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Lernende Organisationen: Das Management komplexer Aufgaben und Strukturen zukunftssicher gestalten
Lernende Organisationen: Das Management komplexer Aufgaben und Strukturen zukunftssicher gestalten
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eBook573 Seiten5 Stunden

Lernende Organisationen: Das Management komplexer Aufgaben und Strukturen zukunftssicher gestalten

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Über dieses E-Book

Systemtheorie, Wissensmanagement, Agilität und erfahrungsbasiertes Lernen unter einem Dach
  • + Zentrales Wertemodell einer lernenden Organisation
  • + Grundlegende Prinzipien und exemplarische Praktiken zur
  • Umsetzung
  • + mit zwei Praxisberichten aus der Industrie

Eine lernende Organisation zeigt sich auf allen Ebenen des Unternehmens, orientiert sich an der Firmenstrategie und durchzieht sowohl mit den Maßnahmen wie in den gelebten Werten das ganze Unternehmen.
Das Buch dient als Leitfaden zur Organisationsentwicklung hin zu einem zukunftssicheren Unternehmen und zeigt Wege zur Umsetzung auf. Der Autor führt die verschiedenen Ansätze aus Innovation und Wissensarbeit, Organisations- und Systemtheorie, Gruppendynamik, Diversität, Agilität und erfahrungsbasiertem Lernen zusammen und bietet ein Wertemodell einer lernenden Organisation, das zwölf grundlegende Prinzipien und 15 zentrale Praktiken beinhaltet. Weiter geht er auf das "Lernen lernen" in Organisationen ein sowie auf typische Risiken bei Kulturveränderung und wie sie umgangen werden können. Zwei Praxisberichte zu "Operational Excellence erreichen" und "Innovationen schaffen" runden das Buch ab. Im Anhang befinden sich thematische Vertiefungen der beschriebenen Konzepte.

SpracheDeutsch
Herausgeberdpunkt.verlag
Erscheinungsdatum30. Jan. 2021
ISBN9783969101278
Lernende Organisationen: Das Management komplexer Aufgaben und Strukturen zukunftssicher gestalten

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    Buchvorschau

    Lernende Organisationen - Uwe Vigenschow

    Teil I

    Die Ausgangslage

    Immer mehr Unternehmen haben komplexe Aufgaben zu lösen. Wo stehen diese Unternehmen im Jahr 2020? Wir befinden uns in einer Phase des Umbruchs. Die Modelle und Konzepte des 20. Jahrhunderts passen nicht mehr zu den Herausforderungen, denen sich die Unternehmen im 21. Jahrhundert stellen müssen. Was waren die Treiber in ihren Geschäftsmodellen und was werden die zukünftigen Treiber sein?

    In diesem Teil des Buchs werden die Zusammenhänge am Ausgang des 20. Jahrhunderts und die Veränderungen der letzten 20 Jahre analysiert. Die hohe Dynamik in den Veränderungen der Rahmenbedingungen und der Druck, der aus Innovationen entsteht, führen dazu, auch die Organisationen flexibler aufzustellen. Meine These dazu lautet, dass der zentrale Erfolgsfaktor dafür die Fähigkeit ist, eine lernende Organisation zu schaffen. Nur so kann die notwendige Flexibilität und Kreativität erreicht werden.

    1Wir brauchen lernende Organisationen

    Warum sollten Sie ein Buch über lernende Organisationen lesen? Ist eine agile Organisation nicht automatisch auch eine lernende Organisation? Und über Agilität gibt es doch bereits zahlreiche Veröffentlichungen.

    Da Agilität der Weg ist, komplexe Aufgaben zu bewältigen, lernen agile Teams im Laufe eines Projekts eine Menge. Sie sind gezwungen zu lernen, um die Aufgabe bewältigen zu können.

    Agilität ist daher notwendig für eine lernende Organisation, jedoch nicht hinreichend. Die Herkunft der Agilität liegt im Projektmanagement. Der Fokus ist klar und verglichen mit den strategischen Themen einer Organisation eher kurzfristig. Ein Projekt ist auf den Projekterfolg ausgerichtet. Wenn wir das auf eine Organisation übertragen, bleiben Fragen offen. Welche Ziele sollen auf der Ebene einer Organisation erreicht werden? Was soll bei deren Verfolgung genau gelernt werden? Wie können agile Teams überhaupt lernen? Wie wird das erlernte Wissen geteilt? Wie kann eine ganze Organisation lernen und welchen Nutzen hat sie davon? Wie gelingt der Kulturwandel hin zu einer agilen und darauf aufbauenden, lernenden Organisation?

    1.1Ein Lernmodell für Organisationen

    Die zentrale Aufgabe einer Organisation ist nicht die Entwicklung einer erfolgreichen Strategie, sondern deren Umsetzung. Hier trennt sich die Spreu vom Weizen. Hier geht es um Innovationen. Diese können Produkte, Prozesse oder Dienstleistungen betreffen.

    Wenn eine Organisation lernen möchte, wie ihre Strategie erfolgreich umgesetzt wird, geht das weit über Agilität hinaus. Seit Peter Senges Grundlagenwerk zu lernenden Organisationen aus dem Jahr 1990 [Senge 2017] ist klar, dass die Systemtheorie und systemisches Denken sowie Gruppendynamik die Basis bilden. Aus der Organisationstheorie nach James March ist bekannt, dass Organisationen erfahrungsbasiert lernen [March 2016]. Ein erfahrungsbasiertes Lernkonzept ist von David A. Kolb seit den 1970er-Jahren kontinuierlich entwickelt und 2015 zur Reife gebracht worden [Kolb 2015]. Wissensarbeit im Sinne von Peter Drucker ist dabei ebenso elementar wie Wissensmanagement nach Hirotaka Takeuchi und Ikujirō Nonaka. Agilität und Organisationsentwicklung runden diese Sammlung ab.

    Aus diesen Bausteinen setzt sich zusammen, was eine lernende Organisation ausmacht und wie sie entwickelt werden kann. In meinem Lernmodell für Organisationen, das später ausführlich dargestellt wird, werden diese Konzepte miteinander vernetzt. Ein Rollenmodell mit definierten Aufgaben bildet das Gerüst für seine Umsetzung. Machen Sie sich und Ihre Organisation fit für eine Zukunft, die längst begonnen hat.

    1.2Erfolgsfaktoren: Dynamik und Innovation

    Warum sind eine lernende Organisation, Agilität und das Management von Komplexität heute so angesagte Themen? Es hat sich doch eigentlich in den letzten 20–30 Jahren nicht viel in der Arbeitswelt verändert. Weshalb weisen zahlreiche Veröffentlichungen darauf hin, dass heute vieles von dem, was die Menschen bislang in ihrem Berufsleben erfolgreich gemacht haben, auf einmal nicht mehr sinnvoll sein soll? Was hat sich verändert?

    Für viele kaum merkbar haben sich die Rahmenbedingungen drastisch verändert. Unter dem Oberbegriff der Globalisierung hat sich in der Wirtschaft ein grundsätzlicher Wandel vollzogen. Diese Veränderung hat eine Dynamik zur Folge, die sich fundamental auf die Arbeitswelt auswirkt, natürlich nicht auf jeden Arbeitsplatz gleichermaßen und von Branche zu Branche unterschiedlich. Und dennoch wirkt sich diese Veränderung auf Firmenkultur, Arbeitsweisen, Strukturen und Führung in zum Teil radikaler Weise aus. Zu erkennen ist diese Veränderung in der Zunahme der Komplexität, mit der es die Menschen in Organisationen zu tun haben. Dabei stoßen viele der bewährten Managementkonzepte an ihre Grenzen, da sie nur für gut vorab planbare, aber nicht für komplexe Verhältnisse funktionieren. Andere Handlungsstrategien und Konzepte sind dafür wirkungsvoller [Wohland und Wiemeyer 2012].

    Bevor es tiefer in das Thema lernende Organisation geht, lassen Sie mich einen Blick darauf werfen, warum die Globalisierung eine solche Auswirkung haben konnte. Dabei setze ich sie als Rahmenbedingung voraus und bewerte nicht ihre politischen oder sozialen Auswirkungen, sondern nur ihre Konsequenzen hinsichtlich der Zunahme komplexer Aufgaben in der Arbeitswelt.

    1.2.1Die Taylor-Wanne

    Wenn ich auf die letzten 150 Jahre zurückblicke und die dominierenden Wirtschaftsstrategien betrachte, lassen sich um 1900 und 2000 vergleichbare Verdrängungseffekte erkennen (Abb. 1.1). Der erste Effekt Anfang des 20. Jahrhunderts ist unter dem Namen Taylorismus bzw. treffender als Scientific Management bekannt. Er beginnt am Übergang von der handwerklichen Manufaktur zur industriellen Massenproduktion. Ermöglicht wurde dieser Wechsel im Wesentlichen durch Erfindung von dampf-, dieseloder elektrisch betriebenen Produktionsmaschinen und einer durch Eisenbahn und Dampfschifffahrt sprunghaft verbesserten Logistik [Wohland und Wiemeyer 2012].

    Abbildung 1.1: Die Taylor-Wanne – die führenden Wirtschaftsstrategien einst und jetzt [Wohland und Wiemeyer 2012]

    Der amerikanische Ingenieur Frederick Taylor erkannte diesen Umbruch und die damit verbundenen Möglichkeiten. Der vielseitig gebildete, metallurgische Forscher und spätere Unternehmensberater begründete das Scientific Management. Nach ihm wurde das Konzept der industriellen Fertigung später auch als Taylorismus bezeichnet.

    1.2.2Scientific Management

    Um zu verstehen, was das Besondere am Scientific Management war, geht es noch etwas weiter in die Vergangenheit zurück. Zu Zeiten der durch Handwerksbetriebe geprägten Manufaktur waren die Märkte überwiegend lokal begrenzt, da die Transportkosten vergleichsweise hoch waren und die handwerkliche Fertigung eher individuellen Charakter hatte. Auch waren nationale oder gar internationale Standards, die eine Austauschbarkeit von Waren erleichtern, noch nicht ausreichend vorhanden.

    Die Handwerker waren hoch qualifiziert und in der Lage, alle notwendigen Produktionsschritte selbst bzw. in ihrer Werkstatt auszuführen. Vieles entstand nach Maß bzw. wurde individuell gefertigt. Auch wenn eine gewisse Planbarkeit und Vorhersehbarkeit gegeben war, so war die Qualifikation der Handwerker deutlich höher als die der Arbeiter im frühen 20. Jahrhundert und damit auch die Komplexität der zu bewältigenden Aufgaben (Abb. 1.1, links). Die einzelnen Handwerksberufe waren seit dem Mittelalter durch Zusammenschlüsse in Zünften geschützt und intern geregelt. Die Märkte waren lokal begrenzt und Methoden sowie Werkzeuge waren gut daran angepasst.

    Ende des 19. Jahrhunderts entstanden durch die vereinfachten und verbilligten Transportmöglichkeiten völlig neue Märkte, die fast beliebig aufnahmefähig für billige Massengüter waren. Die Manufakturen waren jedoch nicht in der Lage, die Nachfrage dieser Massenmärkte zu befriedigen. Eine Manufaktur kann dafür u.a. aufgrund fehlender Handwerker nicht ausreichend skalieren. Hier kommt nun Taylors Konzept zum Tragen. Es markiert den Übergang von der Manufaktur- zur Fabrikorganisation und basiert auf fünf Grundsätzen [Taylor und Wallichs 2007]:

    Ein großes tägliches Arbeitspensum

    Gleichmäßigkeit und geregelte Arbeitsbedingungen

    Hohe Löhne bei hoher Arbeitsleistung

    Einbuße an Lohn bei Minderleistung

    Wenn das System bereits erfolgreich eingeführt wurde: Das tägliche Arbeitspensum wird so hoch bemessen, dass es nur durch einen erstklassigen Arbeiter vollbracht werden kann.

    Damit wollte Taylor die Arbeiter zur vollständigen Erbringung ihrer Arbeitsleistung bewegen. Dabei ging es ihm durchaus um die Gleichwertigkeit der Ansprüche der Unternehmer und der arbeitenden Gesellschaftsschichten. Durch die Planbarkeit und Messbarkeit sah er eine sinnvolle Basis, um Konflikte zu entschärfen. Für ihn war Arbeit Arbeit und Freizeit Freizeit und beide hatten für ihn keinen direkten Bezug zueinander. Diese Einstellung ist auch an den sechs Prinzipien zu erkennen, auf denen seine Methoden basieren [Taylor und Wallichs 2007]:

    Vollständige Kontrolle und Steuerung: Die externen Schnittstellen wie z.B. durch Zulieferer und die internen Prozesse eines Unternehmens können berechnet und beherrscht werden.

    Management und Umsetzung: Die Arbeit kann in ausführende und planende Arbeit getrennt werden.

    Spezialisierung und Zentralisierung: Die Arbeiter und Maschinen erfüllen lediglich einzelne Funktionen, die sich zentral planen und steuern lassen.

    Die beste Art und Weise zur Ausführung eines Arbeitsschrittes kann anhand wissenschaftlicher Methoden ermittelt werden.

    Die notwendigen Arbeitsabläufe, um ein Produkt zu fertigen, bestehen aus einer definierten Abfolge von Ausführungsschritten.

    Menschen arbeiten lediglich, um Geld zu verdienen.

    Diese Prinzipien berücksichtigen realistische Störungen wie Verspätungen, Krankheit oder produzierten Ausschuss nicht weiter, sodass bei der Umsetzung z.B. ein deutlich aufwendigerer bürokratischer Überwachungsprozess und zusätzliche Reserven berücksichtigt werden müssen als vorher. Dennoch war das Scientific Management im 20. Jahrhundert anderen Organisationsformen überlegen und setzte sich bereits in kurzer Zeit in den Industrienationen durch (Abb. 1.1 in der Mitte).

    Beflügelt wurde das Scientific Management durch eine Entwicklung aus dem Automobilbau: Henry Ford perfektionierte die von Ransom Olds eingeführte Fließbandproduktion. Die Trennung der Arbeitsschritte konnte nun auf einzelne Handgriffe reduziert werden. Damit einher ging die dramatische Reduktion der Komplexität in den Produktionsprozessen, die durch angelernte Arbeiter durchgeführt werden konnten. Gleichzeitig wuchs die Produktivität innerhalb weniger Jahrzehnte um das Fünfzigfache [Drucker 1999].

    1.2.3Globalisierung schafft Enge

    Bis in die 1990er-Jahre waren die auf dem Scientific Management basierenden Organisationsformen enorm erfolgreich. Auch das von Taiichi Ohno entwickelte Toyota-Produktionssystem, auf dem die Konzepte von Kanban, Just-in-Time-Produktion und Kaizen basieren und mit dem Toyota seit den 1960er-Jahren die Produktionsverfahren nicht nur im Automobilbau revolutionierte, ist im Kern tayloristisch. Aufgrund der Verfügbarkeit hochwertig ausgebildeter Arbeiter konnte ein Teil der Verantwortung wieder vom Management an die Arbeiter zurückfließen. Oberstes Ziel ist aber weiterhin der konstante Produktionsfluss [Ohno 1993].

    Die Wende kam in den 1990er-Jahren, als die wichtigsten Märkte global wurden und damit kurze Zeit später an ihre Grenzen stießen. Es veränderten sich die Rahmenbedingungen. Die schnell wachsenden Unternehmen können nicht mehr weiter wachsen und erfahren einen bislang unbekannten Marktdruck durch dynamische Unternehmen, die sich schneller an diese Veränderungen anpassen. Diese dynamischen Unternehmen verdrängen mehr und mehr die trägeren Organisationen. Durch die Enge haben trägere Unternehmen keine Ausweichmöglichkeit mehr für ihr Wachstum.

    Was macht die Trägheit einiger Unternehmen aus und was die Dynamik anderer? Flexible Unternehmen überraschen weniger flexible mit neuen Ideen! Der Marktdruck entsteht wie bereits 100 Jahre vorher durch Konkurrenten, die eine Idee haben, wie sie mit veränderten Rahmenbedingungen sinnvoll umgehen können.

    Diese Erkenntnis ist wichtig: Marktdruck entsteht durch innovative Ideen der Konkurrenten und nicht durch die Kunden bzw. Käuferinnen. Daher trägt auch Marktforschung, die die Kunden im Fokus hat, nichts zur Lösung dieses Problems bei. Die Kunden kennen nur, was es bereits gibt. Auf Henry Ford soll das bekannte Zitat zurückgehen: »Wenn ich die Menschen gefragt hätte, was sie wollen, hätten sie gesagt: schnellere Pferde.« Innovation kommt entweder aus dem eigenen Unternehmen oder von der Konkurrenz.

    Dynamische Unternehmen, die Marktdruck erzeugen wollen, erhöhen die Komplexität der Arbeit, um reaktionsfähiger zu werden und neue Ideen im direkten Kontakt mit dem Markt zu entwickeln und auszuprobieren. In Abbildung 1.1 ist rechts der erneute Anstieg der Komplexität für eher dynamische Unternehmen zu sehen. Doch was genau macht den Marktdruck dynamischer Unternehmen aus? Sie reagieren schneller und hochwertiger auf Veränderungen der Rahmenbedingungen bzw. schaffen durch innovative Ideen neue Rahmenbedingungen. Eher träge Unternehmen geraten damit unter Zugzwang. Für die Lösung der dadurch entstehenden Probleme benötigen sie jedoch andere Methoden und Strukturen, als die, mit denen sie bislang erfolgreich am Markt agiert haben.

    Prominente Beispiele gibt es viele: So hat z.B. der Handymarkt bereits mehrere solche Phasen durchlaufen, wobei ehemalige Marktführer innerhalb kurzer Zeit vor riesige Probleme gestellt wurden. So wurde Siemens u.a. durch den Trend zu Klapphandys überrascht und ist in der Folge vor Jahren aus dem damaligen Markt ausgeschieden. Noch fundamentaler war der Einstieg von Apple in den Smartphone-Bereich. Hier lagen die innovativen Ideen weniger in der Hardware, sondern in der Bedienung und im Design. Als großer Gegenspieler ist Samsung aktiv, ein dynamisches Unternehmen, das überhaupt erst mit seinen Smartphones am weltweiten Handymarkt sichtbar wurde. Ehemalige Marktführer wie Nokia oder RIM hatten das Nachsehen, wobei für die Blackberrys von RIM auch noch der Use-your-own-Device-Trend negative Auswirkungen hatte, da die Blackberrys primär als Firmengeräte eingesetzt wurden. Gerade an einem mit ein bis zwei Modellwechseln pro Jahr extrem dynamischen Markt wie dem der Handys/Smartphones lässt sich diese Dynamik besonders gut erkennen. Natürlich ist diese knappe Darstellung stark vereinfacht und lässt z.B. die Betriebssystemthematik außen vor, die alleine für sich genommen bereits ein weiteres Beispiel für eine veränderte Marktdynamik ist.

    Auch reine Softwareunternehmen sind von der erhöhten Dynamik betroffen. So ist der Markt der UML-Werkzeuge durch die Einführung der UML 2 als weltweiten Standard auf den Kopf gestellt worden. Ehemalige Marktführer konnten ihre Produkte nicht schnell genug an die durchgängig metamodellbasierte UML 2 anpassen und wurden von dynamischeren Unternehmen an den Rand gedrängt, die entweder mit brauchbaren Produkten deutlich günstiger waren oder deutlich leistungsfähigere sowie besser bedienbare Produkte hatten. Hier sind die alten Marktführer u.a. durch ihre Softwarealtlasten im Vergleich zu ihren Konkurrenten zu träge geworden. Oder anders ausgedrückt: Der große Erfolg der alten Produkte ging zulasten von Neuentwicklungen. Neueinsteiger in den Markt, die diese Altlasten nicht hatten, konnten freier und damit schneller agieren.

    Durch die Erhöhung der Komplexität in der Arbeit dynamischer Unternehmen rückt der individuelle Mensch als Mitarbeiter wieder mehr ins Zentrum betriebswirtschaftlicher Analysen. Im Endeffekt bedeutet das, dass die gefühlte Zunahme der Komplexität in der Arbeit in den letzten 10 bis 20 Jahren tatsächlich erfolgt ist. Damit verändert sich für sehr viele Menschen das Arbeitsumfeld bzw. haben sich die Rahmenbedingungen gewandelt. Der Anteil komplexer Aufgaben ist gestiegen, weshalb ein angemessener Umgang mit Komplexität so besonders wichtig geworden ist. Das gilt für jeden Mitarbeiter, weil sich die Arbeit verändert hat, und für Unternehmen, weil sich die Parameter verschoben haben, die Marktdruck erzeugen.

    1.2.4Digitalisierung – der nächste große Wandel

    Wer denkt, mit der Globalisierung wäre es dann mit den Veränderungen vorbei, wird sich täuschen. Ebenso wie das Internet ganze Branchen verändert und neue geschaffen hat, wird die Digitalisierung das Arbeitsumfeld drastisch verändern. Doch nicht nur das. Durch die Automatisierung definierter Prozessabläufe und den Einsatz von KI, künstlicher Intelligenz, werden ganze Berufsgruppen überflüssig werden. Die Digitalisierung hat damit gesellschaftspolitische Dimensionen, die es mit der Industrialisierung Ende des 19. Jahrhunderts aufnehmen kann.

    In den letzten Jahrzehnten wurde unter Digitalisierung die Umwandlung analoger in digitale Daten gemeint. Da mittlerweile über 90% des Informationsvolumens in digitaler Form vorliegen, ergeben sich ganz andere Möglichkeiten, die derzeit kaum abschätzbar sind. Liegen die Informationen erst einmal digital vor, können auch die Prozessabläufe, die auf den Daten stattfinden, teilweise oder vollständig automatisiert werden. Notwendige Beurteilungen erfolgen bereits über Scoring-Methoden und können mit KI umfassend erweitert werden. Viele Verwaltungstätigkeiten sind damit bereits jetzt schon automatisierbar. Mit der Qualität und dem Umfang der Beurteilungsfähigkeit wird die Digitalisierung im Zusammenspiel mit dem Internet of Things (IoT) oder umfassenden Data-Warehouse-Lösungen bis hin zu Data Lakes weit über die reine Verwaltung menschliche Arbeit enorm reduzieren.

    Dazu kommen wirtschaftliche Effekte, wie sie z.B. 2020 durch die Coronapandemie erfolgt sind und erst durch die Globalisierung so umfassende Wirkung erreichen können. In wenigen Wochen müssen Unternehmen zeigen, wie flexibel sie sind, um ihre Produktivität zu stabilisieren und die notwendigen Prozesse am Laufen zu halten. Für Pharmaunternehmen heißt es z.B., die Produktion zu steigern und die Logistik sicherzustellen, für andere Branchen gilt es, mit Umsatzeinbrüchen, Verschiebungen und Stornierungen umzugehen und das Überleben zu sichern.

    Wer sich für die zu erwartende Dynamik wappnen möchte, muss selbst dynamisch werden und auch bleiben. Da die Zukunft kaum vorhersehbar ist, bedeutet das, mit seiner Organisation schnell anpassungsfähig zu sein. Wir brauchen lernende Organisationen!

    2Organisationen lernen sich anzupassen

    Um sich in dieser dynamischen Welt besser und schneller anpassen zu können, bedarf es immer wieder der Adaption neuer Themen. Unternehmen können tagtäglich Neues lernen. Dazu müssen sie jedoch zuerst lernen zu lernen. Die lernende Organisation ist, wie es Peter Senge bereits 1990 vorhergesagt hat, die Organisationsform von heute und morgen. Im Folgenden setze ich auf den Erkenntnissen von Peter Senge sowie Gerhard Wohland und Matthias Wiemeyer auf.

    Häufig reicht es dabei nicht aus, sich nur besser an die Dynamik des Marktes anzupassen. Es gilt durch Innovation Druck auf die Konkurrenten auszuüben. Und auch Innovation bedeutet, zu lernen. Innovative Firmen sind lernende Organisationen.

    2.1Die fünf Disziplinen

    Peter Senge forscht auf dem Gebiet der Organisationsentwicklung und gilt als Vordenker der lernenden Organisation. Sein Ausgangspunkt ist die Frage, warum Organisationen immer wieder die gleichen Fehler wiederholen. Daraus leitet er drei Thesen ab [Senge 2017]:

    Die Umwelt von Organisationen ist hochdynamisch und ist geprägt von innovativem Wettbewerb und radikalen Veränderungen.

    Die Mitglieder einer Organisation sind lernfähig und motiviert, zu lernen. Sie haben ein Bedürfnis nach sinnvoller Arbeit und einer individuell geförderten Entwicklung.

    Organisationen sind so lange relativ unfähig, zu lernen,

    wie sie zum einen nur ihr Topmanagement entsprechend fördern – dies reicht bei der gestiegenen Umwelt- und Organisationskomplexität bei Weitem nicht mehr aus – und

    wie sie zum anderen ein Lernen verhinderndes Verhalten innerhalb der Organisation nicht minimieren.

    Davon ausgehend hat Senge elf Gesetze abgeleitet. Er hat sie als Metaphern formuliert, was sie leicht erfassen lässt [Senge 2017]:

    Die Lösungen von gestern sind die Probleme von heute.

    Je mehr man sich anstrengt, desto schlimmer wird es.

    Das Verhalten verbessert sich, bevor es sich verschlechtert.

    Der bequemste Ausweg erweist sich zumeist als Drehtür.

    Die Therapie kann schlimmer sein als die Krankheit.

    Schneller ist langsamer.

    Ursache und Wirkung liegen zeitlich und räumlich nicht nahe beieinander.

    Kleine Veränderungen können eine Riesenwirkung haben – aber die Maßnahmen mit der stärksten Hebelwirkung sind häufig zugleich auch die unauffälligsten.

    Sie können den Kuchen essen und behalten – nur nicht gleichzeitig.

    Wer einen Elefanten in zwei Hälften teilt, bekommt nicht zwei kleine Elefanten.

    Niemand ist schuld.

    Er sieht daher Lernen als qualitative Steigerung des Wissensstands, die dazu eingesetzt wird, effektiver zu handeln. Dazu benennt er fünf Grundanforderungen, die er Disziplinen nennt, auf denen der Austausch von Wissen und Erfahrungen zwischen Mitarbeitern und damit in einer Organisation beruhen (Abb. 2.1) [Senge 2017]:

    Systemisches Denken: In der Systemik werden den einzelnen Elementen eines Systems keine Eigenschaften zugeordnet, sondern auf die konkrete Systemkonstellation zurückgeführt. Damit wird versucht, ein System ganzheitlich zu betrachten.

    Persönliche Perfektion: Darunter wird der lebenslange Prozess verstanden, in dem eine Person einerseits regelmäßig klärt, was für sie wichtig ist, und sich andererseits kontinuierlich darum bemüht, ihre Wahrnehmung zu verbessern.

    Mentale Modelle: Über Modelle lässt sich die meist als selbstverständlich erachteten Interaktionen zwischen Menschen wie z.B. ihr Kommunikationsverhalten in schwierigen Situationen beschreiben. Durch die Reflexion über diese Modelle können Menschen ihr Verhalten verändern, sodass in Diskussionen echtes Lernen erfolgen kann.

    Gemeinsame Visionen: Einer gemeinsamen Vision fühlen sich alle Mitarbeiter persönlich verpflichtet. Sie spiegelt ihre persönlichen Zielsetzungen wider und schafft die Basis für effektive Zusammenarbeit.

    Organisatorisches Lernen: Das Lernen der Teams, Abteilungen bis hin zur gesamten Organisation und die damit einhergehenden Möglichkeiten basieren auf der Ausrichtung jedes Mitglieds einer Organisation auf individuelles Lernen.

    Abbildung 2.1: Die fünf Disziplinen im Zusammenspiel nach [Senge 2017]

    Lernende Organisationen zeichnen sich meist durch flache Hierarchien aus. Dabei werden gleichermaßen Verantwortung und Rechte auf die Mitarbeiter übertragen, sodass ein hoher Grad an Selbststeuerung erfolgt. Informationen werden transparent bereitgestellt. Das trifft im Besonderen auf traditionell eher nur im begrenzten Kreis bekannte Managementinformationen zu. Dieses Konzept wird dabei deutlich weiter ausgedehnt als in den meisten Organisationen, sodass auch wesentliche unternehmenspolitische und strategische Entscheidungen unter Beteiligung aller Betroffenen wie Mitarbeiter, Kunden, Eigentümer oder Lieferanten erfolgen.

    Drei grundsätzliche Einstellungen müssen in einer lernenden Organisation vorhanden sein [Füser 1999]:

    Offener Informationsaustausch

    Etabliertes Lernklima

    Konstruktiver Umgang mit Fehlern (konstruktive Fehlerkultur)

    Der Aufbau einer lernenden Organisation braucht daher Zeit und ist nie wirklich beendet. Es herrscht daher stets eine gewisse Unruhe im Unternehmen. Dies stellt eine Reihe von Anforderungen an die Mitarbeiter einer lernenden Organisation. Dazu gehören Kreativität, Gestaltungskraft, Intuition, Vision, Vorstellungskraft, Reflexionsfähigkeit und eine gewisse Lernbegabung bzw. Wille zum Lernen und Weiterentwickeln [Burgheim 1996].

    Den Führungskräften kommt darin die Aufgabe zu, das eigene Unternehmen forschend zu erkunden und die Abläufe und sozialen Prozesse im Hinblick auf ein lernendes Unternehmen zu gestalten. Gleichzeitig sind sie verantwortlich für das Wissensmanagement und sorgen als Lernhelfer für die Mitarbeiter und Kollegen dafür, dass sie das Unternehmen mit seinen Produkten, dynamischen Prozessen und sich anpassenden Märkten immer wieder aufs Neue durchdenken [Burgheim 1996].

    2.2Der Wandel ist in vollem Gange!

    Dieser Wandel in den letzten Jahren lässt sich an der Veränderung des Verhältnisses von eher statischen zu dynamischen Aufgaben erkennen, die es zu bewältigen gilt. Unter statischen Aufgaben verstehen die beiden Berater und Spezialisten für dynamikrobuste Organisationen, Gerhard Wohland und Matthias Wiemeyer, Arbeiten, die nach festen Abläufen gut planbar durchzuführen sind. Dynamische Aufgaben erfordern deutlich mehr Flexibilität und können nicht durch standardisierte Abläufe gelöst werden [Wohland und Wiemeyer 2012].

    Statische Aufgaben können auch als gut planbare, aber komplizierte Tätigkeiten begriffen werden, während die dynamischen Aufgaben in den Bereich der nicht vorab vollständig planbaren, komplexen Problemstellungen fallen, für die man sich im Laufe der Bearbeitung immer wieder an unvorhersehbare Ereignisse anpassen muss. Die dynamischen Aufgaben haben in den letzten Jahren zugenommen und ihr Anteil wird vermutlich in Zukunft noch weiter ansteigen. Dieser Wandel ist nur die logische Folge der zunehmenden Komplexität der Umwelt einer Organisation. Mit zunehmender Umweltkomplexität wird als Reaktion die innere Komplexität einer Organisation ebenfalls größer. Das System Organisation folgt dabei seiner Umwelt (Abb. 2.2).

    Abbildung 2.2: Mischung aus statischen und dynamischen Aufgaben nach [Wohland und Wiemeyer 2012]

    Das bedeutet, dass sich niemand diesem Prozess entziehen kann. Früher oder später wird jeder mitziehen oder von der Konkurrenz an den Rand gedrängt werden. Die Dynamik ist von Branche zu Branche und von Land zu Land unterschiedlich. Es handelt sich dabei um eine Folge der Globalisierung, weshalb sie jeden irgendwann erreichen wird. Der Weltmarkt ist begrenzt, weshalb ein weiteres Wachstum nicht mehr möglich ist. Die Wachstumsfähigkeit einer Organisation tritt mehr und mehr in den Hintergrund und wird von der Fähigkeit zu Innovationen und der Fähigkeit zur Realisierung von Innovationen, neuen Strategien sowie der Anpassungsfähigkeit an Veränderungen verdrängt.

    Wer sich dabei an einen evolutionären Prozess erinnert fühlt, ist auf der richtigen Spur. »Survival of the fittest« bezieht sich nach Charles Darwin genau auf die Fähigkeit zur Anpassung an veränderte Umweltbedingungen. Nicht die stärkste, größte oder aggressivste Art überlebt, sondern die anpassungsfähigste. Das wird gerade dann sichtbar, wenn ein weiteres Wachstum nicht mehr möglich ist. Natürlich ist aktuell bei vielen Internet-Start-ups noch genau die Strategie sichtbar, den maximalen Marktanteil zu erreichen, bevor überhaupt erst Gewinne möglich sind. Doch werden nach und nach auch dazu Alternativen erarbeitet. Das ist auch notwendig, da nicht jedes Unternehmen das neue Facebook sein kann, vermutlich noch nicht einmal Facebook selbst.

    Die Strategie für eine Organisation kann daher nur sein, eine notwendige Anpassungsfähigkeit zu erreichen. Das ist ein zentraler Bestandteil einer lernenden Organisation. Wollen Unternehmen langfristig erfolgreich sein, kommen sie nicht darum herum, eine lernende Organisation zu schaffen.

    Teil II

    Konzepte für die lernende Organisation

    Eine lernende Organisation aufzubauen bzw. zu entwickeln ist deshalb so schwierig, weil nicht nur einem in sich geschlossenen Konzept zu folgen ist. Ganz im Gegenteil spielen zahlreiche Konzepte eine tragende Rolle. Sie zu integrieren, aufeinander abzustimmen und zum Leben zu erwecken, ist eine schwierige und gleichzeitig sehr lohnenswerte Aufgabe.

    In diesem Teil werden die wichtigsten Konzepte vorgestellt und in ihrer Wirkung auf eine lernende Organisation beschrieben. Zu jedem dieser Konzepte gibt es zahlreiche Bücher, in denen sie näher beschrieben werden. Mir geht es hier um ihr Zusammenspiel innerhalb einer lernenden Organisation.

    3Überblick über die Konzepte

    Organisationen sind komplexe Systeme. Das bedeutet, dass es keine einfache Antwort auf die Frage gibt, wie eine lernende Organisation entstehen kann oder entwickelt wird. Es gehören viele verschiedene Aspekte zur Antwort. Es gibt noch nicht einmal eine Antwort, sondern nur ein übergeordnetes Konzept, das möglichst viele der notwendigen Aspekte oder Teilkonzepte abdeckt und flexibel genug ist, um sich an die aktuelle Situation einer Organisation anpassen zu lassen. So ist die Idee eines Konzeptpools entstanden.

    Anders als die in Teil III vorgestellten Praktiken handelt es sich hier um Konzepte oder grundlegende Themen, mit denen sich manchmal bereits für sich alleine ganze Abteilungen beschäftigen. In diesem Teil werden die einzelnen Themen kurz aufgegriffen und ihre Bedeutung für eine lernende Organisation erläutert. Einige dieser Themen werden im Anhang Thematische Vertiefungen ab Seite 297 weiter vertieft und theoretisch unterfüttert. Begriffe, auf die dort näher eingegangen wird, erkennen Sie durch einen Pfeil ( ) jeweils an der passenden Stelle im Buch.

    Der Konzeptpool ist aufgrund der Anzahl und des Umfangs der einzelnen Themen eher ein Wissensschrank (Abb. 3.1). Im Einzelnen befindet sich darin:

    Innovation und Wissensarbeit

    Organisationstheorie

    Theorie komplexer Systeme

    Systemisches Denken

    Gruppendynamik

    Agilität

    Werte und Kulturveränderung

    Diversität

    Erfahrungsbasierter Lernprozess

    Wissensmanagement

    Das ist eine lange Liste unterschiedlich umfangreicher Themen. Später in Teil III gilt es, alle diese Aspekte miteinander zu verzahnen und aufeinander abzustimmen. Jetzt geht es darum, einen Überblick über die einzelnen Themen zu erhalten und zu versuchen, ihre Bedeutung für eine lernende Organisation zu erfassen.

    Abbildung 3.1: Übersicht der Konzepte einer lernenden Organisation

    4Innovation und Wissensarbeit

    Eine Innovation bedeutet eine Erneuerung eines Prozesses oder eines Produkts. Genaugenommen bezeichnet nicht die Erneuerung selbst die Innovation, sondern die Durchdringung der neuen Idee im Markt bzw. bei den Abläufen [Schumpeter 2006]. Bei der Entstehung und der nachfolgenden Durchdringung spielt die Wissensarbeit die entscheidende Rolle. Wissensarbeiter haben neue Ideen oder transformieren sie in ihre eigenen Kontexte. Im Folgenden wird diese Dynamik genauer betrachtet.

    4.1Konkurrenz belebt das Geschäft

    Der Begriff Marktdruck suggeriert, dass der Druck auf Firmen und Organisationen durch die Kunden des Marktes entsteht. Durch das Kundenverhalten äußert sich der Marktdruck auf ein Unternehmen. Die Kunden selbst sind aber nicht die Ursache dafür. Der Marktdruck entsteht durch Konkurrenten, die mit neuen Ideen für Produkte und/oder Dienstleistungen das Kundenverhalten verändern. Die Kunden sind das verbindende Medium zwischen konkurrierenden Unternehmen. Die Kopplung der konkurrierenden Organisationen erfolgt über das Verhalten der Kunden, das durch traditionelle oder digitale Massenmedien beeinflusst wird. (Abb. 4.1).

    Abbildung 4.1: Das Kundenverhalten koppelt Konkurrenten im Markt.

    Ihr Verhalten, also jede Form ihrer Kommunikation untereinander und mit Vertretern der Organisationen, bestimmt das System Markt. Das Kundenverhalten erfahren Unternehmen direkt durch Kauf, Nutzung oder Ablehnung ihrer Produkte bzw. Dienstleistungen oder z.B. in Verhandlungssituationen. So oder so: Die Kunden kommunizieren mit Mitarbeitern als Systembestandteilen einer Organisation und darüber erfahren sie etwas über den Markt und die Veränderungen darin.

    Der Einfluss auf das Verhalten der Kunden erfolgt dabei über Marketing und Vertrieb der Organisationen sowie über andere gesellschaftliche Kanäle, die im Wesentlichen ihre Wege in die Massenmedien über traditionelle Kanäle und das Internet finden. Virales Marketing ist nur eine aktuelle Form, die Kommunikation im System Gesellschaft dafür zu nutzen.

    4.1.1Wettkampf der günstigsten Anbieter

    Im Scientific Management besteht der Wettbewerb der Unternehmen im Wesentlichen in einem Preiskampf. Wer kann am günstigsten produzieren und wer hat die effizienteste Logistik? Wie wird die Kostenstruktur der Vertriebskanäle und der Point of Sales optimiert? Diese Fragen dominieren eine tayloristische Organisation. Durch die Möglichkeiten des Internets hat es hier Ende der 1990er-Jahre noch einmal einen enormen Schub gegeben. Gleichzeitig wurden die Grenzen dadurch noch schneller erreicht. Auch die Digitalisierung wird in den nächsten Jahren noch für einen mächtigen Schub sorgen.

    Naturlich bleiben die Kostenstrukturen auch weiterhin ein zentraler Aspekt eines Unternehmens. Der Discount-Bereich definiert sich über dieses zentrale Element. Dennoch kommen die Möglichkeiten, über die Kostenstrukturen Vorteile zu erarbeiten, an ihre Grenzen. Es braucht andere Ideen, um weiterhin erfolgreich zu sein und Druck auf die Konkurrenz ausüben zu können. Der Erfolg von Firmen wie Apple besteht offensichtlich nicht darin, besonders günstige Produkte anzubieten.

    4.1.2Wettkampf der Ideen

    Ein gewisser Marktdruck durch neue Ideen war in der Vergangenheit natürlich auch während der Blütezeit der Manufakturen und im Scientific Management vorhanden. Diese neuen Ideen kamen meist von einzelnen Tüftlern, die sich eines Problems annahmen und dieses erfinderisch gelöst haben. Ein wirksamer Schutz dieser Ideen ist erst im 19. Jahrhundert erfolgt. So wurde z.B. das deutsche Patentgesetz 1877 in Kraft gesetzt [DPMA 2019]. Davor haben sich gute Ideen innerhalb der Zünfte zwar schnell durchgesetzt, ohne jedoch den Erfinder davon profitieren zu lassen. Vielfach ist der eigentliche Erfinder sogar unbekannt¹.

    Im Scientific Management besaßen diese Tüftler zwar oft auch eigene Firmen, haben meist jedoch ihre Ideen erst in Zusammenarbeit mit größeren Firmen oder Konzernen zum Erfolg bringen können. Der Erfolg von Thomas Edison ist da eher die Ausnahme als die Regel.

    Dafür, dass nicht automatisch die beste technische Umsetzung einer Idee gewinnt, sondern andere Aspekte der Marktdynamik den Ausschlag für den Erfolg oder Nichterfolg geben, gibt es eine Reihe von Beispielen wie der Video-Formatkrieg der privaten Videoaufzeichnungssysteme in den zehn Jahren von 1976 bis 1986. Oft macht nicht eine einzelne Idee, sondern eine geschickte, neue Kombination von Ideen den Unterschied.

    4.2Innovationen erzeugen Marktdruck

    Es sind Innovationen, mit denen Druck über den Markt bzw. die

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