Vertrag mit Haken
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Eine lustig, lockere Liebesgeschichte.
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Buchvorschau
Vertrag mit Haken - Bianka Mertes
KAPITEL 1 - NEUER WIND
Miriam war stinksauer. Da wagte ihr Freund es doch tatsächlich, heute Morgen mit ihr über WhatsApp Schluss zu machen. Der Typ hatte nicht mal genug Eier in der Hose, ihr persönlich unter die Augen zu treten. Er schrieb lieber einen kleinen Text und setzte ans Ende noch ein lachendes Emoji. Er konnte echt froh sein, wenn er ihr die nächste Zeit nicht über den Weg laufen würde. Denn dann könnte sie nicht garantieren, dass er ohne ein blaues Auge davonkommen würde.
Zudem hatte sich für heute auch noch der neue Eigentümer der Firma angemeldet, der diese von ihrem alten lieben Chef aufgekauft hatte. Sein Ruf eilte ihm voraus. Ein Kerl, der es sich zur Aufgabe machte, Mitarbeiter zu entlassen und Firmen umzustrukturieren. Das komplette Gegenteil von Sebastian, ihrem alten Chef, der immer versucht hatte, keine Änderungen in der Firma herbeizuführen. Ihm war es wichtiger, jedem Mitarbeiter einen sicheren Stand in der Firma zu geben. Miriam sah sich in ihrem Hilfsjob schon als gekündigt. Da waren die Festangestellten wohl mal wieder im Vorteil. Ihre Kollegen liefen wie aufgescheuchte Hühner in der Gegend herum und räumten alles weg, was nicht niet- und nagelfest war. Akten, Geschirr und sogar die Stifte wurden fein säuberlich zurechtgelegt. Als ob sie das vor einer Kündigung retten würde. Wenn man einen rausschmeißen wollte, fände man schon einen Grund, ob er haltbar war oder nicht.
Doch das Schlimmste war, er hätte vor ihnen stehen können und keiner hätte ihn erkannt. Auch Miriam kannte ihn nur vom Hörensagen und danach musste es sich um einen richtigen Kotzbrocken handeln. Nicht mal seinen Namen kannte sie. Er ging in seinem Beruf über Leichen, um das große Geld zu machen.
Dabei wurde ihr wieder einmal der schlimmste Job zugewiesen, den diese Firma zu bieten hatte. Sie durfte die nette Empfangsdame spielen. Alle in der Firma drückten sich davor und hatten entweder gerade wichtigere Sachen zu erledigen oder verschwanden gekonnt eine halbe Stunde auf dem Klo. Soviel zu einem kollegialen Arbeitsverhältnis. Dabei hätte sich Miriam genauso gewünscht, sich in Luft auflösen zu können, doch einer Halbtagskraft wurde dieses Glück natürlich nicht zuteil. Also trottete sie von dem Großraumbüro in die Eingangshalle und nahm wohl oder übel hinter dem Empfangsschalter Platz, der nur einen Vorteil zu bieten hatte: Sie war für sich alleine und musste sich das Gezeter der Anderen nicht antun.
Miriam sah auf die große Bahnhofsuhr, die die Eingangshalle schmückte. Noch eine halbe Stunde, dann würde sich ihr Schicksal in dieser Firma in Luft auflösen. Gerade sie wäre die Erste, die die Entlassungspapiere in die Hände gedrückt bekäme, da war sie sich sicher. Sie war immer noch die Neue im Betrieb und zudem nur eine billige Halbtagskraft, auf die man leicht verzichten konnte. Miriam hatte jetzt schon seit einem Jahr versucht, eine Vollzeitstelle zu ergattern, doch immer wieder wurde sie vertröstet. Diese Tatsachen trugen momentan zu ihrem Untergang bei.
Miriam tippte gerade die letzten Worte des diktierten Briefes in den Computer ein, als sich mehrere Männer in grauen Anzügen durch die Eingangstür zwängten. Ältere Männer, wie sie aus den Augenwinkeln mitbekam, aber alle vier mit einer Statur wie Schränke. Dann folgte ein Jüngerer, der von zwei weiteren Älteren begleitet wurde. Miriam nahm die Kopfhörer aus den Ohren und legte sie zu dem Diktiergerät auf den Schreibtisch, bevor sie auf einen der älteren Männer zusteuerte, den sie für den neuen Besitzer hielt.
»Einen wunderschönen guten Morgen. Ich freue mich, Sie in unserer Firma begrüßen zu dürfen«, leierte sie den auswendig gelernten Standardtext herunter, den selbst sie sich nicht abkaufen würde. Freundlich wie immer hielt sie dem Mann die Hand zur Begrüßung hin, der aber wie hypnotisiert in die gleiche Richtung starrte und nicht die Absicht hatte, ihre Hand zu greifen. Zuerst war sie wie vor den Kopf geschlagen, fing sich aber schnell wieder und folgte dem weiteren Prozedere.
»Wenn Sie mir bitte folgen würden.« Sie wies ihm mit der Hand den Weg. Abermals folgte keine Reaktion. So langsam kam sie sich verarscht vor.
»Johann, Sie können jetzt mit Ihren Männern zurückkehren.« Miriam zuckte bei den Worten des jüngeren Mannes zusammen. Oh Gott, so ein Fehler durfte ihr einfach nicht passieren. Am besten sollte sie sofort fragen, wo sie ihre Entlassung unterschreiben soll. Die Männer verabschiedeten sich von dem offensichtlich neuen Chef und verließen die Halle. Miriam versuchte noch, zu retten, was sie konnte.
»Entschuldigung, ich …«, begann sie zu reden und erntete einen grimmigen Blick.
›Am besten halte ich jetzt meine Klappe und zeige ihm einfach sein Büro‹, dachte sie kurz und suchte vor Scham ein Loch, in dem sie verschwinden könnte.
»Folgen Sie mir bitte.« Sie ging vor und begleitete ihn, in den ersten Stock, wo sein neues Büro lag, vorbei an ihren Kollegen, die allesamt so taten, als wären sie unheimlich beschäftigt. Klar doch, als ob.
»Hier ist Ihr Büro.« Sie wies auf die schwere Glastür, die aus Milchglas bestand. Er trat ein und schlug ihr die Tür vor der Nase zu, ohne auf sie achten.
Miriam stand wie gelähmt vor der Tür. Normalerweise hätte sie ihm jetzt einen Kaffee oder Häppchen angeboten. Doch gerade wusste sie absolut nicht, was sie machen sollte. Zaghaft klopfte sie an die Tür und öffnete diese langsam.
»Ich brauche nichts und ich will auch nicht gestört werden«, schrie er sie an, noch bevor die Tür ganz geöffnet war. Geschockt schloss sie die Tür schnell wieder. Selbst als ihr Chef musste er sich nicht so benehmen. Hatte der Kerl keinen Anstand gelernt? Sie beschloss, sich wieder an ihre Arbeit zu machen, und war eigentlich ganz froh, dass sie ihn zuerst mal los war. Doch sie hatte schon ein bisschen Schiss vor der nächsten Begegnung mit ihm. Miriam war bereits in so viele Fettnäpfchen getreten, sie sollte sich wirklich schon einmal nach einer neuen Arbeitsstelle umsehen. Bei ihm war sie wahrscheinlich unten durch und es war nur eine Frage der Zeit, bis sie einen Umschlag mit der Aufschrift ›Kündigung‹ auf ihren Schreibtisch geknallt bekommt. Wieso musste ihr immer sowas passieren? Sie stopfte mit einem beklemmenden Seufzen die Ohrstöpsel wieder in die Ohren und tippte die wahrscheinlich letzten Worte in den Computer, bis sich neuer Besuch ankündigte, indem dieser an den Tresen trat.
»Hallo, ich glaube, mein Bruder ist eben reingeschneit.« Der junge Mann grinste sie frech an. Miriam schätzte ihn nicht viel älter als sich selbst und er sah verdammt gut aus. Wieder nahm sie die Ohrstöpsel heraus und blickte ihn unverwandt an.
»Dafür müsste ich erst einmal wissen, wer Ihr Bruder sein soll«, gab sie ihm freundlich zu verstehen, denn schließlich hatte sie das Hellsehen noch nicht erlernt.
»Richtig«, stimmte er ihr zu und grinste noch breiter, »er hat den Laden hier gekauft.« Miriam wurde kreidebleich. Nicht noch einer von denen, jedoch schien dieser hier wenigstens freundlicher zu sein. Da fiel ihr ein, dass sie nicht mal den Namen ihres neuen Chefs kannte. Er hatte ihr keine Gelegenheit gegeben, danach zu fragen.
»Ich bringe Sie hin«, meinte sie nervös, nachdem sie sich wieder gefangen hatte, und führte den Besucher ebenfalls in den ersten Stock zu dem Büro, klopfte vorsichtig mit zusammengebissenen Zähnen an und öffnete die Tür.
»Hören Sie eigentlich schlecht? Ich habe doch gesagt, dass ich nichts brauche«, keifte ihr neuer Chef sie vom Schreibtisch her an.
»Hier ist Besuch für Sie«, meinte sie kleinlaut, und bemühte sich, ihre aufkommende Wut zu unterdrücken. Als wenn sie etwas dafür könnte, dass er ausgerechnet jetzt Besuch bekam. Im Gegenteil, am liebsten wäre sie ihm heute nicht mal mehr begegnet.
»Musst du eigentlich immer allen Leuten Angst einflößen«, konterte der Besucher, bedankte sich mit einem liebenswürdigen Lächeln und frechem Augenzwinkern bei Miriam und betrat das Büro.
Miriam war froh, sich an ihren Schreibtisch zurückziehen zu können und ihrer Arbeit nachzugehen, solange sie noch konnte. Hoffentlich würde nicht noch einer von denen auftauchen. Das würde sie nicht überleben.
Wieder fiel ihr ein, dass sie den Namen immer noch nicht kannte. Dabei wäre es ein leichtes gewesen, seinen Bruder zu fragen. Verdammt, sie hatte einen neuen gemeingefährlichen Chef und wusste nicht mal, wie sie ihn ansprechen sollte. Der Tag konnt eindeutig nicht schlimmer werden.
Doch sie sollte sich täuschen. Kurz vor Feierabend, gegen Mittag, wurden alle Mitarbeiter in den Besprechungsraum zitiert. Miriam sah auf die Uhr. Wenn sie nicht die Beine in die Hand nahm, würde sie ihren Bus nach Hause verpassen. Aber gegen eine Anweisung ihres neuen Chefs konnte sie nicht wettern, sie hatte heute bereits so viele Fehler gemacht, dass sie sich nicht noch einen leisten konnte. Ihr blieb also nichts anderes übrig, als sich dem zu beugen, und folgte den Kollegen in den Raum.
Alle tuschelten und drängten sich in die vorderen Reihen, nur um den neuen als erster zu Gesicht zu bekommen. Darauf konnte Miriam gut verzichten, denn sie hatte ihn bereits von seiner fiesen Seite kennengelernt.
Dann betrat er mit zwei weiteren Männern den Raum und setzte sich ans Pult. Sofort ging das Tuscheln wieder