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Echt Jetzt - oder was?!: Alltägliches in 32 Variationen
Echt Jetzt - oder was?!: Alltägliches in 32 Variationen
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eBook201 Seiten2 Stunden

Echt Jetzt - oder was?!: Alltägliches in 32 Variationen

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Über dieses E-Book

In diesen Alltagsgeschichten werden komische, heitere, skurrile und auch nachdenklich stimmende Begegnungen zwischen Menschen erzählt.
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum6. Jan. 2021
ISBN9783347213234
Echt Jetzt - oder was?!: Alltägliches in 32 Variationen

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    Buchvorschau

    Echt Jetzt - oder was?! - Anemone Hehl

    Bei „Telecoms"

    Endlich Sommerferien! Sechs Wochen lang frei von Arbeit und Geschäftigkeit! Ich konnte faulenzen, in der Hängematte unter schattigen Bäumen Bücher lesen oder einfach nur dösen und die Wärme genießen. Ich konnte auch spontan etwas unternehmen oder die lauen Sommerabende mit Freunden auf der Terrasse sitzen und mich großartig unterhalten. Wunderbare Aussichten!

    Allerdings musste ich noch eine kurze Liste von Dingen erledigen, zu denen ich während der letzten Wochen nicht gekommen war.

    Gleich am ersten Ferientag nahm ich Angelegenheit Nr. 1 in Angriff.

    Zielstrebig steuerte ich den Telecom-Shop an, denn das war das Ziel meiner Fahrt nach Leer - ich hatte es satt gehabt, gefühlte zwei Stunden in der Telefon-Warteschleife der Telecom zu hängen, auch wenn sie kostenlos war, und das ständige „Bitte warten!" hatte mich so aufgeregt, dass ich mich entschlossen hatte, persönlich vor Ort aufzulaufen.

    Ich wollte meinen Vertrag kündigen und einen günstigeren abschließen. Im nicht klimatisierten Laden hielten sich acht Kunden, die alle vor mir dran wären, auf, sowie drei Mitarbeiter der Telecom.

    Es gab einen Wartebereich, in dem Kaffee und Wasser kostenlos angeboten wurden. Wie ich in kürzester Zeit herausfand, war einer der acht Kunden ein Scheinkunde, denn der bezopfte Mann saß bequem in einem der Kunstlederstühle, die suggerierten, hier könne sich der Kunde wie zuhause fühlen, beobachtete mit wachen Augen und nur minimaler Kopfdrehung seine Umgebung, und irgendwann schälte er sich aus dem Möbel, um sich einen Kaffee zu „gönnen". Anstalten, einen der von den Mitarbeitern besetzten Tresen aufzusuchen, machte er jedenfalls nicht. Zumindest nicht, solange ich anwesend war; und ich war lange, lange da!

    Ich überflog das Publikum, das vor mir dran wäre, und prägte mir die Gesichter ein. Dann las ich sämtliche Werbeplakate, die die Wände schmückten und starrte minutenlang auf das „Frühstücksmagazin", das über einen Breitwandmonitor flimmerte. Ein Kunde verließ den Tresen seines Beraters und der nächste rückte auf.

    Ein alter Mann im Rollstuhl drängelte sich vor, aber der Angestellte verwies ihn in die Warteschlange zurück:

    „Sie sind noch nicht dran. Sie müssen sich noch ein wenig gedulden."

    Der Alte grummelte etwas vor sich hin, fügte sich aber in sein Schicksal und rollte zurück in die Warteschlange.

    Ich schlenderte an den ausgestellten i-phones vorbei und las, was sie so leisteten. Ich sah i-pads, smart-phones, blue-berries und weitere handliche Geräte, deren Namen ich sofort wieder vergaß. Alles nur 1€ mit Sternchen. Das Sternchen besagte dann im Kleingedruckten, das ich trotz Brille kaum entziffern konnte, dass das Teil ohne Vertrag etwas teurer sei - zwischen zweihundertfünfzig und achthundert Euro hätte man bezahlen müssen.

    Ein Blick in die „Wartezone"- immer noch vier Leute vor mir!

    Nun starrte ich auf die ausgestellten Hüllen für die diversen Handys. Auch diese Schmuckstücke hatten ihren Preis. Meine Güte!, so viel hatte ja nicht einmal mein Handy gekostet!

    Schön, ich geb´s zu: mein Handy ist nicht das neueste Modell. Eigentlich ist es bereits so alt, dass mir ein Schüler riet, Kontakt zu einem Museum aufzunehmen. Aber es tut das, was ich damit tun möchte: telefonieren, SMS verschicken und empfangen und ein paar Fotos machen. Kein Internet-Zugang, kein Facebook, keine Werbung, keine kostenlosen apps - kein Schnickschnack, ein mobiles Telefon halt.

    Noch drei vor mir. Ah, der Rollstuhlfahrer war dran.

    Aus den Augenwinkeln bemerkte ich, dass er einen Din A4 Bogen in der Hand hielt, der mir verdächtig nach Telecom - Rechnung aussah. Das rosa Logo im oberen Abschnitt und die darunter befindlichen Zeilen erinnerten mich an meine monatlichen Rechnungen von vor etlichen Jahren, die mir noch per Post zugeschickt worden waren.

    Was der alte Herr sagte, entging mir, da ich etwa zehn Sekunden durch den bezopften Scheinkunden abgelenkt wurde, der sich erneut bedächtig erhoben hatte, um seinen leeren Becher wieder zu füllen. Alles in gemächlichem Tempo und mit einer Seelenruhe, die mir signalisierte, dass er nicht zum ersten Male hier kostenlos Kaffee konsumierte.

    Die Reaktion des Brille tragenden Telecom–Mitarbeiters auf den Herrn im Rollstuhl erinnerte an das Gebaren eines geduldigen Erziehers, dessen Zögling zum 400. Male den gleichen Fehler begangen hatte: Er zog die Augenbrauen leicht genervt hoch und antwortete in einem herablassend - scheinheilig milden Ton, der Gestein zum Stöhnen gebracht hätte:

    „Aber Herr Sowieso, sagte der bebrillte Hagere, und seine Stimme modulierte noch mal von oben nach unten und zurück, „ich haben Ihnen doch schon letztes Mal gesagt, dass Sie….

    Der Rollstuhlfahrer wischte den Einwand seines Gegenübers mit einem Schwenk der Telecom-Rechnung beiseite:

    „Ich benutze das Handy nicht, also brauche ich auch nicht zu zahlen."

    Nun beugte sich der Angestellte zu seinem Gegenüber hinunter, schließlich saß der Kunde einen guten Meter tiefer, und brachte sein Gesicht dem des anderen auf dreißig Zentimeter nah, wie um die Dringlichkeit seiner Worte zu unterstützen:

    „Sie können nicht einfach nichts bezahlen, belehrte er ihn, „auch wenn Sie nicht mit dem Handy telefonieren..

    Wieder unterbrach der alte Herr.

    „Nein, ich telefoniere nie damit, sagte er unwirsch, „ich kann gar nicht damit umgehen. Also zahle ich auch nicht!

    Das Letztere stieß er fast triumphierend aus und blickte den Angestellten herausfordernd an. Der schraubte seine 1,97m seufzend wieder aus der unbequemen Haltung nach oben und schüttelte den Kopf.

    „So geht das aber nicht, meinte er fast resignierend, „Sie haben einen Vertrag und den müssen Sie einhalten. Was man Ihnen in Rechnung stellt, sind die Grundgebühren. Ob Sie telefonieren oder nicht!

    Und er tippte vielsagend auf das Blatt.

    Der Alte schüttelte energisch den Kopf und schwenkte noch einmal die Rechnung über seinem Kopf - wie ein Fahnenschwenker bei der Air Force sah er aus.

    „Ich telefonier nicht, also zahl ich auch nicht. Basta!"

    Der Angestellte wischte sich mit einer fahrigen Bewegung die Schweißtropfen von der Stirn und fing von vorne an. Insgeheim gratulierte ich ihm dazu, dass er nicht die Fassung verlor und das Schreien anfing. Aber es war ja auch noch früh am Morgen….

    „Sehen Sie, begann er erneut, „Sie könne nicht einfach nichts.. „Jaja", unterbrach ihn der Alte, „das haben Sie schon mal gesagt. Ich bin ja nicht blöd.

    Aber ICH TELEFONIER DOCH GAR NICHT!", brüllte er plötzlich los, so dass der Angestellte und auch ich unwillkürlich einen Satz zur Seite machten. Alle Anwesenden blickten erschrocken auf.

    Jetzt reichte es dem Telecom-Mitarbeiter. Er hob die Stimme auf 90 Dezibel an und trompetete:

    „Sie müssen die Grundgebühr für das Handy bezahlen, ob Sie telefonieren oder nicht. Das steht in Ihrem Vertrag. Und solange Sie diesen Vertrag haben, müssen Sie zahlen, Herr….!! Haben Sie das verstanden!?"

    Der Alte schluckte und brummelte dann: „Nu schreien Sie doch nicht so. Ich hab´s verstanden."

    Er legte seine Stirn in Unmutsfalten und kramte in der Tasche, die er auf seinen Knien liegen hatte. Schließlich zog er ein weiteres Din A4 Blatt hervor. Der Angestellte, der schon leise und unauffällig aufgeatmet hatte, hielt erneut die Luft an.

    „Und was ist damit?", fragte der Kunde ungnädig. Der Verkäufer ließ den Kopf resigniert auf seine Brust fallen und nahm das Blatt hörbar stöhnend entgegen, um einen Blick darauf zu werfen. Das dauerte keine drei Sekunden, dann senkte er den Arm abrupt und ächzte:

    „Sie haben ja noch ein Handy!" Der Alte nickte grimmig.

    „Damit telefonier ich auch nie!", versicherte er wohlgefällig.

    „Aber die Grundgebühr, der Verkäufer wimmerte fast, „die Grundgebühr müssen Sie trotzdem bezahlen. Seine Stimme brach am Ende des Satzes. Der Alte im Rollstuhl riss ihm den Papierbogen aus der Hand und nickte mehrmals heftig:

    „Ich muss die bezahlen, obwohl ich NICHT TELEFONIERE! Ungeheuerlich!! Man müsste Sie verklagen!"

    Der Alte stopfte wütend allen Papierkram zurück in seine Tasche.

    „ICH KÜNDIGE! ALLES!!", brüllte er quer durch den Laden, so dass sämtliche Mitarbeiter und Kunden - selbst der mit dem kostenlosen Kaffeekonsum - zusammenzuckten, bevor er demonstrativ seinen Rollstuhl in einem gewagten Linksschwenk umdrehte und auf den Ausgang zurollte.

    Wir hatten alle den Atem angehalten und standen erstarrt in der Bewegung - wie bei einem Standbild eingefroren. Einige Sekunden später hörte man die angehaltene Atemluft synchron entweichen, und wir bewegten uns wieder. Der Bebrillte wischte sich mit einem weißen Taschentuch unauffällig über die Stirn, holte tief Luft und verharrte einen Moment in Bewegungslosigkeit - wahrscheinlich versuchte er die Horrorszene von eben mental beiseite zu legen - dann aber straffte er seine Schulter und rief:

    „Der Nächste, bitte!"

    Die Gürtelschnallen - Odyssee

    Im Gegensatz zu meiner Freundin Ulla halte ich nicht viel von „Sachen aufheben, man könnte sie ja noch mal brauchen". Aus diesem Grunde ähnelt der Dachboden meines Hauses einem leeren, vergessenen Tanzsaal. In einer Ecke dümpeln die Kartons mit der Weihnachtsdekoration, daneben reihen sich der Behälter zum Transport eines Kleintieres, zwei Koffer, die viel zu selten zum Einsatz kommen und eine mit Rosen bemalte Hutschachtel, in der ich – ja, was ist da eigentlich drin?

    Ich konnte mich gar nicht mehr erinnern.

    Der Sache musste ich auf den Grund gehen. Ich zog mir also die Hutschachtel heran, pustete die dünne Staubschicht fort und öffnete sie mit einiger Mühe, denn der Deckel klemmte.

    Unter einer Fuchsstola in lila Tönen, Chic der späten Achtziger , erspähte ich zwei Glitzergürtel, ein Stück Rosen-Seife - noch schwach duftend! – und eine prachtvolle silberne Gürtelschnalle. Sie stellte einen Rad schlagenden Pfau dar. An jedem oberen Ende seiner silbrigen Federn glitzerte ein Diamant. Nun gut, dem damaligen Preis nach zu urteilen sind es nur Glassteine. Das Auge des Pfaus selbst war ein kleinerer schwarzer Glanzstein. Wunderschön!!

    Ich war entzückt! Ich packte alles wieder in die Hutschachtel und kletterte damit die Leiter hinab.

    Erst einmal den Schatz genauer begutachten! Ich breitete die Fundsachen auf dem Küchentisch aus:

    Die Fuchsstola schlang ich mir um den Hals - sie kitzelte ziemlich, aber sie roch gut nach Rosenseife, so dass ich sie erst einmal um behielt. Die beiden Gürtel ließen sich zwar noch um die Taille schlingen, waren jedoch zu meiner herben Enttäuschung nicht mehr zu schließen. Genau gesagt, klafften sie endlos weit auseinander. Ich war damals dreißig Jahre jünger und zehn Kilo leichter. Seufzend legte ich sie beiseite.

    Dann fasste ich die Gürtelschnalle näher ins Auge. Sie wog schwer in meiner Hand und funkelte im Licht. Aber oh! Genau in der Mitte fehlte ein geschliffenes Glassteinchen. Wie schade!

    Aber Halt! Ich wusste, dass ich in der Knopfschatulle auch Pailletten und Glitzersteine aufbewahrte. Leider wurde ich nicht fündig. Es gab allerdings ein paar Knöpfe - weiß der Himmel, an welchem Kleidungsstück die einst gesessen hatten! -, die in der Mitte einer goldenen Spirale einen Glitzerstein trugen.

    Jutta! Genau! Jutta würde mein Problem sicher lösen können. Sie hatte die Geschicklichkeit und die Werkzeuge, den Stein aus dem Knopf zu lösen und in meine Gürtelschnalle einzusetzen. Auf zu Jutta.

    Vier Tage später war meine Schnalle vollständig und wie neu. Alle bewunderten das Prachtstück.

    Ich überlegte weiter. Die Gürtelschnalle war zu schade, um in einer Schachtel zu liegen und nur ab und an bewundert zu werden. Sie schrie mich geradezu an: „Trag mich!"

    Ein Gürtel musste her.

    Bei Ahlers in Papenburg werden Ledersachen genäht, das weiß ich. Gürtel sind aus Leder, ergo müsste bei Ahlers mein zukünftiger Gürtel gefertigt werden können.

    Ich hatte Pech - es war Mitte Juni und die Schneiderin war bis Anfang Juli in Urlaub, aber…

    „Natürlich kann sie Ihnen einen Gürtel anfertigen, gar kein Problem!", hatte mir die freundliche Verkäuferin versichert.

    Es wurden drei lange Wochen, in denen meine Geduld auf eine echte Probe gestellt wurde, denn ich hatten diesen Gürtel eigentlich unbedingt sofort tragen wollen.

    Aber siehe, meine geduldiges Ausharren wurde belohnt. Als ich Anfang Juli mit der Schnalle wieder bei Ahlers stand, war die Näherin gut erholt aus dem Urlaub zurück und stand zu meiner Verfügung.

    Leider stellte sich sehr schnell heraus, dass sie über kein Leder verfügte, aus dem man einen breiten, festen Gürtel hätte anfertigen können.

    „Wir haben eher die weichen Ledersorten für Jacken und Hosen", erklärte sie bedauernd.

    „Und wenn ich Ihnen einen Gürtel bringe, können Sie ihn dann mit der Gürtelschnalle versehen?" Das sei überhaupt kein Problem, versicherte sie mir, ich solle einen Gürtel besorgen und wiederkommen für die Änderung.

    Ich schnappte den Pfau und marschierte los.

    Ich zog den Hauptkanal links hinunter und rechts wieder herauf, betrat jedes Modegeschäft und jeden Handtaschenladen, aber einen Gürtel, an dem ich hätte die Schnalle befestigen lassen können, fand ich dabei nicht. Sie waren alle zu kurz, und da es sich um fertige Gürtel handelte, besaßen sie natürlich bereits eine Schnalle. Ich brauche einen mindestens eineinhalb Meter langen Gürtel, dachte ich düster, aber wo finde ich hier einen Laden für Übergrößen!?

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