Gesund alt werden - ein Wunschtraum?
Von Horst Lorenz
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Über dieses E-Book
Erbanlagen, Umweltfaktoren und die Lebensführung bestimmen Gesundheit und Leistungsfähigkeit im Alter.
Das Buch beschreibt den Alterungsprozess aus medizinischer Sicht, den Einfluss der Gene, der Hormone, des Immunsystems und des Stoffwechsels sowie die relevanten biomedizinischen Grundlagen, gibt praktische Tipps und hilfreiche Empfehlungen für die Gestaltung der eigenen Lebensweise, um das Ziel einer langen Lebensspanne in Gesundheit zu erlangen.
Horst Lorenz
Dr. med. Horst Lorenz, geboren und aufgewachsen in Cham/Oberpfalz, Studium der Medizin an den Universitäten Wien und Erlangen, dort Staatsexamen und Promotion. Weiterbildung zum Facharzt für Frauenkrankheiten und Geburtshilfe bei Prof. Oehlert in Hanau. Angeregt durch Prof. DDr. Johannes Huber in Wien seit Mitte der 1990er Jahre intensive Beschäftigung mit dem Thema.
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Buchvorschau
Gesund alt werden - ein Wunschtraum? - Horst Lorenz
Geschützte Warennamen (Warenzeichen) werden nicht besonders kenntlich gemacht. Aus dem Fehlen eines solchen Hinweises kann also nicht geschlossen werden, dass es sich um einen freien Warennamen handelt.
Wie jede Wissenschaft sind Medizin und Pharmazie ständigen Entwicklungen unterworfen. Forschung und klinische Erfahrung erweitern die Erkenntnisse bei Behandlung und medikamentösen Therapie. Bei den Dosierungsangaben in diesem Buch darf der Leser zwar darauf vertrauen, dass der Autor große Sorgfalt darauf verwandt hat, dass diese Angaben bei Fertigstellung des Buches dem Stand der Wissenschaft entsprechen. Für Angaben zur Dosierungsanweisung und Applikationsform kann jedoch keine Gewähr übernommen werden. Jede Dosierung und Applikation erfolgt auf eigene Gefahr des Benutzers und ersetzt in keinem Einzelfall das Einholen ärztlichen Rates.
Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig und strafbar.
Inhaltsverzeichnis:
VORWORT
LEBEN BEDEUTET ALTERN
Kennzeichen der Alterung
Lebensführung und Alterung
Altern und Geschlecht
Warum altern wir?
Biomarker der Alterung
Altern als Folge chronischer Entzündungen
Altern durch Begrenzung der Zellteilungsfähigkeit
Genetik und Epigenetik des Alterns
Genetisches Altern
Epigenetische Faktoren
Umwelt oder Gene?
Was Großeltern aßen, haben Enkelkinder in den Genen
Maßnahmen gegen das Altern
Altern und Kalorienzufuhr
Altern und Sirtuine
Altern und FoxO-Gene
HORMONELLES ALTERN
Testosteron
Östrogen
DHEA
Vitamin-D: ein Steroidhormon
Melatonin
Schilddrüsenhormon
Wachstumshormon (Somatotropin):
Insulinähnliche Wachstumsfaktoren
Eicosanoide und Omega-Fettsäuren
AGING UND IMMUNSYSTEM
Aufbau des Immunsystems
Humorale Elemente des Immunsystems
Zelluläre Elemente des Immunsystems
Immunsystem und Krebs
Schlafmangel und Immunsystem
Geschlecht und Immunsystem
Lebensweise und Immunsystem
Alterndes Immunsystem
Immunstimulantien
AGING UND HAUT
AUGENPROBLEME IM ALTER
Wirkung der Sonnenstrahlung auf das Auge
Die Sehzellen (Photorezeptoren)
Der „Gelbe Fleck" (Macula lutea)
Wie Rauchen die Sicht vernebelt
Auge und oxidativer Stress
Vermeidung von Augenerkrankungen
AGING UND STOFFWECHSEL
Kohlenhydrate
Proteine
Fette (Lipide):
Cholesterin
Natürliche Cholesterinsenker
Ernährung
Steuerung des Fettstoffwechsels
Fettverteilung und Gesundheitsrisiko
Ernährungsempfehlungen im Alter
ALTERNDES HERZ-KREISLAUF-SYSTEM UND SEXUALHORMONE
Aging und Arteriosklerose
Blutfette und Arteriosklerose
Entstehen der Arteriosklerose
Folgekrankheiten der Arteriosklerose
Vorbeugung der Arteriosklerose
Geschlechtsspezifische Unterschiede bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen
LEBENSRISIKO KREBS
Zelle und programmierter Zelltod
Krebsentstehung
Was unterscheidet Krebszellen von gesunden Zellen?
Wenn Krebszellen auf Wanderschaft gehen
Krebsrisiko und Geschlecht
Lifestyle und Krebshäufigkeit
Risikofaktor falsche Ernährung
Rauchen und Krebs
Alkohol und seine Folgen
Innere Uhr und Krebsrisiko
Vorbeugung hormonabhängiger Krebse
BIOMEDIZIN
Die Radikalfänger
Körpereigene Schutzmechanismen
Vitamine
Sekundäre Pflanzenstoffe
Karotinoide
Polyphenole
Phytosterole
Glukosinolate
Sulfide
Terpene
LIFESTYLE UND ZUSTAND IM ALTER
Gesundheitsrisiken durch falschen Lebensstil
Rauchen und Sterberisiko
Die Alkohol-in-Maßen-Lüge
Adipositas und die Folgen
Diabetes mellitus
Dyslipidämie
Bluthochdruck
Adipositas und biologisches Alter
Risiken aus Lebensstil und Genen multiplizieren sich
Länger leben durch richtige Ernährung
Fünf Punkte, um abzunehmen
Das Richtige essen – „Wie bleibe ich gesund?"
Vegetarische Ernährung
Ernährungsweisen, die das Leben verlängern
„Superfood" – Dichtung und Wahrheit
Nahrungsergänzungsmittel - notwendig oder überflüssig?
Hirnschutz durch gesunden Lifestyle
Rauchen und Alkohol schaden früh
Adipositas lässt das Gehirn schneller altern
Nahrungsfette und kognitive Leistungen
Hippocampus und Blutzucker
Alzheimer-Demenz
Zwölf Faktoren könnten 40% aller Demenz Fälle vermeiden
Umwelteinflüsse auf die Gesundheit
Schäden durch Feinstaub und Stickoxid
Autoabgase und Leukämierisiko
Lärm und Gefäßschäden
Xenobiotika
Gesund altern in Deutschland
Anti-Aging durch körperliche Aktivität: Lässt uns Sport länger leben?
Sport und Gehirnfunktionen
Sport und Bewegungsapparat
Sport und Herz-Kreislauf-System
Sport und Zustand der Gefäße
Sport verändert das Blut
Sport verändert das Darm-Mikrobiom
Gesunde Hormone durch Sport
Viel Bewegung lohnt sich auch im Alter
Dem Krebs davonlaufen
Positive Sporteffekte im Überblick
Sportempfehlungen
NACHWORT
ANHANG
9 Lifestyle-Empfehlungen
Glossar
VORWORT:
Die Lebenserwartung der Menschen in Deutschland ist in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich gestiegen. Im Schnitt gewannen Frauen seit den 1940iger Jahren pro Jahrzehnt 2,4 Lebensjahre dazu, Männer 2,5. Im Zeitraum 2009-2011 betrug die weitere Lebensdauer einer 65-jährigen Frau noch 20,7 und die eines Mannes 17,5 Jahre. Bei 80-Jährigen waren es im gleichen Zeitraum bei Frauen noch 9,1 und bei Männern 7,9 Jahre.
Die Sterblichkeit wird heutzutage überwiegend durch chronische Erkrankungen und ihre Folgen geprägt. Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebserkrankungen, der Diabetes und Krankheiten des Muskel- und Skelettsystems bestimmen zunehmend das Krankheitsgeschehen. Auch psychische Störungen gewinnen an Bedeutung.
Viele Krankheiten stehen dabei in engem Zusammenhang mit den Lebensgewohnheiten und Lebensumständen. So geht ein niedriger sozioökonomischer Status häufiger mit Krankheiten wie Schlaganfall, Herzinfarkt und Diabetes einher. Frauen mit geringem Einkommen haben eine um 8 Jahre niedrigere Lebenserwartung als Frauen mit hohem Einkommen. Bei Männern beträgt der Unterschied 11 Jahre. Bereits im Kindes- und Jugendalter macht sich die soziale Herkunft in der gesundheitlichen Entwicklung bemerkbar. Entwicklungsrisiken wie ungesunde Ernährung, Übergewicht oder Verhaltensauffälligkeiten treten bei sozial benachteiligten Kindern und Jugendlichen häufiger auf.
Mit fortschreitender Lebensdauer verschlechtern sich zahlreiche Körperfunktionen, wie z.B. die Nierenfunktion, das Immunsystem oder die Eiweißsynthese. Die chronische Niereninsuffizienz, die im englischen Sprachgebrauch „epidemic of aging" genannt wird, betrifft etwa 10–15% aller Erwachsenen in den USA, Europa und Asien, wobei z.B. in den USA die Häufigkeit von 4% bei 20- bis 39-Jährigen auf etwa 47% im Alter ab 70 Jahren ansteigt. Auch die Sinnesorgane wie Hören, Sehen, Schmecken und Riechen, sowie die Feinmotorik, der Gleichgewichtssinn und das Vibrationsempfinden verändern sich. Während der Fettanteil des Körpers ansteigt, schwinden die Muskeln und verringert sich die Knochendichte. Eine geringe körperliche Bewegung, ein Typ-2-Diabetes und ein niedriger Testosteronspiegel beschleunigen diesen altersbedingten Abbau. Bei Männern, die in ihrer Freizeit körperlich inaktiv sind, schreitet er schneller fort als bei aktiven Gleichaltrigen und dieser Verlust beschleunigt sich mit zunehmendem Alter.
Von der schwindenden Muskelstärke hängt aber die Lebensqualität bei sehr alten Menschen in hohem Maße ab. Körperliche Schwäche, beeinträchtigte Mobilität und Einschränkungen der täglichen Aktivitäten sind oft die Folge. Den speziellen Versorgungsbedarf älterer Menschen bestimmen chronische Erkrankungen und Multimorbidität, körperliche und geistige Einschränkungen und auch Stürze. Die gleichzeitige Einnahme von fünf und mehr Arzneimitteln ist gerade bei älteren Menschen deutlich häufiger und geht mit einem erhöhten Risiko von unerwünschten Nebenwirkungen einher.
Ob wir 70 Jahre alt werden oder 100 liegt auch an unserer genetischen Ausstattung. Oder anders gesagt, wer von seinen Genen her 70 Jahre alt wird, kann noch so gesund leben, er wird keine 100 Jahre alt werden. Allerdings kann man innerhalb der von den Genen vorgegebenen Grenzen über die Art und Weise, wie man lebt, erheblich auf die Gesundheit im Alter Einfluss nehmen. Wer nach dem 80. Lebensjahr jung
bleibt, verdankt dies nicht nur seinen besonderen Genen, sondern auch seiner Ernährung und seinem Lebensstil.
Das Fundament für ein langes Leben in Gesundheit wird dabei schon in der Jugend gelegt. Aber wer überlegt sich z.B. schon mit Mitte 20 fünf Jahre länger leben zu wollen und fängt deshalb an zu joggen und sich gesund zu ernähren. Im Gegenteil, heutzutage fördern die verringerte körperliche Betätigung, die Zunahme fleisch- und fettreicher Ernährung, sowie übermäßiger Genuss von Nikotin oder Alkohol schädliche Stoffwechselprozesse, lassen Krankheiten entstehen und beschleunigen das Altern. Die zunehmende Lebensdauer ist also nicht automatisch mit einem Zuwachs an Lebensjahren in guter Lebensqualität verbunden.
Diese Zusammenhänge aufzuzeigen und Strategien zu entwickeln, um die Lebensspanne in Gesundheit zu verlängern, ist die Botschaft des vorliegenden Buches, denn alt werden und gesund bleiben – das gelingt nur bedingt.
Neuruppin, im Oktober 2022 Dr. Horst Lorenz
LEBEN BEDEUTET ALTERN
Derzeit ist nicht abschließend geklärt, was Altern im Detail eigentlich bedeutet. Unterschiedliche Theorien stimmen jedoch darin überein, dass der Alterungsprozess auf verschiedenen Ebenen abläuft, nämlich der molekularen Ebene, der Zell- und der Organebene. Der Prozess ist von vielen Faktoren abhängig, nicht umkehrbar und fortschreitend. Verschiedene Reparaturmechanismen im Körper können zwar das Erscheinungsbild der Alterung verringern, nicht aber den Alterungsprozess selbst aufhalten.
Grundsätzlich führt das Altern zu einer reduzierten Anpassungsfähigkeit der Organe, da Kapazitäten und Reserven sich zum Teil erschöpfen. Deshalb wird es immer schwerer, das Gleichgewicht in den unterschiedlichen Organsystemen aufrechtzuerhalten. Die Anzahl von Allgemeinerkrankungen nimmt zu.
Kennzeichen der Alterung
1. Genomische Instabilität: Veränderungen an der DNA können vom Körper in jungen Jahren besser repariert werden als in späteren Lebensphasen. Zudem kommt es im Alter zu einer gesteigerten Fehleranfälligkeit.
2. Stopp der Zellteilung: Dieser Stillstand wird z.B. ausgelöst durch schwerwiegende, nicht zu reparierende DNA-Veränderungen – es handelt sich also hier um einen Schutzmechanismus – oder die Telomere am Chromosomenende, die mit jeder Zellteilung kürzer werden, sind aufgebraucht. Sobald eine gewisse Schwelle (Hayflick-Limit) erreicht ist, kann sich eine Zelle nicht mehr teilen, sie altert und stirbt. (s. auch Seite 30)
3. Epigenetische Veränderungen: Diese beruhen im Gegensatz zu Änderungen in der Erbinformation (Beispiel dafür sind Mutationen) auf der Bindung unterschiedlicher kleiner Proteine an der DNA. In der Folge kann diese Bindung eines oder auch mehrere Gene in der Aktivität (mehr oder weniger) beeinflussen. Zudem ist die Epigenetik an der Entwicklung bzw. Differenzierung der Zellen beteiligt.
4. Verlust des Gleichgewichts der Eiweiße: Geht bei der Regulation der Proteine etwas schief, können einzelne Proteine gar nicht oder nicht in der richtigen Menge auftreten. Dies beeinflusst wiederum die Funktionalität der Zellen. Der Vorgang spielt bei bekannten Krankheiten wie Alzheimer oder Parkinson eine Rolle.
5. Regulation der Nährstoffaufnahme & Fasten: Die Reaktion des Körpers auf Nahrungszufuhr erfolgt im Zusammenspiel mit dem Wachstumshormon und weiteren Hormonen. In diesem Zusammenhang spielen auch Autophagie und spezielle Langlebigkeitsgene – die Sirtuine – eine Rolle.
6. Mitochondriale Dysfunktion: Mit ansteigendem Alter nimmt die Energiebereitstellung in den Mitochondrien tendenziell ab.
7. Erschöpfung der Stammzellen: Mit dem Alter vermindert sich die Fähigkeit der Stammzellen sich zu teilen. Als Resultat können kaputte oder geschädigte Zellen nicht genügend mehr erneuert werden.
8. Veränderte Kommunikation der Zellen: Altern beinhaltet auch Veränderungen bei der Kommunikation der Zellen untereinander. Eine zunehmende Entzündungsreaktion und eine abnehmende Immunüberwachung sind exemplarische Folgen dieses Faktors mit teils drastischen Auswirkungen auf das Altern.
Lebensführung und Alterung:
Das primäre Altern wird durch zelluläre Alterungsprozesse hervorgerufen und definiert für einen Organismus seine maximal erreichbare Lebensspanne. Beim Menschen liegt dieser Wert bei ungefähr 120 Jahren.
Als sekundäres Altern bezeichnet man die Folgen äußerer Einwirkungen, welche die maximal erreichbare Lebensspanne verkürzen. Dies können beispielsweise Bewegungsmangel, Fehlernährung oder Suchtmittelkonsum sein. Während man an der Anzahl seiner Lebensjahre nichts verändern kann, hat man körperliche Fitness, Gedächtnisleistung und Zustand der Blutgefäße durchaus in der Hand. Alterung lässt sich damit zwar nicht aufhalten, wohl aber verlangsamen. Und: Wer Krankheiten vermeiden kann, erfreut sich auch im höheren Lebensalter einer besseren Lebensqualität und fühlt sich jünger und fitter.
Die Voraussetzungen, die Lebensqualität im fortgeschrittenen Alter möglichst lange zu erhalten, werden dabei bereits in der Jugend und im mittleren Lebensabschnitt geschaffen, weshalb die Vorbeugung schon relativ früh beginnen sollte. Allerdings ist das Gegenteil die Regel.
Die Fitness von Mädchen und Jungen ist seit 1975 stetig schlechter geworden. Beinahe in allen Regionen ist die Zahl der unsportlichen Kinder deutlich gestiegen. Den Angaben der WHO zufolge waren 2016 in Deutschland 80% der Jungen und 88% der Mädchen körperlich nicht aktiv genug!
Die modernen Medien haben bei Jugendlichen allen anderen Beschäftigungen – auch dem Sport – eindeutig den Rang abgelaufen. Das geht aus einer aktuellen Studie hervor, deren Ergebnisse in der Wiener Klinischen Wochenschrift – The Central European Journal of Medicine
veröffentlicht wurden (doi.org/10.1007/s00508-017-1216-9). Danach stehen 10,3 Stunden Medienkonsum an Wochentagen und gar zwölf Stunden an den Wochenenden nur 5,1 Stunden körperlicher Betätigung pro Woche(!!) gegenüber.
Natürlich ist es eine Entscheidung des Einzelnen, regelmäßig Sport zu treiben oder nicht. Die Schule könnte aber der Ort sein, wo körperliche Bewegung ein fester Bestandteil der täglichen Routine ist. Dafür müsste aber mehr Unterrichtszeit für den Sport eingeplant werden, als es bisher der Fall ist. Drei Stunden pro Woche(!) gelten schon als viel. Zum Vergleich: Nach der WHO sollten sich 5- bis 17-Jährige mindestens 60 Minuten am Tag moderat bewegen oder Sport treiben. Dass viele von ihnen es nicht tun, ist leider an der Tagesordnung. So wird die Kluft, zwischen sehr fitten Kindern und solchen, die sich überhaupt nicht bewegen, immer größer.
Dies begünstigt den Risikofaktor Übergewicht. Fast jedes siebte Kind (15,4%) im Alter zwischen drei und 17 Jahren ist nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) übergewichtig. Beinahe 6% davon sind adipös. Diese Schüler werden zu einem beachtlichen Teil die übergewichtigen oder adipösen Patienten von morgen sein, die nicht selten mit entsprechenden Krankheiten zu kämpfen haben werden. Und nur so nebenbei: einer AOK-Umfrage zufolge sind 58% der Eltern ebenfalls übergewichtig.
Die Frage, wie gesund, aktiv und motorisch fit Kinder und Jugendliche heutzutage wirklich sind, untersucht auch das Motorik-Modul (MoMo). Als Teil der bundesweiten Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland des Robert Koch-Instituts in Berlin erfasst MoMo seit 2003 in regelmäßigen Abständen die motorische Leistungsfähigkeit und körperlich-sportliche Aktivität sowie die psychische Gesundheit von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Dabei ließ sich ein enger Zusammenhang zwischen der sozialen Situation und dem Gesundheitszustand der Kinder und Jugendlichen feststellen.
Es zeigte sich, dass 35% der 4- bis 17-Jährigen beispielsweise keine drei Schritte rückwärts auf einem drei Zentimeter breiten Balken machen können. Fast jedes fünfte Kind kann nicht einmal 25 Meter am Stück schwimmen. Bei der Rumpfbeuge erreicht nur knapp jedes zweite Kind mit den Händen den Fußboden. Nur einer von drei Grundschülern hat eine korrekte Körperhaltung. Fast die Hälfte der untersuchten 11- bis 17-Jährigen gab an, in den letzten drei Monaten Rückenschmerzen gehabt zu haben. Die Folgen der weitgehend sitzenden Lebensweise mit reduzierter körperlicher Aktivität sind schwache Muskeln und eine geringe Fettverbrennung.
Reichlich körperliche Bewegung und eine gesunde, ausgewogene Ernährung sind aber z.B. die beiden wesentlichen Grundvoraussetzungen für eine ungestörte Knochenentwicklung bei Kindern und Jugendlichen. Nur die durch körperliche Aktivität auf den Knochen einwirkenden Kräfte der Muskulatur fördern den Knochenaufbau. Die alleinige Zufuhr von Mineralien reicht nicht zum Aufbau von Knochengrundsubstanz!
Altern und Geschlecht:
Bei den meisten Säugetieren – einschließlich des Menschen – und bei Insekten ist im Gegensatz zum Großteil der Vogelarten die Lebenserwartung des männlichen Geschlechts signifikant kürzer als diejenige des weiblichen Geschlechts. Unter den sehr alten Menschen sind deshalb immer Frauen in der Mehrzahl. Bei den über 100jährigen sind die Männer in verschwindender Minderheit. Was macht die Frau nun dem Mann gegenüber biologisch so überlegen? Was hat sie, was der Mann nicht hat? Frauen leben u.a. deshalb länger, weil ihr Gefäßsystem besser gegen Engpässe und Verstopfungen gesichert ist. Eine sehr lange Zeit ihres Lebens zeichnet sich die Frau durch perfekt geweitete und optimal durchblutete Adern aus. Beim Mann spart die Natur auf diesem Gebiet, männliche Blutgefäße altern schneller.
Warum altern wir?
Über die Pathophysiologie des Alterns hatte man lange Zeit nur wenige Kenntnisse. Nicht zuletzt, weil Altern nicht als Krankheit, sondern als ein normales beziehungsweise schicksalhaftes Geschehen angesehen wurde, das somit auch nicht Gegenstand wissenschaftlicher Forschung war. Vor diesem Hintergrund kam es einem Paradigmenwechsel gleich, als der Biologe und spätere Nobelpreisträger Sir Peter Medawar (19151987) im Jahr 1951 seine Antrittsvorlesung im University College in London unter den Titel stellte: An unsolved problem of biology
. Das ungelöste Problem war der biologische Prozess des Alterns. Die von Medawar in dieser Vorlesung und späteren Publikation entwickelte Mutations-Akkumulations-Theorie
, wonach sich Schädigungen der DNA und anderer Zellstrukturen im Laufe der Zeit anhäufen und so zu zunehmenden Funktionseinbußen führen, bietet auch heute noch die Grundlage vieler Alterungstheorien.
1977 stellte Thomas Kirkwood (*1951) die Theorie auf, dass es keine Notwendigkeit zu einer genetischen Optimierung gibt und jedem Organismus nur begrenzte Ressourcen zur Verfügung stehen. Diese muss er aufteilen in Wachstum, Selbsterhaltung und Fortpflanzung. Jede Investition in einen dieser konkurrierenden Prozesse bedeutet eine Verknappung der Ressourcen bei einem der beiden anderen Prozesse. Der Körper hält den Aufwand für die Selbsterhaltung auf einem Niveau, das gerade hoch genug ist, um für die normale Lebenserwartung in freier Wildbahn in einem guten Zustand zu sein – und die beiden anderen Prozesse nicht zu kurz kommen zu lassen –, aber nicht so hoch, dass er ohne sicheren Tod leben kann.
Die populärste Theorie des Alterns ist die Schadenstheorie. Organismen werden mit einer Maschine gleichgesetzt, die sich abnützt (Verschleiß). Danach ist das Altern ein Vorgang, der durch die Ansammlung von Schäden z.B. durch sog. „freie Radikale" hervorgerufen wird.
Formuliert wurde diese Alterungstheorie in den 1950er-Jahren durch Denam Harman unter dem Namen Freie-Radikale-Theorie
. Freie Radikale sind Moleküle, deren Elektronenhülle ein ungepaartes Elektron aufweist. Dies verleiht ihnen eine enorme Reaktionsfähigkeit. In dem Bestreben, das fehlende Elektron aus einer anderen Verbindung an sich zu ziehen, schädigen freie Radikale Lipidmembranen, Zellorganellen oder auch die DNA. Dabei wird die geschädigte Verbindung häufig ihrerseits ein freies Radikal. Nach Harmans Theorie führt die Akkumulation dieser Schäden zu Funktionseinbußen, welche die Grundlage des biologischen Alterungsprozesses bilden.
Da es sich bei den freien Radikalen im Wesentlichen um aggressive Sauerstoffverbindungen handelt (reactive oxygen species
, ROS), bürgerte sich bezüglich der Auswirkungen der freien Radikale der Begriff oxidativer Stress
ein. Allerdings zeigen neuere Arbeiten, dass auch aus dem Stickstoffmonoxid (NO) Radikale hervorgehen können (reactive nitrogen species
, RNS).
Die häufigsten Sauerstoffradikale sind das Superoxidradikal (O2-), das Wasserstoffperoxid (H2O2) sowie das Hydroxylradikal (·OH). Letzteres ist aufgrund seiner außerordentlich starken Oxidationskraft die reaktivste Sauerstoffverbindung.
Gebildet werden derartige Radikale zum einen durch exogene Faktoren wie UV-Strahlung, Umweltnoxen oder Toxine. Der überwiegende Anteil jedoch entsteht endogen als Abfallprodukte
der Energiegewinnung in den Mitochondrien der Zellen. Angriffspunkte von ROS sind prinzipiell alle Makromoleküle. Vor allem die Phospholipide sind empfindlich gegenüber Oxidation. Hier kommt es häufig zu Lipidradikal-Kettenreaktionen, sowohl an der Zellmembran selbst als auch an der von Zellorganellen. Dies beeinträchtigt die Membranfluidität und Membranpermeabilität, die wiederum zu Störungen der Zellintegrität und der Zellfunktion führen.
Aber auch Serumlipide wie das Cholesterin sind Angriffspunkte von ROS, wobei das oxidierte LDL-Cholesterin bei Einlagerung in die Gefäßwand besonders starke Entzündungsreaktionen auslöst.
Von großer Bedeutung sind auch die durch ROS und RNS verursachten DNA-Schäden. In jeder Körperzelle finden täglich radikalinduzierte Schädigungen der DNA statt. Fast immer werden diese durch DNA-Reparatursysteme entdeckt und beseitigt. Ist dies nicht der Fall, kann es zu Basenmodifikationen oder auch zu Einzel- oder Doppelstrangbrüchen kommen, also zu Veränderungen, die nicht zuletzt auch für die Entstehung von Krebserkrankungen verantwortlich sind.
Mit fortschreitendem Alter kommt es durch die zunehmende Abschwächung wichtiger zellulärer Schutzprozesse gegen freie Radikale sowie die nachlassende Entgiftungsleistung und Reparaturfähigkeit des Körpers zu vermehrten oxidativen Schäden. Von besonderer Bedeutung für das Altern scheint dabei der Schaden zu sein, der in den Mitochondrien auftritt. Mitochondrien sind winzige, etwa Bakterien große Körperchen im Zellinneren, die von einer Doppelmembran umgeben sind. Die innere Membran ist zur Vergrößerung der Oberfläche kammähnlich oder röhrenförmig eingefaltet. Die Aufgabe der Mitochondrien ist die Energiegewinnung durch Oxidation der Nährstoffe.
Durch die unmittelbare Einwirkung der freien Radikalen ist die DNA der Mitochondrien Veränderungen stärker unterworfen als die DNA im Zellkern, was allmählich zu einer Beeinträchtigung der Energieerzeugung in den Mitochondrien führt und einen erheblichen Einfluss auf den Alterungsprozess hat. Zellverbindungen, die hochenergetische Reaktionen erfüllen, unterliegen einem höheren oxidativen Stress, einer größeren Fehlerhäufigkeit und damit insgesamt einem schnelleren Alterungsprozess. Oder anders ausgedrückt: ein System altert umso schneller, je leistungsaktiver es ist.
Eine Strategie gegen das Altern besteht aus zweierlei: erstens über eine Reduktion der Nahrungsmittel die Anzahl der Radikalen zu reduzieren und zweitens die Entstehung unnötiger Oxidationsprozesse außerhalb der Mitochondrien zu vermeiden, denn durch die Einwirkung freier Radikale auf Zellbestandteile sind eine Reihe von Erkrankungen, eine reduzierte Aktivität der Telomerase und ein gesteigerter programmierter Zelltod die Folge.
Biomarker der Alterung
Physiologisch betrachtet ist das Altern durch einen langsamen und progressiven Verlust verschiedener Körperfunktionen gekennzeichnet, von dem alle Organsysteme betroffen sind. Der Zeitpunkt des Nachlassens dieser Funktionen ist von Organ zu Organ sehr unterschiedlich. So nimmt beim Menschen beispielsweise die Nierenleistung schon in der Jugend ab, während die Nervenleitungsgeschwindigkeit erst ab 30 Jahren nachlässt. Die Vitalkapazität der Lunge, die maximale Sauerstoffaufnahmekapazität, der Blutfluss im Gehirn und in der Leber, oder das Herzschlagvolumen verringern sich. Als wichtigste neurologische Veränderung ist eine nachlassende Gedächtnisleistung feststellbar. Die Hormonproduktion reduziert sich ebenso wie die Sekretion von Verdauungsenzymen und die Verwertung von Nährstoffen lässt – wie auch die Darmtätigkeit – nach. Zu diesen organspezifischen Veränderungen kommt noch ein systemischer Verlust von Strukturproteinen im Muskel, im Bindegewebe und in der Unterhaut.
Beim Menschen sind äußere Zeichen des Alterns die Körperhaltung, der Gang, die Elastizität der Haut (Falten), sowie die Haut- und Haarfarbe. Der Alterungsprozess zeigt sich auch in einer Verlangsamung der vom Gehirn gesteuerten Verhaltensreaktionen und kann individuell sehr unterschiedlich verlaufen, wobei