabend legt Zeugnis ab, wie Wissenschaftler:innen, Lehrbeauftrage und assoziierte
Akademiker:innen an der HHL aus ihrer fachlichen Perspektive das LFM in Forschung und Lehre integrieren und mit Blick auf die COVID-19-Krise zur Anwendung bringen.
Die Beiträge bestätigen für mich den Erfolg, welchen das LFM als fachübergreifend relevanter gemeinsamer Nenner der Überlegungen über Führungsfragen an der HHL hat. Mehr noch: Mit dem Modell haben wir einen hochschulinternen Bezugsrahmen geschaffen, der uns insbesondere in der Lehre und im Transfer hilft, regelmäßig Brücken zu schlagen zwischen den sich immer weiter ausdifferenzierenden Teilgebieten innerhalb der Wirtschaftswissenschaften.
Beim Lesen dieses Sammelbandes merkt man schnell, wie unterschiedlich die einzelnen Zugänge zum LFM sind und wo es – ganz unabhängig von der jeweiligen Perspektive – in der individuellen Reflektion zur COVID-19-Krise eher um Forschungsprobleme, praktische Herausforderungen und oft auch um ganz grundlegende Suchbewegungen im Denken geht.
Auf Basis der Beiträge hat das Autorenteam das ursprüngliche Modell von 2017 entscheidend weiterentwickelt und mit der Fakultät diskutiert. Für diese offene Diskussion und Weiterführung des Modells an zwei wichtigen Stellen gebührt ihnen besonderer Dank.
Erstens sind nun die Grand Challenges aktualisiert, sodass künftige Diskussionen zum Beispiel im Hörsaal fast automatisch ein breiteres Feld abdecken werden. Damit setzt man sich in der Anwendung fast zwangsläufig einer größeren Komplexität aus, denn das nun erweiterte LFM ist deutlich systemischer und zirkulärer angelegt. Mit der Einführung des Rückpfeils Effekte und Wirkungen erhöht sich zweitens auch der reflektive Impuls des Modells. Es wird der Blick deutlich expliziter auf die durch Führungshandeln im unternehmerischen Kontext erzeugten Rückkopplungen in die Gesellschaft, auf die Umwelt und damit auf einen großen Teil unserer heutigen Herausforderungen gelenkt.
Letztlich müssen Sie – ganz im Sinne der Funktion des LFM – selbst entscheiden, wo der Erkenntnisgewinn dieser beiden Erweiterungen liegt. Eines scheint mir aber sicher: Das «erweiterte Leipziger Führungsmodell» signalisiert, dass wir uns an der HHL den Herausforderungen der Zeit stellen und damit unserem eigenen Anspruch gerecht werden möchten, junge Menschen auf ihrem Weg zu unternehmerischen, verantwortungsvollen und effektiven Führungspersönlichkeiten zu begleiten.
Ich danke allen Beteiligten für Ihren großen Einsatz in diesem – für eine Hochschule ungewöhnlichen Schreibprojekt – und wünsche allen eine interessante Lektüre.
Die Idee zum Buch
Timo Meynhardt, Manfred Kirchgeorg, Andreas Pinkwart,
Andreas Suchanek, Henning Zülch
Die Idee zu diesem Sammelband entstand zur Jahreswende 2020/21. Sie wurde mitten im Pandemie-Modus mit dem Anspruch einer Selbstbefragung geboren: Was ist bewahrenswert, was müssen wir mit Blick auf das Leipziger Führungsmodell (LFM) hinterfragen oder gar neu denken?
Im Call for Papers haben wir zu Kurzessays eingeladen: keine Fachartikel im engeren Sinne, aber auch keine Meinungsstücke. Der Bezug auf das Leipziger Führungsmodell sollte Anschlussfähigkeit im Gesamtwerk sichern und Grundlage für die eigene Reflexion bieten. Entscheidend für die je eigene Schwerpunktsetzung sollte ein klarer Zielgruppenfokus mit Blick auf die junge Generation sein. Gemeint sind aktuelle und künftige Studierende, aber auch junge Menschen, die bereits im Berufsleben stehen.
Unserer Einladung ist fast die gesamte Professorenschaft der Handelshochschule Leipzig (HHL) gefolgt. Dafür sind wir dankbar und danken allen, die mit einem Beitrag Position bezogen haben. Das war eine besondere Herausforderung: Wie kann man mitten in einer Krise über diese schreiben, ohne der Gefahr einer Über- oder Unterinterpretation der Veränderungen zu erliegen? Es sollten ja gerade keine tagesaktuellen Kommentierungen sein. Während das Geschäft der Zeitdiagnostik floriert, ist es ein Zeichen guter Wissenschaft, das eine vom anderen zu unterscheiden.
Auf kleinstem Raum sollte jede/r skizzieren, was rund um die Krisenerfahrung im eigenen Fachgebiet gerade relevant ist. Schnell wurde klar, wie differenziert die Perspektiven sein würden, weil die jeweiligen Teilgebiete unterschiedlich betroffen und gefordert sind.
Dies schließt auch die jeweilige Perspektive auf das Leipziger Führungsmodell ein. Kann es überhaupt als kleinster gemeinsamer Nenner dienen? Ist eine Überarbeitung oder Erweiterung notwendig? In einer intensiven Diskussion in einem Workshop mit allen Professor:innen wurde dies intensiv besprochen. Im Ergebnis wurde die Funktion des Modells als „einendes Element" für die Fakultät herausgestellt.
Im Protokoll heißt es dazu: „Das LFM ist ein integrierender Rahmen, der hilft, Fragen zu generieren und zu reflektieren. Es ist ausdrücklich nicht als Regelwerk mit Handlungsanweisungen konzipiert, diesbezügliche Erwartungen des Modells als Anwendungsinstrument können daher nicht erfüllt werden. Das Modell bietet an, ein gemeinsames Verständnis für wichtige Zusammenhänge zu schaffen."
In der kollektiven Selbstreflexion wurden auch die unterschiedlichen Perspektiven auf das Modell selbst deutlich. Sind strategische Führung, Menschenführung oder finanzielle Führung überhaupt in einem Denkrahmen sinnvoll integrierbar?
Es lohnt in diesem Zusammenhang ein kurzer Blick zurück: Der Impuls ein hochschuleigenes Führungsmodell zu entwickeln, geht auf Richtungsentscheidungen innerhalb der HHL in den 1990er Jahren zurück. Es stand die Frage der Positionierung als ganzheitlich orientierte Hochschule im Raum, die Akzente jenseits einer funktionalen Betriebswirtschaftslehre setzt. Daraus entstand der Integrationsgedanke. In 2017 wurde dann die erste Version des Modells veröffentlicht, die bis zur dritten Auflage stetig redaktionell verbessert wurde. Mehr als 2000 Studentinnen und Studenten der HHL sind mit den Grundprinzipien unseres Führungsansatzes bereits in Kontakt gekommen. Auch in der Weiterbildung spielt dieser eine wichtige Rolle.
Fast fünf Jahre nach der Erstveröffentlichung ist klar: Das Modell ist geeignet, Fragen zu strukturieren und herunterzubrechen sowie Konflikte und Herausforderungen im Führungshandeln vorteilhaft zu analysieren. Auch ist der Denkrahmen offen genug, um unterschiedliche Perspektiven zu integrieren. Die COVID-19-Krise stellt allerdings das Modell grundsätzlich auf den Prüfstand. Die Pandemie rückt als weitere „Grand Challenge" ins Blickfeld. Gemeinsam mit der immer deutlicher hervortretenden Klimakrise, neuen geopolitischen Konstellationen und anderen disruptiven Entwicklungen wird die Frage drängender, welche Antworten aus der Führungslehre abgeleitet werden können. Sind unsere Denkansätze auf der Höhe der Zeit?
Was erwartet die Leser:innen dieses Buches? In erster Linie ein Überblick darüber, wo HHL-Professor:innen ihre Aufmerksamkeit in der Forschung hinlenken, wenn es um Führungsfragen geht. In insgesamt 21 Beiträgen wird sichtbar, wie vielfältig an der Handelshochschule Leipzig geforscht wird. Zur besseren Übersichtlichkeit wurden die Beiträge entsprechend ihres thematischen Fokus entlang der drei Wirkebenen im Leipziger Führungsmodell (Individuum, Organisation, Gesellschaft) angeordnet.
Im abschließenden Kapitel stellen wir eine Erweiterung des Modells vor, wie sie sich in unseren Augen seit längerem angedeutet hat und durch die COVID-19-Krise und vor allem auch die Klimakrise geradezu aufdrängt: Im erweiterten Leipziger Führungsmodell – in seiner bisherigen Grundanlage bereits ganzheitlich und integrierend aufgebaut – wird mit einer deutlicheren Rückkopplung der Wertbeiträge zu den Grand Challenges ein geschärftes Bewusstsein für tatsächliche Effekte und realistische Wirkungsziele in den Mittelpunkt gerückt. Dieser Schritt wird insbesondere durch die vorliegenden Einzelbeiträge getragen und fundiert. Insofern ist die Weiterentwicklung des LFM eine kollektive Leistung aller beteiligten Professor:innen. Für uns als Kernteam und insgesamt für die Fakultät ist dies ein kollektiver Lernschritt auf unserem Weg der beständigen Selbsttransformation.
Vielleicht ist es ja ein guter Rhythmus, das eigene Modell spätestens alle fünf Jahre einer Re-Adjustierung zu unterziehen. Peter Drucker, der Vater des modernen Managements, sprach von „der Zukunft, die schon stattgefunden hat" und meint damit die Beschreibung einer sich wandelnden Realität. Uns geht es nicht um Zukunftsspekulationen, sondern um den Versuch, begreifbar zu machen, wie sich die Welt um uns herum wandelt und welche Rolle Unternehmen und Organisationen dabei spielen.
Die COVID-19-Krise lehrt uns, welche Voraussetzungen unsere moderne Lebensweise hat, in der wir individuelle Lebensstile ausprägen und verfeinern können. Diese Phase könnte ihren Höhepunkt überschritten haben und wir tun gut daran, in unseren Überlegungen zu guter Führung dieser sich abzeichnenden Entwicklung Rechnung zu tragen. Die vorliegenden Reflexionen sind als Tastversuche in dieser Richtung zu verstehen. Inwieweit dies gelungen ist, können die Leser:innen nur selbst entscheiden.
Von der Idee zum Buch hatten wir tatkräftige Unterstützung: Zuallererst danken wir herzlich Christina Stockmann-Zipfel, die als Lektorin und Projektmanagerin in allen Phasen das Gesamtprojekt umsichtig gesteuert hat. Daniela Neumann gilt unser großer Dank für die kompetente Begleitung bei der Erstellung des druckfertigen Manuskripts
